DE102013016994A1 - Verfahren und Vorrichtung zur Charakterisierung der Dynamik ionisch-elektrischen Zellverhaltens - Google Patents

Verfahren und Vorrichtung zur Charakterisierung der Dynamik ionisch-elektrischen Zellverhaltens Download PDF

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Abstract

Elektrisches Verhalten spielt in biologischen Zellen eine tragende Bedeutung. Ein zentraler Teil der intrazellulären Mechanismen sowie ein großer Teil der Kommunikation zwischen einzelnen Zellen oder zellulären Einheiten findet ionisch-elektrisch statt. In der Pharmaindustrie und Biotechnologie werden Zellen und ganze Organismen mit bestimmten Eigenschaften, oft mit genetischen Verfahren, hergestellt. Viele dieser gewünschten besonderen Eigenschaften betreffen insbesondere einen der ionisch-elektrischen Mechanismen von Zellen. Allerdings weisen derartige Verfahren auch im industriellen Maßstab keine hundertprozentige Erfolgsrate auf, sodass anschließen qualitätsichernde Maßnahmen durchgeführt werden müssen. Bei Einzelzellen wird oft das Patch-Clamp-Verfahren eingesetzt, welches noch nicht automatisiert werden kann. Die Versuche, dies zu automatisieren sind einerseits in der Regel auf bestimmte Zelleigenschaften angewiesen (beispielsweise Zellform, das Vorliegen vereinzelter Zellen außerhalb eines Verbundes, kein adhärentes Wachstum etc.), schließen primäre Kulturen oder ganze Zellverbände aus und lösen nicht das Problem, dass die Proteine, deren korrekte Funktion analysiert werden soll, einzeln überprüft werden müssen – indem sie beispielsweise über chemische/pharmakologische Blocker, das heißt das Verhalten biologischer Mechanismen, insbesondere Signalkaskaden, beeinflussende, in den überwiegenden Fällen inhibierende oder deaktivierende Einflussfaktoren, beispielsweise Substanzen, funktional isoliert werden. Für Zellen oder Zellverbände ließe sich das Patch-Clamp-Verfahren deutlich günstiger durch automatisierte so genannten Multielektrodenarrays ersetzen, die auf einem typischen Kultur-Substrat, beispielsweise Glas oder einem Kunststoff, leitende Elektroden zur Verfügung stellen. Über diese kann das ionisch-elektrische Verhalten der kultivierten Zellen beobachtet und beeinflusst werden – der technisch komplizierte Vorgang, bei dem das Patch-Clamp-Verfahren den Zugang zur Zelle erzeugt, entfällt. In einem zweiten Schritt erfahren die Testobjekte eine definierte Reizfolge und das elektrisch dynamische Verhalten der Zellen wird gemessen und aufgezeichnet. Anschließend werden die vorhandenen Messdaten mit mathematischen Hilfsmitteln modellhaft nachgebildet. Die vorliegende Erfindung kann für eine automatische Entscheidung, insbesondere eine Sortierung – im Sinne einer Qualitätssicherung – genutzt werden. Ferner können die detektierte individuellen dynamischen Eigenschaften auch als Basis für andere Entscheidungen dienen, die keiner gesonderten Sortierung bedürfen, beispielsweise nur eine bestimmte Gruppe je nach Möglichkeit selektiv einer besonderen biologischen, chemischen, pharmakologischen oder physikalischen Behandlung zu unterziehen. Analog dem oben beschriebenen Sortierungs- und Qualitätssicherungsverfahren von Zellen wird die individuelle Dynamik eines ionisch-elektrischen Systems in diesem Fall charakterisiert, erkannt/identifiziert und vom Normzustand unterschieden, um beispielsweise die (Neben-)Wirkung eines Medikamentes zu ermitteln und zu quantifizieren. Ferner wird auf diese Weise nicht nur die Veränderung an sich erkannt, sondern auch die Ursache bzw. der Ort der Veränderung (beispielsweise ein bestimmtes Protein) detektiert bzw. aus den Messdaten errechnet. Ein weiterer Einsatzort der vorliegenden ist die (systematische) Entwicklung und Zulassung von Wirkstoffen. Dabei werden die Wirkungen von Wirkstoffen und Giften in der Regel einem so genannten Screening-Verfahren auf eine Vielzahl von Zellmechanismen beobachtet; der Großteil hierbei betrifft Elemente ionisch-elektrischer Mechanismen, beispielsweise Rezeptoren und Ionenkanäle.

Description

  • Die vorliegende Erfindung betrifft Verfahren und Vorrichtung zum Anlegen digitaler Kopien dynamischen elektrischen Zellverhaltens in vitro und in vivo. Zudem betrifft die Erfindung die automatische Charakterisierung/Sortierung von Zellen oder ganzer Organismen wie beispielsweise transgener Mäusen auf der Basis des elektrischen Zellverhaltens, um etwa die erfolgreiche Expression bestimmter Kanalproteine in einem industriellen Prozess zu detektieren, Screening von (Neben-)Wirkungen bestimmter Wirkstoffe auf das elektrische Zellverhalten und darin involvierte Proteine als Alternative zu aufwändigen Patch-Clamp-Screenings sowie zur Qualitätskontrolle.
  • Hintergrund der Erfindung
  • Elektrisches Verhalten spielt in biologischen Zellen eine tragende Bedeutung. Ein zentraler Teil der intrazellulären Mechanismen wird ionisch-elektrisch gesteuert. Darüber hinaus findet auch ein großer Teil der Kommunikation zwischen einzelnen Zellen oder zellulären Einheiten ionisch-elektrisch statt (siehe B. Alberts. Molekularbiologie der Zelle. Wiley-VCH, 4. Auflage, Weinheim, 2004). In Neuronen beispielsweise ist die ionisch-elektrische Kommunikation und Signalübertragung – innerhalb der Zelle und über die Zelle hinweg –, aber auch die Regelung zentraler Effekte, wie beispielsweise der synaptischen Plastizität, von Teilen des Metabolismus oder auch der Zellteilung durch ionisch-elektrische Kommunikationswege hinlänglich auch außerhalb von Fachkreisen bekannt. Jedoch exprimieren nahezu alle Zelltypen genetisch ein mehr oder weniger stark ausgeprägtes ionisch-elektrisches System. Ein ionisch-elektrisches System umfasst dabei alle zeitlich veränderlichen Mechanismen, die durch Ionen und deren Veränderung, beispielsweise deren Bewegung im Raum oder elektrochemische Reaktionen, aufrechterhalten werden, und dadurch elektrisch detektierbar sind.
  • Dieses ionisch-elektrische System wird in Zellen in der Regel von Proteinen getragen. Die bekanntesten darunter sind Kanalproteine und Rezeptoren in und an Membranen der Zelle oder von Zellorganellen. Hinzu kommen hier jedoch ebenso zahlreiche andere Mikrostrukturen wie Aquaporine, Gap Junctions oder Transporter-Proteine. Die Besonderheit dieser Strukturen ist hierbei deren ausgeprägte dynamische Charakteristik. Viele dieser Proteine erhalten ihre Funktion aus einem feinen Zusammenspiel von nanomechanischen und elektrostatischen/-dynamischen Mechanismen, z. T. mit chemischen Einflüssen, die zu einem nichtlinearen Verhalten mit sehr spezifischen Eigenschaften führen. Insbesondere spannungssensitive Elemente, beispielsweise spannungsgesteuerte Innenkanäle für Natrium-, Calcium- oder Kaliumionen, weisen sehr charakteristische Aktivierungs- und Deaktivierungsdynamiken mit sehr individueller Nichtlinearität und Spannungsabhängigkeit auf.
  • Das gesamte dynamische Verhalten eines bestimmten Mechanismus entsteht aus einem Zusammenspiel vieler beteiligter und charakteristischer Elemente. Das Fehlen oder Hinzukommen einer Komponente, beispielsweise eines bestimmten Kanalproteins, oder auch deren Defekt, beispielsweise aufgrund einer fehl- oder nicht exprimierten Kanal-Subunit zeichnen sich sehr deutlich im dynamischen Verhalten ab und lassen sich somit selbst im Gesamtbild sehr gut detektieren und charakterisieren.
  • Übersicht über die Erfindung
  • Im Allgemeinen betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren und die zugehörige Vorrichtung, um in Zellen, Zellverbänden oder ganzen Organismen die charakteristische Reiz-Reaktions-Dynamik eines ionisch-elektrischen Systems oder Mechanismus zu analysieren, detektieren, mit mathematischen Hilfsmitteln modellhaft nachzubilden, zu klassifizieren und auf der Basis der Klassifikation Entscheidungen zu treffen. Im Folgenden werden dementsprechend biologische Einzelzellen, funktionell oder mechanisch/physikalisch zusammenhängende biologische Zellverbände und ganze Organismen bestehend aus biologischen Zellen mit dem Begriff Zellen bezeichnet. Diese können mit der Erfundung sowohl in vitro, d. h. außerhalb eines biologischen Organismus, wobei eine Kultureinrichtung die physiologischen Konditionen künstlich bereitstellt, die sie Zellen für Stoffwechsel und/oder Wachstum und/oder Entwicklung benötigen, als auch in vivo, d. h. in einem Organismus oder Teil eines Organismus durchgeführt werden.
