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Die
Erfindung betrifft Testsysteme und Messeinrichtungen zum Erfassen
von Fahrzeugeigenschaften im Rahmen fahrdynamischer Testabläufe.
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Fahrdynamische
Tests werden einerseits bei der Entwicklung neuer Fahrzeuge von
Automobilherstellern durchgeführt,
um das Fahrzeugverhalten unter realistischen Fahrtbedingungen zu
prüfen
und im Bedarfsfall Verbesserungen vorzunehmen, andererseits aber
auch bei Vergleichstests, die von unabhängigen Instituten z.B. bei
Produktanalysen durchgeführt
werden. Bei derartigen Tests werden von verschiedenen Fahrern diverse
vorgegebene Manöver gefahren,
z.B. Slalom oder doppelter Fahrspurwechsel. Ziel dieser Erprobungen
ist es die Fahreigenschaften eines Fahrzeugs auch unter besonderer
Belastung, wie sie z.B. in Extremsituationen auftreten kann, zu
beurteilen.
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Um
den subjektiven Fahreindrücken
verschiedener Testfahrer objektive Messdaten gegenüberstellen
zu können,
ist es auf der Teststrecke notwendig, unter anderem die Einfahrt-,
Ausfahrt- und Durchschnittsgeschwindigkeit, sowie die insgesamt für das Manöver oder
den vollständigen
Parcours benötigte
Zeit zu ermitteln. Bekannte Systeme nutzen dazu Anordnungen von
Lichtschranken. In 1 ist schematisch ein Ausschnitt eines
solchen Messaufbaus zur Erfassung des dynamischen Fahrverhaltens
bei Spurwechsel dargestellt. Dabei fährt das Testfahrzeug 1 durch
eine Reihe Pylone 2 und wird bei Erreichen eines ersten
Messpunkts 3 von den dort positionierten Lichtschranken 4 erfasst.
Nach Durchfahren der Teststrecke ist am Ende des Testbereichs eine
zweite Lichtschranke 5 angeordnet, mit der das Durchfahren
eines zweiten Messpunkts 6 detektiert wird. Ein Service-Fahrzeug 7 steht
in Verbindung mit allen Detektoren und sammelt die von den Lichtschranken
abgegebenen Daten für
eine Auswertung.
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Derartige
Messanordnungen liefern bei korrekter Justage der Detektoren sehr
genaue Geschwindigkeitsmessungen. Für den Aufbau aller Komponenten
sowie die genaue Positionierung und Ausrichtung der Lichtschranken
ist aber ein hoher zeitlicher Aufwand erforderlich. Alle Lichtschranken müssen verkabelt
und mit der Messelektronik im Service-Fahrzeug verbunden werden.
Dies kann bei komplexeren Manövern
mit größerer Entfernung
zwischen Start- und Endpunkt bereits aufgrund der Leitungslängen zu
Problemen führen
und macht dieses Messsystem insgesamt sehr unflexibel. Beispielsweise
ist ein derartiges System für
einen 10 × 36
Slalom, d.h. also 10 Lenkmanöver
auf insgesamt 360 m Fahrstrecke, kaum geeignet, da hier über relativ
große Distanzen
sehr viele Einzeldetektoren kombiniert eingesetzt und individuell
mit dem Service-Fahrzeug verbunden werden müssten. Neben dem Aufwand, das
Messsystem einzurichten und den genannten Schwierigkeiten bei komplexeren
Testfahrten besteht auch die Gefahr, dass im Slalombereich dicht
an der Fahrstrecke aufgestellte Detektoren bei extremen Manövern durch
ein Ausbrechen des Testfahrzeugs beschädigt werden.
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Ein
alternatives Testsystem basiert auf dem Einsatz von Laser-Messgeräten. Auch
solche Detektoren können
die Fahrzeug geschwindigkeit sehr genau erfassen. In 2 ist
schematisch eine solche Testanordnung für ein Spurwechsel-Manöver wie
in 1 dargestellt. Statt der lokal positionierten
Lichtschranken ist hier nur ein Lasermessgerät 8 aufgestellt. In
Messrichtung 9 dieses Geräts kann jede Position des Testfahrzeugs 1 schnell
und genau bestimmt werden. In dieser Richtung sind also im Prinzip
beliebig viele Messpunkte (hier dargestellt vier Messpunkte 3a bis 3d)
durch dieses eine Lasermessgerät 8 erfassbar,
woraus dann die Geschwindigkeitswerte durch Zeitvergleich bestimmt
werden können.
