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Die Erfindung betrifft ein Verdichterrad mit eingebrachten Eigenspannungen sowie verschiedene Verfahren zum Einbringen von Eigenspannungen in ein Verdichterrad eines Abgasturboladers.
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Abgasturbolader dienen dazu, den Wirkungsgrad eines Verbrennungsmotors zu verbessern und damit dessen Leistung zu steigern. Der Abgasturbolader weist hierzu eine Turbine mit einem Turbinenrad und einen Verdichter mit einem Verdichterrad auf, wobei die beiden Laufräder auf einer gemeinsamen Welle angeordnet sind. Das Turbinenrad wird hierbei über einen Abgasmassenstrom einer angeschlossenen Brennkraftmaschine angetrieben und treibt wiederum das Verdichterrad an. Der Verdichter verdichtet angesaugte Frischluft und führt diese der Brennkraftmaschine zu. Die gemeinsame Welle ist in einem Lagergehäuse des Turboladers gelagert. Des Weiteren ist das Turbinenrad der Turbine in einem Turbinengehäuse angeordnet und das Verdichterrad des Verdichters in einem Verdichtergehäuse.
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Ein solcher Abgasturbolader hat im Betrieb an der Brennkraftmaschine bzw. einem angeschlossenen Motor verschiedenste Anforderungen zu erfüllen. Eine dieser Anforderungen besteht darin, die hohen Temperaturen aufzunehmen, die beispielsweise aufgrund des heißen Abgasmassenstroms in dem Turboladergehäuse entstehen können.
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Die übliche Konstruktion eines Abgasturboladers sieht dabei einzelne Gehäuse vor, die jeweils aus einem an die dort herrschende Temperatur angepassten Werkstoff bestehen. Dabei ist das Verdichtergehäuse üblicherweise aus Aluminium, während das Lagergehäuse aus Grauguss ist, wobei das Lagergehäuse zusätzlich auch wassergekühlt ausgeführt sein kann. Das Turbinengehäuse besteht im Allgemeinen aufgrund der hohen Temperaturen, die in diesem Bereich herrschen, aus Werkstoffen mit einem hohen Nickelanteil. Aufgrund der angepassten, unterschiedlichen Werkstoffe für die einzelnen Gehäuse sind diese Gehäuse als separate Teile ausgebildet, die miteinander verbunden sind und dabei außerdem gegeneinander abgedichtet sein müssen.
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Aufgrund der hohen Drehzahlen, die im Betrieb eines Abgasturboladers auftreten, und der damit einhergehenden hohen Fliehkraftbelastung ist das aus Aluminium oder einer Aluminiumlegierung, vorzugsweise aus Al 2618, bestehende Verdichterrad eines Abgasturboladers während eines Fahrzeuglebens sehr stark belastet. Zur Vermeidung von Ermüdungsbrüchen (Berst) des Verdichterrades wird die Auslegung des Verdichterrades an die auftretenden Drehzahlen und die damit einhergehenden Belastungen angepasst. Auf Grundlage werkstoffspezifischer Eigenschaften und resultierender Fliehkräfte, die unter Verwendung der Finite-Elemente-Methode (FEM-Methode) ermittelt werden, werden insbesondere der Radrücken, die Schaufelgeometrie und die Nabenkontur des Verdichterrades derart konstruiert und ausgelegt, dass das Verdichterrad den im Betrieb auftretenden Belastungen Stand hält. Maßnahmen zur Erhöhung der Stabilität des Verdichterrades sind aber regelmäßig mit Materialverstärkungen und somit mit einer Erhöhung der Gesamtmasse und somit des Massenträgheitsmoments des Laufzeuges des Abgasturboladers verbunden und verschlechtern damit das Ansprechverhalten des Abgasturboladers. Die geforderte Bauteilfestigkeit eines Verdichterrades eines Abgasturboladers steht folglich in Konflikt mit der Forderung nach einem möglichst geringen Massenträgheitsmoment des Laufzeugs.
