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Verfahren und Einrichtung zur Kompensation von Beschleunigungskräften bei Mess- und Werkzeugmaschinen mittels Impulsausgleich mit einer Mehrzahl von Mess- oder Bearbeitungseinrichtungen die relativ zu einer Mehrzahl von Mess- oder Bearbeitungszonen bewegbar sind.
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Technisches Gebiet und Stand der Technik
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Die Fortentwicklung neuer Materialbearbeitungs-, -verbindungs- oder – aufbauverfahren wie Laserschneiden und -schweißen, Hochgeschwindigkeitsfräsen, Rapid Prototyping oder von Nachbearbeitungsverfahren beispielsweise Härten, Beschichten oder Polieren haben zu einer wachsenden Anzahl von Werkzeug-maschinen mit hohen Bewegungsgeschwindigkeiten ihrer Werkzeug- oder Werkstück tragenden Elemente geführt. Auch bei Messmaschinen werden hohe Geschwindigkeiten angestrebt.
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Mess- und Bearbeitungseinrichtungen werden im Weiteren als Endeffektoren bezeichnet.
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Daneben können sowohl bewegbare Mess- oder Bearbeitungseinrichtungen als auch bewegbare Werkstücke im Folgenden als Nutzlast bezeichnet sein.
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Bewegungsvorrichtungen einer Mess- oder Werkzeugmaschine, die jeweils eine translatorische oder rotatorische Bewegung eines Endeffektors relativ zu einem Werkstück in einer Achse eines Referenzkoordinatensystems des Arbeitsraumes der Maschine erlauben, werden im weiteren als Achsen bezeichnet.
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Als Maschinenachsen werden solche Teilbewegungsvorrichtungen bezeichnet, die eine translatorische oder rotatorische Bewegung eines Maschinenelementes gegenüber einem in der Hierarchie der Gesamtstruktur der Maschine höher stehenden Maschinenelement erlauben, wobei die Hierarchie beim Maschinengestell als höchste Stufe beginnt und bei den Maschinenachsen zur direkten Bewegung eines Endeffektors als niedrigste Stufe endet.
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Achsen und Maschinenachsen können identisch sein, aber es können auch Achsbewegungen in Bezug zum besagten Referenzkoordinatensystem aus den Bewegungen mehrerer Maschinenachsen zusammengesetzt sein.
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Um die Produktivität zu steigern, ist es allgemein bekannt, dass sich an einer einzelnen bewegbaren Tragstruktur einer Mess- oder Werkzeugmaschine parallel mehrere Nutzlasten befinden. Dies führt dazu dass durch einem Bewegungsvorgang parallel mehrere Mess- oder Bearbeitungsgänge stattfinden können.
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Um die Flexibilität zu erhöhen, werden dabei die Positionen oder die Abstände der parallel bewegbaren Nutzlasten untereinander einstellbar gemacht, vorzugsweise mittels eines zusätzlichen Antriebes oder separater Antriebe für jede Nutzlast, die eine Bewegung der Nutzlasten entlang der gleichen oder einer parallelen Achse erlauben.
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Dies ermöglicht eine bessere Ausnutzung von insbesondere plattenartigen Materialien, da Werkstücke wechselnder Größe in aufeinanderfolgenden Arbeitsgängen im jeweils passenden Abstand parallel bearbeitet werden können.
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Ein neueres Beispiel für eine derartig eingerichtete Laserschneidanlage ist aus der Patentanmeldung
WO 2009/135641 A1 bekannt geworden, wobei beispielsweise entsprechend der
2 oder
3, jeweils
4 oder
8 Nutzlasten, je nach Ausführungsvariante, gekoppelt oder unabhängig voneinander bewegbar sind.
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Als weiteres Beispiel ist auch das Fräsen mit mehreren Spindeln im Formenbau seit vielen Jahrzehnten üblich, um Lohn- und Maschinenzeiten einzusparen.
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Hierbei wurde, wie auch in vielen anderen Anwendungen, auf hohe Stabilität der Strukturen geachtet, um Rückwirkungen auf die Genauigkeit durch auftretende Bearbeitungskräfte gering zu halten, wozu auch sehr massereiche bewegbare Strukturen genutzt wurden.
