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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Kontrollvorrichtung zum Schweißen mittels einer Positioniervorrichtung, insbesondere eines Schweißroboters.
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Beim Widerstandspunktschweißen (WPS) werden beispielsweise zu fügende Bleche durch zwei Schweißelektroden zusammengepresst und ein Schweißstrom durch die Elektroden und Bleche geleitet, wobei durch den erhöhten Übergangswiderstand zwischen den Blechen deren Temperatur so weit erhöht wird, dass die Bleche dort verschmelzen.
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Wird dies automatisiert durch eine Positioniervorrichtung wie beispielsweise einen Schweißroboter ausgeführt, so fährt diese positionsgeregelt vorgegebene Posen an, um Schweißzange und Werkstück(e) relativ zueinander zu positionieren. Hierzu kann die Positioniervorrichtung das Werkstück und/oder die Schweißzange bewegen. Beispielsweise kann ein Schweißroboter eine robotergeführte Schweißzange an einem feststehenden Werkstück ansetzen oder umgekehrt ein gegriffenes Werkstück einer stationären Schweißzange zuführen.
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Bei der Anfahrt und/oder in der Schweißpose wird durch Bewegung wenigstens einer Elektrode zur anderen Elektrode hin die Schweißzange geschlossen und ein Schweißpunkt erzeugt. Die Posen zum Setzen der Schweißpunkte können beispielsweise vorab durch manuelles Anfahren geteacht oder offline, beispielsweise auf Basis bekannter Werkstück- und Fertigungszellendaten, programmiert und zum Beispiel durch Proportional-Integral-Differential-Einzelgelenkregler angefahren werden.
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Weicht nun im Betrieb die Position, i. e. Lage und/oder Orientierung, eines zu schweißenden Werkstücks relativ zu einem Werkzeugreferenzsystem der Positioniervorrichtung wie zum Beispiel dem TCP („tool center point”) eines Schweißroboters von der Position ab, bezüglich der die Pose vorgegeben wurde, da beispielsweise Bleche verformt oder ungenau in einem Zubringwerkzeug eingespannt oder Zubringwerkzeug und Positioniervorrichtung ungenau zueinander positioniert sind, versucht die Positionsregelung gewaltsam, die Referenzposition zu erreichen. Dadurch kann es, insbesondere bei hoch- und höchstfesten Blechen, zu einer Verschlechterung bzw. einem Versagen des Schweißprozesses, einer Beschädigung von Werkstück, Werkzeug und/oder Positioniervorrichtung und dergleichen kommen.
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Daher werden in der Praxis bisher schwimmend gelagerte Schweißzangen vorgesehen, die die Schweißzange während des Schweißvorgangs von Querkräften entkoppeln. Insbesondere bei nicht stationären, geführten Schweißzangen muss zum Anfahren der nächsten Pose dieser sogenannte Zangenausgleich fixiert werden, um die Schweißzange präzise positionieren zu können. Dies bedingt schwere, aufwändige, energieverbrauchende und fehleranfällige Mechaniken.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, das automatisierte Schweißen zu verbessern.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Anspruch 8 stellt eine Vorrichtung, Anspruch 9 bzw. 10 ein Computerprogramm bzw. ein Computerprogrammprodukt, insbesondere einen Datenträger bzw. ein Speichermedium, zur Durchführung eines Verfahrens nach Anspruch 1 unter Schutz. Die Unteransprüche betreffen vorteilhafte Weiterbildungen.
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Die vorliegende Erfindung sieht vor, mit einer Positioniervorrichtung, insbesondere einem Schweißroboter, eine oder mehrere Schweißposen geregelt anzufahren. Dabei wird unter einer Regelung insbesondere die Bestimmung und Ausgabe von Stellgrößen, etwa Soll-Antriebskräften und/oder -momenten, Strömen, Leistungen oder dergleichen, von Antriebseinheiten der Positioniervorrichtung wie beispielsweise Elektromotoren verstanden, die auf Basis rückgeführter Ist-Größen, insbesondere Posen, Gelenkpositionen und/oder Gelenkgeschwindigkeiten, erfolgt. Beispielsweise kann hierzu eine Einzelgelenkregelung, etwa eine PID-Regelung, vorgesehen sein, die Stellgrößen proportional zu einer Regeldifferenz zwischen Soll- und Ist-Gelenkpositionen und/oder Zeitableitungen und/oder -integralen hiervon bestimmt. Die Regelung kann gleichermaßen im kartesischen Raum durch Vergleich von Soll- und Ist-Position (bzw. deren zeitlichen Ableitungen und/oder Integralen) und/oder modellbasiert erfolgen.
