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STAND DER TECHNIK
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Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Bestimmen eines Fahrbahnreibwertes für ein Fahrzeug.
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Obwohl auf beliebige Fahrzeuge anwendbar, wird die vorliegende Erfindung sowie die ihr zugrunde liegende Problematik in Bezug auf ein Personenkraftfahrzeug näher erläutert.
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Informationen über den momentanen Fahrbahnreibwert bzw. den Zustand des Straßenbelages sind für aktive Fahrstabilitätssysteme in Kraftfahrzeugen von großer Bedeutung. Deshalb besitzt beispielsweise jedes elektronische Stabilitätsprogramm eine interne Reibwertschätzeinrichtung. Diese kann jedoch nur relativ selten bei hohen Reibschlupfwerten, beispielsweise beim Abbremsen oder Antreiben des Fahrzeugs Aussagen über den Fahrbahnreibwert treffen. In allen anderen Fahrsituationen ist die Information über den Fahrbahnreibwert sehr unscharf. Es gibt daher Lösungsansätze, auch in anderen Fahrsituationen eine Reibwertbestimmung durchführen zu können, um so die Verfügbarkeit von aktuellen Fahrbahnreibwerten für dynamische Fahrstabilitätssysteme zu erhöhen.
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In der
JP 10288559 A ist eine Vorrichtung zur Abschätzung eines Fahrbahnreibwertes beschrieben. Hierbei weist ein Kraftfahrzeug eine elektromechanische Hinterachslenkung auf, bei der die beiden Hinterräder des Kraftfahrzeugs miteinander mechanisch über eine Steuerstange gekoppelt sind. Ein elektrischer Aktuator ist vorgesehen, die Steuerstange quer zur Längsrichtung des Fahrzeuges zu bewegen und so beide Hinterräder gleichzeitig mit einem vorbestimmten Lenkwinkel anzustellen. Die Kraft zur Einstellung des vorbestimmten Lenkwinkels kann indirekt aus dem Stromverbrauch des Aktuators bestimmt werden. Der Fahrbahnreibwert ist direkt proportional zu der ermittelten Kraft und kann mittels eines vorbestimmten Algorithmus von einer Auswerteeinheit errechnet werden.
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An dieser Anordnung hat sich allerdings als nachteilig herausgestellt, dass beide Reifen mechanisch miteinander gekoppelt sind. Somit ist es nicht möglich, an beiden Reifen unabhängig voneinander einen Fahrbahnreibwert zu bestimmen, beispielsweise zur Aufrechterhaltung der Funktionalität der Vorrichtung bei Ausfall des Aktuators oder zur Plausibilitätsprüfung des ermittelten Fahrbahnreibwertes anhand zweier an beiden Reifen unabhängig voneinander bestimmter Fahrbahnreibwerte. Weiterhin ist dadurch, dass immer beide Reifen gleichzeitig verstellt werden und damit an beiden Reifen eine Verstellkraft aufzubringen ist, ein hoher Stromverbrauch des Aktuators bedingt. Darüber hinaus ist die Einstellung des vorbestimmten Lenkwinkels je nach Fahrgeschwindigkeit für einen Fahrzeugführer bei einer gleichzeitigen Anstellung beider Hinterreifen deutlich spürbar.
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Somit liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine verbesserte Vorrichtung und ein verbessertes Verfahren zum Bestimmen eines Fahrbahnreibwertes für ein Fahrzeug zu schaffen, welche die oben genannten Nachteile beseitigen.
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VORTEILE DER ERFINDUNG
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 und/oder durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 8 gelöst.
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Demgemäß sind vorgesehen:
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Eine Vorrichtung zum Bestimmen eines Fahrbahnreibwertes für ein Fahrzeug mit einer ersten Reifenlenkeinrichtung zum Einstellen eines ersten vorbestimmten Lenkwinkels eines ersten Reifens des Fahrzeugs; einer zweiten Reifenlenkeinrichtung zum Einstellen eines zweiten vorbestimmten Lenkwinkels eines zweiten Reifens des Fahrzeugs; einer ersten Sensoreinrichtung zum Erfassen einer für die Einstellung des ersten vorbestimmten Lenkwinkels des ersten Reifens erforderlichen Kraft; einer zweiten Sensoreinrichtung zum Erfassen einer für die Einstellung des zweiten vorbestimmten Lenkwinkels des zweiten Reifens erforderlichen Kraft; und einer Auswerteeinrichtung zum Bestimmen des Fahrbahnreibwertes mittels Auswerten der erfassten Daten der ersten und zweiten Sensoreinrichtung unter Verwendung eines vorbestimmten Algorithmus.