  • Proteine, die an solchen ionisch-elektrischen Zellmechanismen teilnehmen, nehmen technisch eine große Bedeutung ein. Beispielsweise werden in der Pharmaindustrie und Biotechnologie Zellen und ganze Organismen mit bestimmten Eigenschaften, oft mit genetischen Verfahren, hergestellt. Viele dieser gewünschten besonderen Eigenschaften betreffen insbesondere einen der ionisch-elektrischen Mechanismen von Zellen. Dabei werden oft bestimmte Gene modifiziert, transfiziert oder lediglich genetisch exprimiert. Allerdings weisen derartige Verfahren auch im industriellen Maßstab keine hundertprozentige Erfolgsrate auf. Dementsprechend ist am Ende solcher Herstellungsverfahren eine Sortierung oder Qualitätskontrolle notwendig, die eine biologische, chemische, pharmakologische oder physikalische Markierung – beispielsweise über Farbstoffe, Antikörper-Antigen-Bindungen, radioaktives Labeling und in diesem Zusammenhang in der wissenschaftlichen Literatur allgemein bekannten Markierungsmethoden – biologische, chemische, pharmakologische oder physikalische Trennung von Zellen oder Organismen mit den gewünschten Eigenschaften von jenen, die diese Eigenschaften nicht aufweisen, durchführt. Alle genannten und äquivalente Verfahren zur Markierung, Abtrennung, Sortierung oder anderweitig zur Wiederauffindung werden im Folgenden unter dem Begriff Sortierung zusammengefasst.
  • Klassische Verfahren für diese abschließende Sortierung oder Qualitätskontrolle sind bei Zellen oder ganzen Organismen relativ gleichartig. Bei letzteren kann beispielsweise eine Probenentnahme stattfinden, um Zellverfahren anwenden zu können. Typische Verfahren sind beispielsweise Fluoreszenz-aktivierte Sortierung (FACS), zahlreiche Assay-Verfahren (darunter beispielsweise Immunoassays), Elektrophorese, elektro-chemische Detektionsverfahren, DNA-Sequenzierer, Biosensoren, Chromatographie oder Massenspektrometrie.
  • Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und die zugehörige Vorrichtung, die Zellen, Zellverbände und ganze Organismen anhand der individuellen dynamischen Eigenschaften von ionisch-elektrischen Systemen charakterisiert, erkennt/identifiziert, unterscheidet und in einer besonderen Ausführungsform für eine automatische Entscheidung, insbesondere eine Sortierung nutzt. Ferner können die detektierte individuellen dynamischen Eigenschaften auch als Basis für andere Entscheidungen dienen, die keiner gesonderten Sortierung bedürfen, beispielsweise nur eine bestimmte Gruppe je nach Möglichkeit selektiv einer besonderen biologischen, chemischen, pharmakologischen oder physikalischen Behandlung zu unterziehen.
  • Ein weiterer Einsatzort der vorliegenden Erfindung sind das pharmakologische, das toxikologische sowie das chemische Screening. Bei der (systematischen) Entwicklung und Zulassung von Wirkstoffen werden die Wirkungen von Wirkstoffen und Giften in der Regel einem so genannten Screening-Verfahren auf eine Vielzahl von Zellmechanismen beobachtet; der Großteil hierbei betrifft Elemente ionisch-elektrischer Mechanismen, beispielsweise Rezeptoren und Innenkanäle. In der Regel erfolgt diese Analyse mit dem weithin bekannten Patch-Clamp-Verfahren, bei dem Einzelzellen, oft aus primären Kulturen oder technisch erstellte Zelllinien mit beeinflussten und wohldefinierten Eigenschaften einzeln auf abnormes Verhalten von Proteinen in einem ionisch-elektrischen Mechanismus überprüft werden. Dieses Verfahren verschafft sich mittels einer feinen, gezogenen Pipette elektrischen Zutritt zum Zytosol (sog. Whole Cell) oder isoliert einzelne/wenige Membranproteine (Cell Attached oder Einzelkanalmessungen), um hiermit das elektrische Verhalten zu vermessen. Dieses weit bekannte experimentelle Verfahren der Elektrophysiologie benötigt in der Regel einen gut ausgebildeten Experimentator und lange Erfahrung. Aufgrund der manuellen Durchführung ist dieses Verfahren für systematische Screenings sowohl zeitaufwendig als auch kostenintensiv.
  • Zwar existieren einige technische Ansätzen zur Automatisierung des Patch-Clamp-Verfahrens mithilfe planerer Patch-Clamp-Chips (siehe die Erfindung N. Fertig et al.; DE19936302 , EP1775586 , US2007/0087327 , US2005/0009171 ) und/oder Roboter. Jedoch sind diese Methoden einerseits in der Regel auf bestimmte Zelleigenschaften angewiesen (beispielsweise Zellform, das Vorliegen vereinzelter Zellen außerhalb eines Verbundes, kein adhärentes Wachstum etc.), schließen primäre Kulturen oder ganze Zellverbände aus und lösen nicht das Problem, dass die Proteine, deren korrekte Funktion analysiert werden soll, einzeln überprüft werden müssen – indem sie beispielsweise über chemische/pharmakologische Blocker, das heißt das Verhalten biologischer Mechanismen, insbesondere Signalkaskaden, beeinflussende, in den überwiegenden Fällen inhibierende oder deaktivierende Einflussfaktoren, beispielsweise Substanzen, funktional isoliert werden.
  • Für Zellen oder Zellverbände ließe sich deutlich günstiger mit automatisierten so genannten Multielektrodenarrays arbeiten, die auf einem typischen Kultur-Substrat, beispielsweise Glas oder einem Kunststoff, leitende Elektroden zur Verfügung stellen, über die das ionisch-elektrische Verhalten der kultivierten Zellen beobachtet und beeinflusst werden kann.
  • Teile der elektrisch leitenden Elektroden können dabei an der Oberfläche elektrisch isoliert werden, um lokal einen elektrischen Stromfluss zum darüber liegenden Zellmedium oder Zellen zu unterbinden und über den Einsatz vieler Elektroden eine lokale Selektivität zu erreichen. Der technisch komplizierte Vorgang, bei dem das Patch-Clamp-Verfahren den Zugang zur Zelle erzeugt, entfällt. Dieses Verfahren erlaubt ein einfaches automatisiertes Kultivieren von Zellen nahezu jeder beliebigen Art auf entsprechenden elektrisch leitenden Elektrodenstrukturen. Die Elektroden können dabei sowohl für die Detektion von ionisch-elektrischen Reaktionen als auch für die Reizung eingesetzt werden, sofern letztere nicht chemisch, pharmakologisch, biologisch oder physikalisch (beispielsweise je nach analysiertem Mechanismus über die Aussetzung bestimmter Stoffe, optisch, mechanisch, thermisch etc.) erfolgt. Beides kann dabei dynamisch sehr exakt erfolgen. Das heißt, dass für die elektrische Anregung der zeitliche Verlauf der Anregung (bekanntermaßen in Strom-, Spannungs- oder Ladungs-geregelter Weise) sehr exakt über ein weites Spektrum einstellbar ist (beispielsweise Rechteckpulse, Sinuspulse, beliebige Zwischenformen, aber auch komplexere zeitliche Kurven, wie rauschartige Formen oder so genannte Random-Walk-Verläufe); selbiges lässt sich auch auf andere physikalische oder chemische Reizmethoden übertragen. Beispielsweise lassen sich die Lichtintensität und das Spektrum zur Anregung von Rezeptoren, gesondert exprimierter Proteine oder schlicht der Membran ebenso zeitlich steuern. Die Detektion der Reaktion über geeignete Multikanalverstärker ist Stand der Technik.
  • Analog dem oben beschriebenen Sortierungs- und Qualitätssicherungsverfahren von Zellen wird die individuelle Dynamik eines ionisch-elektrischen Systems in diesem Fall charakterisiert, erkannt/identifiziert und vom Normzustand unterschieden, um beispielsweise die (Neben-)Wirkung eines Medikamentes zu ermitteln und zu quantifizieren.
  • Ferner wird auf diese Weise nicht nur die Veränderung an sich erkannt, sondern auch die Ursache bzw. der Ort der Veränderung (beispielsweise ein bestimmtes Protein, beispielsweise ein Kanalprotein) detektiert bzw. aus den Messdaten errechnet.
  • Überdies lassen sich derartige Screenings über die Analyse der Gesamtdynamik in ganzen Organismen in vivo durchführen. Hierzu wird die Expression bestimmter Proteine bzw. deren künstliche oder natürliche Mutation, epigenetische Modifizierung oder biochemische/physikalische Veränderung, beispielsweise durch Phosphorylierung, durch Beeinträchtigung oder Modulierung aufgrund chemisch oder physikalisch (in der Regel elektrostatisch) anliegender oder gebundener Substanzen oder Moleküle, darunter auch Neuromodulatoren und Botenstoffe, mit der vorliegenden Erfindung analysiert.
  • Dies kann beispielsweise an einem einzelnen oder mehreren Neuronen gleichzeitig erfolgen, deren Reiz-Reaktionsdynamik analysiert wird. Auf Basis der Ergebnisse können ebenso wie in der oben beschriebenen Anwendung an Kulturen Veränderungen gegenüber dem erwarteten Reiz-Reaktion-Dynamikverhalten oder beispielsweise die Zusammensetzung der an der Dynamik beteiligten Einzelkomponenten ermittelt werden.
  • Darüber hinaus existiert ein großer Bedarf an akkuraten spezifischen Modellen, beispielsweise in Form von digitalen, modellhaften Kopien, für die Aufstellung komplexer physiologischer Simulationsmodelle. Diese stellen ein in der Regel notwendiges Zweitprodukt der vorliegenden Erfindung dar. Diese Modelle werden insbesondere in der pharmakologischen Medikamentenentwicklung eingesetzt. Dort ermöglichen entsprechende Modelle, die Anzahl an Versuchen an Zellkulturen und Organismen, insbesondere in der Frühphase der Entwicklung deutlich einzuschränken, wenn erste Erkenntnisse und Vorraussagen bereits aus Simulationen gewonnen werden können.
  • In derartigen Simulationen können bereits einmal erfolgte experimentelle Untersuchungen nachgebildet, aber auch das dynamische Verhalten eines bestimmten ionisch-elektrischen Systems für neue Bedingungen prädiziert werden. Gerade im Falle von physikalisch basierten Modellen (siehe unten), deren Parameter im Gegensatz zu reinen Black-Box- oder Regressionsmodellen zumindest teilweise physikalische Bedeutung aufweisen, kann sogar die Auswirkung bestimmter Einflussfaktoren – beispielsweise die genetische Expression, aber auch chemische oder physikalische Einflüsse auf bestimmte an der Dynamik eines bestimmten ionisch-elektrischen Systems beteiligten Einzelkanäle, das Vorhandensein bestimmter Botenstoffe, sogenannter Messenger oder anderer Moleküle – simulativ abgeschätzt werden, wenn deren Wirkungsweise zumindest partiell bekannt ist. Ferner sind Parameterstudien in Modellen sehr einfach durchführbar.