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Erfindungsgemäß wird nun softwaretechnisch eine angefahrene Schweißpose der Positioniervorrichtung während des Schließens einer Schweißzange, während des Schweißvorgangs und/oder während des Öffnens der Schweißzange, nachfolgend zusammenfassend als Aktivierung der Schweißzange bezeichnet, nachgiebig gehalten. Die solcherart in ihrer Kontrolle „weich” geschaltete Positioniervorrichtung kann dann Reaktionskräften, die aufgrund von Fehlpositionierungen beim Anfahren des Werkstückes auf die Schweißzange wirken, durch Änderung ihrer Pose nachgeben und sich so bezüglich der tatsächlichen Werkstückposition justieren, so dass ein aufwändiger mechanischer Zangenausgleich entfallen kann, der bislang zwischen der steif positionsgeregelt in ihrer Referenzpose verharrenden Positioniervorrichtung und dem versetzten Werkstück ausgleicht.
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In einer vorteilhaften Ausführung kann hierzu die Schweißpose gesteuert gehalten werden. Dabei wird unter einer Steuerung im Gegensatz zur oben erläuterten Regelung insbesondere die Bestimmung und Ausgabe von Stellgrößen unabhängig von Ist-Größen, insbesondere Gelenkpositionen verstanden.
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Hierzu kann in einer bevorzugten Ausführung der vorliegenden Erfindung eine Positionsregelung, mit der die Schweißpose präzise angefahren wird, beim Schließen der Schweißzange, während des Schweißvorgangs und/oder beim Öffnen der Schweißzange unterdrückt werden, beispielsweise, indem Regeldifferenzen zu Null gesetzt bzw. Soll-Größen auf Ist-Größen gesetzt werden, so dass keine Schleppfehler vorliegen. Weist die Positionsregelung eine Vorsteuerung auf, kann diese weiterhin aktiv bleiben. Vorzugsweise kann zwischen einer Regelung mit und einer Steuerung ohne Berücksichtigung rückgeführter Posen bzw. Positionen der Positioniervorrichtung umgeschaltet werden.
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In einer bevorzugten Ausführung kann die Steuerung vorbestimmte Kräfte, insbesondere Gewichtskräfte, kompensieren, die beispielsweise auf die Positioniervorrichtung wirken, indem beispielsweise die hierzu erforderlichen Stellgrößen, etwa Antriebskräfte bzw. -momente, Ströme oder dergleichen vorab bestimmt, abgespeichert und während der Aktivierung der Schweißzange zur Ansteuerung der Aktuatoren der Positioniervorrichtung verwendet werden.
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Auch eine Steuerung, insbesondere Positionssteuerung, im Sinne der vorliegenden Erfindung kann noch eine untergeordnete Regelschicht, etwa in Form eines Stromreglers oder dergleichen aufweisen, die Unterscheidung zwischen (Positions)Regelung und (Positions)Steuerung bezieht sich insofern insbesondere darauf, ob Pose bzw. Gelenkpositionen der Positioniervorrichtung rückgeführt und berücksichtigt werden (Regelung) oder nicht (Steuerung).
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Wird, spätestens beim oder nach dem Öffnen der Schweißzange, wieder auf die Positionsregelung umgeschaltet, um die nächste Schweißpose anzufahren, kann die aktuelle Ist-Pose der Positioniervorrichtung aufgrund ihres Nachgebens während der Aktivierung der Schweißzange derart von der angefahrenen Soll-Pose abweichen, dass ein abruptes Umschalten zu einem Sprung in der Regelabweichung und somit zu einer Schwingungsanregung oder einem Ansprechen einer Schleppfehlerüberwachung führt. Daher wird in einer bevorzugten Ausführung der vorliegenden Erfindung nach dem nachgiebigen Halten der Schweißpose zunächst, vorzugsweise für einen vorgegebenen Zeitraum, die aktuelle Pose beim Beenden des Schließens oder Öffnens der Schweißzange oder des Schweißvorganges als Soll-Pose einer Regelung verwendet.