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Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, die Bauteilfestigkeit eines Abgasturboladers ohne eine Erhöhung des Massenträgheitsmoments zu verbessern.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verdichterrad mit den im Anspruch 1 angegebenen Merkmalen sowie durch die verschiedenen Verfahren der Ansprüche 3, 5 und 6 gelöst.
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Das Verdichterrad für einen Abgasturbolader weist eine Nabe mit einer zentrisch darin angeordneten Nabenbohrung, einen an die Nabe radial nach außen anschließenden, einen Radrücken aufweisenden, Flügel und am Flügel und der Nabe angeordnete Verdichterschaufeln auf. Dabei ist das Verdichterrad dadurch gekennzeichnet, dass im Material des Verdichterrades, in dem Bereich der Nabe und/oder in dem Bereich des Radrückens und/oder in durch Schaufelanbindungsradien gekennzeichneten Übergangsbereichen zwischen Nabe, Flügel und den Schaufeln, Eigenspannungen eingebracht sind.
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Die Vorteile eines Verdichterrades mit den im Anspruch 1 angegebenen Merkmalen bestehen darin, dass durch das gezielte Einbringen von Eigenspannungen, insbesondere Druckeigenspannungen, die Bauteilfestigkeit des Verdichterrades und damit auch des gesamten Abgasturboladers deutlich erhöht ist. Dies erlaubt es in vorteilhafter Weise, die Kontur des Radrückens und/oder die Kontur der Nabe des Verdichterrades, ohne Einbußen in der Festigkeit, schlanker zu konstruieren. Dadurch kann die Masse des Bauteils und somit das Massenträgheitsmoment erheblich reduziert werden. Dadurch wiederum werden die Dynamik und das Ansprechverhalten des Antriebs des Verdichterrades verbessert. Darüber hinaus wird durch die Reduktion des Massenträgheitsmomentes das im dynamischen Betrieb zu übertragende Drehmoment reduziert. Hierdurch steigt die maximal mögliche Verdichterradgröße.
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Ein weiterer Vorteil eines Verdichterrades mit den im Anspruch 1 angegebenen Merkmalen besteht darin, dass dessen Lebensdauer erhöht ist.
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In einer vorteilhaften Ausführung ist das Verdichterrad dadurch gekennzeichnet, dass die Eigenspannungen in den im Betrieb des Verdichterrades durch Fliehkraftbelastungen am stärksten belasteten Bereich der Nabe und/oder in den im Betrieb des Verdichterrades durch Fliehkraftbelastungen am stärksten belasteten Bereich des Radrückens und/oder in den im Betrieb des Verdichterrades durch Fliehkraftbelastungen am stärksten belasteten Bereichen der Schaufelanbindungsradien lokal eingebracht sind.
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Die besonderen Vorteile eines Verdichterrads, bei dem die Eigenspannungen in den genannten Bereichen des Verdichterrades eingebracht sind, liegen darin, dass eine Verfestigung des Materials gezielt in den Bereichen vorliegt, in denen im Betrieb des Verdichterrades lokal die höchsten mechanischen Beanspruchungen und somit Spannungen und/oder Dehnungen auftreten und in welchen häufig die Initiierung eines Ermüdungsbruches auftritt.
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Das Einbringen der Eigenspannungen, insbesondere der Druckeigenspannungen, in das Verdichterrad erfolgt vorzugsweise mittels der in den Ansprüchen 3, 5 und 6 angegebenen alternativen oder auch kombiniert anwendbaren Verfahren.
