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Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Ermittlung und Anzeige klimarelevanter Wirkungen eines von einem Flugzeug erzeugten Kondensstreifens an Bord des Flugzeugs. Die Erfindung findet insbesondere Anwendung im Bereich der Zivilluftfahrt.
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Es ist bekannt (vgl. J. E. Penner et al.: „Aviation and the Global Atmosphere” IPCC, 1999, Technical Report, Cambridge Universitiy Press), dass klimarelevante Wirkungen des Flugverkehrs insbesondere auf folgenden drei Triebwerksemissionsprodukten beruhen:
- – Wasserdampf (1,25 kg),
- – Kohlendioxid (3,15 kg), und
- – Stickoxide (5–25 g).
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Die vorstehenden Angaben in Klammern sind ca.-Angaben, die die Masse der einzelnen Verbrennungsprodukte bei einer Verbrennung von 1 kg Kerosin in modernen Triebwerken im Reiseflug angeben. Die klimarelevanten Wirkungen der Triebwerksemissionsprodukte ergeben sich wie folgt. Kohlendioxid (CO2) und Wasserdampf (H2O) wirken direkt als Treibhausgase. Die reaktiven Stickoxide NO, NO2, (NOx), die selbst keine Treibhausgase sind, beeinflussen die Bildung von Ozon (O3), das wiederum als Treibhausgas wirkt. Die Emission von Wasserdampf (H2O) aus Flugzeugtriebwerken verursacht bei entsprechender Umgebungslufttemperatur und -feuchte zudem die Bildung von Kondensstreifen (engl. „condensation-trails” oder „contrails”) und nimmt so zusätzlichen Einfluss auf die lokale Strahlungsbilanz der Atmosphäre.
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Kondensstreifen sind häufig als weiße „linienförmige Wolken” (linienförmige Cirrus-Wolken) hinter hochfliegenden Flugzeugen zu erkennen. Je nach Umgebungsbedingungen kann ein Kondensstreifen mehrere Stunden existieren und sich dabei derart verbreitern, dass er in eine (groß-)flächige Cirrus-Bewölkung übergeht. Wie Untersuchungen ergeben haben, liegen die für eine Kondensstreifenbildung erforderlichen Umgebungsbedingungen relativ selten vor, so dass sich bei einer Gesamtbetrachtung des Flugverkehrs eine Kondensstreifenbildung nur für etwa 15 Prozent aller geflogenen Flugkilometer ergibt. Die optischen Eigenschaften eines Kondenssteifens bzw. der sich daraus direkt bildenden Cirrus-Wolken hängen von Partikelemissionen des Triebwerks, einer Partikelbildung im Abgasstrahl, sowie von den Umgebungsbedingungen ab. Die Strahlungswirkung von Kondensstreifen ist zeitlich und räumlich hoch variabel. In der Nacht erwärmen Kondensstreifen die lokale Atmosphäre, am Tag können sie, zumindest über dunklem Untergrund, auch kühlen. Die erwärmende Strahlungswirkung der Kondensstreifen kann dabei eine Größenordnung erreichen, die mit der des von den Flugzeugtriebwerken emittierten CO2 vergleichbar ist. Die klimarelevante Strahlungswirkung der Kondensstreifen wird derzeit weder direkt erfasst noch durch operative Maßnahmen beeinflusst.
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Aus der Patentschrift
DE 103 59 868 B3 ist ein Verfahren und eine Vorrichtung bekannt, mit der ein sich hinter einem Flugzeug bildender Kondensstreifen erkannt werden kann. Hierzu nehmen im hinteren Bereich des Flugzeugs angeordnete, entgegengesetzt zur Flugrichtung blickende und im sichtbaren und/oder infraroten Spektralbereich empfindliche Kameras Bilddaten auf. Anhand einer geeigneten Auswertung der aufgenommenen Bilddaten kann ermittelt werden, ob sich im Nachlauf des Flugzeugs Kondensstreifen gebildet haben. Damit kann an Bord eines Flugzeugs eine aktuelle Aussage darüber getroffen werden, ob sich ein Kondensstreifen hinter dem Flugzeug gebildet hat.