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Wenn während des nachgiebigen Haltens der Schweißpose die Positionsregelung nicht sicherstellt, dass die Positioniervorrichtung ihre Schweißpose, wenigstens näherungsweise, hält, kann in einer bevorzugten Ausführung während des nachgiebigen Haltens der Schweißpose die aktuelle Pose überwacht werden. Wird die Differenz zwischen dieser aktuellen Pose und der angefahrenen, theoretisch zu haltenden Schweißpose zu groß, kann eine entsprechende Reaktion erfolgen, insbesondere ein Halt, vorzugsweise Nothalt der Positioniervorrichtung.
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An Stelle einer Unterdrückung der Positionsregelung, unter der, wie vorstehend erläutert, insbesondere eine kartesische, Posen- bzw. Gelenkpositionsregelung verstanden wird, kann diese auch entsprechend modifiziert werden, um während der Aktivierung der Schweißzange die Schweißpose nachgiebig zu halten. Beispielsweise können hierzu Stellgrößenbeschränkungen, etwa Maximalwerte, auf die Antriebskräfte und/oder -momente begrenzt werden, entsprechend reduziert werden, so dass die Positioniervorrichtung einer Verschiebung aus ihrer angefahrenen Schweißpose aufgrund des Kontakts mit dem versetzten Werkstück nur noch diese verringerten Maximalwerte entgegensetzt. Vorzugsweise erfolgt dies für alle Bewegungsachsen der Positioniervorrichtung. Gleichermaßen ist es möglich, eine Kraftregelung zu verwenden, insbesondere von Positions- auf Kraftregelung umzuschalten, wobei Soll-Kraftwerte der Kraftregelung während der Aktivierung der Schweißzange entsprechend niedrig vorgegeben werden. Es kann auch genügen, den Integral-Anteil einer PI(D)-Regelung zu reduzieren oder zu eliminieren, da die Positioniervorrichtung dann einem Ausweichen aufgrund des Kontakts mit einem versetzten Werkstück nur eine Kraft entgegensetzt, die proportional zu diesem Versatz ist, jedoch mit verbleibendem Versatz nicht bzw. nur wenig anwächst.
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Weitere Vorteile und Merkmale ergeben sich aus den Unteransprüchen und den Ausführungsbeispielen. Hierzu zeigt, teilweise schematisiert:
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1: einen Schweißroboter mit einer Kontrollvorrichtung nach einer Ausführung der vorliegenden Erfindung; und
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2: ein durch die Kontrollvorrichtung nach 1 ausgeführtes Verfahren zum Schweißen mittels des Schweißroboters.
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1 zeigt einen sechsachsigen Schweißroboter 1 mit einer Schweißzange 2 beim Punktschweißen eines zweilagigen Werkstückes 3.
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Eine Kontrollvorrichtung 4 erfasst die Gelenk- bzw. Motorwinkel q = (q1, ..., q6) des Knickarmroboters 1 (ausgezogen in 1) und gibt Soll-Motorströme is an die Antriebsmotoren aus (strichpunktiert in 1).
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Zum Anfahren einer Schweißpose, wie sie exemplarisch in 1 dargestellt ist, erhält ein Regler R der Kontrollvorrichtung 4 Soll-Gelenkwinkel qs,sPS, die er mit den erfassten Ist-Gelenkwinkeln q vergleicht und aus dieser Regeldifferenz eine entsprechende Stellgröße ableitet, die in einem Stromregler RS, der die Ist-Motorströme i erfasst, in entsprechende Soll-Motorströme is umgewandelt wird. Zusätzlich oder alternativ zu den Gelenkwinkeln können auch Gelenkwinkelgeschwindigkeiten oder andere zeitliche Ableitungen und/oder Integrale der Gelenkwinkeln verwendet werden, um beispielsweise eine PID-Positionsregelung zu realisieren. Gleichermaßen können anstelle der Gelenkwinkel auch kartesische Positionen des Werkzeugreferenzsystems TCP verwendet werden, die durch Vorwärts- bzw. Rückwärtstransformation aufeinander abgebildet werden können (nicht dargestellt). Entsprechend sind zum Anfahren einer Schweißpose Umschalteinrichtungen 4.1, 4.2 jeweils in der Stellung „➀”.
