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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und ein System zur Ermittlung des Seegangs bzw einer Wellenhöhe in einem Seegebiet, insbesondere in der Umgebung eines Schiffes. Die Erfindung findet insbesondere Einsatz auf dem Gebiet der Seefahrt.
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Es ist bekannt, dass auf hoher See Wellensysteme (bspw. Kreuzsee, „Monsterwellen“, etc.) entstehen können, die für die Schifffahrt gefährlich sind. Durch eine nicht ausreichend flächendeckende und zeitaktuelte Erfassung oder Prognose von gefährlichen Wellenhöhen sind Schiffe heute häufig zu spät und nicht ausreichend über mögliche gefährliche Veränderungen von Wellenhöhen in ihrer Umgebung informiert. Derzeit ist es insbesondere schwierig, zeitnah Veränderungen der direkten Umgebung eines Schiffes, bspw. in einem Radius um das Schiff von ca. 30 - 50 km, hinsichtlich des Seegangs (= Wellenhöhe) zu erfassen und zu verfolgen. Die Veränderungen des Seegangs können heute zum Beispiel mit speziellen Erdbeobachtungssatelliten (auf Basis hochauflösender Radardaten) erfasst und verfolgt werden, welche jedoch nicht an jedem Ort und in Echtzeit dem Schiff zur Verfügung stehen. Es sei angemerkt, dass vorliegend die Begriffe „Wellenhöhe“ und „Seegang“ synonym verwendet werden. Weiterhin sei angemerkt, dass die vorstehenden Begriffe sich nicht nur auf die Angabe eines konkreten Wertes beziehen sondern auch Wertebereiche einschließen, bspw. Seegang mit Wellenhöhen von 3 - 5 Metern etc.
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Rund zwei Schiffe pro Woche sind weltweit in den vergangenen Jahren wegen schlechten Wetters verloren gegangen. In vielen Fällen sind sie vermutlich „Monsterwellen“ zum Opfer gefallen. Dies sind einzelne Wellen von außergewöhnlicher Höhe oder/oder von anormaler Form, denen die Konstruktion der Schiffe hinsichtlich ihrer Festigkeit nicht gewachsen ist. Es können jedoch Wellenmuster im Seegang erkannt werden, welche die Vorhersage von Monsterwellen ermöglichen könnten, vgl. hierzu die Veröffentlichung von
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Brusch, Stephan and Lehner, Susanne and Schulz-Stellenfleth, Johannes (2007), „Synergetic Use of Radar and Optical Satellite Images to Support Severe Storm Prediction for Offshore Wind Farming", IEEE JOURNAL OF SELECTED TOPICS IN APPLIED EARTH OBSERVATIONS AND REMOTE SENSING, 1 (1), pp. 57-66. DOI: 10.1109/JSTARS.2008.2001838. ISSN 1939-1404; oder von:
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Pleskachevsky, Andrey and Lehner, Susanne and Rosenthal, Wolfgang (2012), „Storm Observations by Remote Sensing and Influences of Gustiness on Ocean Waves and on Generation of Rogue Waves", Ocean Dynamics, 62 (9), pp. 1335-1351, Springer Verlag, DOI. DOI 10.1007/s10236-012-0567-z. ISSN 1616-734.
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Die in den Veröffentlichungen beschriebenen Vorhersagen von Monsterwellen finden auf Basis von Daten von Erdbeobachtungssatelliten statt.
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Derzeit wird weiterhin in der Deutschen Bucht durch das Deutsche Bundesamt für Schifffahrt und Hydrographie (BSH) der Seegang (=Wellenhöhe) mit folgenden eingesetzten Messgeräten an einzelnen Positionen bestimmt: verankerte wellenfolgende Bojen, ADCPs (für „Acoustic Doppler Current Profiler“ - Akustische Profilstrommesser) und Radargeräte. Das Ergebnis einer solchen Messung sind die Parameter: signifikante Wellenhöhe, Wellenperiode, und bei entsprechend ausgerüsteten Bojen auch die Richtung, aus der die Wellen kommen. Mit diesen Parametern werden Seegangsmodelle gebildet und für die gesamte Deutsche Bucht modelliert.
