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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Trinkmilch aus Rohmilch.
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Bei dem Lebensmittel Milch ist die Erreichung einer bestimmten Haltbarkeit bei möglichst weitgehender Erhaltung der ursprünglichen Rohmilcheigenschaften erwünscht. Bei bekannten Methoden der Haltbarmachung treten zum Teil deutliche Veränderungen in der Struktur und den Anteilen von wertvollen Inhaltsstoffen auf. Je nach dem eingesetzten Verfahren sind Denaturierungen und Verluste z. B. bei Eiweißstoffen, Vitaminen, Kalzium und der Fettgrößenverteilung hinzunehmen.
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So weist Vorzugsmilch zwar den größten Gehalt an natürlichen Inhaltsstoffen auf. Da Vorzugsmilch allerdings vor der Abfüllung lediglich filtriert wird, also ein nicht pasteurisiertes Rohmilchprodukt darstellt, ist diese trotz einer Lagerung bei max. 8°C nur für ca. 3 Tage haltbar. Vorzugsmilch kann somit nur unter besonderen und aufwendigen hygienischen Bedingungen hergestellt werden, und muss möglichst unverzüglich erzeugernah verbraucht werden. Vorzugsmilch ist somit auf Grund der äußerst eingeschränkten Lager- und Transportfähigkeit nicht zum Vertrieb als Konsummilch geeignet.
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Demgegenüber weist handelsübliche Frischmilch im ungeöffneten, gekühlten Zustand eine Haltbarkeit von 6–10 Tagen auf. Diese wird bekanntlich durch Pasteurisierung erreicht. Hierzu wird Rohmilch auf eine Temperatur von 72 bis 75°C erhitzt und danach homogenisiert. Bei einer anschließenden ununterbrochenen Lagerung bei max. 8°C kann eine Haltbarkeit von max. 10 Tagen erreicht werden. Dabei tritt in der Praxis häufig das Problem auf, dass die Kühlkette beim Transport durch den Verbraucher unterbrochen wird.
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Demgegenüber ist H-Milch, auch UHT- bzw. ultrahocherhitzte Milch genannt, im ungeöffneten Zustand bei Raumtemperatur mehrere Monate haltbar und somit auch für Verbraucher problemlos transportierbar. Dies wird dadurch erreicht, dass die Rohmilch für einige Sekunden auf bis zu 150°C erhitzt und anschließend homogenisiert wird. Bei H-Milch tritt jedoch im Vergleich zu Vorzugsmilch oder pasteurisierter Frischmilch ein deutlicher Vitaminverlust auf. Zudem ereignen sich diverse Veränderungen. So ist tritt ab 60°C mit der Temperatur zunehmend eine Denaturierung von Milcheiweiß und ein merklicher Kochgeschmack auf. Zudem fällt unlösliches Kalziumphosphat aus, d. h. so genannter „Milchstein”. Hiermit ist ein Verlust an vom Menschen resorbierbarem Kalzium in der Milchmasse verbunden.
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Eine als „ESL-Milch” (Extended Shelf Life) bzw. „Frischmilch – länger haltbar” bezeichnete Milchsorte weist bei einer Lagerung mit max. 8°C eine Haltbarkeit von ca. 20 Tagen auf. Diese liegt somit zwischen der von Vorzugs- bzw. Frischmilch und H-Milch. ESL-Milch kann durch Pasteurisierung von Rohmilch bei ca. 123–127°C mit anschließender Homogenisierung hergestellt werden. Weitere Herstellungsmethoden sind eine Mikrofiltration mit Membranen oder eine Verwendung von Tiefenfiltern mit anschließender Homogenisierung.
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Ein weiterer Nachteil der obigen Milchsorten, mit Ausnahme der Vorzugsmilch, ist die regelmäßig durchgeführte Homogenisierung. Auf diese Weise wird der mittlere Durchmesser der Fettglobule in der Milch besonders unter hohem Druck stark reduziert. Hiermit wird die Zeit für eine Aufrahmung der Milch so stark erhöht, dass keine sichtbare Aufrahmung innerhalb der für einen normalen Verbrauch vorgesehenen Haltbarkeitsdauer eintritt. Mit einer Homogenisation von Kuhmilch sind aber negative Auswirkungen verbunden. So ist es bekannt, dass durch Homogenisation die Gefahr einer Lipolyse, d. h. Lipaseanfälligkeit, der Milch zunimmt. Diese bewirkt eine Beschädigung der Fettkügelchen, eine Spaltung von Milchfettbestandteilen und eine Bildung freier niedermolekularer Fettsäuren. In Folge davon treten Geschmacksfehler auf und die Lichtanfälligkeit, d. h. Photooxidation, der Milch wird erhöht.
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In der Fachliteratur wird weiterhin diskutiert, ob übliche Behandlungsverfahren bei der Verarbeitung von Milch, wie Pasteurisation und Homogenisierung, das allergene Potenzial von Milchinhaltsstoffen beeinflussen. Ein Stand der wissenschaftlichen Diskussion ist z. B. in der Stellungnahme Nr. 021/2009 des Bundesamtes für Risikobewertung (BfR) vom 13.02.2009 zusammengestellt. So kann der Stellungnahme z. B. entnommen werden: „Diskutiert wird, dass durch die Verkleinerung der Milchfettkügelchen mit Vergrößerung der Gesamtoberfläche infolge Homogenisierung eine veränderte Persorption mit veränderter Proteinpräsentation an den Intestinalzellen (Darmzellen) vorliegt, welche im Vergleich zur Gabe von Rohmilch zu immunologischen Konsequenzen und/oder anderen Folgen führen könnte”. Weiterhin kann der Stellungnahme z. B. entnommen werden: „Bereits in den 1970er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde von einzelnen Wissenschaftlern diskutiert, ob das Verfahren der Homogenisierung ungünstige Wirkungen für die Gesundheit der Verbraucher in Hinblick auf arteriosklerotische Läsionen (arterielle Funktionsstörungen) aufweisen könnte”. In der Stellungnahme wird zwar festgestellt, dass derzeit gesicherte Befunde nicht abgeleitet werden können. Dennoch schließt die Stellungnahme mit der Empfehlung: „Aufgrund des Mangels an tragfähigen Daten zur Frage einer etwaigen Veränderung des allergenen Potenzials bestimmter Proteine für den Menschen (hier Kuhmilchproteine) infolge (üblicher) technologischer Verfahren der Lebensmittelherstellung sieht das BfR auf diesem Gebiet Forschungsbedarf”.