  • Ein derartiges Vorgehen spart hohe Labor- und Materialkosten, benötigt deutlich weniger Zeit und ist letztendlich auch ethisch vorteilhaft. Die Zeitersparnis ermöglicht beispielsweise simulative ,Massenscreenings', bei welchen eine sehr große Zahl an (mindestens einige Tausend) Bedingungen, beispielsweise gebildet durch genetische Expression unterschiedlicher Proteine, chemische, pharmakologische, toxikologische, biologische oder physikalische Einflüsse oder physiologische Botenstoffe, betrachtet wird. Eine äquivalente Untersuchung mit einer derart hohen Anzahl an unterschiedlichen Bedingungen in Zellkulturen oder gar Organismen wäre nicht durchführbar. Die Kombination von Modellen einzelner ionisch-elektrischer Systeme, die zusammen ein größeres Kommunikationssystem bilden, erlauben darüber hinaus, in einem Baukastensystem beliebig komplexe Situationen zu betrachten, deren kombinatorische Vielfalt exponentiell ansteigen; beispielsweise ergibt sich für n verschiene Bedingungen mit bekannten zugehörigen Modellen des ionisch-elektrischen Systems A und m verschiedenen Bedingungen mit bekannten zugehörigen Modellen des ionisch-elektrischen Systems B eine Anzahl von Kombinationen, die dem Produkt von n und m entspricht. Während allerdings maximal eine Anzahl von Modellen, die der Summe von n und m entspricht, vorliegen und somit aufwändig messtechnisch ermittelt werden muss, um all diese kombinatorischen Bedingungen simulativ zu betrachten, müssen für eine Durchführung in Experimenten alle sich kombinatorisch ergebenden Bedingungen gesondert durchgeführt werden.
  • Die vorliegende Erfindung bietet den Vorteil, dass derartige Modelle im Vergleich zu bisherigen Methoden sehr zeit- und kostensparend ermittelt und kalibriert werden können. Ferner erlaubt die Erfindung eine derartige Modellbildung von ionisch-elektrischen Systemen, also quasi die Erstellung einer Kopie der Dynamik, dass die Testobjekte, beispielsweise Zellen, Zellkulturen, Zellverbände und Organismen, deutlich weniger beeinträchtigt werden und beispielsweise für mehrere Analysen verwendet werden können. Dies basiert auf der Tatsache, dass im Gegensatz zu bisherigen Methoden, beispielsweise der klassischen Patch-Clamp-Analyse, nicht unbedingt Zellen verletzt oder Einzelkomponenten, beispielsweise Proteine etc., chemisch, pharmakologisch oder anderweitig isoliert werden müssen, was die weitere Funktionsfähigkeit des Testobjektes, dessen Lebensdauer oder auch nur die Möglichkeit einer Verwendung für weitere Analysen, ohne deren Ergebnis zu verändern, beeinflusst. Darüber hinaus muss bei der vorliegenden Erfindung zur Analyse des dynamischen Verhaltens eines ionisch-elektrischen Systems eines Testobjektes das Testobjekt in der Regel nicht zwangsweise gesondert irreversibel vorbereitet werden (beispielsweise Gewebepräparation, Gewebeschnitte, Freilegen von bestimmten Zellen etc.), um beispielsweise einen Zugang zum ionisch-elektrischen System zu schaffen.
  • Bislang verwendete Modelle sind in der Regel jedoch mit oben genannten Verfahren, beispielsweise Patch-Clamp-Messungen in Kombination mit chemischer, pharmakologischer, genetischer oder molekularbiologischer Isolierung einzelner an der Gesamtdynamik beteiligter Komponenten, erstellt. Das heißt überlagernde andere Mechanismen werden für die Messung in ihrem Verhalten gezielt verändert, in der Regel in ihrem quantitativen Umfang verringert, verlangsamt oder vollständig deaktiviert, um lediglich einen einzelnen Mechanismus untersuchen zu können. Dadurch lassen sich Parameter, beispielsweise Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Kanalzustände – im einfachsten Fall das Häufigkeitsverhältnis von einem geöffnetem zu einem geschlossenem Zustand – oder Reaktionszeiten, beispielsweise Zustandsübergangszeiten, direkt ermitteln. Ein solches Vorgehen ist überaus aufwendig, teuer und benötigt lange Erfahrung des durchführenden Operators. Dementsprechend existieren nur sehr wenige, kaum spezifische Modelle, die stattdessen Normsysteme beschreiben sollen. Das Fehlen geeigneter Modelle für viele ionisch-elektrische Systeme gerade unter in der Praxis bedeutenden physikalischen, chemischen, pharmakologischen, toxikologischen und genetischen Bedingungen limitiert die Möglichkeiten des Einsatzes simulativer Modelle in vielen Bereichen wie beispielsweise der pharmakologischen Medikamentenentwicklung.
  • Die vorliegende Erfindung ermöglicht das ,Kopieren', das heißt im Folgenden die Erstellung/Kalibrierung eines entsprechenden simulierbaren Modells, ohne dass in dem zu analysierenden/zu kopierenden ionisch-elektrischen System experimentell die an der Gesamtdynamik beteiligten Einzelkomponenten separiert und diese beispielsweise chemisch/pharmakologisch (mit sogenannten Kanalblockern) oder anderweitig isoliert werden müssen. Stattdessen können die Einzelkomponenten, sofern deren Einzeldynamik gesondert ermittelt werden soll, über deren Einfluss auf die Gesamtdynamik in einem unten beschriebenen Analyseschritt erkannt werden.
  • Kurzbeschreibung der Figuren
  • 1 stellt die vorliegende Erfindung in der Übersicht dar. Ein Testobjekt (101), beispielsweise Zellen, Zellverbände oder ganze Organismen, wird mithilfe eines physikalischen (beispielsweise, aber nicht darauf beschränkt, Licht, (Ultra-)Schall, elektrischer Strom, Wärme) oder chemischen (beispielsweise durch Zugabe von Ionenlösungen, darunter unter anderem Kaliumchlorid, diverse Neurotransmitter, Neuromodulatoren) Reizes (102), dessen dynamische Eigenschaften (beispielsweise Intensität oder Stärke über die Zeit, Wellenlänge oder Frequenz etc.) steuerbar sind, angeregt. Die ionisch-elektrische Reaktion des Testobjektes wird mithilfe einer entsprechenden Messeinheit detektiert und mit üblichen Signalverarbeitungsmethoden von Störungen befreit (103). Eine Kontrolleinheit (104) analysiert die Messergebnisse und erstellt auf deren Basis neue Reize mit genau festgelegten Eigenschaften (je nach Reizart beispielsweise den exakten Zeitverlauf der Stromstärke oder der Spannung; alternativ die Lichtintensität und Wellenlänge über der Zeit oder auch die Zugabemenge einer Chemikalie über der Zeit) für den nächsten Reiz. Für diese Aufgabe setzt die Erfindung beispielsweise ein mathematisch-physikalisches Modell der Dynamik oder einen nichtparametrischen Informationsspeicher (105) ein. Als Ergebnis liefert das Verfahren und die zugehörige Vorrichtung eine computerimplementierte digitale Kopie als Parametersatz oder nichtparametrischen Kernel, die das dynamische Reiz-Reaktions-Verhalten des analysierten ionisch-elektrischen Systems des Testobjektes nachbilden, oder eine abstrahierte Entscheidung (106) zu welcher Klasse das analysierte ionisch-elektrische System des Testobjektes, beispielsweise einer Gruppe mit erfolgreich exprimiertem Subunit-Protein eines bestimmten Innenkanals, gehört, auf deren Basis das Testobjekt entsprechend sortiert werden kann.
  • 2 stellt eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung dar, in der die Reizung (202) und die Messung (205) der ionisch-elektrischen Reaktion elektrisch über einen dynamisch steuerbaren Reizverstärker und einen elektrischen Messverstärker mit am Testobjekt (203, 204) angeschlossenen Elektroden erfolgen. Ferner werden die Ergebnisse der Analyse einer Klassifizierung (207), beispielsweise mithilfe einer Principal-Components-Analyse oder einer Support-Vector-Machine, unterzogen, um deren Entscheidung anzuzeigen (208) und für eine Sortier- oder Qualitätsentscheidung heranzuziehen (209). Das parametrisierte Modell im Falle einer parametrisierten Analyse bzw. die Kernel im Falle einer parameterfreien Analyse werden in einer eigenen Einheit (206), beispielsweise einem Speicher vorgehalten. Im Falle einer kombinierten Analyse mit parametrischen und parameterfreien Anteilen umfasst diese Einheit beide Anteile. Zudem können Genauigkeitsinformationen wie Vertrauensintervall oder Wahrscheinlichkeitsverteilungen über Ergebnisse, Kernel und gegebenenfalls die Historie der Stimuli vorgehalten, verwaltet und im Laufe des Einsatzes erneuert werden.
