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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Einstellen von Applikationsdaten eines Steuergeräts und eine Anordnung zur Durchführung des Verfahrens.
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Stand der Technik
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In Kraftfahrzeugen werden Steuergeräte zur Steuerung und Regelung der Komponenten des Kraftfahrzeugs eingesetzt. So ist bspw. zur Steuerung und Regelung des Betriebs des Motors ein Motorsteuergerät vorgesehen. Zu beachten ist, dass bei der Applikation von Steuergeräten bis zu 20.000 Parameter einzustellen sind, was den Vorgang sehr aufwendig gestaltet.
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Die Anwendungs- bzw. Applikationsdaten eines Motorsteuergeräts dienen zur Optimierung des Verbrennungsmotors, Verbrennungsverhaltens und zur Anpassung der Regelung des Steuergeräts an die physikalischen Gegebenheiten des Fahrzeugs. Zu beachten ist, dass die Anzahl der Applikationsdaten entsprechend der wachsenden Komplexität der Motorentechnik überproportional gewachsen ist. Durch die Hybridisierung ergibt sich eine weitere Vervielfachung.
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Die Bestimmung und das Einstellen der Applikationsdaten wird als Applikationsprozess bezeichnet. Dieser gliedert sich vereinfacht dargestellt in zwei Schritte:
- 1. Applikation der Komponenten, wie bspw. des Motors, am Prüfstand.
- 2. Applikation des Gesamtfahrzeugs unter Berücksichtigung aller nur denkbaren Anwendungsfälle.
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Aus der
EP 0 338 373 A2 ist bereits ein Prüfstand zum Einstellen von Daten eines Steuergeräts für einen Verbrennungsmotor bekannt. Durch entsprechende Rollen, die an den Rädern des Fahrzeugs angreifen, können durch die so erzeugten Momente verschiedene Betriebszustände des Verbrennungsmotors simuliert werden. Weitere Verfahren zum Einstellen von Daten von Steuergeräten mit einem Schwerpunkt bezüglich der Verwendung von Simulationen sind aus einem
Wikipedia Artikel „Hardware-in-the loop simulation" vom 27.1.2012 oder aus der Patentanmeldung
AT 505 326 A2 bekannt.
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Zur Anpassung der Parameter im Steuergerät und damit der Funktionen für die optimale Steuerung der Motoren werden Prüfstände in der Fahrzeugapplikation verwendet (siehe
EP 0 338 373 A2 ). Dies ist bspw. notwendig, um in verschiedenen Betriebspunkten die Steuergerätefunktionen dem spezifischen Motor so anzupassen, dass die vorgeschriebenen Abgaswerte eingehalten werden. Hierbei misst eine komplexe Messtechnik sowohl Steuergeräte interne Messgrößen als auch Messgrößen, die von externen Sensoren erhalten werden. Dann werden mit einem aufwendigen System die Messergebnisse aufbereitet und anhand von Optimierungsalgorithmen die Verstellparamter optimiert. Diese optimierten Parameter werden über eine Applikationsschnittstelle bzw. -interface in den Speicher des Steuergeräts geschrieben und dort aktiviert. Dieser Vorgang läuft solange zyklisch ab, bis ein Optimum für alle relevanten Betriebspunkte und Zustände erreicht ist.
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Bei der regelungstechnischen Auslegung der Applikationsparameter des Motorsteuergeräts unter Berücksichtigung des Gesamtfahrzeugs spielt sowohl das Fahrzeug mit seiner Masse und Dynamik als auch der Antriebsstrang vom Motorenausgang bis zum Reifenkontakt auf der Fahrbahn eine Rolle.
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Bei der Applikation werden u. a. Komponentenprüfstände, Motorprüfstände und Fahrzeugprüfstände verwendet. Daneben werden Versuche auf der Straße durchgeführt.