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Aus der
EP 0 194 286 B1 sind ein Verfahren und eine Anlage zur Herstellung von Milch mit einem niedrigen Bakteriengehalt bekannt. Dabei wird die keimhaltige Vollmilch durch einen Zentrifugalseparator in zwei Fraktionen aufgeteilt, d. h. in einen Strom keimhaltiger Magermilch und einen Strom keimhaltigen Rahms. Die keimhaltige Magermilch wird einer Mikrofiltration unterzogen. Dabei erfolgt eine Abtrennung eines fettigen Bakterienkonzentrats aus der verbliebenden keimreduzierten Magermilch. Das Bakterienkonzentrat wird in den keimhaltigen Rahm rückgeführt und sterilisiert. Schließlich werden sterilisierter Rahm und keimreduzierte Magermilch rückgemischt.
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Das in der
EP 0 194 286 B1 beschriebene Verfahren macht einen komplexen, aufwendigen Anlagenaufbau erforderlich. Einen besonderen Nachteil stellt der Einsatz eines kostenintensiven Separators dar, der die Vollmilch als ein Entrahmungsseparator in keimhaltige Magermilch und keimhaltigen Rahm trennt. Desweiteren wird das gewonnene fettige Bakterienkonzentrat nicht aus dem Herstellungsprozess ausgeleitet, sondern gemeinsam mit dem fetthaltigen Rahm einer die Produkteigenschaften beeinträchtigenden Sterilisation und Rückmischung mit der keimreduzierten Magermilch zugeführt.
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Separatoren sind in Anlagen zur konventionellen Verarbeitung großer Milchmengen weit verbreitet, z. B. als Entrahmungs-, Reinigungs- bzw. Entkeimungsseparatoren. Diese erfordern aber hohe Investitionen beim der Errichtung einer Verarbeitungsanlage und wirken auf Grund des inneren Aufbaus, besonders über rotierende Tellerpakete mit mechanischen Kräften auf die Struktur der Bestandteile der zu verarbeitenden Milchmasse ein.
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So sind z. B. in der
Veröffentlichung „Die kalte Alternative", Markus Hüllmann, P & A-Kompendium 2006/2007, S. 92–93 und in der
Schrift „Kaltmilchseparation mit Westfalia Separator procool Technologie" der Firma „GEA Westfalia Separator" Kaltmilchzentrifugen zur Kaltmilchentrahmung beschrieben. Bei diesen wird ohne Beeinflussung der Keimzahl der jeweils zugeführten Rohmilch eine herkömmliche Trennung in eine sogenannte „schwere” und eine „leichte” Phase vorgenommen, und mögliche Feststoffe ausgestoßen. Auf Grund der kalten Behandlung der zugeführten Rohmilch während der Separation wird lediglich eine weitere Zunahme der Keime in den beiden Phase gehemmt. Je nach Bedarf kann bei diesen auch schnell zwischen kalter und warmer Prozessführung gewechselt werden.
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Aus der
EP 0 697 816 B1 sind eine Anlage und ein Verfahren zur Erzeugung von Milch mit einem reduzierten Gehalt an Bakteriensporen und Bakterien bekannt. Dabei wird die keimhaltige Rohmilch durch Zentrifugation in eine Rahm-, Magermilch- und Schlammfraktion aufgetrennt, wobei jede Fraktion Sporen und Bakterien enthält. Die Magermilchfraktion wird einer Mikrofiltration unterzogen. Es entsteht dabei ein Permeat mit einem geringen Anteil an Sporen und Bakterien, und ein Sporen und Bakterien enthaltendes Retentat. Dieses wird in die Zentrifuge zurückgeleitet und dessen Sporen und Bakterien über die Schlammfraktion abgeführt. Die ebenfalls Sporen und Bakterien enthaltende Rahmfraktion wird einer Sterilisation unterzogen. Schließlich werden das Permeat und die sterilisierte Rahmfraktion gemischt, um Milch mit gewünschtem Fettgehalt zu erhalten. Auch hier treten die gleichen, am Beispiel der
EP 0 194 286 B1 bereits beschriebenen Nachteile auf.
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Aus der
EP 0 993 250 B1 ist ein Verfahren zur Herstellung kommerziell steriler entrahmter Milch bekannt. Dabei wird Rohmilch zunächst in einem herkömmlichen Entrahmer bei einer üblichen Temperatur von 55°C in einen Rahmanteil und einen entrahmten Milchanteil aufgeteilt. Der entrahmte Milchanteil wird zur Reduktion der darin enthaltenen Mikroorganismen, d. h. von Sporen und Bakterien, einer zweifachen Mikrofiltration unterworfen. Dabei wird das Mikroorganismen enthaltende Retentat aus der ersten Mikrofiltration einer weiteren Mikrofiltration unterzogen. Das Retentat aus der zweiten Mikrofiltration, das alle in beiden Mikrofiltrationen abgeschiedenen Bakterien enthält, wird endgültig ausgeleitet und nicht mehr weiter verwendet. Das Permeat aus beiden Mikrofiltrationen wird zusammengeführt und einer Wärmebehandlung bei 72–134°C unterzogen. Es entsteht die gewünschte sterile, entrahmte Milch. Der Rahmanteil wird separat einer Hochtemperaturbehandlung und Homogenisierung unterzogen, und kann für eine sterile Verbrauchsmilch mit gewünschtem Fettgehalt zugesetzt werden.
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Aus der
DE 10 2004 039 733 A1 sind ein Verfahren zur Entkeimung von Milch und eine Entkeimungsanlage bekannt. Dabei wird der Milchstrom in einem Separator in einen Magermilch- und Rahmteilstrom getrennt und grobe Verunreinigungen über eine Entschlammungseinheit abgeleitet. Dann wird der Magermilchteilstrom mittels mindestens eines Durchlaufs durch eine Mikrofiltrationseinheit in einen entkeimten und keimkonzentrierten Magermilchteilstrom aufgeteilt. Der Rahmteilstrom wird in einem Rahmerhitzer einer Entkeimung unterzogen. Schließlich werden die Teilströme zu einem Fettmilchstrom zusammengeführt, homogenisiert und pasteurisiert.
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Aus der
EP 1 182 935 B1 sind eine Anlage und ein Verfahren zur Behandlung von Milch bekannt, um Magermilch mit reduziertem Gehalt an Keimen zu erhalten. Auch dabei werden die fettarme Milch einer ersten Mikrofiltration und das gewonnene Permeat einer weiteren Mikrofiltration unterzogen.