  • 3 stellt eine besonders bevorzugte Ausführung der Erfindung dar. Eine Kontrolleinheit (301) steuert beispielsweise über einen elektronischen Bus (302) mindestens eine physikalische Reizquelle (305), hier gebildet aus mindestens einer parametrisierten oder anderweitig steuerbaren Signalquelle (306), beispielsweise einem Synthesizer oder Digital-Analog-Modulator, und mindestens einer elektrischen Reizquelle (307), beispielsweise einer steuerbaren Strom- oder Spannungsquelle. Für diesen elektrischen Fall wird ein ionisch-elektrisches System des Testobjektes (314) mit Reizelektroden (310) angeregt, mit Detektionselektroden, beispielsweise in differentieller Anordnung oder als getrennte Messelektrode (311) und einer Referenzelektrode (312). Eine Erdungseinrichtung (313) stellt das elektrische Potential des Testobjektes, beispielsweise über die elektrolytische Nährlösung/Messlösung oder einen bestimmten nicht mit dem analysierenden ionisch-elektrischen System teilnehmenden Gewebeteils, ein, um einerseits Potentialschwankungen, kapazitive Aufladungseffekte des Testobjektes und ähnliche Einkopplungsphänomene zu unterbinden und andererseits Einkopplungen der elektrischen Reizung in die Messung, die sich als Artefakte bemerkbar machen und Stabilität sowie Sensitivität des oder der Messverstärkers (309) beeinträchtigen können. Messelektrode (311) und Referenzelektrode (312) können ebenso wie die Erdungseinrichtung (313) auf unterschiedliche Weise, in der Regel dem Testobjekt (314) angepasste Art, beispielsweise als leitende Elektrodenstrukturen auf einen Zellkultursubstrat, als in die Zelle eingeführte Elektroden (über etablierte Methoden wie klassische Festkörperleiter oder Pipetten gefällt mit elektrolytischen Leitern wie bei Patch-Clamp-Verfahren), als Nadelelektroden, die das elektrische Potential der Umgebung der am ionisch-elektrischen System beteiligten Zellen messen, oder insbesondere bei ganzen Mechanismen auch als Oberflächenelektroden, die über einen Ohm'schen oder kapazitiven Kontakt mit dem Organismus verfügen, gestaltet sein. Die Messung erfolgt über mindestens einen Messverstärker (309), dessen Signal über mindestens einen Analog-Digital-Modulator (308) oder eine vergleichbare Einheit digitalisiert wird. Messverstärker (309) und Analog-Digital-Modulator(en) (308) können in eine Detektionseinheit (304), die somit für die Detektion und Signalverarbeitung der Reaktion eines ionisch-elektrischen Systems des Testobjektes (314) zuständig ist, zusammengefasst werden. Die steuerbare physikalische Reizquelle (305) und die Detektionseinheit (304) können zusammen die Schnittstelle (303) zum Testobjekt (314) darstellen. Ergebnisse werden dem Operator beispielsweise auf einer Ausgabeeinheit (315) dargestellt.
  • 4 zeigt eine mögliche Implementierung einer elektrischen Reizquelle mit Stromregelung. Eine Eingangsstufe (401) verarbeitet und bereitet die Signale Vin einer steuerbaren Signalquelle (406), beispielsweise einem Synthesizer oder Digital-Analog-Modulator, für die Stromquelle (402) auf, die beispielsweise eine Regelung enthalten kann und einen mit dem Eingangssignal zugehörigen oder über mathematische Operationen mit diesem verknüpften zeitlichen Reizstromverlauf Iout (407) erzeugt. Eine Messstufe (403) ermittelt die Reizparameter VMESS und IMESS, auf deren Basis Sicherheitsmechanismen (404) entscheiden, ob für das Testobjekt kritische Werte beispielsweise aufgrund eines Defektes, beispielsweise in der Stromversorgung (405), den eingehendem Signal Vin (406) in der Stromquelle (402) oder anderen Fehlerquellen inner- oder außerhalb des Reizsystems erreicht oder überschritten werden und die Stromquelle (402) abgeschaltet, abgeregelt oder anderweitig beeinflusst werden muss. Die Stromversorgung (405) kann beispielsweise aus dem Stromnetz erfolgen.
  • 5 stellt eine bevorzugte Implementierung der Stromquelle als Schaltplan (501) und als beispielhafte Implementierung (512) aus 4 (dortiges Bezugszeichen (402)) als spannungsgesteuerte Stromquelle dar. Die Erzeugung des zeitlichen Stromverlaufes durch die Last (504), in diesem Fall das Testobjekt, erfolgt hierbei über eine Doppelbrücke (501) aus Spannungs- oder Stromquellen (502) und (503), die beispielsweise jeweils als Verstärkerschaltung implementiert sein können. Die erste Quelle (502) regelt dabei über eine closed-loop-Regelung den am Eingang über Spannungen V1 und V2 vorgegebenen Verlauf und steuert die zweite Quelle (503), die selbst über keine Regelung verfügt. Die zweite Quelle kann dabei als Gegenpol zu ersten Quelle (502) die Spannung über die Last ZL (504) durch „Spiegelung” also Invertierung der Ausgangsspannung der ersten Quelle an Knoten 2 am eigenen Ausgang (Knoten 1) vergrößern, um einerseits den gesamten möglichen Spannungsbereich bei gleicher Gerätespannung zu vergrößern und andererseits die maximal mögliche Flankenanstiegsgeschwindigkeit zu erhöhen. Das Testobjekt und das erforderlichen Elektrodenmaterial, (Patch-Clamp-)Pipetten, Anschlussleitungen etc. sind als komplexer Lastwiderstand ZL (504) zusammengefasst. Eine beispielhafte Implementierung (512) stellt die Umsetzung eines Eingangssignales (510), (511) über zwei integrierte Verstärker (506) und (507) in einen zeitlichen Stromverlauf durch die Reizelektroden (508) und (509) dar. Das Eingangssignal wird als Potentialdifferenz der Spannungen V1 und V2 [(510) und (511) in der beispielhaften Implementierung in (502)] interpretiert, die, in Abhängigkeit vom Verhältnis der in 501 dargestellten Widerstände, als Strom IL (entsprechend 407 aus 4) durch die Last ZL folgenermaßen konvertiert wird:
    Figure DE102013016994A1_0002
  • Unter der Voraussetzung, dass R1 = R3 sowie R2 = R4 ist, gilt für den Strom IL durch die Last ZL
    Figure DE102013016994A1_0003
  • Gilt zusätzlich noch R2 >> R5 und R2 >> RL, vereinfacht sich der Zusammenhang zwischen dem Eingangs- und dem Ausanssinal noch stärker:
    Figure DE102013016994A1_0004
  • Die Stromquelle kann in ihrem Bezugspotential (505) auf das Testobjekt angepasst werden.
  • 6 zeigt als Beispiel die geschätzte Wahrscheinlichkeit (z-Achse) für unterschiedliche Parameter (x- und y-Achse) eines Bayes'schen Parameterschätzers für ein zweidimensionales Modell an. Ausgehend von fehlender Information zu Beginn in Schritt (601) (bei Fehlen so genannter Prior Information) wird mit systematischer Wahl von Reizparametern in jedem Schritt ein Maximum an zusätzlicher Information ermittelt, um von Schritt (601) aus bis zu hier Schritt (609) die Wahrscheinlichkeit eines Modell-Parametersatzes, dass das analysierte Objekt repräsentiert, zu maximieren (Spitze in der Verteilung) und die Wahrscheinlichkeit anderer Parameter auf ein Minimum zu senken (Spitze mit geringer Breite und Fehlen von Nebenmaxima in der Wahrscheinlichkeitsverteilung).
  • Detaillierte Beschreibung der Erfindung und bevorzugter Ausführungsformen
  • Analyse der Dynamik
  • Die Dynamik des zu analysierenden ionisch-elektrischen Systems kann in der vorliegenden Erfindung auf zwei Arten charakterisiert bzw. gleichbedeutend analysiert werden. Einerseits kann eine parametrisierte vorgegebene mathematische Näherungsbeschreibung der erwarteten Dynamik verwendet werden.
  • In der Regel handelt es sich hierbei um eine einzelne oder ein System aus (in der Regel nichtlinearen) Differentialgleichungen, deren Faktoren oder Konstanten als Parameter für eine Kalibrierung an das gerade zu analysierende ionisch-elektrische System verwendet werden.
  • Beispiele derartiger Modelle existieren in großer Zahl in der wissenschaftlichen Literatur. Handelt es sich beispielsweise um ein Neuron, können einfache black-box-Modelle, d. h. nicht physikalisch basierte Modelle, wie jenes in [E. M. Izhikevich (2003). Simple model of spiking neurons. IEEE Transactions an Neural Networks, 14(6): 1569ff.] herangezogen werden. Eine beispielhafte, aber bei Weitem nicht erschöpfende Aufstellung weiterer Modelle findet sich in [E. M. Izhikevich (2004). Which model to use for cortical spiking neurons. IEEE Transactions an Neural Networks. 15(5): 1063ff.]. Der Vorteil solcher nicht physikalisch basierten Modelle ist in der Regel die geringe Anzahl an Parameter, die einerseits die Flexibilität und Genauigkeit der Abbildung realer biophysikalischer Systeme beschränkt, andererseits ein Training, d. h. eine Parameterbestimmung, vereinfacht und beschleunigt. Daneben können auch physikalisch-basierte Modelle für die Analyse verwendet werden, deren Parameter und Teile eine physikalische/chemische/biologische Bedeutung aufweisen, beispielsweise ein bestimmtes Protein beschreiben. Beispiele und Charakter der dominierenden Klasse solcher Beschreibungen sind beispielsweise in [Ch. Koch (1999). Biophysics of Computation. Information Processing in Single Neurons. Oxford University Press, New York/Oxford.] beschrieben. In dieser wird die Gesamtdynamik in der Regel auf die an ihr beteiligten Einzelelemente, vorwiegend Innenkanäle, die je nach ionisch-elektrischem System bzw. Zelltyp kombiniert werden und deren einzelne Dynamikbeschreibung, aufgeteilt. Für eine große Anzahl dieser Innenkanäle ist sowohl die genetische Codierung als auch eine zugehörige Dynamikbeschreibung in der wissenschaftlichen Literatur vorzufinden.
  • Derartige physikalische Modelle wurden ausschließlich aus Patch-Clamp-Messungen mit (i. d. R. chemisch) isolierten Einzelkomponenten, beispielsweise bestimmten Ionenkanälen, ermittelt. Wie bereits oben ausgeführt wurde, unterscheidet sich dieser Ansatz wesentlich von dem in der vorliegenden Erfindung – beispielsweise sind die hierfür nötigen Einzelkomponenten für dieses Verfahren bislang nicht bekannt – und weist deutliche Nachteile auf.