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Eine weitere Möglichkeit der Modellierung und Erfassung des Seegangs ist die Radarhydrographie mittels Radartechniken. Hierbei kann zum Beispiel das Projekt WaMoS II genannt werden, welches Radartechniken im maritimen X-Band zur Erkennung von Seegang verwendet, vgl. http://www.oceanwaves.de/.
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Die derzeitigen Systeme zur Seegangserkennung und -vorhersage basieren somit überwiegend auf mathematischen Modellen, die auf Basis von Messdaten, insbesondere von Fernerkundungsdaten, meteorologischen Daten, und Daten von wellenfolgenden Bojen Wellenhöhen in Seegebieten berechnen und prognostizieren. Weiterhin können Veränderungen des Seegangs in der Umgebung eines Schiffes mittels eines entsprechenden Radargerätes an Bord des Schiffes erfasst werden. Schließlich erfolgen Beobachtungen des Seegangs seit Beginn der Seefahrt auf Basis direkter menschlicher Beobachtung.
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Diese bekannten Verfahren haben jedoch folgende Nachteile. Die Verfahren, die auf Fernerkundungsdaten, insbesondere Satellitendaten basieren, sind abhängig von den entsprechenden Erdbeobachtungssatelliten und deren aktueller Position. Diese Erdbeobachtungssatelliten erfassen typischerweise nicht immer das aktuell von einem Schiff befahrene Seegebiet. Des Weiteren ist die Datenverarbeitung von Satellitendaten aufwendig und die Bereitstellung der daraus ermittelten Modelldaten auf einem Schiff nicht in Echtzeit möglich. Das Bereitstellen von aufwendiger und kostspieliger Radartechnik an Bord eines Schiffes, mit der ggf. eine Beobachtung von Wellenhöhen in der Umgebung des Schiffes möglich ist, ist nur auf großen Schiffen wirtschaftlich sinnvoll. Menschliche Beobachtungen sind schließlich vom Tageslicht, von den aktuellen Sichtverhältnissen und insbesondere von der Erfahrung des Beobachters abhängig. Weiterhin erfassen menschliche Beobachtungen der Wellenhöhe typischerweise nur eine sehr kleine Umgebung um ein Schiff.
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Zum Stand der Technik wird weiterhin auf folgende Dokumente verwiesen:
- [1] J. Habonneau et al.: „A study of performances of multipath height estimation algorithm for marine target imaging", International Conference on Radar (Radar), 2013 IEEE, vol., no., pp. 48-53, 9-12 Sept. 2013
- [2] S. Okuda, Y. Arai, N. Kouguchi: „Sea Surface Wave Information Using GPS Sea Reflected Signal - Wave Height", Proceedings of the 18th International Technical Meeting of the Satellite Division of The Institute of Navigation (ION GNSS 2005), Long Beach, CA, September 2005, pp. 810-815
- [3] I.J. Timmins, S. O'Young: „Marine Communications Channel Modeling Using the Finite-Difference Time Domain Method", IEEE Transactions on Vehicular Technology, vol.58, no.6, pp. 2626-2637 (July 2009)
- [4] J. An: „Empirical analyses on maritime radio propagation", Vehicular Technology Conference, 2004. VTC 2004-Spring. 2004 IEEE 59th, vol.1, no., pp. 176-180 (2004) (IRS) 2013 14th International,
- [5] J. Habonneau et al.: „Multipath height estimation of target reflectors", Radar Symposium vol.1, no., pp. 258-263,19-21 June 2013
- [6] J. Mansukhani, S. Chakrabarti: „Small scale characterization of marine channel using the finite-difference time domain rnethod", Computing Communication & Networking Technologies (ICCCNT), 2012 Third International Conference on , vol., no., pp. 1-7,26-28 July 2012
- [7] M.A. Sletten, D.B. Trizna, J.P. Hansen: „Ultrawide-band radar observations of multipath propagation over the sea surface", IEEE Transaclions on Antennas and Propagation, vol.44, no.5, pp. 646-651 (1996)
- US 5 691 957 A
- US 7 830 302 B1
- US 7161 529 B1
- US 7 808 426 B1
- DE 40 35 441 A1
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein verbessertes Verfahren und System zur Erfassung des aktuellen Seegangs (Wellenhöhe) in der Umgebung eines Schiffes anzugeben.