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Bei hohen Beschleunigungen, die im Rahmen immer schnellerer Mess- und Bearbeitungsmethoden benötigt werden, führen jedoch gerade hohe bewegte Massen zu besonders großen Genauigkeitsproblemen, so dass beispielsweise bei neuartigen Laserschneidmaschinen vorzugsweise besonders leichte und zugleich stabile bewegbare Strukturen aus Leichtmetallen oder Kohlefaserverbundstoffen zum Einsatz kommen.
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Dennoch sind diese bewegten Massen durch ihre hohen Beschleunigungen die Ursache entsprechend großer Störkräfte, die überwiegend zu elastischen Verformungen der Maschinenstrukturen, und somit auch zu Schwingungen führen. All diese Verformungen und Schwingungen führen zur Abweichung zwischen Soll- und Ist-Weg bei der Bewegung eines Endeffektors relativ zum Werkstück.
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Daher können Maschinen oft auch mir sehr viel höheren Beschleunigungen neue Startpositionen einer Kontur anfahren, als beim Abfahren der Kontur nutzbar sind.
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Grundsätzlich ist es bekannt in hochdynamischen Werkzeugmaschinen entsprechende Ausgleichsmassen mit einer genau entgegen gerichteten Beschleunigung, möglichst auf der gleichen Bewegungsachse wie die Nutzlast zu bewegen, um die besagten Störkräfte mindestens teilweise zu kompensieren um auch das Abfahren von Konturen bei hohen Beschleunigungen und zugleich hoher Genauigkeit zu ermöglichen.
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Jedoch komplizieren derartige angetriebene Ausgleichsmassen den Aufbau der Maschinen erheblich, insbesondere bei einer Mehrzahl bewegbarer Nutzlasten, und führen somit zu hohen zusätzlichen Kosten.
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Aufgabe der Erfindung ist es die Vorteile bewegter Ausgleichsmassen mit vergleichsweise geringem Zusatzaufwand, für Mess- und Werkzeugmaschinen mit einer Mehrzahl bewegter Nutzlasten zu erzielen.
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Beschreibung der Erfindung
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Erfindungsgemäß ist hierzu bei Mess- und Werkzeugmaschinen mit einer Mehrzahl von Mess- oder Bearbeitungseinrichtungen die relativ zu einer Mehrzahl von Mess- oder Bearbeitungszonen bewegbar sind, wobei in mindestens einer translatorisch wirksamen Maschinenachse jeweils mehrere längst der jeweiligen Maschinenachse separat antreibbare Nutzlasten vorhanden sind, gegenüber dem Betrieb mit gleichläufig angetriebenen Nutzlasten, beim Betrieb mit gegenläufig angetriebenen Nutzlasten eine höhere Beschleunigung vorgesehen.
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Als Nutzlast gelten hierbei sowohl absolut bewegbare Mess- oder Bearbeitungseinrichtungen als auch bewegbare Werkstücke, die auf identischen oder parallelen Achsen zueinander verschiebbar geführt sind.
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Dabei ist die erfindungsgemäße Nutzung eines Impulsausgleiches auf jeder beliebigen Stufe einer kinematischen Struktur möglich, also auch indem mehrere selbst Nutzlasten tragende Strukturen gegeneinander bewegbar sind.
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So können beispielsweise zwei Schlitten die bewegbar an einer Tragstruktur angebracht sind, die jeweils zwei Nutzlasten tragen, zum gegenseitigen Impulsausgleich genutzt werden, und wenn die jeweils zwei Nutzlasten auf jedem Schlitten gegeneinander bewegbar sind, so kann auch hier der Impulsausgleich untereinander zu einer erfindungsgemäßen Erhöhung der Beschleunigung genutzt werden.
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Die effektivste Anwendung ist möglich, wenn die gegeneinander bewegten Nutzlasten jeweils gleichzeitig auch an einer Messung oder Bearbeitung beteiligt sind. Jedoch ist dies nur möglich wenn zugleich auch eine Bewegung auf symmetrischen Bahnen erforderlich ist, also beispielsweise bei symmetrischen Werkstücken.