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Eines der Verfahren zum Einbringen der Eigenspannungen, in ein Verdichterrad vorgenannter Ausprägung, insbesondere zum gezielten Einbringen von Eigenspannungen in die im Betrieb des Verdichterrades durch Fliehkraftbelastungen am stärksten belasteten Bereich der Nabe, des Radrückens und der Schaufelanbindungsradien, ist gekennzeichnet durch eine definierte Überlastung und Verformung der am stärksten durch Fliehkraftbelastung belasteten Bereiche der Nabe, des Radrückens und der Schaufelanbindungsradien durch Beaufschlagung des Verdichterrades mit einer definierten Überlastungsdrehzahl, die größer ist als die maximale Arbeitsdrehzahl, für die das Verdichterrad ausgelegt ist. Die Arbeitsdrehzahl ist diejenige maximale Drehzahl, die das Laufzeug eines Turboladers im vorgesehenen Betriebsfall auf Dauer aushalten muss, ohne Schaden zu nehmen. Die Überlastungsdrehzahl geht um einen bestimmten Betrag über die Arbeitsdrehzahl hinaus, so weit, dass die gewünschten, Eigenspannung erzeugenden, dauerhaften Verformungen in den genannten Bereichen eintreten, jedoch noch keine Zerstörung oder ungewünschte Schädigung des Verdichterrades eintritt. Somit ist die maximale Überlastungsdrehzahl nach oben durch die sogenannte Berstdrehzahl begrenzt, bei der die Bruchfestigkeit des Materials erreicht wird und das Verdichterrad zerstört wird. Bei den für das Verdichterrad gebräuchlichen Al-Legierungen liegt die Berstdrehzahl in einem Bereich zwischen dem 1,3- bis 1,7-fachen der zulässigen Arbeitsdrehzahl.
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In weiter fortgeführter Ausprägung des vorgenannten Verfahrens zum Einbringen der Eigenspannungen in ein Verdichterrad gemäß vorgenannter Ausprägung kann die Beaufschlagung des Verdichterrades mit der Überlastungsdrehzahl, im Laufe eines ohnehin durchzuführenden Prozessschrittes in der Herstellung, insbesondere vor, während oder im Anschluss an den Auswuchtprozesses des Verdichterrades, erfolgen.
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Das vorgenannte Verfahren hat den Vorteil, dass Eigenspannungen in allen relevanten Bereichen quasi gleichzeitig in einem Verfahrensschritt eingebracht werden können. Auch kann dieses Verfahren besonders einfach in bestehende Abläufe des Herstellungsprozesses, wie zum Beispiel den Auswuchtprozess des Verdichterrades bei dem dieses ebenfalls in Rotation versetzt werden muss, integriert werden. Der vorrichtungs- und verfahrenstechnische Zusatzaufwand wird dadurch gering gehalten.
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Ein weiteres alternatives Verfahren zum Einbringen der Eigenspannungen, im Bereich der Nabe eines Verdichterrads gemäß vorgenannter Ausprägung, ist gekennzeichnet durch folgende Schritte:
- – Verschließen eines ersten Endbereichs der Nabenbohrung mit einem ersten Deckel, an dem ein erster zylindrischer Fortsatz vorgesehen ist, der in die Nabenbohrung hineinreicht und der an einer Innenfläche der Nabenbohrung ausreichend dicht anliegt,
- – Verschließen eines zweiten Endbereichs der Bohrung mit einem zweiten Deckel, an dem ein zweiter zylindrischer Fortsatz vorgesehen ist, der in die Nabenbohrung hineinreicht und der an einer Innenfläche der Nabenbohrung ausreichend dicht anliegt,
- – wobei die axiale Länge der beiden zylindrischen Fortsätze derart festgelegt ist, dass ein Teilbereich der Nabenbohrung bei in die Nabenbohrung eingesetzten zylindrischen Fortsätzen nicht durch die Fortsätze abgedeckt wird,
- – Einbringen eines Druckmediums in die Nabenbohrung unter Druck, durch eine im ersten Deckel vorgesehenen Öffnung und
- – definierte Erhöhung des Druckes in der Nabenbohrung, so weit, dass in dem nicht abgedeckten Bereich der Nabenbohrung eine definierte Verformung und damit verbundene Eigenspannungen im Bereich der Nabe hervorgerufen werden.
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Ausreichend dichtes Anliegen oder Abschließen der zylindrischen Fortsätze der Deckel heißt dabei, dass Dichtheit gegen das Austretren des jeweils verwendeten Druckmediums insoweit gewährleistet sein muss, dass mit vertretbarem Aufwand der für die Verformung erforderliche Druck in der Nabenbohrung aufgebaut werden kann. Als Druckmedium bietet sich vor allem Öl, insbesondere Hydrauliköl an, es können jedoch auch andere geeignete Flüssigkeiten und ggf. auch Gase zur Anwendung kommen.