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Die Applikation wurde bisher vorzugsweise von erfahrenen Applikationsingenieuren aufwendig im Fahrversuch auf unterschiedlichen Straßenprofilen und Lastverhältnissen durchgeführt.
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Aufgrund des Aufwands und der Kosten ist eine Tendenz zu Rollenprüfständen und Rotationstestern zu erkennen. Hierbei ergeben sich teilweise leicht unterschiedliche Ergebnisse, da die von der Fahrdynamik verursachte Aufbaubewegung und Reifeneinflüsse nicht berücksichtigt sind. Diese Einflüsse lassen sich jedoch rechnerisch ermitteln und können somit bei der Anregung des Gesamtsystems berücksichtigt werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass derartige Systeme den Vorteil haben, dass die Applikation automatisiert und systematisiert wird. Optimierungsmethoden für die Reglerauslegung können angewendet werden. So kann z. B. durch gezieltes Aufbringen eines Störmoments über der Frequenz das Bode-Diagramm ermittelt werden und anhand dieses Ergebnisses der optimale Regler ausgelegt sowie die Reglergüte ermittelt werden.
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Offenbarung der Erfindung
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Aufgabe ist es, ein Verfahren zum Einstellen von Applikationsdaten anzugeben, welches ohne spezielle Prüfstände und Anforderungen an das Straßenprofil durchgeführt werden kann.
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Vor diesem Hintergrund werden ein Verfahren zum Einstellen von Applikationsdaten eines Steuergeräts gemäß Patentanspruch 1 sowie eine Anordnung zur Durchführung des Verfahrens mit den Merkmalen des Anspruchs 2 vorgestellt.
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Mit dem vorgestellten Verfahren kann eine Nachbildung sämtlicher während des Fahrbetriebs eines Fahrzeugs möglichen Betriebszustände eines im Fahrzeug verbauten Motors, ohne speziell Prüfstände und Anforderungen an das Straßenprofil um die Applikationsparameter zu ermitteln, durchgeführt werden. Hierzu erfolgt eine Simulation unterschiedlicher Fahrsituationen durch reale Beeinflussung des Antriebsstrangs.
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Auf das Moment am Antriebsstrang kann der Verbrennungsmotor, die Bremse und der Elektromotor bei Hybridfahrzeugen wirken. Möchte man nun den Verbrennungsmotor applizieren, so lassen sich beliebige auf ihn wirkende Momente durch Eingriffe in die anderen Systeme (Bremse und/oder Elektromotor) erzeugen.
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Bislang war es bspw. erforderlich, den Übergang in den Schubbetrieb für sämtliche Gänge bei unterschiedlichen Straßenprofilen abzugleichen. So musste der Anti-Ruckelregler auch bei unterschiedlichen Steigungen, Gängen und Drehzahlen geprüft werden. Gemäß dem vorgestellten Verfahren bedarf es hierzu keiner speziellen oder unterschiedlichen Straßenprofile. Dies kann nunmehr in kurzer Zeit auf einem Testgelände automatisiert durchgeführt werden.
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Dabei erfolgt eine Beeinflussung der in einem Fahrzeug vorhandenen Systeme zur Erzeugung von positiven und/oder negativen Momenten am Antriebsstrang in der Art, dass sich beliebige Lastkollektive aus Straßenverläufen nachbilden lassen und sich somit die im Steuergerät des Motors vorhandenen Motoren-Applikationsdaten auslegen lassen.
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Auch eine Streckenidentifikation, wie z. B. der Antrieb mit Verbrennungsmotor, lässt sich durch die Beeinflussung mit der Bremse und/oder Elektromotor durchführen.