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Aus der
DE 100 36 085 C1 ist ein Verfahren zur Entkeimung von Milch besonders zur Käsereimilchherstellung bekannt. Dabei wird Rohmilch nach einer Erwärmung auf ca. 55°C durch eine erste Zentrifugaltrennung in einem Entrahmungsseparator in die Bestandteile Rahm, Magermilch und Schlamm aufgeteilt. Dabei ist der Entrahmungsseparator so eingestellt, dass der Fettgehalt im Rahm mehr als 42% beträgt. Bei diesen Prozessbedingungen tritt im Rahm ein Entkeimungseffekt für anaerobe Sporen ein. Die keimhaltige Magermilch aus dem Entrahmungsseparator wird durch eine zweite Zentrifugation in einem Entkeimungsseparator entkeimt und wieder in den vom Entrahmungsseparator bereitgestellten Rahm zurückgeleitet. Das dadurch entstehende Rahm-/Magermilchgemisch wird schließlich pasteurisiert.
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Das in der
DE 100 36 085 C1 beschriebene Verfahren hat einen besonders komplexen und aufwendigen Anlagenaufbau zur Folge, da sowohl ein kostenintensiver Entrahmungsseparator als auch ein kostenintensiver Entkeimungsseparator eingesetzt werden. Zudem wird zu verarbeitende Milchmasse den rotierende Tellerpaketen und den davon hervorgerufenen mechanischen Kräften in beiden Separatoren ausgesetzt.
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Grundsätzlich tritt beim Einsatz von Zentrifugalseparatoren bei der Milchverarbeitung die prinzipbedingte Eigenart auf, dass damit je nach konstruktiver Auslegung entweder eine Entrahmung oder Entkeimung der Milchmasse erzielt werden kann. Dies kann dadurch erklärt werden, dass durch eine Zentrifugation unter Einsatz von Tellerpaketen eine Separation von Milchbestandteilen auf Grund von deren unterschiedlicher Dichte erfolgt. So weisen die Keime in der Rohmilch die größte Dichte, der Rahm die geringste Dichte und die Magermilch eine dazwischen liegende Dichte auf. Je nach konstruktiver Ausgestaltung der rotierenden Teile im Inneren eines Separators kann somit das Separationsergebnis entweder überwiegend in der Abtrennung des Rahms von der Magermilch, d. h. einer Entrahmung ohne Beeinflussung der Keimgehalte in den einzelnen Fraktionen, oder in einer Abtrennung der Bakterien von den übrigen Milchbestandteilen, d. h. einer Entkeimung, bestehen.
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Dies hat zur Folge, dass effektive Milchverarbeitungsanlagen mit einer hohen Verarbeitungsleistung sowohl Entrahmungs- als auch Entkeimungsseparatoren aufweisen. Anlagen dieser Art sind z. B. in der Firmenschrift „Separatoren von GEA Westfalia Separator für die Milchklärung und Milchentkeimung” dargestellt. Auf den dortigen Seiten 32, 33 ist auch die Wirkungsweise von Entkeimungsseparatoren beschrieben. Dabei wird zu entkeimende Milch über ein Einlaufrohr, Bohrungen und Steigkanäle bis in die Spalten zwischen den Tellern eines rotierenden Tellereinsatzes geführt. Dort werden die Bakterien infolge der Zentrifugalkräfte abgetrennt, gleiten an einer Tellerunterseite nach außen und verlassen den Separierraum. Während entkeimte Milch zum Trommelzentrum fließt und dort abgesaugt wird, wandern Bakterien nach außen und werden als Bakterienkonzentrat abgefordert.
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Die Funktionsweise von Entrahmungsseparatoren ist z. B. in der Produktschrift „Entrahmungs-Separatoren von GEA Westfalia Separator für die Molkereiwirtschaft” z. B. auf den dortigen Seiten 18, 19 beschrieben. Dabei wird eine Fettkugel abgeschieden, wenn diese auf ihrem Strömungsweg auf die Oberseite eines Tellers trifft. Die Fettkugeln bewegen sich entgegen der Zentrifugalkraft im Tellerspalt nach innen zum Zentrum der Separatoren-Trommel und können dort als Rahm abgezogen werden. Dagegen bewegt sich die Magermilch unter dem Einfluss der Zentrifugalkraft nach außen.
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Aus der Deutschen Molkerei-Zeitung, Heft 4, 2004, S. 32–34 ist der Artikel „Das OSA-Verfahren" von Burghard Dyck bekannt. Dabei sind ein zur Milchentrahmung dienender Separator und die zur Einstellung des Fettgehalts dienenden Komponenten zur Fettstandardisierung direkt in eine UHT-Anlage integriert, bei der die eigentliche Sterilisation der Milch stattfindet. Auf diese Weise kann eine wirtschaftlich arbeitende Gesamtanlage gebaut werden. Dabei wird zwischen zwei Anlagenvarianten unterschieden, die mit „OSA-Kalt” bzw. „OSA-Warm” bezeichnet sind. Während bei „OSA-Kalt” der Separator zur Entrahmung und Reinigung der Kaltmilch und die Standardisierungsanlage vor der ersten Anwärmsektion der UHT-Anlage angeordnet sind, befindlichen sich diese Komponenten bei „OSA-Warm” nach der ersten Anwärmung im Temperaturbereich um 55°C.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein weiteres Verfahren zur Herstellung von Trinkmilch anzugeben, womit ein noch besserer Ausgleich zwischen den Anforderungen an die Haltbarkeit und der Erhaltung von Rohmilcheigenschaften sowie wertvollen Inhaltsstoffen der Milch möglich ist.
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Die Aufgabe wird gelöst mit dem im Anspruch 1 angegebenen Verfahren. Vorteilhafte weitere Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegebenen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren beruht darauf, dass bereits zu Beginn der Verarbeitung mittels eines Verfahrensschritts „Kaltentkeimung durch Aufrahmung” die Haltbarkeit begrenzenden Keime auf eine besonders schonende Weise an große Fettkügelchen gebunden werden. Der so entstehende keimangereicherte Rahm kann auf einfache Weise von der Rohmilch abgetrennt und dauerhaft aus dem weiteren Herstellungsprozess für Trinkmilch ausgeleitet werden. Es kann somit in einem Arbeitsschritt auf eine besonders schonende und wirtschaftliche Weise sowohl eine Entrahmung als auch eine Entkeimung der Rohmilch durchgeführt werden.