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Dieses Verfahren hat den Vorteil, dass gezielt nur im Bereich der Nabe Eigenspannungen in das Verdichterrad eingebracht werden können. Durch die hochgenaue Steuerbarkeit bzw. Regelbarkeit bei gleichzeitiger genauer Erfassung des Druckes und dessen Änderungen liegt ein weiterer Vorteil diese Verfahrens darin, dass die gewünschten Verformungen im Innenbereich der Nabenbohrung sehr präzise definiert eingebracht werden können.
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Ein weiteres alternatives Verfahren zum Einbringen der Eigenspannungen, in ein Verdichterrad gemäß der vorgenannten Ausprägung, ist gekennzeichnet durch eine definierte Oberflächenverformung in den Bereichen der Nabe und/oder des Radrückens und oder den Bereichen der Schaufelanbindungsradien. Dies erfolgt in einem Rollierverfahren mit Hilfe eines unter Anpressdruck gesteuert über die jeweiligen Bereiche des Verdichterrades geführten Rollenkörpers.
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Der Rollenkörper kann beispielsweise mit Hilfe einer Kombination von programmgesteuerten bzw. geregelten Bewegungsachsen mit bestimmtem Anpressdruck über die jeweiligen Bereiche des Verdichterrades geführt werden. Dabei wird zumindest die Oberfläche diese Bereiche verfestigt und eine Erhöhung der Belastbarkeit insgesamt erzielt.
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Der Vorteil dieses Verfahrens ist vor Allem darin zu sehen, dass die räumliche Positionierung der Verfestigungsbereiche, in denen die Eigenspannungen eingebracht sind, sehr präzise erfolgen kann. Weiterhin weist dieses Verfahren ein hohes Maß an Flexibilität in Bezug auf unterschiedliche Werkstückgeometrien auf.
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Die vorgenannten Verfahren zum Einbringen von Eigenspannungen in ein Verdichterrad können sowohl alternativ als auch in Kombination, sich gegenseitig ergänzend, zur Anwendung gebracht werden.
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Weitere Einzelheiten zu dem Gegenstand und den Verfahren der Erfindung sind aus den Figuren und aus deren nachfolgender Erläuterung zu entnehmen.
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Es zeigen:
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1A eine vereinfachte Skizze einer Längsschnittdarstellung eines Teilbereichs eines Verdichterrades für einen Abgasturbolader,
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1B einen dreidimensional dargestellten Segmentausschnitt aus einem Verdichterrad mit den angeordneten Verdichterschaufeln,
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2 eine vereinfachte Skizze zur Veranschaulichung eines Verfahrens bzw. der zugehörigen Vorrichtung zum Einbringen von Eigenspannungen in den Nabenbereich eines Verdichterrads für einen Abgasturbolader und
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3 ein Diagramm zur Veranschaulichung eines Verfahrens zum Einbringen von Druckeigenspannungen in ein Verdichterrad für einen Abgasturbolader durch Beaufschlagung mit einer Überlastungsdrehzahl
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4 ein Diagramm zur Veranschaulichung des Verlaufs der mechanischen Eigenspannung im Verdichterrad in Abhängigkeit von der mechanischen Dehnung beim Stand der Technik und bei der Erfindung.
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Funktions- und Benennugsgleiche Gegenstände und Einzelheiten sind in den Figuren durchgehend mit den gleichen Bezugskennzeichen gekennzeichnet.
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Die 1A zeigt eine vereinfachte Skizze einer Längsschnittdarstellung eines Teilbereichs (Hälfte) eines Verdichterrades für einen Abgasturbolader eines Kraftfahrzeugs. Das dargestellte Verdichterrad weist eine Nabe 1 und einen mit der Nabe verbundenen, sich in Radialrichtung nach außen erstreckenden Flügel 2 auf. Des Weiteren bildet der Flügels 2 des Verdichterrads auf der Verdichterrad-Rückseite einen Radrücken 3 aus. Ferner ist das Verdichterrad mit Verdichterschaufeln 4 bestückt, von denen in der 1, der Schnittdarstellung entsprechend, lediglich eine einzelne zu erkennen ist. Weiterhin in 1A dargestellt ist der Bereich B1 der Nabe 1 und der Bereich B2 des Radrückens 3 in denen die Eigenspannugen im Material eingebracht sind.