Nachteilig ist bei diesem System neben den relativ hohen Kosten
für schnelle
Lasermessgeräte
die Tatsache, dass nur entlang der einen Messrichtung 9 verschiedene
Messpunkte gesetzt werden können. Bereits
für eine
Positionserfassung des Fahrzeugs auf dem mittleren Streckenabschnitt,
bei dem dargestellten Manöverausschnitt
also die seitlich versetzte Spur, wäre ein weiteres Lasermessgerät notwendig, dessen
Messrichtung ebenfalls entsprechend versetzt wäre: Bei einem komplexeren Parcours
wären entsprechend
viele Lasergeräte
erforderlich. Damit wäre
auch hier der Aufwand für
das Aufstellen und die Justage der Messgeräte und das Verlegen von Datenleitungen
zur Zentraleinheit wieder erheblich und auch die Kosten wären erhöht. Zudem
bestünde auch
hier wieder die Gefahr einer Beschädigung der empfindlichen Messgeräte durch
Ausbrechen des Testfahrzeugs bei einem Extrem-Manöver.
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Eine
andere Möglichkeit
zur Positionsbestimmung eines Fahrzeugs ist die Nutzung von GPS-Empfängern, wie
sie in Navigationsgeräten
in Fahrzeugen eingesetzt werden. So ist der Einsatz von GPS-Geräten zur
Protokollierung von Fahrzeugbewegungen bekannt und beispielsweise
beschrieben in der Patentschrift
DE19647769C2 . Dieses bekannte System betrifft
aber das automatische Führen eines
Fahrtenbuchs, d.h. es ist konzipiert für Bewegungen zwischen verschiedenen
Orten mit grö ßerer Distanz,
wobei laut Offenbarung dieser Schrift die Genauigkeit der Ortsbestimmung
nicht präziser
als 100 Meter sein muss, da in der Regel das Erreichen eines Ziels
innerhalb eines Bereichs von 1–2
km angenommen werden kann. Ein derartiges System ist daher für die detaillierte
Aufzeichnung von Fahrzeugbewegungen innerhalb einer Teststrecke
von häufig weniger
als 100 m Länge
offensichtlich ungeeignet. Auch ist die Problemstellung eines automatischen Logbuchs
nicht übertragbar
auf die Erfassung vorgegebener Messpunkte und den weiteren unter
Fahrzeugtestbedingungen speziell anfallenden Kriterien.
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Ausgehend
von dem dargelegten Stand der Technik liegt der vorliegenden Erfindung
die Aufgabe zugrunde, ein System für dynamische Fahrzeugtests zu
entwickeln, das die genannten Nachteile vermeidet und weitere Vorzüge aufweist.
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Diese
Aufgabe wird bei einer Vorrichtung mit den Merkmalen des Oberbegriffs
des Anspruchs 1 gelöst
durch die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1. Weitere Details
und vorteilhafte Ausführungsformen
der erfindungsgemäßen Vorrichtung sind
Gegenstand der Unteransprüche.
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Die
Erfindung wird im Folgenden anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele
unter Bezugnahme auf die Figuren und den darin angegebenen Bezugszeichen
näher erläutert.
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Dabei
zeigen:
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1 Schema
eines bekannten Testsystems mit Lichtschranken
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2 Schema
eines Testsystems mit Lasergeräten
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3 Datenausgabe
eines modernen GPS-Empfängers
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4 Schema
des erfindungsgemäßen Testablaufs
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5 Schema
für einen
Messvorgang mit dem erfindungsgemäßen Testsystem
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6 Beispiel
für mögliche Funktionsgruppen
des erfindungsgemäßen Testsystems
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7 Darstellung
auf PDA-Display als Beispiel für
ein bedienungsfreundliches Auswahlmenu
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Die
Erfindung schlägt
vor, für
Testfahrzeuge ein spezielles fahrzeuginternes GPS-System zur Erfassung
der Position und weiterer Fahrtinformationen zu nutzen, so dass
externe Positionsmessgeräte nicht
erforderlich sind. Dabei werden erfindungsgemäß vom Testfahrzeug Daten vorzugsweise
drahtlos an eine externe Zentraleinheit übertragen, in der die Archivierung
oder Auswertung erfolgt.
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Realisiert
wird dies durch den Einsatz besonders leistungsfähiger transportabler GPS-Geräte, die eine
entsprechende Schnelligkeit und Genauigkeit der Positionserfassung
gewährleisten.
Zusätzlich
liefen diese Geräte
Informationen über
die Richtung, die Geschwindigkeit und die Zeit. 3 zeigt
den umfassenden Datenbestand, der von einem solchen GPS-Gerät bereitgestellt
wird.