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Ein Verfahren zum Bestimmen eines Fahrbahnreibwertes für ein Fahrzeug, mit folgenden Verfahrensschritten: Einstellen eines ersten vorbestimmten Lenkwinkels eines ersten Reifens des Fahrzeugs mittels einer ersten Reifenlenkeinrichtung; Einstellen eines zweiten vorbestimmten Lenkwinkels eines zweiten Reifens des Fahrzeugs mittels einer zweiten Reifenlenkeinrichtung; Erfassen einer für die Einstellung des ersten vorbestimmten Lenkwinkels des ersten Reifens erforderlichen Kraft mittels einer ersten Sensoreinrichtung; Erfassen einer für die Einstellung des zweiten vorbestimmten Lenkwinkels des zweiten Reifens erforderlichen Kraft mittels einer zweiten Sensoreinrichtung; und Bestimmen des Fahrbahnreibwertes mittels Auswerten der erfassten Daten der ersten und zweiten Sensoreinrichtung unter Verwendung eines vorbestimmten Algorithmus mittels einer Auswerteeinrichtung.
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Die Grundidee der vorliegenden Erfindung besteht darin, eine separate erste und eine zweite Reifenlenkeinrichtung zur Einstellung eines ersten und eines zweiten vorbestimmten Lenkwinkels an zwei Reifen eines Fahrzeugs vorzusehen, wodurch eine mechanische Kopplung der beiden Reifen nicht erforderlich ist.
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Die vorliegende Erfindung weist also gegenüber dem Stand der Technik den Vorteil auf, dass auf eine mechanische Kopplung der Reifen verzichtet wird. Dadurch sind die Lenkwinkel unabhängig voneinander einstellbar, wodurch sich der Einfluss der Lenkwinkeleinstellung auf das Fahrverhalten des Fahrzeugs vorteilhaft beeinflussen lässt.
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In den Unteransprüchen finden sich vorteilhafte Ausgestaltungen und Verbesserungen der im Patentanspruch 1 angegebenen Vorrichtung bzw. des im Patentanspruch 8 angegebenen Verfahrens.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung weisen die erste und zweite Reifenlenkeinrichtung zur Einstellung des ersten und zweiten vorbestimmten Lenkwinkels jeweils einen Elektromotor auf. Hierdurch ist bei geringem Platzbedarf eine zuverlässige Einstellbarkeit der vorbestimmten Lenkwinkel gewährleistet, wodurch sich der Einsatzbereich der Vorrichtung vorteilhaft erweitert.
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Gemäß einem weiteren bevorzugten Ausführungsbeispiel weisen die erste und zweite Sensoreinrichtung jeweils eine Strommesseinrichtung zur Messung von an dem jeweiligen Elektromotor anliegenden elektrischen Strömen auf. Dadurch ist schnell und komfortabel die Kraft zum Einstellen der vorbestimmten Lenkwinkel indirekt bestimmbar. Eine kostenintensive Kraftmesseinrichtung, beispielsweise in Form von Dehnmessstreifen ist vorteilhaft verzichtbar.
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Gemäß einer weiteren bevorzugten Weiterbildung sind die erste und zweite Strommesseinrichtung jeweils als integrale Bestandteile des jeweiligen Elektromotors ausgebildet, wodurch sich vorteilhaft ein reduzierter Platzbedarf der Vorrichtung ergibt. Dies erweitert den möglichen Einsatzbereich der Vorrichtung.