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Hat der Roboter die geteachte Schweißpose qt angefahren (2: S10: „J”), schaltet die Umschalteinrichtung 4.2 in Schritt S20 in die in 1 dargestellte Stellung „➁” um. Dadurch wird der Positionsregler R unterdrückt, der Stromregler RS erhält als Stellgröße nur noch einen abgespeicherten Soll-Wert it. Dieser entspricht beispielsweise dem Stromwert beim Umschalten auf die Positionssteuerung, i. e. dem Strom, den die Motoren zum Halten der angefahrenen Schweißpose gegen Gewichts-, Reibungs- und andere Kräfte, i. e. ohne Kontaktkräfte vom Werkstück 3 auf die Schweißzange 2 benötigen.
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Damit wird die Schweißpose gesteuert und somit nachgiebig gehalten, da die Stellgröße für den Stromregler RS nicht mehr von dem Positionsregler R in Abhängigkeit der Ist-Pose, sondern unabhängig von dieser von der Steuerung S auf Basis des vorbestimmten Stromwertes bestimmt wird. Gewichts- und andere eingeprägte Kräfte werden dabei durch diese Steuerung näherungsweise kompensiert, so dass die Pose des Roboters mit entsprechend geringen äußeren Kräften verändert werden kann.
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Nun wird die Zange 2 aktiviert (S30: Z = 1), i. e. die bewegliche Elektrode zugefahren, der Schweißstrom aktiviert und anschließend die Zange wieder geöffnet. Sobald die Aktivierung der Zange beendet ist (S30: „J”), schaltet die Umschalteinrichtung 4.2 in Schritt S40 wieder in die Stellung „➀”, so dass der Roboter wieder in Positionsregelung geht.
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Hat sich dabei seine Pose durch ein Nachgeben beim Aktivieren der Schweißzange gegenüber der ursprünglich unter Positionsregelung angefahrenen Pose verändert, würde die abrupte Vorgabe dieser ursprünglich angefahrenen Pose zu einem großen Schleppfehler mit entsprechenden Regelproblemen führen.
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Daher wird zum Umschalten auf die Positionsregelung (4.2 ➁→➀) eine aktuelle Pose q als Soll-Pose qs der Regelung verwendet. Hierzu schaltet in Schritt S40 die Umschalteinrichtung 4.1 in die Stellung „➁” um. In dieser wird über eine vorgegebene Zeit Δt die Soll-Pose qs, die dem Regler R zugeführt wird, von der beim Umschalten aktuellen Pose q auf die ursprünglich unter Positionsregelung angefahrenen Pose qs,SPS geführt, beispielsweise gemäß qs = q × (Δt – t)/Δt + qs,SPS × t/Δt
⇒ qs(t = 0) = q; qs(t = Δt) = qs,SPS
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Hat die Soll-Pose qs der Regelung nach Δt die ursprünglich unter Positionsregelung angefahrenen Pose qs,SPS erreicht (S50: „J”), kann die Umschalteinrichtung 4.1 in Schritt S60 wieder auf die Positionsregelung umschalten.
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Die Kontrollvorrichtung 4 überwacht während der Aktivierung der Schweißzange 2 permanent die Abweichung zwischen der aktuellen Pose q und der ursprünglich angefahrenen Pose qs,SPS und löst einen Nothalt aus, wenn diese einen vorgegebenen Maximalwert überschreitet (nicht dargestellt).
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Roboter
- 2
- Schweißzange
- 3
- Werkstücke (Bleche)/Referenzkonfiguration
- 4
- Kontrollvorrichtung
- R
- Positionsregler
- RS
- Stromregler
- S
- Positionssteuerung
- q
- aktuelle Pose (Gelenkwinkel)
- qs
- Soll-Pose
- qs,SPS
- Schweiß-Soll-Pose