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Zur
primären
Aufnahme der von diesen Geräten
gelieferten Daten im Testfahrzeug sind bereits kleine EDV-Geräte, z.B.
in Form eines Personal-Digital-Assistant (PDA) ausreichend. Hier
kann auch eine erste Zwischenspeicherung erfolgen, z.B. auf transportablen
Medien wie MemoryCard, USB-Stick o.ä. Eine drahtlose Übertragung
der (relativ wenigen) Daten, z.B. an eine zentrale Auswerte-Station,
beispielsweise an einen PC eines Service-Fahrzeugs am Rand des Parcours,
kann mit bekannter Technik erfolgen. Vorzugsweise wird dazu einfach
die gängige
WLAN-Fähigkeit
moderner PDAs und PCs genutzt.
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Für Testzwecke
von wesentlicher Bedeutung ist die Qualität der Positionsbestimmung.
Ein typischer GPS-Empfänger
für zivile
Nutzung bietet heute im Idealfall eine Genauigkeit von bis zu wenigen
Metern. Hierbei fällt
jedoch die Anzahl der empfangenen Satelliten und die Geometrie stark
ins Gewicht, so dass im praktischen Gebrauch nur eine Genauigkeit im
Bereich um 20 Meter erwartet werden kann. Hochwertige Spezialgeräte, wie
sie z.B. zur Landvermessung eingesetzt werden, erreichen zwar im
günstigsten
Fall Genauigkeiten im Zentimeter-Bereich, sind jedoch relativ teuer
und nicht sehr robust.
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Als
vorteilhafte Lösung
werden erfindungsgemäß daher
bevorzugt GPS-Empfänger
mit WAAS oder EGNOS Technik eingesetzt. WAAS (= Wide Area Augmentation
System) ist seit 1999 in den USA in Betrieb und seit 2001 auch für kleine
tragbare GPS-Systeme
verfügbar.
Bei diesem System überwachen
mehrere Bodenstationen die GPS-Signale, woraus Korrekturdaten berechnet
werden, z.B. bezüglich
Satellitenumlaufbahnen, Uhrendrift der Satelliten und Signalverzögerungen,
die durch die Ionosphäre
und Troposphäre
verursacht werden. Diese Daten werden dann über geostationäre Satelliten
an die Empfänger übermittelt.
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Das
in Europa entsprechende System ist EGNOS (= Euro Geostationary Navigation
Overlay Service), welches nach dem gleichen Prinzip wie das amerikanische
WAAS arbeitet. Im asiatischen Raum ist ein japanisches System namens
MSAS (= Multi-Functional
Satellite Augmentation System) in Planung, das ebenfalls nach dem
gleichen Prinzip arbeiten wird.
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Ein
besonderer GPS-Empfänger
ist für
diese Korrektursysteme nicht erforderlich. Sofern Sichtkontakt zu
dem Satelliten besteht, der die Korrekturdaten überträgt, genügt eine entsprechend ausgestaltete Software
im handelsüblichen
GPS-Gerät,
um die Korrekturdaten in die Auswertung mit einzubeziehen. Damit
ist eine Genauigkeit der Positionsbestimmung auf bis zu 1 Meter
möglich.
Dies ist für
den Einsatz bei Testfahrten völlig
ausreichend.
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4 zeigt
schematisch den Testvorgang mit dem erfindungsgemäßen System
bei einem Spurwechsel. Dabei sind verschiedene Datenerfassungsvorgänge wahlweise
realisierbar. So kann das in dem Testfahrzeug 1 integrierte
GPS-System einfach nacheinander mit hoher Ortsauflösung verschiedene
Positionen 3 des Testfahrzeugs während des Spurwechselmanövers per
WLAN drahtlos an die Zentraleinheit im Servicefahrzeug 7 übertragen.
Dabei können
Zeiten, Geschwindigkeiten und Richtungen ebenfalls mit übertragen
werden. Ebenso kann in der Weise verfahren werden, dass bestimmte
Positionen aufgrund von Längen- und Breitengrad
vordefiniert werden, und immer bei Durchfahren dieser Positionen
(festgestellt mittels GPS-System) Daten über Zeitpunkt des Durchfahrens,
die Richtung und Geschwindigkeit des Testfahrzeugs übertragen
werden.
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In 5 ist
ein Ausschnitt eines möglichen Messablaufs
schematisch dargestellt. Das Testfahrzeug bewegt sich von der aktuellen
Ist-Position in Richtung Messpunkt, der durch seine geographischen
Koordinaten festgelegt ist. In einem ersten Messzyklus wird lediglich
die aktuelle Fahrzeugposition, die der GPS-Empfänger liefert, zwischengespeichert.