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Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform weisen die erste und zweite Lenkeinrichtung zur Einstellung des ersten und zweiten vorbestimmten Lenkwinkels jeweils einen Kugelgewindetrieb zur Umsetzung von rotatorischen Bewegungen des jeweiligen Elektromotors in translatorische Bewegungen auf. Hierdurch ist komfortabel eine Übersetzung erreichbar, wodurch die Baugröße der Elektromotoren vorteilhaft möglichst klein wählbar ist. Darüber hinaus sind anstatt kostenintensiver Linearmotoren günstigere Elektromotoren mit rotierender Bewegung einsetzbar, wodurch die Produktionskosten der Vorrichtung vorteilhaft reduziert werden.
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Gemäß einer weiteren bevorzugten Weiterbildung sind die erste und zweite Reifenlenkeinrichtung jeweils als Bestandteile einer elektromechanischen Achslenkung, insbesondere einer elektromechanischen Hinterachslenkung, des Fahrzeugs ausgebildet. Hierdurch ist der Fahrbahnreibwert vorteilhaft unabhängig von Lenkbewegungen eines Fahrzeugführers an der Vorderachse bestimmbar.
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Gemäß einem weiteren bevorzugten Ausführungsbeispiel weist die Vorrichtung eine Ansteuereinrichtung zur Ansteuerung der ersten und zweiten Reifenlenkeinrichtung auf, wobei der erste und zweite vorbestimmte Lenkwinkel unabhängig voneinander einstellbar sind. Hierdurch ist beispielsweise vorteilhaft eine redundante Bestimmung des Fahrbahnreibwertes möglich, wodurch sich die Zuverlässigkeit der Vorrichtung erhöht.
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Gemäß einer weiteren bevorzugten Weiterbildung wird die Bestimmung des Fahrbahnreibwertes bei einem Fahrzeugstillstand und/oder bei einer niedrigen Fahrzeuggeschwindigkeit durchgeführt, wodurch der Einfluss der Einstellung der vorbestimmten Lenkwinkel auf das Fahrverhalten des Fahrzeugs auf ein Minimum reduziert wird. Dies erhöht den Fahrkomfort.
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Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform werden der erste und zweite vorbestimmte Lenkwinkel für einen Fahrzeugführer unmerklich eingestellt. Dies erhöht ebenfalls den Fahrkomfort für den Fahrzeugführer.
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Gemäß einer weiteren bevorzugten Weiterbildung wird der aktuelle Fahrbahnreibwert kontinuierlich bestimmt, wodurch die Aussagekraft und die Zuverlässigkeit des Verfahrens signifikant erhöht werden.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform werden der erste vorbestimmte Lenkwinkel mittels eines ersten Elektromotors der ersten Reifenlenkeinrichtung und der zweite vorbestimmte Lenkwinkel mittels eines zweiten Elektromotors der zweiten Reifenlenkeinrichtung eingestellt. Hierdurch ist bei geringem Platzbedarf eine zuverlässige Einstellbarkeit der vorbestimmten Lenkwinkel gewährleistet, wodurch sich der Einsatzbereich des Verfahrens vorteilhaft erweitert.
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Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform wird zum Erfassen der erforderlichen Kräfte zum Einstellen des ersten und zweiten vorbestimmten Lenkwinkels mittels einer ersten Strommesseinrichtung der ersten Sensoreinrichtung an dem ersten Elektromotor und mittels einer zweiten Strommesseinrichtung der zweiten Sensoreinrichtung an dem zweiten Elektromotor ein an dem jeweiligen Elektromotor anliegender elektrische Strom gemessen, wobei die erste und zweite Strommesseinrichtung insbesondere in den jeweiligen Elektromotor integriert sind. Dies ermöglicht schnell und zuverlässig bei geringem Platzbedarf eine indirekte Bestimmung der erforderlichen Kräfte zum Einstellen der vorbestimmten Lenkwinkel, wodurch das Verfahren vereinfacht wird.