  • Für das oben bereits bemühte Beispiel von Neuronen, jenen Zellen mit dem bekanntesten ionisch-elektrischen System, lassen sich derartige Innenkanäle zusammen mit den zugehörigen dynamischen Beschreibungen anderer Komponenten, wie beispielsweise Proteinen, mit einer bestimmten räumlichen Verteilung in eine geometrisch-morphologische Abbildung einer entsprechenden Neuronzelle, die die Morphologie entsprechend genau beschreibt, einbetten (siehe beispielsweise Ch. Koch (1999). Biophysics of Computation. Information Processing in Single Neurons. Oxford University Press, New York/Oxford.). Im Gegensatz zu solchen geometrisch-morphologischen Modellen, die für das hier beschriebene Verfahren eine Vielzahl an zu kalibrierenden Parametern beinhalten, ermöglicht die Dynamikanalyse von ionisch-elektrischen Systemen darüber hinaus in vielen Fällen die Verwendung von reinen Beschreibungen der Reizdynamik.
  • Dies kann auch in einem physikalisch basierten Modell geschehen. Im Gegensatz zu den oben genannten Modellen sind derartige Beschreibungen in der wissenschaftlichen Literatur nicht etabliert. In diesem Fall wird lediglich die physikalische/chemische Reizung modelliert. Hierzu kann auf die in der Literatur bekannten Komponentenbeschreibungen von Einzelkanälen und anderen Komponenten zurückgegriffen werden, die entsprechend in einem lokalen Modell, d. h. in der Regel differentiell (auf die Fläche bezogen), kombiniert werden. Die Zahl der zu kalibrierenden Parametern sinkt in einem solchen Modell deutlich ohne bedeutend an Genauigkeit einzubüßen. Handelt es sich bei dem analysierten ionisch-elektrischen System um ein Neuron oder ein mehrzelliges System, kann das Modell mit einer vereinfachten parametrisierte Verzögerungsdynamik, beispielsweise einer Totzeit, ergänzt werden, um die Zeitverzögerung zwischen physikalische/chemischer Reizung und messbarer elektrischer Reaktion, beispielsweise aufgrund eines Signaltransportes, im Modell zu repräsentieren.
  • Methoden zur Durchführung dieser Kalibrierung, oft auch als Training, Regression oder Schätzung bezeichnet, sind in der Mathematik und angewandten Disziplinen wie der Physik und der Statistik bekannt. Beispielsweise können die Parameter über einen sogenannten Maximum-Likelihood-Ansatz nach R. A. Fisher, Bayes'scher Regression, die Minimierung eines Abweichungsmaßes wie beispielsweise der Summe der quadratischen Abweichungen (least mean squares), des Medians der Abweichungen oder der maximalen Abweichung ermittelt werden.
  • Da Neuronen stark nichtlineare Eigenschaften mit Tendenz zu chaotischem Verhalten aufweisen, wird bevorzugterweise kein paralleles Training aller Parameter eines Modells zugleich vorgenommen, sondern mit jenen das dominierende lineare Verhalten (oft eine Tiefpasscharakteristik, seltener Bandpass- oder Hochpasscharakteristiken) bestimmenden Parameter begonnen, wobei die übrigen Parameter entweder auf bestimmte, bekannte und wahrscheinliche oder erwartete Werte festgelegt werden oder zumindest in ihrer Wahlfreiheit, beispielsweise dem Intervall deutlich eingeschränkt werden. Anschließend können stufenweise die restlichen Parameter bestimmt werden.
  • Auf diese Weise wird eine erhöhte Stabilität und Geschwindigkeit der Analyse bewirkt.
  • Um die Genauigkeit zu erhöhen und ggf. vorhandene Fehler in einzelnen Parameter zu korrigieren, kann ein iteratives Training herangezogen werden. Hierbei wird nach einem Durchlauf der Bestimmung aller Parameter (wobei in jedem Schritt nur ein Teil der Parameter bestimmt wurde, während die übrigen festgelegt oder eingeschränkt waren) erneut mit den im Verlauf zuerst bearbeiteten Parametern begonnen, um Änderungen in den wahrscheinlichsten Werten für die anderen Parameter auch auf die davor bestimmten auswirken zu lassen.
  • Die Reihenfolge gegenüber dem letzten Durchlauf kann jedoch auch variiert werden.
  • Diese Iteration kann mehrfach durchlaufen werden, bis sich die Werte stabilisieren.
  • Neben diesen parametrischen Analyseverfahren kann die Erfindung auch mit nichtparametrischen Verfahren verwendet werden. Solche Verfahren bilden die Dynamik mittels einer Art Übertragungsfunktion nichtlinearer Natur ab, ähnlich einer Taylor-Reihe für statische Funktionen. Dies kann beispielsweise auf der Basis der theoretischen Arbeiten von V. Volterra und N. Wiener erfolgen. Dabei handelt es sich um eine allgemeine Reihendarstellung r(t) einer nichtlinearen Dynamik folgender Form:
    Figure DE102013016994A1_0005
  • Dabei bezeichnen Ki1, τ2 , ..., τn) die sogenannten Kernel oder Kerne, d. h. Funktionen, die für das entsprechende dynamische System bestimmt werden müssen, damit der oben genannte Ausdruck die nichtlineare Systemdynamik beschreibt, x(t) repräsentiert das Eingangssignal des dynamischen Systems, der Zähler i gibt die Ordnung des entsprechenden Kernen (beginnend mit einer Konstante K0 für die 0. Ordnung über die lineare Impulsantwort K1(t) zu Kernen höheren Ordnungen) sowie des zugehörigen Summenterms wieder. Für eine näherungsweise Charakterisierung einer Systemdynamik reicht es in der Regel aus, eine begrenzte Zahl an Kernen zu ermitteln.
  • Die Bestimmung der Kerne für jede nichtlineare Ordnung soll hier vorzugsweise sukzessive, beginnend bei der niedrigsten, d. h. 0. bzw. 1., erfolgen. Die Reize können, wie anschließend beschreiben, zufällig sein, d. h. einen Rauschprozess oder Random-Walk-Verlauf folgen, aber auch sehr bestimmte Muster einhalten oder gezielt erzeugt sein, um eine schnelle Konvergenz zu ermöglichen.
  • Im Gegensatz zur parametrischen Analyse, die ein Modell kalibriert, das nicht unbedingt in allen Fällen das zu analysierende ionisch-elektrische System des Testobjektes korrekt abbilden, sondern oft nur die bestmögliche Näherung innerhalb der Flexibilität des Modells liefern kann (siehe oben), ist die nichtparametrische Analyse in der Regel in der Lage, jegliches dynamisches Verhalten zu beschreiben.
  • Mit beiden Varianten erhält man nach Durchführung ein Analyseergebnis, das gleichzeitig eine Kopie der Dynamik des ionisch-elektrischen Systems darstellt und somit für Vorhersagen ohne weitere Vermessung des realen ionisch-elektrischen Systems verwendet werden kann.
  • Auch kann die Analyse in einer Kombination aus modellgestützter, parametrischer zusammen mit einer nichtparametrischen Analyse erfolgen. In diesem Fall wird die kopiehafte Beschreibung des dynamische Verhalten des ionisch-elektrischen Systems aus beiden zusammengesetzt. Dies kann beispielsweise als Summe oder einer anders gearteten mathematischen Verknüpfung eines Modells zusammen mit einer nichtparametrischen Beschreibung, beispielsweise einer Darstellung auf der Basis der theoretischen Arbeiten von V. Volterra und N. Wiener gestaltet sein. Im Falle einer Summe oder anderen Grundrechenart kann beispielsweise eine parametrische Analyse wie oben beschrieben durchgeführt werden, wobei die Parameter des vorgegebenen Modells so kalibriert werden, dass das Modell dem gemessenen Verhalten, d. h. die Dynamik, des analysierten ionisch-elektrischen Systems möglichst nahe kommt. Die Abweichung des gemessenen Verhaltens des analysierten ionisch-elektrischen Systems vom kalibrierten Modell kann nun mit dem nichtparametrischen Verfahren analysiert werden. Wird eine Summe beider Beschreibungen eingesetzt, wird somit die nichtparametrische Analyse direkt auf die Abweichung zwischen Modell und gemessener Dynamik angewandt. Ebenso können jedoch beliebige andere mathematische Verknüpfungen und Operationen verwendet werden. Handelt es sich um eine mathematisch invertierbare Operation, gestaltet sich das Verfahren besonders vorteilhaft.
  • Die Kombination von parametrischen, d. h. modellbasierten Analysen mit nichtparametrischen Analysen erlaubt, die Vorteile beider zu nutzen. Das sind zumeist eine schnellere, d. h. mit weniger Testreizen, und stabilere Analyse für den durch das Modell beschreibbaren Anteil, wobei die durch das Modell nicht beschreibbare Abweichung durch die nichtparametrische Analyse beliebig genau beschrieben werden kann und so die Einschränkungen durch den Gültigkeitsbereich des in der parametrischen Analyse verwendeten Modells nicht mehr gelten.
  • Beispielsweise kann so auch ein sehr vereinfachtes, zumeist nur wenige Parameter nutzendes Modell verwendet werden, das anderweitig nicht ausreichend akkurat das Verhalten aller zu analysierenden ionisch-elektrischen Systeme beschreiben könnte, aber in der Regel entsprechend schnell kalibriert werden kann, wobei die Abweichung von der nichtparametrischen Analyse beliebig verringert werden kann und somit die Einschränkungen aufgrund der vereinfachten Modellwahl nicht mehr existieren.
  • Ebenfalls können mehrere einfache Modelle mit entsprechender Analyse und eine nichtparametrische Analyse verknüpft werden. Die Verknüpfung kann wiederum durch eine beliebige mathematische Operation, darunter beispielsweise die Grundrechenarten, erfolgen.
  • Das oder die Modelle, beispielsweise Parameter und weitere statistische Informationen im Falle einer parametrischen oder hybriden Analyse oder die das Modell beschreibenden Kerne im Falle einer nichtparametrischen oder hybriden Analyse werden vorzugsweise in einem digitalen Speicher vorgehalten.