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Die Erfindung ergibt sich aus den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche. Vorteilhafte Weiterbildungen und Ausgestaltungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche. Weitere Merkmale, Anwendungsmöglichkeiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, sowie der Erläuterung von Ausführungsbeispielen der Erfindung, die in den Figuren dargestellt sind.
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Der verfahrensgemäße Aspekt der Aufgabe ist mit einem Verfahren zur Ermittlung einer Wellenhöhe in einem Seegebiet gelöst. Das vorgeschlagene Verfahren umfasst folgende Schritte: Übertragen eines Funksignals S(t) von einem an einer Position PTX ortsfest an einer Küste oder an einem ersten Schiff angeordneten Sender TX an einen an einem zweiten Schiff angeordneten Empfänger RX an der Position PRX, wobei das vom Sender TX übertragene Funksignal S(t) infolge einer Mehrwegeausbreitung über dem Seegebiet als eine von der Wellenhöhe W in dem Seegebiet abhängigen Anzahl N(t) von Teilsignalen Si(t) übertragen wird, und wobei vom Empfänger RX Messwerte Z1(t), Z2(t) ermittelt werden, die die vom Empfänger RX empfangenen, sich überlagernden Teilsignale Si(t) wiedergeben, mit i = 1, ... N; aus den Messwerten Z1(t), Z2(t) Ermitteln der Anzahl N(t) der Teilsignale Si(t); aus den Messwerten Z1(t), Z2(t) für jedes Teilsignal Si(t) Ermitteln einer zeitlichen Verzögerung τi(t); auf Basis der ermittelten Anzahl N(t) und/oder der Verzögerungen τi(t) Ermitteln der Wellenhöhe W in dem Seegebiet; Vorgeben eines Grenzwertes G1, und sofern die ermittelte Wellenhöhe W größer oder gleich G1 ist, Ausgeben einer Warnung; wobei der Empfänger RX zumindest zwei Empfangsantennen aufweist, die die Messwerte Z1(t) und Z2(t) der Teilsignale Si(t) erfassen; Einfallswinkel αi der Teilsignale Si(t) ermittelt werden; und auf Basis der Einfallswinkel αi, des vorgegebenen Grenzwertes G1 und der Messwerte Z1(t) und Z2(t) ein Bereich des Seegebiets ermittelt und ausgegeben wird, in dem die Wellenhöhen W größer als G1 sind.
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Die grundlegende Idee der Erfindung liegt somit in der Ausnutzung der Veränderung eines empfangenen terrestrischen Signals S(t), bspw. auf einem Schiff, durch die sich mit unterschiedlichem Seegang ändernden Interaktionen (bspw. Reflexion, Streuung, Absorption) des Signals S(t) mit der Meeresoberfläche. Durch die Bestimmung der Veränderung des Signals kann auch auf die aktuelle Oberfläche bzw. die Wellenhöhe geschlossen werden.
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Die terrestrisch empfangenen Teilsignale Si(t) werden am Empfänger RX durch entsprechende Signalverarbeitungen auf bestimme Eigenschaften des Funkkanals untersucht. Hierbei wird das eigentliche Kommunikationssignal S(t) nicht verändert, sondern es werden bestimmte Parameter der übermittelten Teilsignale Si(t) ermittelt, welche auf den vom Signal S(t) erfahrenen Funkkanal schließen lassen. Diese Eigenschaften des Funkkanals sind abhängig von dem aktuellen Seegang, da das ausgesandte Signal S(t) an der Meeresoberfläche unterschiedlich reflektiert, gestreut und absorbiert wird.