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Mit dem vorgestellten Verfahren lässt sich, zumindest in einigen der Ausführungen, eine Anzahl an Vorteilen erzielen:
- - exakt definierte Lastprofile lassen sich reproduzierbar wiederholen,
- - kritische Aufschaukeleffekte können bewusst hervorgerufen werden,
- - Ausmessen des Systemverhaltens durch Ermitteln des Bode-Diagramms (Beaufschlagung mit einer frequenzabhängigen Störgröße und Ausmessen der daraus resultierenden Amplitude und Phase),
- - vorteilhaft gegenüber dem Rollenprüfstand ist, dass der Aufbau bei Momentenänderungen die übliche Bewegung mitmacht,
- - Automatisierung des Applikationsablaufs bis zur Selbstapplikation. Der Fahrer oder ein Lenkroboter müssen das Fahrzeug auf einem Testgelände nur noch in der Spur halten.
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und den beiliegenden Zeichnungen.
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Es versteht sich, dass die voranstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Figurenliste
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- 1 zeigt ein Kraftfahrzeug mit folgenden aus den Antriebsstrang wirkenden Systemen: Verbrennungsmotor, Elektromotor und Bremse.
- 2 zeigt eine Ausführung der beschriebenen Anordnung in einer schematischen Darstellung.
- 3 zeigt Datenflüsse, die zur Durchführung einer Ausführung des vorgestellten Verfahrens zu berücksichtigen sind.
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Ausführungsformen der Erfindung
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Die Erfindung ist anhand von Ausführungsformen in den Zeichnungen schematisch dargestellt und wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die Zeichnungen ausführlich beschrieben.
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In 1 ist ein Kraftfahrzeug, insgesamt mit der Bezugsziffer 10 bezeichnet, mit Hybridantrieb wiedergegeben. Die Darstellung zeigt einen Verbrennungsmotor 12, einen Tank 14, ein Differential 16, einen Elektromotor 18, Bremsen 20, eine Leistungselektronik 22 und eine Hochleistungsbatterie 24.
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Momente, die am Rad wirken, sind:
- ein positives und ein negatives Moment durch den Verbrennungsmotor und den Elektromotor,
- ein negatives Moment durch die Bremse.
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Nach der Formel:
lässt sich nahezu jedes beliebige Moment bei der Fahrt auf einem Testgelände einstellen. Bei Zugriff auf weitere Systemfunktionalitäten, wie bspw. den Kühler, lassen sich weitere Funktionen beeinflussen. Somit kann jedes beliebige Straßenprofil einfach auf einem beliebigen Testgelände simuliert oder jedes beliebige Störverhalten zur Streckenidentifikation aufgelagert und vermessen werden. Für diese Anwendung muss aber durch das Applikationstool bzw. - werkzeug auf die Momenten relevanten Systeme eingegriffen werden können. Hierzu müssen über eine Applikations- und Simulationshardware in einzelnen Steuergeräten definierte Eingangsgrößen, Ausgangsgrößen und interne Regelgrößen verändert werden.
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In 2 ist eine mögliche Ausführung der Anordnung 50 zur Durchführung des Verfahrens schematisch verdeutlicht. Die Darstellung zeigt die zur Erfassung von Fahrzeugdaten wie Temperatur, Beschleunigung notwendige Messtechnik 52, ein Bus-Schnittstellen-Modul 54 zur Erfassung und Manipulation der auf dem Fahrzeugbus gesendeten Daten, ein Applikationswerkzeug 56 und ein Simulationswerkzeug 58. Weiterhin ist ein erstes Steuergerät 60, ein zweites Steuergerät 62, ein drittes Steuergerät 64, ein Verbrennungsmotorsteuergerät 66, ein Elektromotorsteuergerät 68, Bremsensteuergerät 70 und zugeordnete ETK-Schnittstellen (Applikationsschnittstellen) 72 dargestellt.
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Wie aus 2 ersichtlich ist, benötigt man folgende Komponenten:
- 1. In dem Verbrennungsmotorsteuergerät 66, dem Elektromotorsteuergerät 68 und dem Bremsensteuergerät 70 ist jeweils eine ETK-Schnittstelle 72 zum Abgriff von Steuergeräte internen Messdaten, Erfassung der Änderung von Ausgangsparametern, wie bspw. das angeforderte Bremsmoment und das geforderte Moment des Elektromotors, sowie die Erfassung der Änderung der Applikationsdaten.