  • Neben der Kalibrierungs-, Trainings- oder Parameterermittlungsmethode und dem Modell wird für die Analyse zudem ein Modul zur Auswahl geeigneter und entsprechend applizierter physikalische/chemischer Reize benötigt. Dies kann seinerseits parametrisch erfolgen. In diesem Fall ist der Reiz mit seinen quantifizierbaren Eigenschaften – beispielsweise Amplitude, Stromstärke, Spannung, Lichtintensität, Stoffkonzentration und dergleichen – in Abhängigkeit der Zeit, Frequenz oder Wellenlänge im Falle von akustischen, mechanischen oder optischen Reizen, zu beschreiben. In diesem Fall kann die Auswahl des nächsten über eine Sensitivitätsanalyse erfolgen. Hierzu werden jene Parameter des Reizes bestimmt, deren Änderung die größte Auswirkung auf die Kalibrierungsergebnisse bzw. deren Genauigkeit, beispielsweise gemessen als Vertrauensinterval (beispielsweise bei frequentistischer Statistik), über Cross-Validation oder als Bayes'sche Wahrscheinlichkeitsverteilung der Kalibrierungsergebnisse. Eine solche Sensitivitätsanalyse kann beispielsweise statistisch oder informationstheoretisch implementiert werden. Hierzu wird beispielsweise der Erwartungswert der Sensitivität für jeden möglichen Reiz berechnet und jener mit dem höchsten Erwartungswert verwendet. Ebenso kann jener Reiz verwendet werden, der die größte Veränderung der Entropie der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Kalibrierungsergebnisse (beispielsweise bei Verwendung Bayes'scher Kalibrierungsmethoden) erwarten lässt.
  • Alternativ kann neben einer möglichst effizienten Analyse, d. h. in der Regel mit möglichst wenig Reizen möglichst genaue und akkurate Bestimmung aller Parameter, auch eine möglichst effiziente Sortierungsentscheidung, das heißt in der Regel mit wenigen Reizen eine genaue und akkurate Klassifizierung als Kriterium für die Wahl bzw. Generierung des nächsten Stimulus herangezogen werden. Hierzu wird die Auswahl bzw. Generierung des nächsten Stimulus mit der nachfolgenden Klassifizierungsmethode verbunden. Die oben genannte Sensitivitätsanalyse ist auch in solchen Fall anwendbar, allerdings wird sie nicht auf die Modellparameter sondern auf die Klassifizierung und deren Sicherheit (beispielsweise in deren statistische Maße wie Vertrauensintervalle oder Wahrscheinlichkeiten für Fehlklassifizierungen, d. h. Fehler 1. und 2. Art, etc.) angewandt.
  • Ferner können die möglichen Reize auch vorgegeben sein, so dass der nächste Reiz nicht erzeugt werden muss, sondern aus der Menge der gespeicherten oder anderweitig vorgegebenen Menge aus Reizen der nach oben genannten Kriterien aktuell best geeignete gewählt wird. Dies ist äquivalent einer parametrischen Erzeugung, indem die zur Verfügung stehenden Reize schlicht parametrisiert, im einfachsten Fall nummeriert werden.
  • Darüber hinaus kann die Auswahl des nächsten Reizes auch stochastisch beeinflusst werden und beispielsweise eine bestimmte Häufigkeitsverteilung der Werte bestimmter Parameter anstreben.
  • Wird der Reiz nicht parametrisiert, sondern über seinen exakten Zeitverlauf beschrieben, kann der Zeitverlauf einerseits parametrisiert werden, indem beispielsweise eine Abtastung ähnlich einer Analog-Digital- bzw. Digital-Analog-Wandlung erfolgt oder der Verlauf über Spline-Kurven, Fourier-Reihen, Wavelets oder dergleichen parametrisiert wird. Vollständig unparametrisiert kann der Reiz mit seinem Zeitverlauf auch erzeugt werden, indem beispielsweise zu jedem Zeitpunkt des Reizes eine Sensitivitätsanalyse für die lokale Steigung, d. h. Ableitung, (ggf. auch höhere Ableitungen) durchgeführt wird, um so mit Hinblick auf eine möglichst effektive Informationsbeschaffung aus dem Testobjekt den optimalen oder zumindest einen sehr charakteristischen Anregungsverlauf (gegeben durch seine lokalen optimalen Ableitungen) zu ermitteln.
  • Die Reize können vor (offline) oder während (online) der Applizierung in der Kontrolleinheit erzeugt werden.
  • Analyse, Generierung des nächsten Reizes und Applikation des nächsten Reizes können iterierend abwechselnd ablaufen. Die Erzeugung der Reize kann auch entweder auf der Basis des Modells mit seinen mathematischen Eigenschaften oder aus Erfahrungswerten gespeist werden und vor Durchführung der Analyse geschehen.
  • Die Analyse kann ferner auf dieser Basis iterativ-approximativ durchgeführt werden, d. h. sie wird mit jedem Paar aus Testanregung und gemessener Reaktion verfeinert, erreicht allerdings möglicherweise nie den Zustand einer exakten Beschreibung der Dynamik des ionisch-elektrischen Systems, kommt dieser allerdings sehr, je nach Verfahren und/oder Modell sogar beliebig nahe.
  • Klassifikation/Sortierung
  • Auf der Basis der Analyseergebnisse kann in der vorliegenden Erfindung für die Sortierungsentscheidung oder zur Ermittlung des Qualitätsurteils eine Klassifikation erfolgen. Die Klassifikation kann entweder auf der Basis von bekannten Klassen, dargestellt in der Regel durch eine große Zahl von beispielhaften Ergebnisparametersätzen aus der Analyse repräsentativ für die jeweiligen Klassen, oder frei geschehen, d. h. nach einer gewissen Anzahl von Analysen unterschiedlicher ionisch-elektrischer Systeme bzw. Testobjekte gruppiert die vorliegende Erfindung ähnliche und grenzt die einzelnen Gruppen untereinander ähnlicher, aber gruppenbezogen gegenseitig unähnlicher analysierter ionisch-elektrischer Systeme oder Testobjekte voneinander ab. Die Ermittlung, das heißt im Wesentlichen die Analyse, der im ersten Fall notwendigen Repräsentanten, die in Summe das sogenannte Trainingset bilden und auf deren Basis die Gruppen bestimmt werden, kann mit dem Verfahren, insbesondere der Analyse, selbst erzeugt werden, wodurch das Verfahren lernfähig werden kann, d. h. jede Messung kann, ggf. zusammen mit Informationen eines Nutzers, in das eigene Trainingsset hinzugefügt werden, oder auch aus anderen Quellen stammen, beispielsweise dem klassischen Patch-Clamp-Ansatz mit chemisch isolierten Einzelkomponenten oder Computersimulationen.
  • Für die parametrische Analyse liefert die Analyse für jedes analysierte ionisch-elektrische System bzw. Testobjekt einen Parametersatz vorzugsweise mit zugehörigen statistischen Informationen wie beispielsweise Vertrauensintervallen, Parameterwahrscheinlichkeitsverteilungen etc. Diese Ergebnisse können in einer Klassifikation herangezogen werden, um die Ergebnisse einer bestimmten Gruppe zuzuordnen, beispielsweise den Gruppen ,korrekt exprimiertes Protein A' vs. ,nicht korrekt exprimiertes Protein A' und auf dieser Basis eine Entscheidung für das zugehörige Testobjekt zu treffen oder es beispielsweise entsprechend zu sortieren. Die Klassifikation kann darüber hinaus auch mehr als zwei Gruppen, die komplementär sein können, aber nicht müssen, enthalten.
  • Die Klassifikation kann auf der Basis der parametrischen Analyseergebnisse beispielsweise über eine Schwellwertentscheidung, d. h. über den einzelnen Klassen zugeordnete (mehrdimensionale) Intervalle, in welchen die Parameterwerte der Mitglieder der zugehörigen Klasse liegen, erfolgen. Ferner ist eine Klassifikation mithilfe einer Hauptachsentransformation, auch Principal Component Analysis, der Parameter und anschließender Schwellwertentscheidung, soft-logic-Entscheidung oder auch statistischer Entscheidung mit Zuordnung von Wahrscheinlichkeiten, beispielsweise auf Bayes'sche Basis möglich. Des Weiteren kann die Methode der Support Vector Machine für eine nichtlineare Klassifikation herangezogen werden. Weitere klassische Methoden des Machine Learning, wie beispielsweise neuronale Netze können ebenso alternativ zu den beschriebenen eingesetzt werden.