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Aus dem Artikel von Mannstein, H., Spichtinger, P., Gierens, K., „A Note on how to avoid contrail cirrus”, ELSEVIER Ltd., Transportation Research, Part D, (2005) 10, S. 421–426, ist weiterhin bekannt, dass die zur Bildung von Kondensstreifen erforderlichen Umgebungsbedingungen, insbesondere die Eisübersättigung in der Atmosphäre, typischerweise nur in Luftschichten mit geringer Höhenerstreckung vorkommt, so dass eine Höhenänderung eines in einer solchen Luftschicht fliegenden Flugzeugs um nur +/–2000 ft (610 m) die Auftretenswahrscheinlichkeit von Kondensstreifen im 50% reduziert.
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Im Stand der Technik ist es somit möglich, an Bord eines Flugzeuges zu erkennen, ob das Flugzeug aktuell einen Kondensstreifen erzeugt. Wird ein Kondensstreifen erzeugt, kann das Flugzeug durch entsprechende Änderung seiner Flughöhe eine Kondensstreifenbildung verhindern. Mit den im Stand der Technik bekannten Methoden ist es jedoch nicht möglich, klimarelevante Wirkungen eines vom Flugzeug erzeugten Kondensstreifens aktuell an Bord des Flugzeug zu ermitteln. Insbesondere kann bisher nicht erkannt werden, ob der aktuell hinter einem Flugzeug erzeugte Kondensstreifen einen die Atmosphäre erwärmenden oder kühlenden Effekt hat.
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Aus dem Dokument
US 5,285,256 A sind eine Vorrichtung sowie ein Verfahren zur Erfassung eines Kondensstreifens eines Flugzeugs bekannt. Die Vorrichtung umfasst einen eine rückwärtige Umgebung des Flugzeugs abtastende Lasereinrichtung, einen Detektor zur Erfassung von rückgestreutem Laserlicht, und eine Auswerteeinheit. Die Erkennung bzw. Erfassung eines Contrails erfolgt durch Auswertung des rückgestreuten Laserlichts.
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Aus dem Dokument
WO 2008/145954 A2 sind ein Verfahren und eine Vorrichtung bekannt, mit denen die Bildung von Kondensstreifen im Nachlauf von Flugzeugen durch Einstrahlung von Ultraschallwellen in den Abgasstrahl der Triebwerke verhindert werden soll.
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Ermittlung und Anzeige klimarelevanter Wirkungen eines von einem Flugzeug erzeugten Kondensstreifens an Bord des Flugzeugs anzugeben. Dabei wird der Begriff „Kondensstreifen” breit verstanden. Er umfasst insbesondere auch die vorstehend beschriebenen (groß-)flächigen Cirrus-Wolken, die sich direkt aus dem Kondensstreifen bilden.
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Die Erfindung ergibt sich aus den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche. Vorteilhafte Weiterbildungen und Ausgestaltungen sind Gegenstand der abhängigen Patentansprüche. Weitere Merkmale, Anwendungsmöglichkeiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung zur Ermittlung und Anzeige klimarelevanter Wirkungen eines von einem Flugzeug erzeugten Kondensstreifens an Bord des Flugzeugs, umfasst: erste Sensormittel zur Ermittlung von Strahlungsdaten von in der Erdatmosphäre aufwärtsgerichteter kurz- und langwelliger atmosphärischer Strahlung am Ort des Flugzeugs, zweite Sensormittel zur Ermittlung von Lufttemperatur und Luftfeuchte am Ort des Flugzeugs, ein Mittel zur Bestimmung des aktuellen Zenitwinkels der Sonne am Ort des Flugzeugs, ein Auswertemittel, mit dem auf Basis der ermittelten Strahlungsdaten, der Lufttemperatur, der Luftfeuchte und des Zenitwinkels ein durch den Kondensstreifen bewirkter Strahlungsantriebswert ermittelbar ist, und ein Anzeigemittel zur Anzeige des Strahlungsantriebswertes und/oder daraus abgeleiteter Größen.