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Das vorgeschlagene Verfahren nutzt das Prinzip des Signalnachprozessierens. Das damit verbundene Erkennen von Wellenhöhen macht keine aufwendigen zusätzlichen Änderungen eines heute in der Schifffahrt üblichen Funkempfängers RX notwendig. Heute vorhandene (bspw. küstennah angeordnete) Sender benötigen keine Umrüstung. Somit kann das vorgeschlagene Verfahren kostengünstig in neue und auch vorhandene maritime Kommunikationssysteme integriert werden, und ist daher für alle Schiffsarten (Yachten, kleine Motorboote, etc.) auch unter Kostengesichtspunkten realistisch einsetzbar.
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Das vorgeschlagene Verfahren hat gegenüber den heute bekannten Verfahren zur Seegangserfassung folgende Vorteile. Es ermöglicht eine Echtzeiterkennung der Wellenhöhe bzw. des Seegangs auf einer Wasseroberfläche zwischen dem Sender TX und dem Empfänger RX. Daraus ergibt sich die Möglichkeit einer direkten und aktuellen Seegangswarnung, bspw. im Falle vom Auftreten von Kreuzseen, Monsterwellen, oder sprunghaften Veränderungen des Seegangs um mehrere Werte der Seegangsskala nach Petersen. Das vorgeschlagene Verfahren ist zudem vom Wetter, vom Tageslicht und der Sicht unabhängig. Die Umsetzung des vorgeschlagenen Verfahrens ist unter Verwendung von existierenden Kommunikationssignalen (Funkpeifer, Sprachverbindung, Radiostationen, etc.) möglich und daher einfach und kostengünstig zu implementieren.
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Eine Weiterbildung des vorgeschlagenen Verfahrens zeichnet sich dadurch aus, dass aus den Messwerten Z(t) für jedes Teilsignal Si eine Signalamplitude SAi ermittelt wird, und das Ermitteln der Wellenhöhe W zusätzlich abhängig von den ermittelten Signalamplituden SAi erfolgt. Hierdurch wird die Aussagekraft der Auswertung verbessert.
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Eine Weiterbildung des vorgeschlagenen Verfahrens zeichnet sich dadurch aus, dass der Sender TX ortsfest an einer Küste des Seegebietes oder an einem ersten Schiff positioniert ist. Eine Weiterbildung des vorgeschlagenen Verfahrens zeichnet sich dadurch aus, dass der Empfänger RX ortsfest an einer Küste des Seegebietes oder an einem zweiten Schiff angeordnet ist. Aus diesen beiden vorstehenden Weiterbildungen ergeben sich die Verfahrensvarianten:
- Sender TX ortsfest an der Küste - Empfänger RX ortsfest an der Küste;
- Sender TX ortsfest an der Küste - Empfänger RX auf einem Schiff,
- Sender TX auf einem ersten Schiff - Empfänger RX auf einem zweiten Schiff.
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Eine Weiterbildung des vorgeschlagenen Verfahrens zeichnet sich dadurch aus, dass das Ermitteln der Wellenhöhe W auf Basis zumindest der ermittelten Anzahl N(t) und/oder der Verzögerungen τi(t) im Seegebiet zwischen dem Sender TX und dem Empfänger RX mittels einer vorgegebenen Look-Up-Tabelle erfolgt. Diese Look-Up-Tabelle weist Kombinationen der Parameter N(t) und τi(t) (und ggf. weitere Parameter wie vorliegend beschrieben) jeweils Wellenhöhen zu. Die Look-Up-Tabelle wird vorzugsweise durch Messungen (Bojenmessungen, Radar- oder Lasermessungen) ermittelt.
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Eine Weiterbildung des vorgeschlagenen Verfahrens zeichnet sich dadurch aus, dass das Ermitteln der Wellenhöhe W auf Basis eines Kanal-Impuls-Modells erfolgt, das den Einfluss einer Oberfläche des Seegebietes auf die Ausbreitung des Signals S modelliert. Kanal-Impulsmodelle für Mehrwegeausbreitung sind grundsätzlich bekannt.