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Gemäß einer weiteren bevorzugten Weiterbildung weisen der erste und zweite vorbestimmte Lenkwinkel gleiche Lenkwinkelbeträge und/oder gleiche Lenkwinkelrichtungen auf, wobei insbesondere zu einem für den ersten oder zweiten Reifen bestimmten Fahrbahnreibwert an dem anderen Reifen zur Plausibilitätsprüfung oder zur Redundanz ein weiterer Fahrbahnreibwert ermittelt wird. Hierdurch erhöht sich zum einen durch die Plausibilitätsprüfung die Aussagekraft des ermittelten Fahrbahnreibwertes. Zum anderen wird bei der redundanten Bestimmung zweier Fahrbahnreibwerte auch bei Ausfall einer der Reifenlenkeinrichtungen weiterhin ein Fahrbahnreibwert ermittelt, wodurch sich die die Zuverlässigkeit und die Fehlertoleranz des Verfahrens signifikant erhöhen.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform weisen der erste und zweite vorbestimmte Lenkwinkel unterschiedliche Lenkwinkelbeträge und/oder unterschiedliche Lenkwinkelrichtungen auf, wobei insbesondere der erste oder der zweite vorbestimmte Lenkwinkel gleich Null ist. Hierdurch ist zum einen bei gegensätzlich eingestellten Lenkwinkeln vorteilhaft eine Kompensation des Einflusses der Lenkwinkeleinstellung an den Reifen erreichbar, wodurch beispielsweise das Schwänzeln eines Fahrzeughecks verhindert wird. Zum anderen ist bei der Einstellung des Lenkwinkels an nur einem Reifen vorteilhaft ein reduzierter Stromverbrauch erreichbar und der Einfluss auf das Fahrverhalten des Fahrzeugs ist ebenfalls reduziert.
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ZEICHNUNGEN
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Die Erfindung wird im Folgenden anhand von Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme auf die beiliegenden schematischen Figuren der Zeichnung näher erläutert.
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Von den Figuren zeigen:
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1 eine beispielhafte Vorrichtung zur Bestimmung eines Fahrbahnreibwertes gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung in einer Aufsicht;
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2 die Vorrichtung gemäß der 1 in einem weiteren Betriebszustand;
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3 die Vorrichtung gemäß der 1 in einem alternativen Betriebszustand; und
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4 verschiedene Stromaufnahmen über dem Hub eines Elektromotors einer Vorrichtung gemäß 1 bei verschiedenen Fahrbahnreibwerten.
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BESCHREIBUNG BEVORZUGTER AUSFÜHRUNGSBEISPIELE
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In den Figuren der Zeichnung bezeichnen dieselben Bezugszeichen gleiche oder funktionsgleiche Komponenten, soweit nichts Gegenteiliges angegeben ist.
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Im Folgenden wird ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung anhand der 1 bis 4 erläutert.
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Die 1 zeigt eine bevorzugte Ausführungsform einer Vorrichtung 1 zum Bestimmen eines Fahrbahnreibwertes für ein Fahrzeug. Die Vorrichtung 1 weist eine erste Reifenlenkeinrichtung 2, die einem ersten Reifen 3 des Fahrzeugs zugeordnet ist und eine zweite Reifenlenkeinrichtung 4, die einem zweiten Reifen 5 des Fahrzeugs zugeordnet ist auf. Die Reifen 3, 5 sind auf einer Fahrbahnoberfläche 22 angeordnet. Weiterhin umfasst die Vorrichtung 1 eine der ersten Reifenlenkeinrichtung 2 zugeordnete erste Sensoreinrichtung 6 und eine der zweiten Reifenlenkeinrichtung 4 zugeordnete zweite Sensoreinrichtung 7 auf.
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Die erste und zweite Reifenlenkeinrichtung 2, 4 weisen jeweils einen ersten und zweiten Elektromotor 9, 10 auf. Die Elektromotoren 9, 10 sind jeweils über erste und zweite Kugelgewindetriebe 13, 14 an den ersten und zweiten Reifen 3, 5 angekoppelt. Die Kugelgewindetriebe 13, 14 dienen dabei der Umsetzung von rotatorischen Bewegungen der Elektromotoren 9, 10 in translatorische Bewegungen. Zur Verwirklichung von Schwenkbewegungen der Reifen 3, 5 sind die Kugelgewindetriebe 13, 14 mittels erster und zweiter Hebelarme 19, 20 mit den ersten und zweiten Reifen 3, 5 wirkverbunden. Alternativ dazu sind auch elektrische Linearaktuatoren zur Verschwenkung der Reifen 3, 5 einsetzbar.