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Geeignete erste und zweite Sensormittel sind dem Fachmann aus dem Stand der Technik bekannt und können je nach flugzeugspezifischen oder zulassungstechnischen Anforderungen gewählt werden. Dabei werden bevorzugt hochauflösende Sensoren verwendet, die mit einer möglichst hohen Abtastrate (bspw. 1–10 Hz) abgefragt werden. Die kurzwellige atmosphärische Strahlung kann mit so genannten Pyranometern erfasst werden und umfasst bevorzugt einen Bereich des elektromagnetischen Spektrums mit Wellenlängen < 4.000 nm, insbesondere von 200–3.000 nm. Die langwellige atmosphärische Strahlung kann mit so genannten Pyrgeometern erfasst werden und umfasst bevorzugt einen Bereich des elektromagnetischen Spektrums mit Wellenlängen > 4000 nm, insbesondere von 4.000–45.000 nm. Die Lufttemperatur und die Luftfeuchte der das Flugzeug umgebenden Luft werden bevorzugt mit Sensoren erfasst, die in geringem Abstand nebeneinander angeordnet sind. Die Berechnung, des aktuellen Zenitwinkels der Sonne am aktuellen Ort des Flugzeugs, erfolgt vorzugsweise auf Basis der aktuellen Uhrzeit und der aktuellen Position. Das Mittel ist daher vorzugsweise mit einem Navigationssystem des Flugzeugs verbindbar, das die aktuelle Uhrzeit und die aktuelle Flugzeugposition bereitstellt.
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Der Begriff des „Strahlungsantriebs” (engl. „radiative forcing”) wurde vom Intergovernmental Panel an Climate Change „IPCC” eingeführt, um im Rahmen von Klimastudien eine externe Störung der Strahlungsbilanz des Klimasystems Erde zu beschreiben. Eine derartige Störung kann in Form einer Konzentrationsänderung einer für die Strahlungsbilanz relevanten Substanz (z. B. Treibhausgase, Aerosole), einer Änderung der Bestrahlungsstärke der Sonne, oder eben in Form einer Änderung der natürlichen Wolkenbildung durch Kondensstreifen auftreten. Jede Störung der Strahlungsbilanz hat das Potential, Veränderungen von Klimaparametern und damit einen neuen Gleichgewichtszustand des Klimasystems Erde herbeizuführen. Der Strahlungsantrieb wird typischerweise in Watt/m2 angegeben. Der Strahlungsantrieb ist negativ für eine Störung der Strahlungsbilanz, die einen abkühlenden Effekt auf die Atmosphäre ausübt. Der Strahlungsantrieb ist positiv für eine Störung der Strahlungsbilanz, die einen erwärmenden Effekt auf die Atmosphäre ausübt. Das Konzept des Strahlungsantriebes wurde seinerzeit vom IPCC auf Störungen der globalen Strahlungsbilanz relativ zu vorindustriellen Strahlungsbilanzwerten bezogen. Vorliegend gibt der Strahlungsantrieb (Strahlungsantriebswert) eine durch einen Kondensstreifen hervorgerufene Störung der lokalen atmosphärischen Strahlungsbilanz am Ort des Flugzeugs an.
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Für die Ermittlung eines durch einen Kondensstreifen bewirkten Strahlungsantriebswertes auf Basis von Daten zur aufwärtsgerichteten kurz- und langwelligen atmosphärischen Strahlung, der Lufttemperatur, der Luftfeuchte und des Zenitwinkels der Sonne sind dem Fachmann im Stand der Technik verschiedene Rechenmethoden, Näherungen und Parametrisierungen bekannt. Beispielhaft sei hierzu auf die Artikel von T. Corti und T. Peter, „A simple model for cloud radiative forcing”, in Atmos. Chem. Phys., 9, 5751–5758, 2009; Schumann et al., „A contrail cirrus prediction tool”, Proc. Intern. Conf. an Transport, Atmosphere and Climate-2 (Aachen and Maastricht) 2009; und Vortrag: Schumann et al. „A Parametric radiative forcing model for cirrus and contrail cirrus”, ESA Atmospheric Science Conference, Barcelona, 7.–11-September 2009 verwiesen.
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Mit dem bekannten Stand des Wissens kann auf Basis der vorstehend beschriebenen Eingangsdaten zumindest eine entsprechende Abschätzung des durch den Kondensstreifen verursachten Strahlungsantriebswertes ermittelt werden.