Ab dem zweiten Zyklus wird geprüft,
ob sich der gesuchte Messpunkt zwischen der zuvor gespeicherten
Position und der aktuellen Position befindet. Ist dies nicht der
Fall, so wird wiederum die aktuelle Position zwischengespeichert
und es beginnt ein neuer Zyklus. Lag der gesuchte Messpunkt jedoch zwischen
den beiden letzten Positionen, so werden die Geschwindigkeit und
die Uhrzeit der letzten Position gespeichert und im einfachsten
Fall dem jeweiligen Messpunkt einfach direkt zugeordnet. Dies ist
bei den meisten Anwendungsfällen
eine ausreichende Genauigkeit, da innerhalb 200 Millisekunden (typische
Aktualisierungszeit eines GPS-Empfängers) davon ausgegangen werden
kann, dass sich die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs nur unwesentlich ändert. Durch
Interpolationsrechnungen lässt
sich die Genauigkeit der Zuordnung noch verbessern. Dieser Ablauf
der Messpunkterfassung wird solange wiederholt, bis der gesamte
Parcours abgefahren wurde. Damit ist die Manöverstrecke komplett erfasst.
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6 zeigt
die Komponenten eines Ausführungsbeispiels
für das
erfindungsgemäße fahrdynamische
Testsystem. Dabei ist jedes zu prüfende Testfahrzeug mit einem
PDA ausgestattet, der seinerseits mit einem WAAS/EGNOS-fähigen GPS-Empfänger in
Verbindung steht. Jeder PDA verfügt über einen WLAN-Adapter,
mit dem eine Verbindung zu einem anderen WLAN-fähigen Rechner (PC, LAPTOP)
aufgebaut werden kann. Dieser befindet sich zusammen mit einem WLAN-Router
und einem Drucker zum Erstellen von Protokollen in einem Service-Fahrzeug, das
in der Nähe
der Teststrecke abgestellt ist.
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Um
einen Parcours mit einer Abfolge mehrerer Manöver festzulegen, können zunächst die
Koordinaten der verschiedenen Messpunkte bzw. die Standorte der
Pylone eingelesen werden, indem diese Positionen beispielsweise
vom Testfahrzeug angefahren werden, und die GPS-Daten jeweils eingelesen
werden. Diese Daten können
dann sowohl im PDA gespeichert werden, als auch auf den Zentralrechner
im Service-Fahrzeug übertragen
werden. Danach kann die Messung gestartet werden.
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Wie
in 7 dargestellt bietet ein PDA-Display für den Fahrer
des Testfahrzeugs ein Anzeige- und Eingabefeld, über das die verschiedenen Vorgaben
direkt ausgewählt
werden können.
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Ein
besonderer Vorzug des erfindungsgemäßen Testsystems ist die Möglichkeit
mehrere Testfahrzeuge simultan erfassen zu können. Da die von einem Testfahrzeug
zu übertragenen
Datenmengen nur wenige Byte pro Messpunkt darstellen, ist für heutige
Bandbreiten eines Drahtlosnetzwerks die parallele Kommunikation
zu einer nahezu beliebigen Fahrzeuganzahl völlig problemlos zu bewältigen,
so dass zeitgleich verschiedene Manöverabläufe durch nur einen Zentralrechner
(z.B. im Servicefahrzeug) protokolliert werden können.
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Durch
die Erfindung wird eine Messvorrichtung für fahrdynamische Manövertests
von Fahrzeugen bereitgestellt, das ohne den bisherigen Aufwand bezüglich besonderer
Messgeräte
(Lichtschranken, Laser) auskommt. Da ein Aufstellen und Justieren derartiger
Komponenten entfällt,
ist damit zum einen ein deutlicher Zeitvorteil verbunden, zum anderen
ist das Testsystem damit sehr flexibel, da für eine Testdurchführung praktisch
jeder beliebige freie Fahrbereich ausreichender Abmessungen genügt. Die
hohe örtliche
Flexibilität
ist letztlich nur beschränkt
durch die Empfangsmöglichkeit
der Satellitensignale (Störung
durch hohe Gebäude),
ansonsten ist das System ohne Änderung
prinzipiell weltweit einsetzbar. Auch sind für das erfindungsgemäße Testsystem Witterungsverhältnisse,
die sonst den extern aufgestellten Messgeräten schaden könnten, praktisch ohne
Einfluss.