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Die erste und die zweite Sensoreinrichtung 6, 7 sind bevorzugt als Strommesseinrichtungen 11, 12 ausgebildet, welche integraler Bestandteil des ersten und des zweiten Elektromotors 9, 10 sind. Eine Auswerteeinrichtung 8 ist über jeweils eine erste und zweite Datenleitung 17, 18 mit der ersten und der zweiten Reifenlenkeinrichtung 2, 4 verbunden. In einer alternativen Ausführungsform der Vorrichtung dient eine gemeinsame Datenleitung der Anbindung der Auswerteeinrichtung 8 an die Reifenlenkeinrichtungen 2, 4. Eine Ansteuereinrichtung 16, die bevorzugt integraler Bestandteil der Auswerteeinrichtung 8 ist, ist ebenfalls über die Datenleitungen 17, 18 an die erste und zweite Reifenlenkeinrichtung 2, 4 angekoppelt.
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Die Ansteuereinrichtung 16 dient der Ansteuerung der Elektromotoren 9, 10 die über die Kugelgewindetriebe 13, 14 und die Hebelarme 19, 20 an dem ersten und zweiten Reifen 3, 5 einen ersten und zweiten vorbestimmten Lenkwinkel α1, α2 einstellen. Die Reifen 3, 5 sind also nicht mechanisch miteinander gekoppelt. Der erste und der zweite vorbestimmte Lenkwinkel α1, α2 sind in der 1 zur Verdeutlichung mit einem deutlich größeren Lenkwinkelbetrag dargestellt als dies im tatsächlichen Betrieb der Vorrichtung 1 der Fall wäre. Die Beträge der Lenkwinkel α1, α2 werden jeweils zwischen einer zu einer Fahrzeuglängsachse 21 parallel verlaufenden ersten und zweiten Reifen-Mittellinie 23, 24 des ersten und zweiten Reifens 3, 5 und einer ersten und zweiten angestellten Reifen-Mittellinie 23', 24' des ersten und zweiten Reifens 3, 5 gemessen. Die erste und zweite Reifenlenkeinrichtung 2, 4 sind bevorzugt Komponenten einer elektromechanischen Achslenkung, insbesondere einer elektromechanischen Hinterachslenkung, wobei der erste und zweite Reifen 3, 5 an gegenüberliegenden Seiten einer Fahrzeugachse angeordnet sind.
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In einer alternativen Ausführungsform der Vorrichtung 1 weist die Vorrichtung nur eine der beiden Reifenlenkeinrichtungen 2, 4 auf. Dies ermöglicht die Bestimmung des Fahrbahnreibwertes mit einem deutlich reduzierten baulichen Aufwand und mit einem reduzierten Stromverbrauch da dann nur ein Elektromotor 9, 10 vorgesehen ist.
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Die Funktion der Vorrichtung 1 wird im Folgendem am Beispiel eines bevorzugten Betriebszustandes der Vorrichtung 1 erläutert. Zur Bestimmung eines Fahrbahnreibwertes werden die erste und die zweite Reifenlenkeinrichtung 2, 4 von der Steuereinrichtung 16 angesteuert, um an dem ersten Reifen 3 einen ersten vorbestimmten Lenkwinkel α1 und an dem zweiten Reifen 5 einen zweiten vorbestimmten Lenkwinkel α2 einzustellen. Dabei weisen der erste und der zweite vorbestimmte Lenkwinkel α1, α2 einen gleichen Lenkwinkelbetrag und eine gleiche Lenkwinkelrichtung auf, d. h. die Reifen 3, 5 werden bezüglich der Reifenmittellinien 23, 24 in die gleiche Richtung gleich weit verschwenkt.