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Eine Weiterbildung des vorgeschlagenen Verfahrens zeichnet sich dadurch aus, dass ein Grenzwert G1 vorgegeben wird, und sofern die Wellenhöhe W größer oder größer gleich G1 ist, eine Warnung ausgegeben wird. Der Grenzwert G1 wird vorzugsweise abhängig von dem jeweiligen Schiffstyp bzw. der Schiffsgröße vorgegeben, da für kleinere Schiffe Wellen mit einer kleiner Wellenhöhe bereits gefährlich sein können, während große Schiffe erst mit Wellen mit einer größeren Wellenhöhe Probleme bekommen. Die Ausgabe der Warnung erhöht den „Alert-Level“ der Schiffscrew bezüglich der potentiellen Gefahr. Sinnvollerweise wird nach einer solchen Warnung die Beobachtung der Schiffsumgebung auf diese Gefahr hin fokussiert. Weiterhin können Vorsichtsmaßnahmen eingeleitet werden, und eine entsprechende Meldung an andere Schiffe oder eine Zentrale abgesetzt werden Das Erzeugen und Absetzen solcher Meldungen an andere Schiffe oder eine Zentrale etc. erfolgt in einer Weiterbildung automatisch. Hierzu müssen lediglich die Adressaten einer solchen Meldung vorgegeben werden.
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Das bisher beschrieben Verfahren ermöglicht die Erfassung bzw. Auswertung der Information, welche Wellenhöhe in dem Seegebiet zwischen Sender TX und Empfänger RX vorherrscht. Eine Auswertung in welchem Bereich des Seegebiets Wellenhöhen vorliegen ist damit nicht möglich. Dies wird jedoch durch die nachstehend beschriebene Weiterbildung möglich.
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Erfindungsgemäß zeichnet sich das vorgeschlagene Verfahren dadurch aus, dass der Empfänger RX zumindest zwei Empfangsantennen aufweist, die Messwerte Z1(t) und Z2(t) der Teilsignale Si erfassen, wobei Einfallswinkel αi der Teilsignale Si am Empfänger RX ermittelt werden, und auf Basis der Einfallswinkel αi, eines vorgegebenen Grenzwertes G1 für Wellenhöhen, und der Messwerte Z1(t) und Z2(t) ein Bereich des Seegebiets ermittelt und ausgegeben wird, in dem Wellenhöhen W vorliegen, die größer als G1 sind.
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Mit dieser Weiterbildung ist es möglich, zumindest annähernd ein Seegebiet bspw. mit Koordinaten und Begrenzungen anzugeben, in dem Wellenhöhen vorkommen, die über dem Grenzwert G1 liegen. Weiterhin kann somit auch eine „Verlagerung“ dieses Bereichs mit Wellenhöhen größer G1, und daraus abgeleitet, eine Verlagerungsrichtung und Verlagerungsgeschwindigkeit des Bereichs ermittelt werden. Vorzugsweise wird eine Warnung ausgegeben, wenn ein solches Seegebiet erkannt wird. Insbesondere wird eine Warnung ausgegeben, wenn zu erwarten ist, dass das Schiff bei Beibehaltung des Kurses oder auf der geplanten Route absehbar in ein solches Seegebiet einfahren würde. Auch in diesem Fall wird vorzugsweise eine Meldung zu dem Gebiet, ggf. der Verlagerungsrichtung und der Verlagerungsgeschwindigkeit an andere Schiffe oder an eine Zentrale vorzugsweise automatisiert weitergeleitet.