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Zwar ist es auch bei bekannten gattungsgemäßen Maschinen vorgekommen, dass symmetrische Werkstücke gleichzeitig bearbeitet wurden. Jedoch waren diese Maschinen nicht derart eingerichtet, dass der hierbei auftretende Impulsausgleich effektiv genutzt wurde. So war weder vorgesehen, dass in diesem speziellen Betriebsfall bewusst oder automatisch höhere Beschleunigungen genutzt wurden, noch war die Mechanik der Maschinen darauf eingerichtet, dass diese höheren Beschleunigungen von den Maschinenstrukturen zwischen den gegeneinander bewegten Nutzlasten weitgehend rückwirkungsfrei ausgeglichen werden konnten. Wenn letzteres dennoch einmal der Fall war, so beruhte dies bestenfalls darauf, dass sich dies zufällig aus anderen Rahmenbedingungen so ergeben hatte.
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Insbesondere war es aber nicht vorgesehen, dass nicht an einer Messung oder Bearbeitung beteiligte Mess- oder Bearbeitungselemente zum Impulsausgleich genutzt werden.
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Bei einer durch eine erfindungsgemäße Einrichtung ausgestatteten Maschine kann daher je nach Bearbeitungsaufgabe gewählt werden, ob durch gleichzeitige gleichläufige Bewegung der Nutzlasten mit eher geringen Beschleunigungen, oder durch die höher beschleunigte Bewegung nur eines Teiles der Nutzlasten mit entsprechenden Ausgleichsbewegungen der nicht an der Messung oder Bearbeitung beteiligten Nutzlasten, eine höhere Produktivität erzielbar ist.
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Bei Laserschneidmaschinen, beispielsweise entsprechend der schon erwähnten
WO 2009/135641 A1 , bei der die Bearbeitungsleistung eines Laserstrahles flexibel auf die Bearbeitungsköpfe verteilbar ist, kann diese Option besonders effizient genutzt werden.
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Insbesondere wenn die gegeneinander wirkenden Nutzlasten auf einer gemeinsamen Achse bewegt werden und die abzufahrenden Konturen relativ groß sind, entsteht das Problem, dass sich die Bewegungsspielräume der Nutzlasten überschneiden können.
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Diese Problematik kann durch zwei Maßnahmen minimiert werden.
- 1. Wenn die Bewegung auf eher kleineren geschlossenen Konturen stattfindet, kann die Rolle zwischen aktiven und passivem Mess- oder Bearbeitungseinrichtung an einer geeigneten Bearbeitungsstelle getauscht werden, so dass jeweils ein anderer Teil eines größeren Arbeitsraumes für eine Messung oder Bearbeitung erreichbar wird. Hierbei kann eine passive Nutzlast vor Beginn der einzelnen Teilarbeitsabläufe auch derart versetzt werden, dass Grenz- und Üpperlappungszonen erreichbar sind.
- 2. Eine passive Nutzlast erhält nur die hoch beschleunigten Bewegungsanteile zum Ausgleich der Beschleunigungskräfte einer aktiv betriebenen Nutzlast und niedrig beschleunigte Brems- und Ausgleichsbewegungen gegenüber einseitigen Überschüssen aus den hochbeschleunigten Bewegungen der aktiven Nutzlast, so dass die Bewegungen der passiven Nutzlast einen erheblich geringeren Bewegungsspielraum als die aktive Nutzlast benötigt und sie daher nur einen schmaleren Bereich des Arbeitsraumes belegt.
Eine zusätzlich überlagerte gering beschleunigte passende Nachführungsbewegung der passiven Nutzlast gegenüber der aktiven Nutzlast, minimiert darüber hinaus den durch die Kräfte der sich ausgleichenden hoch beschleunigten Bewegungsanteile betroffenen Führungsabschnitt, so dass dieser kürzer und damit steifer gegenüber aus den Ausgleichskräften entstehenden Anregungen ist.
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Möglichst sollte vorgesehen sein, dass ein Kraftausgleich zwischen den Antrieben von gegensätzlich beschleunigten Nutzlasten durch ausreichend dimensionierte, möglichst unelastische Maschinenelemente stattfindet, und zwar auf möglichst direkter Linie zwischen den Masseschwerpunkten der beteiligten Nutzlasten, so dass alle Arten von elastischen Verformungen der betroffenen Maschinenstrukturen, also insbesondere Stauchung, Dehnung und Torsinn, und somit auch entsprechende Schwingungen, weitgehend vermeidbar sind.