  • Im Gegensatz zum Fall der parametrischen Analyse liegen bei der nichtparametrischen Methode, beispielsweise der Kernel-Analyse auf der theoretischen Basis von V. Volterra und N. Wiener keine Parameterergebniswerte, d. h. eine endliche Anzahl an fixen Werten, vor. Stattdessen liefert die nichtparametrische Analyse eine Anzahl von Funktionen, die beispielsweise als Kernel die einzelnen linearen und nichtlinearen Ordnungen der Dynamik beschreiben. Die Klassifizierung kann hier im Allgemeinen nicht mit in der Literatur bekannten Verfahren erfolgen. Stattdessen kann beispielsweise ein Ähnlichkeitsmaß verwendet werden, um die Distanz zweier Kernelfunktionen, beispielsweise des aktuell analysierten ionisch-elektrischen Systems und allen Vertretern des Trainingsets oder auch mehrere analysierten ionisch-elektrischen Systemen, zu ermitteln. Für eine solche Distanz können klassische, wie beispielsweise alle in der Mathematik bekannten Normen, beispielsweise p-Normen (beispielsweise die aufsummierte oder integrierte quadratische Abweichung), Vektordistanzmaße, Skalarprodukte (auf endliche Vektoren und unendliche Vektoren, beispielsweise Elemente des Hilbert-Raumes L2), Kreuzkorrekationsfunktionen etc. eingesetzt werden; alternativ ist auch ein statistischer Ansatz möglich, der eine Art Likelihood oder als Bayes'sche Variante eine Wahrscheinlichkeit auf Basis des Trainingsset bereitstellt: Die Kernel als Funktionen w = ki(τ) der jeweiligen Klasse der Trainingsdaten oder anderer Messungen für jede Ordnung, wobei τ ein Vektor und w der Funktionswert eines Kernels ist, also mehrdimensional sein kann, können entsprechend zusammengelegt werden, um für jeden Ort (τ, w) eine Art Wahrscheinlichkeitsdichte, folglich eine (mehrdimensionale) Verteilungsfunktion zu bilden, d. h. eine Wahrscheinlichkeit, dass ein gewisser Punkt (τbestimmt, wbestimmt) in einer Kernelfunktion der entsprechenden Klasse und Ordnung angenommen wird (Wahrscheinlichkeit P(τbestimmt, wbestimmt)). Hierzu können bekannte Verfahren zur Erzeugung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen auf der Basis von Messewerten herangezogen werden. Mit dieser Wahrscheinlichkeitsfunktion fo,k(τ, w), die einer entsprechenden Ordnung o und Klasse k zugehörig ist, kann die Wahrscheinlichkeit bestimmt werden, dass ein bestimmter Kernel einer bestimmten Ordnung zur entsprechenden Klasse k gehört:
    Figure DE102013016994A1_0006
  • Mit diesen Wahrscheinlichkeiten für jede Kernelordnung des soeben analysierten ionisch-elektrischen Systems für die Zugehörigkeit zu jeder entsprechenden Klasse k kann für jede Klasse die Gesamtwahrscheinlichkeit, das heißt über alle Ordnungen, der Zugehörigkeit zur jeweiligen Klasse (Multiplikation der Wahrscheinlichkeiten) bestimmt werden, um nicht nur ein die am wahrscheinlichsten zugehörige Klasse zu ermitteln, sondern auch Aussagen über das Fehlerrisiko zu treffen.
  • Alternativ zur Wahrscheinlichkeitsverteilung als Art Dichte oder Schatten der Kernel in ihrem Raum fo , k(τ, w) kann beispielsweise dasselbe Verfahren auch auf deren Ableitung angewandt werden.
  • Trennt die nichtparametrische Analysemethode die Kernel der einzelnen Ordnungen, kann ein Distanz- oder Wahrscheinlichkeitsvergleich mehrerer analysierter ionisch-elektrischer Systeme oder Testobjekte untereinander oder einzeln gegenüber dem Trainingset fük jede Ordnung getrennt erfolgen oder auch kombiniert werden, indem die Einzeldistanzen oder Einzelwahrscheinlichkeiten entweder (je nach Maß) mathematisch konsistent direkt vereinigt werden oder eine Gewichtung stattfindet. Diese Gewichtung kann beispielsweise ein Zuverlässigkeitsmaß beinhalten; in der Regel sind beispielsweise Nichtlinearitäten und damit Kernel höherer Ordnung mit größeren Fehlern behaftet.
  • Auch eine freie Klassifikation kann nach den Methoden der vorhandenen wissenschaftlichen Literatur erfolgen, wenn entsprechend das Element der hier benannten Distanzfunktion bekannt ist.
  • Die Klassifikation kann am Ende der Analyse auf der Basis der Ergebnisse dieser erfolgen. Liefert die Analyse jedoch während ihrer Durchführung bereits Ergebnisse, die in diesem Fall mit jeder Reizung und zugehöriger Reaktionsmessung verfeinert werden, kann auch bereits während der Analyse eine Klassifikation durchgeführt werden.
  • Verschränkte Analyse mit Klassifikation
  • Für sehr einfache Klassifikationen kann die Analyse mit der Klassifikation vereinigt werden, indem entweder das Modell deutlich reduziert und an die Klassifikation angepasst wird, beispielsweise lediglich über die Freiheitsgrade der Klassifikation verfügt, oder die Art der geschätzten Komponenten bei der parameterfreien Kernelanalyse, beispielsweise der Ordnung der Nichtlinearitäten, an für die Klassifikation besonders charakteristischen beschränkt oder priorisiert. Dies kann beispielsweise durch die Anpassung der Parametrisierung des Modells an die dominierenden Freiheitsgrade der Klassifizierung z. B. durch Anzahl der Parameter und/oder Gestalt des Modells erfolgen. Beispielsweise kann das Modell im idealen Fall exakt die dominierenden Parameter der Klassifizierung (beispielsweise im Sinne einer Principal Component Analysis) verwenden, so dass die Freiheitsgrade der Klassifizierung nicht sekundär sind.
  • Der Grad der Anpassung der Modellparameter an die Klassifizierung lässt sich hier beispielsweise über die Korrelationsmatrix bzw. Kovarianzmatrix der Analyseparameter und der Klassifizierungsparameter erkennen. Je höher die Abstimmung des Modelles auf die Klassifizierung, desto mehr nähert sich die Kovarianzmatrix einer Diagonalmatrix an.
  • Ferner kann die Anpassung auch durch die Wahl der Reize erfolgen, sodass die Reize insbesondere so gewählt werden, dass sie eine schnelle Entscheidung in jenem Raum erlauben, der von den Freiheitsgraden der Klassifizierung aufgespannt wird.
  • Ausführungsformen
  • Eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung enthält eine oben beschriebene Analyse, eine oben beschriebene Generierung oder Wahl eines jeweils nächsten Reizes, mindestens eine steuerbare physikalische/chemische Reizquelle und mindestens eine Detektionseinheit. In einer besonders bevorzugten Ausführungsform führt die Analyse eine Kalibrierung eines parametrischen Modells für eine oder mehrere zu messenden Zellen durch. In einer anderen besonders bevorzugten Ausführungsform ist die Analyse eine nichtparametrische Analyse. In einer dritten besonders bevorzugten Ausführungsform werden nichtparametrische und parametrische Analyse kombiniert.
  • In einer Unterausführungsform handelt es sich bei der einen oder mehreren zu messenden Zellen um in vitro Zellen. In einer anderen Unterausführung handelt es bei der einen oder mehreren zu messenden Zellen um in vivo Zellen als Teil eines Organismus.
  • In einer besonders bevorzugten Ausführungsform sind die Einzelelemente der oben genannten Ausführungsformen in mindestens zwei eigenständige Module untergliedert, die miteinander elektronische Daten austauschen.
  • In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform sind alle Einzelelemente, d. h. Analyse, nächste Reizerzeugung oder -auswahl, steuerbare physikalische/chemische Reizquelle, Detektionseinheit, in eigenständige Module gegliedert, die miteinander elektronische Daten austauschen.
  • In einer besonders bevorzugten Ausführungsform sind die Einzelmodule der beiden letztgenannten Ausführungsformen auch in der Vorrichtung physikalisch getrennt, und verfügen über getrennte elektronische Komponenten, die miteinander über elektronische Signalleitungen, Bussysteme (elektrisch, optisch oder andere bekannte Signalübertragungswege) digital oder analog kommunizieren.
  • Eine weitere bevorzugte Ausführungsform enthält eine oben beschriebene Analyse, eine oben beschriebene Generierung oder Wahl eines jeweils nächsten Reizes, eine oben beschriebene Klassifikation, das heißt eine Zuordnung des Testobjektes zu einer Klasse oder Gruppe mit ähnlichen Eigenschaften, mindestens eine steuerbare physikalische/chemische Reizquelle und mindestens eine Detektionseinheit. In einer Unterausführungsform letztgenannter Ausführungsform erfolgt diese Klassifikation nach Zelltyp oder dem Vorhandensein und der Funktion bestimmter Proteine oder Proteintypen in der Messung befindlichen Zelle oder Zellen oder den biologischen, chemischen oder physikalischen Umgebungsparametern der realen Zellen. Diese Zuordnung zu einer Klasse oder Gruppe durch die Klassifikation kann mithilfe statistischer Methoden zu der statistisch wahrscheinlichsten Gruppe erfolgen.
  • In einer besonders bevorzugten Ausführungsform führt die Analyse eine Kalibrierung eines parametrischen Modells durch. In einer anderen besonders bevorzugten Ausführungsform ist die Analyse eine nichtparametrische Analyse. In einer dritten besonders bevorzugten Ausführungsform werden nichtparametrische und parametrische Analyse kombiniert.
  • In einer besonders bevorzugten Ausführungsform sind die Einzelelemente der oben genannten Ausführungsformen in mindestens zwei eigenständige Module untergliedert, die miteinander elektronische Daten austauschen.
  • In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform sind alle Einzelelemente, d. h. Analyse, nächste Reizerzeugung oder -auswahl, steuerbare physikalische/chemische Reizquelle, Detektionseinheit, in eigenständige Module gegliedert, die miteinander elektronische Daten austauschen.
  • In einer besonders bevorzugten Ausführungsform sind die Einzelmodule der beiden letztgenannten Ausführungsformen auch in der Vorrichtung physikalisch getrennt, und verfügen über getrennte elektronische Komponenten, die miteinander über elektronische Signalleitungen, Bussysteme (elektrisch, optisch oder andere bekannte Signalübertragungswege) digital oder analog kommunizieren.
  • In einer weiteren besonderen Ausführungsform wird der Gesamtprozess aus mindestens zwei der folgenden Schritte iterativ durchlaufen: Applikation eines Reizes, Detektion der Reaktion oder begrifflich äquivalent der Reizantwort, Analyse des einzelnen Reiz-Reaktions-Paares, Analyse aller bisherigen Reiz-Reaktions-Paare, Generierung eines neuen Reizes auf der Basis statistischer Sensitivitätsanalysen oder aus einer vordefinierten Datenbank.
  • Eine weitere besonders bevorzugte Ausführungsform verwendet die Klassifikation einer der oben genannten Ausführungsformen zum automatischen Treffen einer Entscheidung.