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Die auf diese Weise gewonnene kaltentkeimte Milchmasse wird nun wenigen, ebenfalls schonend einwirkenden Verarbeitungsschritten unterzogen. Dies sind eine Reinigung von Schmutzpartikeln besonders mit Hilfe von Makrofiltern, eine schonende Kurzzeiterhitzung der kaltentkeimten und gereinigten Milchmasse möglichst bei maximal 75°C und eine aseptische und luftdichte Abfüllung ohne erneute Rekontamination mit Keimen. Zur weiteren Steigerung der Haltbarkeit kann vor der Abfüllung noch eine Entgasung der kaltentkeimten, gereinigten und kurzzeiterhitzten Milchmasse erfolgen.
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Die Erfindung bietet den besonderen Vorteil, dass im Vergleich zum Stand der Technik nahezu keine mechanischen Krafteinwirkungen auf die innere Struktur der Rohmilch ausgeübt werden. Es erfolgt somit keine doppelte Einwirkung von Entrahmungsseparatoren und Entkeimungsseparatoren auf die Milchmasse. Des Weiteren ist nur noch eine moderate Kurzzeiterhitzung der kaltentkeimten und gereinigten Milchmasse unter schonenden Prozessbedingungen vergleichbar mit traditionell hergestellter Frischmilch notwendig, besonders um die gesetzlichen Mindestanforderungen zu erfüllen. Schließlich macht es die Erfindung auf Grund der Entrahmungswirkung der vorangegangenen Kaltentkeimung auch möglich, u. U. auf den zusätzlichen Prozessschritt einer Homogenisation zwischen der moderaten Kurzzeiterhitzung und der Abfüllung der Milchmasse vollständig zu verzichten.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht somit einen kostengünstigen Aufbau von entsprechenden Milchverarbeitungsanlagen, bei denen die notwendigen Verfahrensschritte Entrahmung, Entkeimung, Reinigung und Pasteurisierung ohne herkömmliche mechanische Zentrifugal- und Rührvorrichtungen und ohne große Hitzeeinwirkungen auf die Rohmilch in einer besonders schonenden Weise ausgeführt werden können.
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Voraussetzung für den Verfahrensschritt „Kaltentkeimung durch Aufrahmung” ist es, dass die Fettkügelchen im Inneren einer geschlossenen Volumeneinheit der Rohmilch einen ausreichend langen Abscheidungsweg ungestört durchwandern können. Ist eine Bewegung der Fettpartikel z. B. bei einer natürlichen Aufrahmung in vertikaler Richtung nach oben bzw. z. B. bei einer beschleunigten Aufrahmung in horizontaler Richtung radial nach innen ohne Behinderung z. B. durch Rührwerke, rotierende Tellereinsätze usw. durch eine Volumeneinheit der Rohmilch möglich, so scheiden sich daran Bakterien ab. Auf dem Abscheidungsweg befindliche Bakterien werden somit mit Hilfe der natürlichen, schwachen Wechselwirkungskräfte der Adhäsion von den wandernden Fettpartikeln quasi eingefangen und mitgenommen.
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Mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens kann Trinkmilch bei Einhaltung einer geschlossenen Kühlkette mit einer im Vergleich zu Frischmilch erheblich längeren Haltbarkeit von bis zu 3 Wochen hergestellt werden, ohne dass – selbst bei einem Entfall einer Homogenisation – eine starke Aufrahmung der fertigen Trinkmilch in der Verpackung zu befürchten ist. Die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Trinkmilch weist somit eine mit der ESL-Milch vergleichbare verlängerte Haltbarkeit, jedoch eine erheblich verbesserte Erhaltung der ursprünglichen Rohmilcheigenschaften und besonders ein Entfall der mit zentrifugalen Separatoren und einer möglichen Homogenisation in Verbindung gebrachten Nachteile auf. Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Trinkmilch verfügt somit über eine besonders große Ursprünglichkeit und ist dennoch ohne Einschränkungen wie eine Massenkonsummilch auch in Großmärkten vermarktbar.
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Die Erfindung und weitere vorteilhafte Ausführungen derselben werden an Hand eines in denen Figuren dargestellten Ausführungsbeispiels nachfolgend näher erläutert. Dabei zeigt
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1 die grundlegenden Prozessschritte des erfindungsgemäßen Verfahrens in einem schematischen Ablaufdiagramm,
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2 eine erste vorteilhafte Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens, wobei die Kaltentkeimung der Rohmilch durch eine natürliche Aufrahmung erfolgt,
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3 eine zweite vorteilhafte Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens, wobei die Kaltentkeimung der Rohmilch durch eine beschleunigte Aufrahmung erfolgt,
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4 eine weitere vorteilhafte Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens, wobei eine kombinierte Kaltentkeimung, Reinigung und Standardisierung der Rohmilch mit Hilfe eines MT-Verfahrens erfolgt, und
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5 beispielhaft die Verfahrensschritte zur Einstellung eines bestimmten, gewünschten Fettgehalts, d. h. der Fettstandardisierung, der kaltentkeimten und gereinigten Milchmasse.
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In 1 sind die Prozessschritte des erfindungsgemäßen Verfahrens in einem vereinfachten Ablaufdiagramm dargestellt. So wird die Rohmilch RM im ersten Schritt 09 „Anlieferung” möglichst mit der unveränderten Abgabetemperatur beim Landwirt von 6°C bzw. einer max. zulässigen Temperatur von 10°C abgeladen. Bis zur Weiterverarbeitung erfolgt eine „Lagerung der Rohmilch” 10 bei einer Prozesstemperatur von wiederum ca. 6°C.