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Besser zu erkennen sind die Verdichterschaufeln in 1B, die einen Segmentausschnitt des Verdichterrades in räumlicher Darstellung zeigt. Die Verdichterschaufeln 4 sind über Verrundungen, sogenannte Schaufelanbindungsradien 12 an die Nabe 1 und den Flügel 2 angebunden. Die Schaufelanbindungsradien 12 stellen gleichzeitig die Bereiche B3 dar, in denen ebenfalls Eigenspannungen im Material eingebracht sind.
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Im Betrieb ist das Verdichterrad um eine Drehachse 5 drehbar. Das Verdichterrad ist bezüglich dieser Drehachse rotationssymmetrisch aufgebaut und weist in seinem mittleren, in Axialrichtung verlaufenden Bereich, eine durchgehende, zentrisch angeordnete Nabenbohrung 6 auf, welche zylinderförmig ausgebildet ist.
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Durch diese Nabenbohrung 6 ist im Betrieb eine in der 1 nicht dargestellte Welle geführt, die durch das Lagergehäuse des Abgasturboladers hindurch bis in das Turbinengehäuse des Abgasturboladers hineinreicht, in welchem ein Turbinenrad angeordnet ist, das ebenfalls auf der Welle befestigt ist (nicht dargestellt).
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Die Auslegung bzw. die Radrückenkontur, Schaufelgeometrie und die Radnabenkontur des Verdichterrades ist durch die Streckgrenze des Werkstoffs des Verdichterrads bestimmt, wobei beispielsweise Aluminiumwerkstoff bzw. Aluminiumlegierungen, insbesondere AL 2816 verwendet werden kann. Gemäß der vorliegenden Erfindung wird die Streckgrenze des Aluminiumwerkstoffes durch ein Einbringen von Druckeigenspannungen signifikant erhöht. Untersuchungen haben ergeben, dass im Betrieb des Verdichterrades im Bereich der Nabe 1, der Schaufelanbindungsradien 12 und im Bereich des Radrückens 3 lokal die höchsten mechanischen Spannungen und Dehnungen auftreten. Diese Bereiche sind in den 1 und 2 mit den Bezugszeichen B1, B2 und B3 gekennzeichnet.
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Die nachfolgende Tabelle belegt das Vorliegen einer Korrelation von Umfangsgeschwindigkeit u
v mit der mechanischen Spannung σ
Radnabe in der Nabe
1 und der mechanischen Spannung σ
Radrücken im Radrücken
3:
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Durch ein gezieltes Einbringen von Druckeigenspannungen in die Bereiche B1 und/oder B2 und/oder B3 des Verdichterrades kann die Bauteilfestigkeit des Verdichterrades wesentlich erhöht werden. Auf Grund dieser erhöhten Bauteilfestigkeit kann die Radrückenkontur und auch die Nabenkontur des Verdichterrades ohne Einbußen in der Festigkeit schlanker konstruiert werden. Dadurch wird in vorteilhafter Weise Material eingespart und das Massenträgheitsmoment des Verdichterrades reduziert, die Dynamik und das Ansprechverhalten des Antriebs des Verdichterrades verbessert und die Lebensdauer des Verdichterrades verlängert.
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Die 2 zeigt eine vereinfachte Skizze zur Veranschaulichung einer Vorrichtung zur Durchführung eines Verfahrens zum Einbringen von Druckeigenspannungen in den Nabenbereich B1 eines Verdichterrads für einen Abgasturbolader, in welche das Verdichterrad eingesetzt ist. Mittels der in der 2 gezeigten Vorrichtung erfolgt ein Einbringen von Druckeigenspannungen in den im Betrieb am stärksten belasteten Bereich B1 der Nabe 1 des Verdichterrades.