  • In einer besonders bevorzugten Ausführungsform handelt es sich bei dieser Entscheidung um eine Sortierung. Diese Sortierung kann eine Markierung und/oder eine physikalische, chemische, biologische oder mechanische Trennung der einen oder mehreren gemessenen Zellen oder der einen oder mehreren gemessenen Zellen zusammen mit dem Objekt, in das die Zelle oder Zellen mechanische eingebettet oder mit dem sich mechanisch verbunden sind, beinhalten.
  • ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
  • Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
  • Zitierte Patentliteratur
    • DE 19936302 [0010]
    • EP 1775586 [0010]
    • US 2007/0087327 [0010]
    • US 2005/0009171 [0010]
  • Zitierte Nicht-Patentliteratur
    • B. Alberts. Molekularbiologie der Zelle. Wiley-VCH, 4. Auflage, Weinheim, 2004 [0002]
    • N. Fertig et al. [0010]
    • E. M. Izhikevich (2003). Simple model of spiking neurons. IEEE Transactions an Neural Networks, 14(6): 1569ff. [0034]
    • E. M. Izhikevich (2004). Which model to use for cortical spiking neurons. IEEE Transactions an Neural Networks. 15(5): 1063ff. [0034]
    • Ch. Koch (1999). Biophysics of Computation. Information Processing in Single Neurons. Oxford University Press, New York/Oxford. [0034]
    • Ch. Koch (1999). Biophysics of Computation. Information Processing in Single Neurons. Oxford University Press, New York/Oxford. [0036]

Claims (12)

  1. Vorrichtung zum Anlegen einer digitalen Kopie einer oder mehrerer biologischer Zellen, wobei die digitale Kopie das dynamische ionisch-elektrische Verhalten der einen oder mehreren Zellen in Bezug auf einen oder mehrere Umgebungsparameter nachbildet und wobei die Vorrichtung umfasst: eine Reizeinheit, um einen oder mehrere Reize auf die eine oder mehrere Zellen auszuüben, wobei ein Reiz eine zeitlich begrenzte physikalische, chemische oder pharmakologische Beeinflussung der einen oder mehreren Zellen darstellt, so dass die eine oder mehreren Zellen wenigstens kurzzeitig ihr ionisch-elektrisches Verhalten in Form einer Reizantwort ändern; eine Messeinheit zur Messung und Speicherung der Reizantwort der einen oder mehreren Zellen, wobei hierzu eine oder mehrere physikalische Größen der einen oder mehreren Zellen gemessen werden, welche durch den einen oder mehrere Reize und die Umgebungsparameter beeinflusst wurden; und eine Kontrolleinheit, um ein dynamisches Modell der Zelle als eine digitale Kopie der einen oder mehreren Zellen so zu erstellen, dass das Modell die Reizantwort auf einen Reiz möglichst gut nachbildet.
  2. Vorrichtung nach Anspruch 1, wobei die Vorrichtung zudem über ein Mittel zur Erzeugung und/oder Beeinflussung und/oder Messung der biologischen, chemischen, pharmakologischen oder physikalischen Umgebungsparameter der einen oder mehreren Zellen verfügt, wobei es sich bei den Umgebungsparametern um einen oder mehrere der nachfolgenden biologischen, chemischen, pharmakologischen und/oder physikalischen Bedingungen handelt, die das ionisch-elektrische Verhalten der Zelle oder der Zellen beeinflussen und sich verglichen mit der zeitlichen Dauer eines Reizes langsamer ändern: – Temperatur; – Luftdruck; – mechanischer Druck; – Feuchtigkeit; – elektromagnetische Strahlung; – Konzentration chemischer oder pharmakologischer Stoffe im die Zelle oder die Zellen umgebenden Medium; – Ionenkonzentration in der Zelle oder den Zellen sowie im die Zelle oder die Zellen umgebenden Medium; – Nährstoffkonzentration im die Zelle oder die Zellen umgebenden Medium.
  3. Vorrichtung nach Anspruch 1, wobei der zeitlich begrenzte Reiz der Reizeinheit durch eines oder eine Kombination folgender Mittel erfolgt: – durch eine optische Welle; – durch eine elektromagnetische Welle, die aus einer oder mehreren Wellenlängen unterhalb oder oberhalb des optischen Spektrums zusammengesetzt ist; – durch ein elektrisches Feld oder einen elektrischen Strom mit vorbestimmtem räumlichen und zeitlichen Verlauf; – durch den wirksamen Kontakt mit einer oder mehreren biologischen, chemischen oder pharmakologischen Substanzen; – durch eine akustische Welle; – durch eine mechanische Beeinflussung; und die Messeinheit eine oder mehrere der folgenden Größen misst: – eine elektrische Reizantwort, die eine zumindest zeitweise Veränderung der elektrischen Spannungsverhältnisse in der Zelle oder den Zellen oder deren Umgebung beinhaltet; – eine optische Reizantwort, die eine zumindest zeitweise Veränderung der optischen Eigenschaften in der Zelle oder den Zellen oder deren Umgebung umfasst; – eine optische Reizantwort, die eine zumindest zeitweise Abstrahlung einer optischen Welle durch die Zelle oder die Zellen umfasst; – eine mechanische Reizantwort;
  4. Vorrichtung nach Anspruch 3, wobei die mechanische Reizantwort eine Kontraktion oder Expansion einer Untereinheit der Zelle oder der Zellen oder der gesamten Zelle oder Zellen umfasst.
  5. Vorrichtung nach Anspruch 3, wobei die Steuerungseinheit zur Erstellung der digitalen Kopie ein vordefiniertes Modell beinhaltet, das die jeweilige spezifische Reizantwort der Zelle oder der Zellen auf einen Reiz mit einer begrenzten Anzahl an Parameter beschreibt.
  6. Vorrichtung nach Anspruch 3, wobei die Steuerungseinheit zur Erstellung der digitalen Kopie eine Reihenbeschreibung beinhaltet, die sich dadurch auszeichnet, dass der die digitale Kopie, die die jeweilige spezifische Reizantwort der Zelle oder der Zellen auf einen Reiz beschreibt, darstellende Datensatz beliebig erweitert werden kann.
  7. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 6 und 7, wobei die Vorrichtung weiterhin geeignet ist, durch Vergleich der Reizantworten der in Messung befindlichen Zelle oder Zellen und/oder der die die digitale Kopie der in Messung befindlichen Zelle oder Zellen darstellenden Daten mit denen von bestehenden digitalen Kopien, einer Gruppe mit ähnlichen Eigenschaften zuzuordnen.
  8. Verfahren zum Anlegen einer digitalen Kopie einer oder mehrerer biologischer Zellen, wobei die digitale Kopie das dynamische ionisch-elektrische Verhalten der Zelle in Bezug auf einen oder mehrere Umgebungsparameter nachbildet und wobei das Verfahren umfasst: einen Reizschritt, um einen oder mehrere Reize auf die eine oder mehrere Zellen auszuüben, wobei ein Reiz eine zeitlich begrenzte physikalische, chemische oder pharmakologische Beeinflussung der einen oder mehreren Zellen darstellt, so dass die eine oder mehreren Zellen wenigstens kurzzeitig ihr ionisch-elektrisches Verhalten in Form einer Reizantwort ändern; einen Messschritt zur Messung und Speicherung der Reizantwort der einen oder mehreren Zellen, wobei hierzu eine oder mehrere physikalische Größen der einen oder mehreren Zellen gemessen werden, welche durch den einen oder mehrere Reize und die Umgebungsparameter beeinflusst wurden; und einen Analyse-/Kontrollschritt, um ein mathematisches dynamisches Modell der Zelle als eine digitale Kopie der einen oder mehreren Zellen so zu erstellen, dass das Modell die Reizantwort auf einen Reiz möglichst gut nachbildet.
  9. Verfahren nach Anspruch 8, wobei der zeitlich begrenzte Reiz der Reizeinheit durch eines oder eine Kombination folgender Mittel erfolgt: – durch eine optische Welle; – durch eine elektromagnetische Welle, die aus einer oder mehreren Wellenlängen unterhalb oder oberhalb des optischen Spektrums zusammengesetzt ist; – durch ein elektrisches Feld oder einen elektrischen Strom mit vorbestimmtem räumlichen und zeitlichen Verlauf; – durch den wirksamen Kontakt mit einer oder mehreren biologischen, chemischen oder pharmakologischen Substanzen; – durch eine akustische Welle; – durch eine mechanische Beeinflussung; und im Messschritt eine oder mehrere der folgenden Größen gemessen werden: – eine elektrische Reizantwort, die eine zumindest zeitweise Veränderung der elektrischen Spannungsverhältnisse in der Zelle oder den Zellen oder deren Umgebung umfasst; – eine optische Reizantwort, die eine zumindest zeitweise Veränderung der optischen Eigenschaften in der Zelle oder den Zellen oder deren Umgebung umfasst; – eine optische Reizantwort, die eine zumindest zeitweise Abstrahlung einer optischen Welle durch die Zelle oder die Zellen umfasst; – eine mechanische Reizantwort;
  10. Verfahren nach Anspruch 9, wobei zur Erstellung der digitalen Kopie ein vordefiniertes Modell verwendet wird, das die jeweilige spezifische Reizantwort der Zelle oder der Zellen auf einen Reiz mit einer begrenzten Anzahl an Parameter beschreibt.
  11. Verfahren nach Anspruch 9, wobei zur Erstellung der digitalen Kopie eine mathematische Reihenbeschreibung verwendet wird, die sich dadurch auszeichnet, dass der die digitale Kopie, die die jeweilige spezifische Reizantwort der Zelle oder der Zellen auf einen Reiz beschreibt, darstellende Datensatz beliebig erweitert werden kann.
  12. Verfahren nach einem der Ansprüche 10 und 11, wobei das Verfahren weiterhin in der Lage ist, durch Vergleich der Reizantworten der in Messung befindlichen Zelle oder Zellen und/oder der die die digitale Kopie der in Messung befindlichen Zelle oder Zellen darstellenden Daten mit denen von bestehenden digitalen Kopien, einer Gruppe mit ähnlichen Eigenschaften zuzuordnen.
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