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Es folgen die Prozessschritte der „Kaltentkeimung der Rohmilch durch Aufrahmung” 11 mit Ausleitung 21 des keimangereicherten Rahms KR, der „Reinigung” 12 der verbleibenden, kaltentkeimten Milchmasse EM durch Ausleitung 22 besonders von Schmutzpartikeln, der „schonenden Kurzzeiterhitzung” 13 der kaltentkeimten und gereinigten Milchmasse N, der „aseptischen und luftdichten Abfüllung” 15 und der „Lagerung bzw. dem Transport der Fertigmilch” 16. Falls die Fertigmilch einen frei eingestellten Fettgehalt bevorzugt im Bereich von 0,1–3,8% aufweisen soll, kann zwischen der „Reinigung” 9 und „schonenden Kurzzeiterhitzung” 13 in einem zusätzlichen Prozessschritt eine „Einstellung des Fettgehalts” 12a, auch Fettstandardisierung genannt, vorgenommen werden. Schließlich kann unmittelbar vor dem Schritt der „aseptische und luftdichte Abfüllung” 15 bei Bedarf durch einen zusätzlichen Prozessschritt „Entgasung” 14 besonders der Gehalt an Restsauerstoff gesenkt und damit die Haltbarkeit weiter stabilisiert werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zeichnet sich besonders dadurch aus, dass gegenüber dem Stand der Technik keine Prozessschritte „Entrahmungsseparation”, „Entkeimungsseparation” und „Homogenisierung” vorgesehen und erforderlich sind. Dies wird dadurch erreicht, dass im Prozessschritt 11 der „Kaltentkeimung durch Aufrahmung” 11 nicht nur der keimangereicherte Rahm 21 der Rohmilch auf eine besonders schonende Weise erzeugt und dann dauerhaft aus dem weiteren Verarbeitungsprozess ausgeleitet wird. Vielmehr werden dabei auch große Fettpartikel, die zugleich als eine Art Transportmittel der Keime wirken, ausgesondert. Es wird also in einem einzigen Verfahrensschritt zugleich eine Entrahmung und Entkeimung der Rohmilch durchgeführt. Weiterhin wird damit erreicht, dass die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Trinkmilch auch ohne Homogenisierung weniger stark aufrahmt.
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Das erfindungsgemäße Verfahren und weitere vorteilhafte Ausführungen desselben werden nachfolgend auch unter Heranziehung der in den 2 bis 5 dargestellten Ablaufdiagramme näher erläutert.
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Zunächst wird die angelieferte Rohmilch RM bis zur Weiterverarbeitung in der Regel bei ca. 6°C gelagert. Es ist vorteilhaft, wenn auch die Abladetemperatur dieser Lagertemperatur entspricht. Dies ist in den Ablaufdiagrammen der 1 bis 4 durch die Schritte 09, 10 symbolisiert. Es wird angenommen, dass die Rohmilch in diesem Stadium im Durchschnitt eine Keimzahl von etwa 100.000 K/ml auf, d. h. 100.000 Keime pro Milliliter Milch aufweist.
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Gemäß dem Übersichtsdiagramm der 1 erfolgt erfindungsgemäß in einem ersten Verarbeitungsschritt 11 eine Kaltentkeimung der Rohmilch durch „Aufrahmung”. Dabei wird auf eine besonders schonende Weise eine Abtrennung großer Fettpartikel gemeinsam mit daran anhaftenden Keimen aus der Rohmilch RM erreicht. Die Ausleitung 21 des keimangereicherten Rahms KR kann z. B. bei einem diskontinuierlichen Verarbeitungsprozess nach Abschluss der Aufrahmung der Rohmilch auf einfache Weise dadurch erfolgen, dass der auf der Oberfläche der verbleibenden, kaltentkeimten Milchmasse EM schwimmende, leichtere keimangereicherte Rahm KR gemeinsam mit den enthaltenen Keimen abgetrennt wird. Zur Durchführung dieses Verarbeitungsschritts eignen sich z. B. zylindrisch-konische, gekühlte Tanks. Diese sind vergleichbar mit den bei der Herstellung von Bier zur Vergärung der Würze eingesetzten zylinderkonischen Gärtanks ZKG. Bei einem kontinuierlichen Prozess erfolgt die Abtrennung während der Aufrahmung.
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Da Keime während der Aufrahmung durch Adhäsion an den großen Fettpartikeln anhaften können, werden die Keime von den Fettpartikeln quasi eingesammelt und mitgenommen. Die Entkeimungswirkung wird weiter dadurch begünstigt, dass die Keime meist in Clustern vorliegen. Auf Grund der geringeren Dichte und der Größe von Fettpartikeln können diese gemeinsam mit den Keimen von der Milchmasse abgetrennt werden. Durch die erfindungsgemäße Kaltentkeimung der Rohmilch mit Abtrennung des stark keimangereicherten Rahms lässt sich die Keimzahl der verbleibenden Milchmasse in einer besonders schonenden Weise effektiv reduzieren. Es kann dann sowohl auf Behandlungen der kaltentkeimten Milchmasse mit hohen Temperaturen als auch auf den Einsatz üblicher Zentrifugalseparatoren und Homogenisierungen verzichtet werden.
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Gemäß 2 kann die Kaltentkeimung bei einer ersten Ausführung der Erfindung auf dem Wege einer „natürlichen” Aufrahmung 11a erfolgen. Dabei wird die Rohmilch RM für einen Zeitraum von mindestens 18 Stunden, bevorzugt für einen Zeitraum von ca. 20–24 Stunden, möglichst ohne Beeinflussungen sich selbst überlassen. Abhängig von den jeweiligen Anlagenbedingungen ist es dabei u. U. möglich, auf Temperaturänderungen zu verzichten. Im Idealfall läuft die natürliche Aufrahmung bei einer Temperatur von 6 bis max. 10°C ab, d. h. die Ablade- und Lagertemperatur der Rohmilch RM ist zugleich die Prozesstemperatur. In einem solchen Temperaturbereich wird die Aufrahmung auch dadurch begünstigt, dass die Fettpartikel erstarrt sind. Da während einer Aufrahmdauer von bis zu 24 Stunden trotz Kühlung eine leichte natürliche Vermehrung der Keime nicht zu vermeiden ist, kann durch eine „natürliche Aufrahmung” die ursprüngliche Keimzahl der Rohmilch RM von etwa 100.000 K/ml auf eine Keimzahl von etwa 10.000 K/ml in der gewonnenen, kaltentkeimten Milchmasse EMN reduziert werden.
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Gemäß 3 kann bei einer weiteren Ausführung der Erfindung die Abscheidung des keimangereicherten Rahms RM auch dadurch erfolgen, dass die Rohmilch RM einer Kaltentkeimung durch „beschleunigte” Aufrahmung 11b ausgesetzt wird. Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass durch die zur Beschleunigung eingesetzten Maßnahmen die adhäsive Bindung zwischen den Fettpartikeln und den Mikroorganismen in der Milchmasse nicht aufgelöst wird. Die beschleunigenden Maßnahmen müssen also so schonend auf die Milchmasse einwirken, dass die natürlichen Adhäsionskräfte zwischen den Fettpartikeln und den Mikroorganismen nicht überwunden werden. Abhängig vom Aufbau der jeweils eingesetzten Verarbeitungsanlage und der Einstellung der Prozessbedingungen kann der Vorgang der Aufrahmung der Rohmilch so begünstigt werden, dass die erfindungsgemäße kombinierte Entrahmung und Entkeimung durch eine Abtrennung 21 des keimangereicherten Rahms KR u. U. bereits nach einem Zeitraum von etwa einer Stunde möglich ist. Da während einer solchen kurzen Aufrahmdauer keine merkliche natürliche Vermehrung der Keime auftritt, kann durch eine „beschleunigte Aufrahmung” die ursprüngliche Keimzahl der Rohmilch RM von etwa 100.000 K/ml auf eine Keimzahl von etwa 1.000 K/ml in der gewonnenen, kaltentkeimten Milchmasse EMB reduziert werden.