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Bevorzug wird das Anzeigemittel im Cockpit des Flugzeugs, im Sichtbereich des Piloten angeordnet, so dass der Pilot erkennt, ob ein hinter dem Flugzeug erzeugter Kondensstreifen aktuell eine kühlende oder erwärmende Wirkung auf die Atmosphäre ausübt und wie stark diese Wirkung jeweils ist. Hierzu zeigt das Anzeigemittel den ermittelten Strahlungsantriebswert und/oder eine davon abgeleitete Größe oder Information an. Der Pilot kann so bspw. gezielt seine Flughöhe beibehalten, wenn ein hinter dem Flugzeug gebildeter Kondensstreifen eine kühlende atmosphärische Wirkung hat. Im Falle einer die Atmosphäre erwärmende Wirkung kann der Pilot gezielt seine Flughöhe soweit ändern, bis keine Kondensstreifenbildung mehr vorliegt. Die erfindungsgemäße Vorrichtung ermöglicht somit eine gezielte Einflussnahme des Piloten bspw. auf die Flughöhe, in Abhängigkeit von einer gewünschten Klimawirkung aufgrund eines vom Flugzeug erzeugten Kondensstreifens.
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Vorliegend werden die ermittelten Strahlungsantriebwerte bevorzugt auf die Flugstrecke des Flugzeugs bezogen und bspw. über die mittlere Lebensdauer der Kondensstreifen integriert und in der Einheit G Joule pro km angegeben bzw. angezeigt. An Bord des Flugzeugs kann so für jeden zurückgelegten Flugkilometer ein Strahlungsantriebswert ermittelt werden. Vom Start bis zur Landung des Flugzeugs, kann somit eine Zeitreihe von Strahlungsantriebswerten erfasst werden. Diese Zeitreihe gibt dann entlang des Flugweges die Störung der lokalen atmosphärischen Strahlungsbilanz durch Kondensstreifenbildung an.
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Wie vorstehend erwähnt, ist eine Kondensstreifenbildung, neben der Umgebungslufttemperatur und -feuchte, auch von weiteren Parametern, bspw. der Partikelkonzentration im Triebwerksabgas und in der Umgebungsluft, abhängig (vgl. bspw.: J. E. Penner et al. „Aviation and the Global Atmosphäre”, Chap. 3.2.4. ”Contrail and Ice Particle Formation”, IPCC 1999, Cambridge University Press, oder in: F. Immler et al. „Cirrus, contrails, and ice supersaturated regions in high pressure systems at northern mid latitudes” Atmos. Chem. Phy., 8, 1689–1699, 2008). Da diese zusätzlichen Parameter aktuell nicht erfasst werden, können Fehler bei der Ermittlung von Strahlungsantriebswerten auftreten, wenn sich nach einem im Auswertemittel hinterlegten Algorithmus, auf Basis der aktuell ermittelten Umgebungslufttemperatur und -feuchte eine Kondensstreifenbildung ergibt, diese jedoch in Realität nicht eintritt.
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Um diesen Fehler weitestgehend zu minimieren, umfasst die erfindungsgemäße Vorrichtung bevorzugt eine oder mehrere in Flugrichtung nach hinten blickende Kameras und ein entsprechendes automatisches Bildauswertsystem zur Kondensstreifenerkennung, wie dies in der zuvor zitierten Patentschrift
DE 103 59 868 B3 offenbart ist. Das Bildauswertesystem ist in dieser Weiterbildung der erfindungsgemäßen Vorrichtung mit dem Auswertesystem verbunden. Wird vom Bildauswertesystem eine Kondensstreifenbildung erkannt, dient dies der Verifikation der im Auswertesystem hinterlegten Algorithmen zur Kondensstreifenbildung. Bevorzugt wird in diesem Fall ein Strahlungsantriebswert erst dann ermittelt, wenn das Bildauswertesystem eine Kondensstreifenbildung erkannt hat. Denkbar sind dabei auch im Auswertesystem hinterlegte selbstlernende Algorithmen zur Kondensstreifenbildung, die sich auf Basis der vom Bildauswertesystem verifizierten tatsächlichen Kondensstreifenbildung ständig optimieren.
