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Die Erfindung betrifft eine Lippendichtung für ein relativ bewegbares Maschinenteil, umfassend eine flexible Dichtlippe, die das Maschinenteil im Bereich eines Dichtspalts unter einer elastischen Vorspannung anliegend umschließt, wobei der Dichtspalt an zumindest einer Umfangsstelle von einer Drallstufe in Längsrichtung durchdrungen ist, wobei die Drallstufe durch eine spiralförmige Nut in der Dichtlippe und die der Nut zugewandte abzudichtende Oberfläche des Maschinenteils begrenzt ist und wobei die Nut den abzudichtenden Maschineninnenraum mit der Umgebung verbindet.
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Lippendichtungen finden vor allem in Form von Lippendichtringen Einsatz. Eine solche Lippendichtung ist aus der
DE 195 32 701 A1 bekannt. Der Dichtspalt ist zumindest im Bereich der die Drallstufe begrenzenden Nut durch ein Wachs als abdichtendes Material verschlossen. Das Wachs innerhalb des Dichtspalts ist vorgesehen um überprüfen zu können, ob die Lippendichtung falsch eingebaut beziehungsweise beschädigt ist. Ist die Lippendichtung beispielsweise falsch eingebaut oder beschädigt, wird bei einer Druckprüfung kein zufriedenstellendes Abdichtungsergebnis erzielt. Für die Druckprüfung wird der abzudichtende Raum im Anschluss an die Montage der Lippendichtung mit Gas eines vorgegebenen Prüfdrucks beaufschlagt und der Druckabfall während einer bestimmten Prüfzeit registriert. Bleibt der Druck innerhalb der Prüfzeit weitgehend konstant, ist das ein Zeichen dafür, dass die Dichtlippe korrekt eingebaut und unbeschädigt ist. Ergibt sich demgegenüber ein schneller Druckabfall, ist die Dichtlippe entweder fehlerhaft montiert beziehungsweise beschädigt. Wurde die Druckprüfung zufriedenstellend absolviert, wird das Wachs während der bestimmungsgemäßen Verwendung der Lippendichtung betriebsbedingt erwärmt und vollständig aus dem Dichtspalt in Richtung des abzudichtenden Raums gefördert. Nachteilig ist es hierbei, dass Wachs bei niedrigen Temperaturen leicht spröde wird und so keine Dichtungswirkung zeigen kann und darüber hinaus bei zu hohen Temperaturen leicht oberhalb von Raumtemperatur bereits schmilzt.
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EP 1 217 269 A2 beschreibt eine ähnliche Lippendichtung, bei der das abdichtende Material thixotrop ist. Nachteilig ist es hierbei, dass durch die Thixotropie das Material in der Zeit zwischen Herstellung der Maschine mit der Lippendichtung und der Druckprüfung durch mechanischen Einfluss flüssig werden kann und somit aus dem Dichtspalt hinausfließen kann. Weiterhin ist es nachteilig, dass das Material während der Druckprüfung selbst keinerlei mechanischen Einfluss erfährt und durch die Thixotropie fester ist und somit eine schlechtere Dichtungswirkung hat.
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EP 1 267 106 A2 beschreibt ebenfalls eine ähnliche Lippendichtung, bei der das abdichtende Material während der gesamten Gebrauchsdauer der Lippendichtung an dieser anhaftet und insbesondere ein Öl ist. Hierbei wird jedoch die spiralförmige Nut teilweise mit dem Dichtungsmaterial zugesetzt und kann die eigentliche Aufgabe nicht mehr mit voller Effizienz erfüllen, nämlich das aus der Maschine durch den Dichtspalt quellende Schmiermittel wieder zurück in den Maschineninnenraum zu transportieren. Bei einer Dichtung mit Öl wird diese Schmierung meistens dadurch bewerkstelligt, dass entweder die Bohrung mit einem Pinsel mit Öl eingestrichen wird oder die Dichtungslippe vorab in Öl getaucht wird. Dies kann jedoch in irreparabler Weise zu einer schlechten Montage der Dichtlippe führen, insbesondere bei horizontaler Montierung der Dichtung, da hier das Öl die Tendenz hat, in den tiefliegenden Teil herunterzufließen, was wiederum in einer unvollständigen und ungleichmäßigen Schmierung und Dichtung resultiert. Dadurch kann es zu einer schiefen oder unvollständigen Montage oder sogar zu einem teilweisen oder vollständigen Herausreißen der Elastomerteile der Lippendichtung bei Kontakt mit der Bohrung kommen.
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Der Erfindung liegt also die Aufgabe zugrunde, eine Lippendichtung bereitzustellen, die den Dichtspalt bei einer Druckprüfung temporär zuverlässig verschließt, wobei zusätzlich die vorgenannten Probleme behoben werden.