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Die Aufgabe wird weiterhin durch ein System zur Ermittlung einer Wellenhöhe in einem Seegebiet gelöst. Das vorgeschlagene System umfasst einen an einer Position PTX ortsfest an einer Küste oder an einem ersten Schiff angeordneten Sender TX, der zum Übertragen eines Funksignals S(t) an einen an einem zweiten Schiff angeordneten Empfänger RX an der Position PRX, eingerichtet und ausgeführt ist, wobei das vom Sender TX übertragene Funksignal S(t) infolge einer Mehrwegeausbreitung über dem Seegebiet als eine von der Wellenhöhe W in dem Seegebiet abhängigen Anzahl N(t) von Teilsignalen Si(t) übertragen wird, und wobei vom Empfänger RX Messwerte Z1(t), Z2(t) ermittelbar sind, die die vom Empfänger RX empfangenen, sich überlagernden Teilsignale Sj(t) wiedergeben, mit i = 1, ... N; ein erstes Mittel zum Ermitteln der Anzahl N(t) der Teilsignale Si(t) aus den Messwerten Z1(t), Z2(t); ein zweites Mittel zum Ermitteln einer zeitlichen Verzögerung τi(t) aus den Messwerten Z1(t), Z2(t) für jedes Teilsignal Si(t); und ein drittes Mittel, mit dem auf Basis der ermittelten Anzahl N(t) und/oder der Verzögerungen τi(t) eine Wellenhöhe W in dem Seegebiet (204) ermittelbar ist, wobei der Empfänger RX zumindest zwei Empfangsantennen aufweist, die die Messwerte Z1(t) und Z2(t) der Teilsignale Si(t) erfassen, ein viertes Mittel zur Ermittlung von Einfallswinkeln αi der Teilsignale Si(t); ein fünftes Mittel, mit dem auf Basis der Einfallswinkel αi, eines vorgegebenen Grenzwertes G1 für Wellenhöhen W, und der Messwerte Z1(t) und Z2(t) ein Bereich des Seegebiets ermittelt und ausgegeben wird, in dem Wellenhöhen W vorliegen, die größer als G1 sind, und ein sechstes Mittel, mit dem sofern die ermittelte Wellenhöhe W größer oder größer gleich G1 ist, eine Warnung ausgegeben wird.
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Das System funktioniert für die Wellenhöhenerkennung / Seegangserkennung zwischen Land und Schiff und ebenso zwischen Schiff und Schiff. Dabei erfährt das terrestrische Signal S(t) Reflektion, Streuung, Beugung oder Absorption bei Kontakt mit einer See- bzw. Meeresoberfläche. Dies bedeutet, dass zusätzlich zum dominaten Anteil der direkten Sichtverbindung (line-of-sight) weitere Signalanteile am Empfänger empfangen werden. Die jeweiligen Signalausbreitungsanteile Si(t) werden von der jeweiligen Seeoberfläche eindeutig beinflusst. Diese Signalveränderungen bzw. Eigenschaften können am Empfänger RX detektiert und ausgenutzt werden.
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Der Seegang bzw. die Wellenhöhe und daraus folgend die Seeoberfläche ist zeitvariant und führt auch zu einer zeitlichen Veränderung des terrestrischen Funkkanals S(t). Daher kann eine Datenbank für das System bereitgestellt werden, um den Einfluss des Seegangs mit der Veränderung des Funkkanals zu verknüpfen. Eine solche Datenbank kann durch rerpäsentative Messkampagnen erstellt werden. Jeder gespeicherte terrestrische Funkkanal-Parameter (Fingerprint) ist mit einem bestimmten Seegang verknüpft. Im Falle von einem verwendeten Breitbandsystem (bspw. >100MHz), erzeugt rauer Seegang starke Mehrwege-Ausbreitungseffekte im Gegensatz zu einer ruhigen See. Auf der anderen Seite kann auch ein entsprechendes Ausbreitungsmodel (Kanalmodell) den Einfluss der Seeoberfläche auf das Funksignal modellieren. Das empfangene Signal am Schiff wird dabei hinsichtlich des aktuellen Funkkanalzustandes ausgewertet. Hierbei werden die gemessenen Kanalparameter vorzugsweise mit den Parametern aus der Datenbank (Look-Up-Tabelle) oder dem errechneten Kanalmodell verglichen. Aus den am besten übereinstimmenden Mustern folgt die Wellenhöhe W, die das empfangene Signal Si(t) erfahren hat.