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Natürlich sind auch andere Verfahren und Vorrichtungen zur Verifikation einer aktuellen Kondensstreifenbildung nutzbar, bspw. die Verwendung einer Laserabtastung des in Fahrtrichtung hinter dem Flugzeug liegenden Bereichs und einer entsprechenden Auswertung der rückgestreuten Signale.
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Eine bevorzugte Weiterbildung der erfindungsgemäßen Vorrichtung weist eine erste Schnittstelle auf, über die dem Auswertemittel prognostische Wettersimulationsdaten für eine Umgebung des Flugzeugs bereitstellbar sind. Weiterhin weist das Auswertemittel ein erstes Modul auf, mit dem auf Basis der prognostischen Wettersimulationsdaten, der Strahlungsdaten, der Lufttemperatur, der Luftfeuchte und des Zenitwinkels, eine Lebensdauer des Kondensstreifens und die über die Lebensdauer integrierte Gesamtstrahlungswirkung des Kondensstreifens ermittelbar ist. Schließlich wird in dieser Weiterbildung der Strahlungsantriebswert vom Auswertemittel auf Basis der integrierten Gesamtstrahlungswirkung des Kondensstreifens ermittelt.
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Auf Basis der prognostischen Wettersimulationsdaten kann somit vom ersten Modul die zeitlich-räumliche Entwicklung des in der Atmosphäre erzeugten Kondensstreifens abhängig vom aktuellen Wettergeschehen für die Zukunft simuliert bzw. vorhergesagt werden. Die dabei erzeugten Strahlungsantriebswerte berücksichtigen also aktuelle Wetterentwicklungen und sind deshalb realistischer bzw. genauer als Strahlungsantriebswerte, die auf Basis von Näherungen und ohne Bezug zum aktuellen Wettergeschehen ermittelt werden. Die hierzu erforderlichen Wettersimulationsdaten entsprechen bspw. den Daten, wie sie vom numerischen Wettervorhersagemodell des ECMWF (= „European Centre for Medium-Range Weather Forecasts”) oder dem Deutschen Wetterdienst zur Verfügung gestellt werden. Die Berechnung der zeitlich-räumliche Entwicklung des Kondensstreifens auf Basis der Wettersimulationsdaten basiert auf bekannten Ansätzen, die bspw. in entsprechenden Trajektorienmodellen Verwendung finden.
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Vorzugsweise weist die erfindungsgemäße Vorrichtung eine Empfangseinheit zum drahtlosen Empfang von Wettersimulationsdaten und zur Bereitstellung der Wettersimulationsdaten an der ersten Schnittstelle auf. Dadurch kann gewährleistet werden, dass die Berechnungen der zeitlich-räumlichen Entwicklung eines Kondensstreifens durch das erste Modul, ständig auf Basis der aktuellsten Wettersimulationsdaten erfolgt. Denkbar ist hier die Funkübermittlung entsprechender Wettersimulationsdaten bspw. des ECMWF-Wettervorhersagemodells. Alternativ kann die Vorrichtung eine Rechnereinheit an Bord des Flugzeugs umfassen, welche die prognostischen Wettersimulationsdaten erzeugt und an der ersten Schnittstelle bereitstellt. Allerdings benötigt diese Rechnereinheit möglichst aktuelle meteorologische Initialisierungsdaten, welche bspw. kurz vor Beginn des Fluges bereitgestellt werden.
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Die Lebensdauer eines Kondensstreifens kann bspw. aus den Parametern: Feuchte, Temperatur und Vertikalgeschwindigkeit abgeschätzt werden, wobei angenommen wird, dass ein Kondensstreifen sich solange von der Umgebung abheben wird, bis das so genannte Koop-Limit zur homogenen Eisnukleation erreicht wird.
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Die integrierte Gesamtstrahlungswirkung des Kondensstreifens und damit der Strahlungsantriebswert wird bevorzugt auf eine Flugstrecke bezogen ermittelt, d. h. es wird die Gesamtstrahlungswirkung über die Lebensdauer jeweils eines Kondensstreifenstücks von bspw. 1 km Länge bzw. der entsprechende Strahlungsantriebswert ermittelt. Alternativ oder zusätzlich kann bspw. durch Summation der Gesamtstrahlungswirkungen für die einzelnen Kondensstreifenstücke ein Strahlungsantriebswert für einen gesamten, hinter dem Flugzeug erzeugten Kondensstreifen ermittelt und angezeigt werden.