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Hierzu können vorzugsweise zusammengehörige Nutzlasten auf einer Linie entlang einer Seite eines Lineardirektantriebes geführt werden, wobei die Nutzlasten oder ihre Träger, möglichst entlang einer Linie durch ihren Schwerpunkt, die andere Seite des besagten Lineardirektantriebes enthalten.
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Auch eine um den Schwerpunkten der Nutzlasten herum verteilte Anordnung mehrerer parallel geführter Antriebe ist denkbar und kann vorteilhaft sein, wenn ein Antrieb im oder nahe des Schwerpunktes der Nutzlasten wegen sonstiger Rahmenbedingungen unmöglich oder problematisch wäre.
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Die Einrichtung einer Mess- oder Werkzeugmaschine für das erfindungsgemäße Verfahren beinhaltet vorzugsweise die Möglichkeit für jede Betriebsart einer erfindungsgemäß betriebenen Maschine, also ob mit gleichläufiger oder gegenläufiger Bewegung, und jede Kombinationsmöglichkeit der verfügbaren Maschinenachsen, eine getrennte Vorgabe und Eingabemöglichkeit der Maschinenparameter für die maximal nutzbare Beschleunigung und/oder den maximal nutzbaren Ruck vorzusehen.
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Besonders vorteilhaft ist es zum Betrieb einer solchen Maschine ein Verfahren vorzusehen, das entweder in der Arbeitsvorbereitung, also üblicherweise im Rahmen der CAD/CAM Kette, oder in der Steuerung der Maschine eine automatische Nutzung der jeweils geeignetsten Betriebsart mit ihren jeweiligen Grenzwerten bewirkt, bis hin zu der Möglichkeit, dass die Betriebsart während einer Messung oder Bearbeitung an jeweils geeigneten Punkten gewechselt wird.
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Dies kann einerseits vollautomatisch erfolgen, indem eine Geometrie auf parallele und symmetrische Strukturen hin untersucht wird und sowohl die geeigneten Start- und Endpunkte für bestimmte Betriebsarten ermittelt werden, als auch die passenden Relativpositionen der beteiligten Nutzlasten für bestimmte Arbeitsabschnitte, bis hin zu der Möglichkeit, die hierdurch variierenden Effizienzparameter bei der automatischen Erzeugung von Schachtelplänen zu berücksichtigen.
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Es ist aber erfindungsgemäß auch denkbar in derartigen Automatismen an geeigneten Stellen einen Bedienereingriff vorzusehen, was eine nochmals erhöhte Flexibilität bietet, oder die Abfolge und Auswahl von Betriebsarten völlig in die Verantwortung des Bedieners zu legen, was beispielsweise für Anlagen zur Massenproduktion gleicher Teile oder bei Bearbeitungen mit schwer vorhersehbaren oder quantisierbaren Materialeigenschaften sinnvoll sein kann.
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Die Anwendung der Erfindung ist am einfachsten durch entsprechende Anpassungen in Arbeitsvorbereitung und Steuerungen schon bekannter Maschinen möglich, auch durch Nachrüstung bei älteren geeigneten Maschinen.
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Langfristig effizienter dürfte allerdings die Neukonstruktion von Maschinen unter Berücksichtigung der erfindungsgemäßen Verfahren und Einrichtungen sein.
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Auch die Kombination mit bekannten Verfahren und Einrichtungen zum Impulsausgleich kann sinnvoll sein, insbesondere auf den niedrigsten Hierarchiestufen einer Maschinenstruktur, beispielsweise wenn einzeln bewegbaren Endeffektoren kein entsprechender Gegenspieler in einer Bewegungsrichtung gegenübersteht.
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Die Erfindung kann neben solchen Maschinen, die den aufgeführten Beispielen entsprechen, überall dort sinnvoll genutzt werden, wo eine wahlweise gleich- und gegenläufige transversale Bewegung mehrer separat antreibbarer Nutzlasten entlang mindestens einer Maschinenachse mit möglichst hoher Präzision vorgesehen ist.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2009/135641 A1 [0011, 0028]