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Das System kann weiterhin die aktuell ermittelte Wellenhöhe in dem in dem Bereich des Senders TX liegenden Meeresbereich anzeigen. Weiterhin kann das System automatisch Warnungen mitteilen, wenn z.B. ein schneller Anstieg der Wellenhöhe ermittelt wurde oder ein bestimmter Wert der Petersen-Skala überschritten wird. Des Weiteren ist es möglich, andere umliegende Schiffe automatisch über eine mögliche Seegangsgefahr zu informieren.
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Im Falle, dass sehr hohe Wellen (Monsterwellen) die direkte Sichtverbindung des Signals S(t) (non line-of-sight) blockieren, wird die empfangene Signalleistung signifikant und sprunghaft geringer sein. Somit ist hier auch eine direkte Warnung möglich. Weiterhin ist möglich, dass auch ein anderes Schiff / Objekt die direkte Funkverbindung blockieren kann. Um einen Fehlalarm auszuschließen, ist der Abgleich z.B. mit einem Schiffsradar oder der empfangenen AIS Signale zweckmäßig.
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Die in der Look-Up-Tabelle (Datenbank) gespeicherten Kanal-Fingerabdrücke (wellenhöhenabhängige Kanalparameter) bestehen bspw. aus der Empfangsleistung, dem Doppler, und dem sogenannten „root mean square delay spread“.
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Die empfange Leistung des Signals S(t) ist nicht nur abhängig von der Entfernung des Senders TX, sondern auch von der Veränderung durch den aktuellen Seegang. Durch einen bekannten Standort des Empfängers RX (z.B. durch GPS am Empfänger RX) und dem des Senders TX ist bereits eine einfache Abschätzung des Seegangs in dem umgebenden Meeresgebiet des Empfängers RX durch den Vergleich der erwarteten Signalleistung mit der gemessen Signalleistung möglich, d.h. durch einen Abgleich mit der Datenbank oder dem Kanalmodell.
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Da die Position des Senders TX bekannt ist (z.B. Funkfeuer) kann auch ein Korridor des detektierten Seegangs mit nur einer Empfängerantenne bestimmt werden.
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Der Empfänger RX kann mit einer Antenne ausgerüstet sein, dann sind folgende Kanalinformationen detektierbar: Empfangsleistung, „power delay profile“, „delay spread“, und Doppler. Der Empfänger RX ist vorteilhaft mit mehr als zwei Antennen ausgerüstet, dann sind noch zusätzlich folgende Kanalinformationen detektierbar: „multi-channel correlation“, Einfallswinkelinformation, und „angular spread“. Gerade der Einfallswinkel der einzelnen Signalkomponente kann zusätzlich ausgenutzt werden, die gewonnene Seegangsinformation mit einer ortsbezogenen Seegangsvorhersage zu verknüpfen. Vorteilhaft werden alle oder Teile der genannten Parameter zur Ermittlung der Wellenhöhen bzw. zur Ermittlung des entsprechenden Bereichs auf dem Seegebiet herangezogen.
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Es können für das vorgeschlagene System alle schon existierenden terrestrischen Funksysteme verwendet werden. Hierbei ist nur notwendig, die empfangenen Signale Si(t) auf die oben aufgeführten Kanalparameter zu untersuchen und wie beschrieben zu prozessieren.
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Weiterbildungen und weitere Vorteile ergeben sich durch eine analoge und sinngemäße Übertragung der vorstehend zum vorgeschlagenen Verfahren gemachten Ausführungen auf die vorgeschlagene Vorrichtung.
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Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, in der - gegebenenfalls unter Bezug auf die Zeichnung - zumindest ein Ausführungsbeispiel im Einzelnen beschrieben ist. Gleiche, ähnliche und/oder funktionsgleiche Teile sind mit gleichen Bezugszeichen versehen.
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Es zeigen:
- 1 einen schematisierten Verfahrensablauf des vorgeschlagenen Verfahrens in einer Ausführungsform, und
- 2 einen schematisierten Aufbau des vorgeschlagenen Systems in einer Ausführungsform.