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Das in die Vorrichtung zum Einbringen von Druckeigenspannungen eingesetzte Verdichterrad weist außer der bereits genannten Nabe 1 einen mit der Nabe verbundenen, sich in Radialrichtung nach außen erstreckenden Flügel 2, an der Rückseite des Flügels 2 einen Radrücken 3, Schaufeln 4 und in seinem mittleren Bereich eine zylindrische Nabenbohrung 6 auf. Das Verdichterrad ist rotationssymmetrisch aufgebaut und im Betrieb um eine Drehachse 5 drehbar.
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Die Vorrichtung zum Einbringen von Druckeigenspannungen enthält einen ersten Deckel 7 und einen zweiten Deckel 8. Der erste Deckel 7 ist zum Verschließen des in der 2 auf der linken Seite vorgesehenen ersten Endbereichs der Bohrung 6 vorgesehen. Der zweite Deckel 8 ist zum Verschließen des in der 2 auf der rechten Seite vorgesehenen zweiten Endbereichs der Bohrung 6 vorgesehen.
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Im ersten Deckel 7 ist eine Öffnung 9 vorgesehen, durch welche ein Druckmedium zur Erhöhung des in der Nabenbohrung 6 herrschenden Druckes einbringbar ist. Dies ist in der 2 durch den Pfeil p (t) veranschaulicht. Das Druckmedium wird mittels einer nicht dargestellten Anschlussleitung zur Öffnung 9 transportiert.
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Am ersten Deckel 7 ist ein erster zylindrischer Fortsatz 10 vorgesehen, der in die Bohrung 6 hineinreicht, wobei der Außenmantel des zylindrischen Fortsatzes an den Innenmantel der Nabe 1 so ausreichend dicht anschließt, dass das durch die Öffnung 9 in die Bohrung 6 eingebrachte Druckmedium nicht durch einen Spalt zwischen dem zylindrischen Fortsatz 10 und der Nabe 1 wieder austreten kann.
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Am zweiten Deckel 8 ist ein zweiter zylindrischer Fortsatz 11 vorgesehen, der ebenfalls in die Bohrung 6 hineinreicht, wobei wiederum der Außenmantel des zylindrischen Fortsatzes 11 an den Innenmantel der Nabe 1 ausreichend dicht anschließt. Folglich kann das durch die Öffnung 9 in die Bohrung 6 eingebrachte Druckmedium nicht durch einen Spalt zwischen dem zylindrischen Fortsatz 11 und der Nabe 1 wieder austreten.
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Die axiale Länge der beiden zylindrischen Fortsätze 10 und 11 ist derart festgelegt, dass ein Teilbereich des Innenmantels der Nabe 1 bei in die Bohrung 6 eingesetzten zylindrischen Fortsätzen frei bleibt. Bei diesem frei bleibenden Bereich handelt es sich – wie aus der 2 ersichtlich ist – um den im Bereich der Nabe 1 liegenden Bereich B1 des Verdichterrades, in welchem im Betrieb des Verdichterrades lokal hohe Bauteilspannungen und -Dehnungen auftreten.
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In dem entsprechenden Verfahren wird unter Verwendung der in der 2 gezeigten Vorrichtung hoher Druck in der Nabenbohrung 6 aufgebaut, wobei auf Grund dieses hohen Druckes in den Bereich B1 des Verdichterrades lokal bleibende Verformungen hervorgerufen und dadurch Druckeigenspannungen eingebracht werden. Dies dient zu einer Reduzierung der mechanischen Mittelspannung im Betrieb, wodurch die Belastung des Verdichterrades im Betrieb herabgesetzt wird. Durch die Einbringung der Druckeigenspannungen in das Verdichterrad werden im Betrieb auf Grund der Fliehkraftbelastung auftretende Zugbeanspruchungen des Bauteiles reduziert.
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Ein Vorteil des, mit Hilfe der in 2 skizzierten Vorrichtung, durchführbaren Verfahren besteht darin, dass dieses Verfahren sich gut eignet, um im Rahmen einer Serienfertigung von Verdichterrädern Anwendung zu finden.