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In der Praxis kann bei dieser Ausführung der Kaltentkeimung eine geschlossene Volumeneinheit der zu bearbeitenden Rohmilch, z. B. ein mit Rohmilch gefüllter und möglichst keine Innenaufbauten aufweisender Behälter, auf eine besonders sachte Weise in eine Drehung versetzt werden. Erfolgt die Einleitung der Drehung z. B. durch einen Sanftanlauf mit geringer Winkelbeschleunigung, so sind die bei der rotatorischen Mitnahme der Milchmasse im Inneren der Volumeneinheit auftretenden Scherkräfte kleiner als die natürlichen Adhäsionskräfte zwischen Fettpartikeln und Mikroorganismen. Dabei werden weder von Fettkügelchen „eingesammelte” Bakterien und Keime wieder abgerissen, noch sind auf Grund zu hoher Scherkräfte eine Teilung von Keimclustern und damit eine weitere Verbreitung und Wachstumsförderung von Keimen zu befürchten.
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Bei einer solchen Ausführung werden die Fettpartikel in der Rohmilch annähernd radial in Richtung auf eine innere Drehachse des Behälters bewegt. Auf dem Weg dahin, auch Abscheideweg genannt, findet eine zunehmend Anreicherung mit Bakterien und Keimen statt, so dass sich der keimangereicherte Rahm an der Drehachse konzentriert und abgesaugt werden kann. Vorteilhaft können Durchmesser und Drehzahl eines Behälters vorteilhaft so aufeinander abgestimmt werden, dass auf die darin befindliche Milchmasse eine Beschleunigung von max. 20 g (Erdbeschleunigung) ausgeübt wird. Je nach Aufbau der Anlage kann bei diesem Verarbeitungsschritt bei Bedarf die Temperatur der Rohmilch auch auf bis zu 20°C erhöht werden.
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Bei der Kaltentkeimung gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren werden keinerlei chemische Zusätze eingesetzt. Diese Form der Kaltentkeimung ist somit nicht mit der bekannten Stabilisierung von Getränken durch eine Zugabe von Dimethyldicarbonat (DMDC) vergleichbar, bei der auch der Begriff „Kaltentkeimung” verwendet wird.
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Im Verarbeitungsschritt 12 erfolgt nun eine „Reinigung” der kaltentkeimten Milchmasse EM, EMN bzw. EMB. Hierdurch werden eventuell vorhandene Schmutzpartikel, insbesondere Tierkörperzellen wie Haut- und Eiterzellen, abgetrennt und können über entsprechende Vorrichtungen 22 aus der weiteren Verarbeitung ausgeleitet werden. Vorteilhaft weist die kaltentkeimte Milchmasse während des Verarbeitungsschrittes 12 eine unveränderte Prozesstemperatur von ca. 4 bis max. 10°C auf. Fettpartikel sind in diesem Temperaturbereich erstarrt, so dass Schmutz- und Fettpartikel zuverlässig voneinander abtrennbar sind. Wegen der kurzen Dauer dieses Verarbeitungsschrittes ist auch dabei keine Veränderung der Keimzahl in der gewonnenen, kaltentkeimten und gereinigten Milchmasse N zu erwarten. In der Praxis kann die Reinigung der Milchmasse vorzugsweise durch eine Filtrierung erfolgen. Hierbei wird die Milch z. B. mittels eines Makrofilters mit einer Porenweite von etwa 4 μm gereinigt.
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Mit Abschluss des Verarbeitungsschritts 12 hat der Fettgehalt der kaltentkeimten und gereinigten Milchmasse N einen Wert angenommen, der durch den Fettgehalt der Rohmilch im Anlieferungszustand und die vorangegangenen technischen Prozessschritte bedingt ist. Im Ablaufdiagramm der 1 wird angenommen, dass die kaltentkeimte und gereinigte Milchmasse nach dem Verfahrensschritt 12 einen Fettgehalt von z. B. 2,4 Gew.-% aufweist.
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Soll die herzustellende Trinkmilch einen davon abweichenden, vorzugsweise im Bereich von ca. 0,1–3,8 Gew.-% frei eingestellten Fettgehalt aufweisen, so kann sich ein weiterer Verfahrensschritt „Einstellung Fettgehalt/Standardisierung” 12a anschließen, in dem eine Umverteilung von Fettanteilen vorgenommen werden kann. Die hierzu notwendigen Verfahrensschritte sind schematisch in der 5 dargestellt. Dabei wird zunächst ein Teil der kaltentkeimten und gereinigten Milchmasse N abgezweigt und in einen Strom kaltentkeimter und gereinigter Magermilch M mit einem Fettgehalt von z. B. 0,1–1,5 Gew.-% und in einen Strom kaltentkeimten und gereinigten Rahms R mit einem Fettgehalt von ca. 40 Gew.-% aufgeteilt. Hierzu kann z. B. ein herkömmlicher Entrahmungsseparator E eingesetzt werden. Ist z. B. eine weiter zu verarbeitende Milchmasse S mit einem geringeren Fettgehalt als z. B. 2,4 Gew.-% gewünscht, so wird diese durch Rückführung eines größeren Anteils M ” der kaltentkeimten und gereinigten Magermilch M über Mischventil V1 entfettet, d. h. verdünnt. Ist dagegen ein höherer Fettgehalt als der Eingangsgehalt von z. B. 2,4 Gew.-% gewünscht, so wird ein größerer Anteil R' des kaltentkeimten und gereinigten Rahms R zum Auffetten über ein Mischventil V2 rückgeführt, d. h. verdickt. Der Fettgehalt der kaltentkeimten und gereinigten Milchmasse S kann durch derartige Zumischungen frei in einem Bereich von z. B. 0,1–3,8 Gew.-% eingestellt werden. Dabei nicht benötigte, überschüssige Anteile kaltentkeimter und gereinigter Magermilch M'' bzw. kaltentkeimten und gereinigten Rahms R'' können über weitere Mischventile V3, V4 aus dem Verarbeitungsschritt 12a ausgeleitet und als wertvolle Ausgangsstoffe anderen Verwendungen zugeführt werden.