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Eine weitere bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung umfasst eine zweite Schnittstelle, über die dem Auswertemittel Treibstoffverbrauchsdaten des Flugzeugs bereitstellbar sind, wobei das Auswertemittel ein zweites Modul aufweist, mit dem auf Basis der Treibstoffverbrauchsdaten eine Strahlungswirkung vom Flugzeug emittierter Treibhausgase ermittelbar ist. Bei dieser Weiterbildung basiert der vom Auswertemittel ermittelte Strahlungsantriebswert, neben der Strahlungswirkung des Kondensstreifens zusätzlich auf der Strahlungswirkung der emittierten Treibhausgase. Der durch die Treibhausgase erzeugte Strahlungsantrieb ist durch den Treibstoffverbrauches allein weitgehend bestimmt. Wie vorstehend erläutert wurde, erzeugen die Treibhausgase durchweg einen positiven Strahlungsantrieb, während Kondensstreifen je nach Umgebungsbedingungen positive oder negative Strahlungsantriebe erzeugen können. In dieser Weiterbildung werden beide Effekte berücksichtigt und separat oder summiert angezeigt.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung umfasst bevorzugt eine Speichereinheit zur Speicherung ermittelter Strahlungsantriebswerte und/oder daraus abgeleiteter Größen. Weiterhin kann eine Sendeeinheit zur drahtlosen Übermittlung der ermittelten Strahlungsantriebswerte und/oder der daraus abgeleiteten Größen an eine Empfangsstation vorhanden sein. Beides dient einer möglichen nachträglichen Auswertung der während des Fluges erfassten Strahlungsantriebswerte.
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Ein zweiter Aspekt der vorliegenden Erfindung betrifft ein Verfahren zur Ermittlung und Anzeige klimarelevanter Wirkungen eines von einem Flugzeug erzeugten Kondensstreifens an Bord des Flugzeugs. Das erfindungsgemäße Verfahren umfasst folgende Schritte: Ermitteln von Strahlungsdaten von in der Erdatmosphäre aufwärtsgerichteter kurz- und langwelliger atmosphärischer Strahlung am Ort des Flugzeugs, Ermitteln einer aktuellen Lufttemperatur und einer aktuellen Luftfeuchte am Ort des Flugzeugs, Bestimmen des aktuellen Zenitwinkels der Sonne am Ort des Flugzeugs, Ermitteln eines durch den Kondensstreifen bewirkten Strahlungsantriebswertes auf Basis der ermittelten Strahlungsdaten, der Lufttemperatur, der Luftfeuchte und des Zenitwinkels, und Anzeigen des Strahlungsantriebswertes und/oder daraus abgeleiteter Größen.
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Zur Erläuterung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird auf die vorstehenden Ausführungen zur erfindungsgemäßen Vorrichtung verwiesen, die in analoger Weise auch auf das vorliegende Verfahren übertragen werden können.
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Eine erste vorteilhaft Ausführungsform des Verfahrens zeichnet sich dadurch aus, dass unter Einbeziehung von bereitgestellten prognostischen Wettersimulationsdaten für eine atmosphärische Umgebung des Flugzeugs, eine erste Lebensdauer des Kondensstreifens und eine über die erste Lebensdauer integrierte Gesamtstrahlungswirkung des Kondensstreifens ermittelt wird, und der Strahlungsantriebswert auf Basis der integrierten Gesamtstrahlungswirkung des Kondensstreifens ermittelt wird.
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Ein zweite vorteilhafte Ausführungsform des Verfahrens zeichnet sich dadurch aus, dass unter Einbeziehung von aktuellen Treibstoffverbrauchsdaten des Flugzeugs eine Strahlungswirkung vom Flugzeug emittierter Treibhausgase ermittelt wird, und der Strahlungsantriebswert zusätzlich auf Basis der Strahlungswirkung der emittierten Treibhausgase bestimmt wird.