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Das Einbringen von Eigenspannungen, insbesondere Druckeigenspannungen, in den in der 1 mit B2 bezeichneten Bereich des Radrückens 3 kann beispielsweise mit Hilfe eines Rollierverfahrens unter Verwendung von Rollenkörpern erfolgen, die mit Hilfe einer programmierbaren Anordnung gesteuerter/geregelter Bewegungsachsen, wie sie zum Beispiel ein Indutrieroboter darstellt, unter Ausübung eines hohen Druckes über diesen Bereich gerollt werden. Die dadurch erzeugten Verformungen des Materials in diesem Bereich bringen die gewünschten Eigenspannugen im Material mit sich. Auch ein solches Verfahren kann in vorteilhafter Weise im Rahmen der Fertigung des Verdichterrades erfolgen. Das Verfahren des Rollierens kann darüber hinaus auch auf den Bereich B2 im Bereich der Nabenbohrung 6 und den Bereich der Schaufelanbindungsradien 12, B3 angewendet werden. Zum Einbringen von Druckeigenspannungen in den Schaufelanbindungsradien im Rollierverfahren kann beispielsweise ein Industrieroboteraufbau eingesetzt werden, der es ermöglicht, die Kontur der Schaufelanbindungsradien 12 während des Rollierens nachzufahren.
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Des Weiteren können Druckeigenspannungen in den Bereichen B1, B2 und B3 durch eine Beaufschalgung des Verdichterrades mit einer Überlastungsdrehzahl nÜ realisiert werden. Ein möglicher Drehzahlverlauf des Verdichterrades bei Anwendung dieses Verfahrens ist in dem Drehzahl-Diagramm in 3 dargestellt. Die Überlastungsdrehzahl nÜ ist um den Differenzwert nD höher als die im Betrieb erlaubte Maximaldrehzahl nMAX des Abgasturboladers. Durch den Betrieb des Verdichterrades im Überlastungsdrehzahlbereich kommt es zur plastischen Verformung in den Bereichen B1, B2 und B3, die Druckeigenspannungen in den Bereichen B1, B2 und B3 und somit eine geringere mechanische Mittelspannung im Betrieb bewirkt. Die Reduzierung der mechanischen Mittelspannung führt zur Erhöhung der Lebensdauer des Verdichterrades.
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Die Überlastungsdrehzahl nÜ kann beispielsweise während des ohnehin erforderlichen Wuchtprozesses im Fertigungsablauf realisiert werden.
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Die 4 zeigt ein Diagramm zur Veranschaulichung des Verlaufs der mechanischen Spannung σ im Verdichterrad in Abhängigkeit von der mechanischen Dehnung ε zum Einen bei einem Verdichterrad gemäß dem Stand der Technik und zum Anderen bei einem Verdichterrad gemäß der Erfindung. Dabei ist im oberen, linken Bereich des Diagramms der Verlauf der Spannungs-Dehnungs-Kurve gemäß dem Stand der Technik, d.h. bei einem Verdichterrad ohne eingebrachte Eigenspannungen, und mit einer Mittelspannung σm,1 gezeigt.
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Der daran anschließende Kurvenverlauf (gekennzeichnet durch das umschließende Oval) spiegelt die plastische Verformung beim Einbringen der Eigenspannugen wieder.
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Im unteren Teil des Diagramms ist der Verlauf der Spannungs-Dehnungs-Kurve bei einem Verdichterrad gemäß der Erfindung, d.h. mit im Verdichterrad eingebrachten Eigenspannungen und einer Mittelspannug σm,2, dargestellt. Aus diesem Kurvenverlauf der 4 ist ersichtlich, dass durch das Einbringen von Druckeigenspannungen in ein Verdichterrad, über lokale Plastifizierung des Materials, Zugbeanspruchungen des Verdichterrades im Betrieb, die auf die Fliehkraftbelastung zurückzuführen sind, reduziert sind. Durch die Einbringung von Druckeigenspannungen wird die Mittelspannung im Betrieb von σm,1 auf σm,2 bei gleicher Spannungsamplitude σa reduziert.