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Bei dem Einstellen der vorbestimmten Lenkwinkel α1, α2 wird die rotatorische Bewegung der Elektromotoren 9, 10 über die Kugelgewindetriebe 13, 14 in eine translatorische Bewegung umgesetzt. Diese translatorische Bewegung wird über die Hebelarme 19, 20 in eine Lenkbewegung der Reifen 3, 5 umgesetzt bis die gewünschten Lenkwinkel α1, α2 eingestellt sind. Das Einstellen der Lenkwinkel α1, α2 erfolgt bevorzugt beim Start oder Halten des Fahrzeuges. Alternativ dazu kann das Einstellen der Lenkwinkel α1, α2 auch während der Fahrt des Fahrzeugs erfolgen.
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Die Strommesseinrichtungen 11, 12 der ersten und zweiten Reifenlenkeinrichtung 2, 4 messen während dem Einstellen des ersten und des zweiten Lenkwinkels α1, α2 die von den Elektromotoren 9, 10 aufgenommenen elektrischen Ströme. Je größer die erforderliche Kraft zum Einstellen der Lenkwinkel α1, α2 ist, desto höher sind die von den Elektromotoren 9, 10 benötigten Ströme. Die Auswerteeinrichtung 8 ist daher in der Lage, aus den ermittelten elektrischen Strömen der Elektromotoren 9, 10 indirekt auf die erforderlichen Kräfte zur Einstellung der Lenkwinkel α1, α2 rückzuschließen.
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Für das stehende Fahrzeug wendet die Auswerteeinrichtung
8 beispielsweise folgenden Algorithmus zur Bestimmung eines Fahrbahnreibwertes μ an:
Wobei M
Schwenk das Schwenkmoment, F
z die Radlast und p den Reifendruck darstellen. Das Schwenkmoment M
Schwenk ist das erforderliche Moment zur Einstellung eines vorbestimmten Lenkwinkels α
1, α
2. M
Schwenk ist dabei das Produkt aus der Länge des Hebelarms
19,
20 und der zur Einstellung des Lenkwinkels α
1, α
2 erforderlichen Kraft. Die Länge der Hebelarme
19,
20 ist bekannt. Die erforderliche Kraft zur Einstellung des Lenkwinkels α
1, α
2 ist indirekt aus der ermittelten Stromaufnahme eines der Elektromotoren
9,
10 zu bestimmen. Die Radlast F
z wird von einer Rastlastschätzeinrichtung bereitgestellt. Der Reifendruck p wird von einem Reifendruckkontrollsystem des Fahrzeugs ermittelt. Zusammen mit anderen Sensorinformationen wie beispielsweise der Außentemperatur und Luftfeuchtigkeit kann auf den Fahrbahnzustand geschlossen werden.
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Dadurch, dass der erste und der zweite vorbestimmte Lenkwinkel α1, α2 des ersten und des zweiten Reifens 3, 5 gleich groß sind, kann unter der Annahme, dass an jedem Reifen 3, 5 der gleiche Fahrbahnreibwert herrscht, eine redundante Überprüfung des ermittelten Fahrbahnreibwertes erfolgen. Hierdurch bleibt die Funktionalität der Vorrichtung 1 auch bei Ausfall einer der Reifenlenkeinrichtungen 2, 4 zuverlässig gewährleistet. Darüber hinaus ist dadurch, dass an beiden Reifen 3, 5 eine Reifenlenkeinrichtung 2, 4 vorgesehen ist, eine Plausibilitätsprüfung des ermittelten Fahrbahnreibwertes durchführbar. Der an einem Reifen 3, 5 ermittelte Fahrbahnreibwert wird mit dem an dem anderen Reifen 3, 5 ermittelten Fahrbahnreibwert verglichen. Falls die Werte der Fahrbahnreibwerte dann zu weit voneinander abweichen kann die Messung beispielsweise wiederholt werden.
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Die Ermittlung des Fahrbahnreibwertes erfolgt bevorzugt für einen Fahrzeugführer unbemerkt, beispielsweise beim Starten des Fahrzeuges, bei einem Halten an einer Verkehrsampel oder während langsamer Fahrt. Alternativ dazu kann die Ermittlung des Fahrbahnreibwertes auch kontinuierlich erfolgen, beispielsweise in einem vordefinierten Zeitintervall.