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1 zeigt einen schematisierten Verfahrensablauf des vorgeschlagenen Verfahrens zur Ermittlung einer Wellenhöhe in einem Seegebiet in einer Ausführungsform. Das Verfahren umfasst folgende Schritte: Übertragen 101 eines Funksignals S(t) von einem an einer Position PTx angeordneten Sender TX an einen Empfänger RX an der Position PRX, wobei das vom Sender TX übertragene Funksignal S(t) infolge einer Mehrwegeausbreitung über dem Seegebiet als eine von der Wellenhöhe in dem Seegebiet abhängigen Anzahl N(t) von Teilsignalen Si(t) übertragen wird, und wobei vom Empfänger RX Messwerte Z(t) ermittelt werden, die die vom Empfänger RX empfangenen, sich überlagernden Teilsignale Si(t) wiedergeben, mit i = 1, ...N; aus den Messwerten Z(t) Ermitteln 102 einer Anzahl N(t) der Teilsignale Si(t); aus den Messwerten Z(t) für jedes Teilsignal Sj(t) Ermitteln 103 einer zeitlichen Verzögerung τi(t), und auf Basis der ermittelten Anzahl N(t) und/oder der Verzögerungen τi(t) Ermitteln 104 der Wellenhöhe W in dem Seegebiet.
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Weiterhin ist ein Grenzwert G1 vorgegeben, und sofern die aktuell ermittelte Wellenhöhe W größer oder größer gleich G1 ist, erfolgt das Ausgeben 105 einer Warnung. Gleichzeitig erfolgt ein Übermitteln 106 einer entsprechenden Warnung an andere Schiffe oder an eine Zentrale mit der aktuell Kontakt besteht.
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2 zeigt einen schematisierten Aufbau des vorgeschlagenen Systems zur Ermittlung einer Wellenhöhe in einem Seegebiet 204 in einer Ausführungsform. Das System umfasst einen an einer Position PTX angeordneten Sender TX, der zum Übertragen eines Funksignals S(t) an einen Empfänger RX an der Position PRX, eingerichtet und ausgeführt ist. Das vom Sender TX übertragene Funksignal S(t) wird infolge einer Mehrwegeausbreitung über dem Seegebiet 204 als eine Anzahl N(t) = 3 von Teilsignalen Sj(t) übertragen. Der Empfänger RX empfängt die sich überlagernden Teilsignale Sj(t) als Messwerte Z(t) mit i = 1, ...3. Der Empfänger RX umfasst einen Empfangsteil 200 mit einer Antenne, ein erstes Mittel 201 zum Ermitteln einer Anzahl N(t) der Teilsignale Si(t) aus den Messwerten Z(t), vorliegend N(t) = 3. Der Empfänger RX umfasst weiterhin ein zweites Mittel 202 zum Ermitteln einer zeitlichen Verzögerung τi(t) aus den Messwerten Z(t) für jedes Teilsignal Si(t), und ein drittes Mittel 203, mit dem auf Basis der ermittelten Anzahl N(t) und/oder der Verzögerungen τi(t) eine Wellenhöhe W in dem Seegebiet ermittelbar ist.
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Obwohl die Erfindung im Detail durch bevorzugte Ausführungsbeispiele näher illustriert und erläutert wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen. Es ist daher klar, dass eine Vielzahl von Variationsmöglichkeiten existiert. Es ist ebenfalls klar, dass beispielhaft genannte Ausführungsformen wirklich nur Beispiele darstellen, die nicht in irgendeiner Weise als Begrenzung etwa des Schutzbereichs, der Anwendungsmöglichkeiten oder der Konfiguration der Erfindung aufzufassen sind. Vielmehr versetzen die vorhergehende Beschreibung und die Figurenbeschreibung den Fachmann in die Lage, die beispielhaften Ausführungsformen konkret umzusetzen, wobei der Fachmann in Kenntnis des offenbarten Erfindungsgedankens vielfältige Änderungen beispielsweise hinsichtlich der Funktion oder der Anordnung einzelner, in einer beispielhaften Ausführungsform genannter Elemente vornehmen kann, ohne den Schutzbereich zu verlassen, der durch die Ansprüche und deren rechtliche Entsprechungen, wie etwa weitergehenden Erläuterungen in der Beschreibung, definiert wird.