- 2. Das Simulationswerkzeug 58 für die Momentenvorgabe.
- 3. Das Applikationswerkzeug 56, mit dem das Systemverhalten vermessen, die Regelungsoptimierung durchgeführt und die Applikationsdaten entsprechend verändert werden.
- 4. Das Bus-Schnittstellen-Modul 54, um Messgrößen auf dem Bus der Anordnung 50 zugänglich zu machen oder auch um Signale gezielt zu verändern.
- 5. Eventuell weitere Sensorsignale.
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Zusätzlich muss der Code in den Steuergeräten 66, 68, 70 über die für das Rapid-Prototyping über ETK-Schnittstellen 72 (ETK = EmulatorTastKopf) üblichen Service-Freischnitte verfügen.
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Zur näheren Erläuterung sind in 3 die Datenflüsse bei Durchführung einer Ausführungsform des vorgestellten Verfahrens gezeigt. Die Darstellung zeigt ein Applikations- und Messwerkzeug 100, ein erstes Steuergerät 102 für einen Verbrennungsmotor, ein zweites Steuergerät 104 für einen Elektromotor, den darin enthaltenen Code 106, ein Simulationswerkzeug 108 mit einem Simulationsmodell und einem Entwicklungssteuergerät 110. In diesem ist ein Simulationsmodell zur Momentenbeeinflussung im Elektromotor für die Streckenidentifikation und Applikationsdatenoptimierung abgelegt.
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Zwischen dem Entwicklungssteuergerät 110 und dem ersten Steuergerät 102 werden Messwerte 120 und Applikationsdaten 122 ausgetauscht. Zwischen dem Entwicklungssteuergerät 110 und dem Messwerkzeug 100 werden Messwerte 130, 132 und Applikationsdaten 134, ausgetauscht. Aus dem Steuergerätecode 106 werden Messwerte 140 zu einem Soll/Ist-Moment ausgelesen und in diesen Messwerte 142 zu einem Soll- und Zusatzmoment eingelesen. Weiterhin erfolgt eine Übertragung 150 und Steuerung des Simulationsmodells.
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Die Arbeitsweise des Systems ist wie folgt:
- Mit dem Simulationswerkzeug 108 wird ein Simulationsmodell entwickelt. Dieses läuft in Quasi-Echtzeit auf dem Entwicklungssteuergerät 110, einem quasi Entwicklungssteuergerät mit Prozessor und den typischen Schnittstellen. Das Simulationsmodell lässt sich vom Simulationswerkzeug 108 aus beeinflussen und fernsteuern. Dieses Simulationsmodell hat die Aufgabe, das Verhalten des Elektromotors oder der Bremse derartig zu verändern, dass sich das Systemverhalten des Verbrennnungsmotors vom Applikationswerkzeug 100 ermitteln und daraus eine Strategie für die Ermittlung und die Auslegung der Applikationsdaten möglich wird. Dies kann z. B. durch die Aufsimulation eines sinusförmigen Anregungsmoments über der Frequenz geschehen.
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Die aufzubringende Änderung der Amplitude über der Frequenz wird im Entwicklungssteuergerät 110 berechnet und am entsprechenden Stellgliedausgang des Elektromotor-Steuergeräts mit Hilfe der ETK-Technologie eingeprägt.
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Da dem Applikationswerkzeug 100 die Anregung bekannt ist, kann dieses die Phasenverschiebung und die resultierende Amplitude ermitteln. Mit dieser Kenntnis (Bode-Diagramm) können die Applikationsparameter so ausgelegt werden, dass bei optimaler Regelung das System immer stabil bleibt.
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Hiermit können dann auch auf einem Testgelände sämtliche Straßenprofile in kürzester Zeit abgefahren werden.