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Die 2 zeigt einen weiteren bevorzugten Betriebszustand der Vorrichtung 1. Zur vereinfachten Darstellung zeigt 2 nur die Reifen 3, 5 mit den jeweiligen Lenkwinkeln α1, α2. In dem Betriebszustand der Vorrichtung 1 gemäß der 2 weisen der erste und der zweite Lenkwinkel α1, α2 unterschiedliche Lenkwinkelbeträge auf. Insbesondere wird nur an dem ersten Reifen 3 der erste vorbestimmte Lenkwinkel α1 eingestellt. Die zweite Reifenlenkeinrichtung 4 ist inaktiv, das heißt, der zweite vorbestimmte Lenkwinkel α2 ist gleich Null. Alternativ dazu kann auch an dem zweiten Reifen 5 der zweite Lenkwinkel α2 eingestellt werden und die erste Lenkeinrichtung 2 inaktiv sein. Beispielsweise erfolgt die Ermittlung des Fahrbahnreibwertes wechselweise an dem ersten und dem zweiten Reifen 3, 5.
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Der in 2 dargestellte Betriebszustand der Vorrichtung 1 hat den Vorteil, dass nur an dem Reifen 3 oder 5 ein vorbestimmter Lenkwinkel α1, α2 einzustellen ist, wodurch sich der Energieverbrauch der Elektromotoren 9, 10 zum Einstellen der vorbestimmten Lenkwinkel α1, α2 verringert. Weiterhin hat diese Anordnung den Vorteil, dass die Einstellung eines Lenkwinkels α1 an nur einem Reifen 3 für einen Fahrzeugführer weniger wahrzunehmen ist als die gleichzeitige Einstellung eines Lenkwinkels α1, α2 an beiden Reifen 3, 5.
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Die 3 zeigt einen weiteren alternativen Betriebszustand der Vorrichtung 1. Hierbei weisen der erste vorbestimmte Lenkwinkel α1 und der zweite vorbestimmte Lenkwinkel α2 zwar einen gleichen Lenkwinkelbetrag auf, jedoch sind der erste und zweite Reifen 3, 5 mit entgegengesetzten Lenkwinkelrichtungen angestellt. Hierdurch ergibt sich der Vorteil, dass eine mögliche Bewegung des Fahrzeugs durch die gegensätzliche Anstellung der Reifen 3, 4 kompensiert wird. Beispielsweise wird dadurch ein Schwänzeln des Fahrzeughecks verhindert, wodurch der Fahrkomfort für den Fahrzeugführer steigt.
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Die 4 zeigt beispielhaft den Einfluss der eingestellten vorbestimmten Lenkwinkel α1, α2 auf die Stromaufnahme der Elektromotoren 9, 10 auf Fahrbahnen mit verschiedenen Oberflächenbeschaffenheiten. Auf der x-Achse der Grafik ist dabei der durch einen der Elektromotoren 9, 10 erzeugte Hub in Millimetern angegeben, welcher direkt proportional zu dem vorbestimmten Lenkwinkel α1, α2 ist. Auf der y-Achse ist der von einer der Strommesseinrichtungen 11, 12 ermittelte Strom in Ampere aufgetragen. Die Kurve 25 entspricht einer Fahrbahnoberfläche aus Schotter, die Kurve 26 entspricht einer Fahrbahnoberfläche aus nassem Asphalt und die Kurve 27 entspricht einer Fahrbahnoberfläche aus trockenem Asphalt.
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Alle drei Kurven 25, 26, 27 steigen zunächst kontinuierlich an bis sie sich nahezu asymptotisch einer maximalen Stromaufnahme annähern. Dabei ist deutlich zu erkennen, dass sich die Kurven ab spätestens einem Aktorhub von 2,5 mm deutlich in der Stromaufnahme unterscheiden. Bei der Schotterpiste, dargestellt durch die Kurve 25, mit dem geringsten Fahrbahnreibwert ist die geringste Stromaufnahme zu beobachten, wohingegen bei trockenem Asphalt, dargestellt durch die Kurve 27, die Stromaufnahme bei gleichem Aktorhub fast doppelt so hoch ist. Die Kurve 26, die den nassen Asphalt darstellt, liegt dabei zwischen den Kurven 25, 27 der Schotterpiste und des trockenen Asphalts.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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