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Bei einer anderen Ausführung der Erfindung können die Verarbeitungsschritte 11a und 12, d. h. gemäß der Darstellung in 2 die Kaltentkeimung durch natürliche Aufrahmung und die Reinigung auch kombiniert durchgeführt werden. In der Praxis ergibt sich dabei häufig auch eine Einstellung des Fettgehalts 12a. Dies ist in 4 beispielhaft in einem einzigen Verfahrensschritt 11c dargestellt. In der Praxis kann hierfür z. B. ein Makrofilter eingesetzt werden, welches mit einer sehr geringen Geschwindigkeit vorteilhaft in vertikaler Richtung durch die Rohmilch RM bewegt wird. Hierdurch können Verunreinigungen erfasst werden, ohne dass die parallel ablaufende natürliche Aufrahmung während einer bevorzugten Verfahrensdauer von mindestens 18 Stunden, vorteilhaft von ca. 20 bis 24 Stunden, beeinträchtigt wird. Eine derartige kombinierte Bearbeitung der Rohmilch ist ein Minimal-Technologie Verfahren, abgekürzt MT-Verfahren, und somit sowohl besonders wirtschaftlich als auch schonend in der Einwirkung auf die Rohmilch.
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Bei einer praktischen Ausführung kann hierzu ein mit der zu verarbeitenden Rohmilch RM gefüllter Behälter mit einer vorzugsweise vertikal beweglichen Makrofilterplatte ausgestattet sein. Diese ist sowohl gegenüber dem Behälterrand als auch zu einer zentralen Führungs- bzw. Drehachse hin abgedichtet. Die Makrofilterplatte wird mit einer sehr geringen Geschwindigkeit bevorzugt von unten nach oben durch die im Behälter ruhende Masse an Rohmilch bewegt, z. B. über einen Zeitraum von zumindest 18 Stunden, vorzugsweise 20 bis 24 Stunden. Der eingesetzte Makrofilter kann dem bei einem separaten Reinigungsschritt 12 durch Filtration eingesetzten Makrofilter entsprechen. Die kaltentkeimte, gereinigte und auf Grund der jeweiligen Siebweite auch im Fettgehalt beeinflusste, d. h. standardisierte, Milchmasse NT kann nach Abschluss der natürlichen Aufrahmung von unten aus dem Behälter abgelassen werden, während der keimangereichte und schmutzpartikelhaltige Rahm KSR im Makrofilter zurückbleibt und z. B. durch eine Spülung 24 ausgeschwemmt werden kann.
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Wie bei der natürlichen Aufrahmung wird die Rohmilch diesem kombinierten Verarbeitungsschritt 11c zumindest 18 Stunden lang, vorteilhaft für ca. 20–24 Stunden, bei einer Temperatur von nicht mehr als 10°C, vorzugsweise von ca. 6°C, ausgesetzt. Dabei kann die ursprünglich angenommene Keimzahl der Rohmilch von etwa 100.000 K/ml auf eine Keimzahl von etwa 5.000 K/ml in der gewonnenen kaltentkeimten, gereinigten und standardisierten Milchmasse NT reduziert werden.
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Im Verarbeitungsschritt 13 erfolgt nun eine „schonende Kurzzeiterhitzung” der Milchmasse. Die dabei eingestellten Parameter sind üblicherweise eine Verfahrensdauer von ca. 15 s bei einer Temperatur von maximal 75°C, vorteilhaft 72–75°C. Diese Werte entsprechen den Parametern bei der Pasteurisation von Frischmilch. Die Kurzzeiterhitzung kann z. B. mit Platten- oder Rohrwärmetauschern erfolgen. Dieser Verarbeitungsschritt ist erforderlich, um die gesetzlichen Mindestanforderungen zu erfüllen. Weist die angelieferte Rohmilch RM von vorne herein eine geringe Keimzahl auf und können die einzelnen Schritte des erfindungsgemäßen Verfahrens unter optimalen Randbedingungen durchgeführt werden, so wäre rein technisch eine Kurzzeiterhitzung selbst unter schonenden Randbedingungen an sich nicht erforderlich. Zudem ist auch eine nachfolgende Homogenisation nicht zwingend erforderlich, da bei der vorangegangen Kaltentkeimung durch Aufrahmung bei vorzugsweise 6°C eine Ausleitung großer Fettgobule stattgefunden hat.
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Die kaltentkeimte, gereinigte, kurzzeiterhitze und gegebenenfalls standardisierte Milchmasse PM weist nach dem Verfahrensschritt 13 eine Restkeimzahl von ca. 50 K/ml, falls diese gemäß 2 einer vorangegangenen Kaltentkeimung durch natürliche Aufrahmung unterzogen worden war. Im Falle einer vorangegangenen kombinierten Aufrahmung und Reinigung durch ein MT-Verfahren gemäß 4 weist die Milchmasse PM eine Restkeimzahl von 25 K/ml. Im Falle einer vorangegangenen beschleunigten Aufrahmung gemäß 3 weist die Milchmasse PM eine Restkeimzahl von 5 K/ml auf. Wie oben bereits ausgeführt wurde beruhen diese Werte auf der Annahme einer Rohmilch RM mit einer ursprünglichen Keimzahl von 100.000 K/ml. Bei Schwankungen der Keimzahl der angelieferten Rohmilch treten natürlich entsprechende Anpassungen diese Werte auf.
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In einem weiteren, optionalen Verarbeitungsschritt 14 kann eine „Entgasung” der Milchmasse durchgeführt werden. Hierdurch wird ein Austreiben von gelösten Gasen bewirkt, besonders von Sauerstoffanteilen. Aerobe Keimen in der kaltentkeimten, gereinigten, kurzzeiterhitzen und gegebenenfalls standardisierten Milchmasse, die einen Anteil von etwa 90% der zurückgebliebenen Restkeime darstellen, wird dadurch die Lebensgrundlage entzogen. Auf diese Weise wird eine weitere Erhöhung der Haltbarkeit der Milch erzielt. Diese wird nur durch die verbleibenden anaeroben Restkeime begrenzt, welche den mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens erzielbaren Minimalwert der Keimzahl in der Fertigmilch bestimmen.