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Bevorzugt können prognostische Wettersimulationsdaten drahtlos von einer Bodenstation an das Flugzeug übermittelt und dort bereitgestellt werden. Alternativ oder zusätzlich können die Wettersimulationsdaten an Bord das Flugzeug erzeugt und bereitgestellt werden. Insbesondere bevorzugt werden die ermittelten Strahlungsantriebswerte und/oder daraus abgeleitete Größen an Bord des Flugzeugs gespeichert und/oder drahtlos an eine Bodenstation übermittelt.
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Nachdem der Flugverkehr bisher unter allen Verkehrsarten die höchsten Zuwachsraten aufweist, wird sein Anteil an der globalen Erwärmung in Zukunft absehbar noch steigen und somit auch die Notwendigkeit, Maßnahmen zur Verringerung der Auswirkungen des Flugverkehrs auf das Klima zu ergreifen. Die vorliegende Erfindung kann zur Verringerung schädlicher klimarelevanter Wirkungen des Flugverkehrs beitragen, indem bereits im Flug aus der Kombination von Strahlungs-, Temperatur- und Feuchtemessungen der lokal zu erwartende Strahlungsantrieb durch Kondensstreifen ausgewertet wird und über eine Anzeige im Cockpit als Entscheidungsgrundlage für etwaige Flughöhen- oder Routenänderungen zur Verfügung steht. Darüber hinaus lassen sich Maßnahmen, die bereits während der Flugplanung, d. h. vor dem Start des Flugzeugs, erfolgt sind, auf ihren Erfolg hin überprüfen.
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Zusammenfassend wird aus Messungen der aufwärtsgerichteten kurzweiligen und langweiligen Strahlungsflussdichte, der Umgebungstemperatur und -feuchte in Verbindung mit dem durch Orts- und Zeitangabe bestimmten Sonnenstand der Strahlungsantrieb eines Kondensstreifens, wie er im Reiseflugniveau erzeugt werden kann, abgeschätzt bzw. ermittelt. Eine diesem Problem entsprechende Parametrisierung des Strahlungsantriebs als Funktion der optischen Dicke eines Kondensstreifens, der Temperatur, des Sonnenstandes und der aufwärtsgerichteten Strahlungsflüsse kann dem Stand der Technik entnommen werden. Der ermittelte Strahlungsantriebswert wird auf einem Display dargestellt und bevorzugt zur späteren Auswertung gespeichert. Durch die Einbeziehung einer Wettervorhersage, die entweder vor dem Flug entsprechend der Flugplanung den Atmosphärenzustand in der Umgebung der Flugroute bereitstellt oder durch die Anbindung an ein online Wetterinformationssystem, wie es bspw. in dem Projekt „WxFUSION” der EU (European Community) EU-FLYSAFE, 2005 konzipiert ist, kann durch die Abschätzung der zukünftigen Entwicklung des Kondensstreifens, insbesondere der zu erwartenden Lebensdauer eines Kondensstreifens nicht nur der aktuelle Strahlungsantrieb, sondern auch die über die Lebensdauer des Kondensstreifens integrierte Strahlungswirkung ermittelt werden. Die integrierte Strahlungswirkung, die sich mit einem Trajektorienmodell abschätzen lässt, bestimmt vorzugsweise unter Einbeziehung der Strahlungswirkung der emittierten langlebigen Treibhausgase, die im Flugzeug durch den Treibstoffverbrauch („fuel flow”) ohnehin erfasst werden, die Klimawirkung von Kondensstreifen und daraus entstehenden Cirrus-Wolken.
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Die Erfindung ist von besonderem wirtschaftlichem Interesse, wenn im Rahmen der Bemühungen zur Begrenzung des Klimawandels nicht nur langlebige Treibhausgase, sogenannte ”Kyoto-Gase”, sondern auch andere anthropogene Einflüsse, wie von Flugzeugen verursachte Kondensstreifen (engl. „condensation trails”; „contrails”), auf das Klima berücksichtigt und in regulierende Maßnahmen, wie den Emissionshandel aufgenommen werden. In diesem Fall kann die vorliegende Erfindung die Bemühungen um klimawirksame Maßnahmen nachweisen.