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In der Praxis kann eine Entgasung z. B. durch einen herkömmlichen Entgaser mit einem nach oben konisch zulaufendem Tank bewirkt werden. Dieser wird mit Vakuum beaufschlagt, so dass der Siedepunkt der Milch auf einen Wert von z. B. 40°C herabgesetzt wird und darin gelöste Gase abgetrennt werden. Bei einer besonders vorteilhaften Ausführung kann zur Entgasung ein Riesel-Entgaser eingesetzt werden. Anlagen dieser Art verfügen über einen Entgasungsbehälter mit Rieselplatten. Dabei handelt es sich um großflächige, z. B. durch Dampf beheizte Metallplatten. Über diese kann die Milch in dünnen Schichten geleitet werden, so dass gelöste Gase in einer schonenden und wirkungsvollen Weise ausgetrieben und über einen Brüdenabgang aus dem Entgasungsbehälter abgeleitet werden. Vorteilhaft können Entgaser eingesetzt werden, welche z. B. zur Aufbereitung von Wasser zur Abfüllung in der Getränkeindustrie oder zur Verwendung in Kraftwerken bekannt sind.
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Nach diesem Verfahrensschritt 14 weist die Milch die gewünschten Eigenschaften als Fertigmilch auf, d. h. eine Restkeimzahl von ca. 5 K/ml bei einer vorangegangenen natürlichen Aufrahmung gemäß 2, oder eine Restkeimzahl von ca. 2,5 K/ml bei einer vorangegangenen kombinierten Aufrahmung und Reinigung durch ein MT-Verfahren gemäß 4, oder eine Restkeimzahl ca. 0,5 K/ml bei einer vorangegangenen beschleunigten Aufrahmung gemäß 3.
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Die mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens gewonnene Fertigmilch wird aller Regel aseptisch und luftdicht abgefüllt, um eine erneute Kontamination der nun nahezu keimfreien Milch durch neue Keime, d. h. eine Rekontamination, auf dem Transportportweg bis zum Verbraucher zu verhindern. Besonders vorteilhaft ist eine Abfüllung unter einer Schutzatmosphäre, besonders unter Verwendung des Schutzgases Stickstoff.
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Die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Fertigmilch weist trotz der Kaltentkeimung bei möglichst niedrigen Temperaturen eine Lagerfähigkeit von ca. 3 Wochen auf. Dies setzt eine ordnungsgemäße Lagerung 16 der fertigen Trinkmilch in einer ununterbrochenen Kühlkette bei einer Temperatur von maximal 8°C voraus, um eine Vermehrung der verbleibenden geringen Anzahl anaerober Restkeime, welche etwa im Bereich zwischen 5 und 0,5 K/ml liegt, zu begrenzen. Im Vergleich dazu weist herkömmliche Frischmilch eine Haltbarkeit von max. 10 Tagen und eine Restkeimzahl im Bereich von ca. 1.000–10.000 K/ml auf. Auf Grund der schonenden Kaltentkeimung der Rohmilch tritt bei einer mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Trinkmilch nahezu keine selbständige Aufrahmung mehr auf. Es kann besonders vorteilhaft auch auf eine Homogenisierung der Milchmasse verzichtet werden ohne die Gefahr des Auftretens eines merklichen „Fettkragens” in einer Verpackung während der vorgesehenen Haltbarkeitsdauer. Eine mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte, konsumfertige Trinkmilch weist somit trotz weitgehend aufrechterhaltener Rohmilcheigenschaften eine erheblich verlängerte Haltbarkeit auf, und ist im Großhandel und in Supermärkten ohne Einschränkungen vermarktbar.
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Bezugszeichenliste
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- 09
- Anlieferung Rohmilch
- 10
- Lagerung Rohmilch
- RM
- Rohmilch
- 11
- Verfahrensschritt „Kaltentkeimung”
- KR
- keimangereicherter Rahm
- EM
- kaltentkeimte Milchmasse
- 11a
- Kaltentkeimung durch „natürliche” Aufrahmung
- EMN
- kaltentkeimte Milchmasse nach natürlicher Aufrahmung
- 11b
- Kaltentkeimung durch „beschleunigte” Aufrahmung
- EMB
- kaltentkeimte Milchmasse nach beschleunigter Aufrahmung
- 11c
- kombinierte Kaltentkeimung, Reinigung, Standardisierung durch MT-Verfahren
- NT
- kaltentkeimte, gereinigte und standardisierte Milchmasse nach MT-Verfahren
- 21
- Austragung von keimangereichertem Rahm
- 24
- Austragung von keimangereichertem Rahm und Schmutzpartikeln
- 12
- Verfahrensschritt „Reinigung”
- 22
- Austragung von Schmutzpartikeln
- N
- kaltentkeimte und gereinigte Milchmasse
- 12a
- optionaler Verfahrensschritt „Einstellung Fettgehalt” Standardisierung
- E
- Entrahmung der kaltentkeimten, gereinigten Milchmasse
- R
- kaltentkeimter und gereinigter Rahm
- M
- kaltentkeimte und gereinigte Magermilch
- V1–V4
- Ventile
- R'
- kaltentkeimter, gereinigter Rahm „Zulauf”
- M'
- kaltentkeimte, gereinigte Magermilch „Zulauf”
- R''
- kaltentkeimter, gereinigter Rahm „Überlauf”
- M''
- kaltentkeimte, gereinigte Magermilch „Überlauf”
- S
- kaltentkeimte, gereinigte Milchmasse mit eingestelltem Fettgehalt
- 13
- Verfahrensschritt „Kurzzeiterhitzung”
- PM
- kaltentkeimte, gereinigte, kurzzeiterhitzte Milchmasse
- 14
- optionaler Verfahrensschritt „Entgasung”
- 23
- Austragung gelöster Gase, insbesondere Sauerstoff
- 15
- Verfahrensschritt „aseptische, luftdichte Abfüllung”
- 16
- Lagerung/Transport Fertigmilch
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 0194286 B1 [0009, 0010, 0013]
- EP 0697816 B1 [0013]
- EP 0993250 B1 [0014]
- DE 102004039733 A1 [0015]
- EP 1182935 B1 [0016]
- DE 10036085 C1 [0017, 0018]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Veröffentlichung „Die kalte Alternative”, Markus Hüllmann, P & A-Kompendium 2006/2007, S. 92–93 [0012]
- Schrift „Kaltmilchseparation mit Westfalia Separator procool Technologie” der Firma „GEA Westfalia Separator” Kaltmilchzentrifugen zur Kaltmilchentrahmung [0012]
- Deutschen Molkerei-Zeitung, Heft 4, 2004, S. 32–34 ist der Artikel „Das OSA-Verfahren” von Burghard Dyck [0022]