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In einer ersten Ausführungsform wird die der Erfindung zu Grunde liegende Aufgabe gelöst durch eine Lippendichtung für ein relativ bewegbares Maschinenteil, umfassend eine flexible Dichtlippe, bevorzugt aus polymerem Werkstoff, die das Maschinenteil im Bereich eines Dichtspalts unter einer elastischen Vorspannung anliegend umschließt, wobei der Dichtspalt an zumindest einer Umfangsstelle von einer Drallstufe in Längsrichtung durchdrungen ist, wobei die Drallstufe durch eine spiralförmige Nut in der Dichtlippe und die der Nut zugewandte abzudichtende Oberfläche des Maschinenteils begrenzt ist und wobei die Nut den abzudichtenden Raum mit der Umgebung verbindet und der Dichtspalt im Bereich der die Drallstufe begrenzenden Nut durch ein Dichtungsmaterial nur zur Durchführung einer Druckprüfung verschlossen ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Dichtungsmaterial
- a) eine Oberflächenbeschichtung bildet, die im Vergleich zur Gebrauchsdauer der Lippendichtung nur zur Druckprüfung an der der Nut zugewandten Oberfläche der Dichtlippe anhaftet, und
- b) ein Latex eines in Schmierölen löslichen Polymers ist.
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Latex im Sinne der vorliegenden Erfindung umfasst allgemein kolloidale Dispersionen von Polymeren in wässrigen Medien. Derartige Dispersionen sind in der Regel milchig-weiße Flüssigkeiten mit auch bei relativ hohen Polymer-Konzentrationen niedrigen Viskositäten. Latizes lassen sich nach ihren Provenienz unterteilen in natürliche, pflanzlichmetabolisch erzeugte und synthetische, durch Emulsionspolymerisation geeigneter Monomere oder durch Dispergierung von Polymeren in einem Dispersionsmittel hergestellt. Alternativ wird auch die Polymerbasis unterschieden in Kautschuk-, Polychloropren-, Poly(styrol-CO-butadien)-Latices. Die erfindungsgemäßen Latices können Zusatzstoffe enthalten, wie Schutzholloide, Stabilisatoren, Verdickungsmittel, Pigmente und Vulkanisationsmittel.
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Die Schichtdicke der Oberflächenbeschichtung liegt vorteilhafterweise in einem Bereich von 20 bis 200 μm. Liegt die Schichtdicke unterhalb dieses Bereiches, so kann das Dichtungsmaterial die Nut nicht mehr wirksam abdichten. Liegt jedoch die Schichtdicke oberhalb dieses Bereiches, so dauert der Austrag des Dichtungsmaterials zu lange und es kommt zu signifikanten Verunreinigungen der Nut beim Abbau des Dichtungsmaterials.
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Ganz besonders bevorzugt ist ein Dichtungsmaterial, das bei 25°C nicht mehr fließfähig ist. Hierdurch wird zum einen ein Herausblasen des Dichtungsmaterials während der Druckprüfung verhindert und zum anderen kann das Dichtungsmaterial durch die relativ hohe Viskosität nicht schon in dem Zeitraum zwischen Herstellung der Maschine mit der Lippendichtung und der tatsächlichen Druckprüfung aus dem Dichtspalt herausfließen und somit der Dichtungswirkung entgegenwirken.
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Das Dichtungsmaterial löst sich vorteilhafterweise bei Temperaturen oberhalb von 120°C, insbesondere oberhalb von 80°C, in den Schmierölen, damit dieses im Betrieb der Maschine möglichst schnell aus der Dichtung ausgetragen wird und somit eine volle Effizienz der spiralförmigen Nut gewährleisten kann.
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Die Viskosität bleibt vorzugsweise bei Einwirkung mechanischer Kräfte, insbesondere in Form von Schubspannung oder Scherspannung, konstant oder nimmt zu, ist also rheopex, keinesfalls jedoch thixotrop. Dies ist oft bei Pasten, vor allem dilatanten Pasten, der Fall. Dadurch dass die Viskosität bei Einwirkung mechanischer Kräfte konstant bleibt oder zunimmt, kann verhindert werden, dass das Dichtungsmaterial in dem Zeitraum zwischen Herstellung der Maschine mit der Lippendichtung und der tatsächlichen Druckprüfung durch mechanische Einflüsse flüssig wird und aus der Lippendichtung auslaufen kann. Weiterhin kann dadurch bei der tatsächlichen Druckprüfung gewährleistet werden, dass das Dichtungsmaterial erst zum Zeitpunkt der Prüfung die niedrigstmögliche Viskosität und damit höchste Dichtwirkung besitzt.
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Das Dichtungsmaterial soll nur temporär den Dichtspalt verschließen und anschließend möglichst schnell aus dem Dichtspalt ausgetragen werden.
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Vorteilhafterweise weicht die Viskosität des Dichtungsmaterials vor der Verschließung des Dichtspaltes nicht mehr als 10% von der Viskosität des Dichtungsmaterials nach der Druckprüfung ab, damit gewährleistet ist, dass das Dichtungsmaterial mit der Zeit nicht aushärtet und dann aus dem Dichtspalt nur noch schwer entfernbar ist.
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Vorzugsweise ist der Latex ein synthetisches Emulsionspolymerisat, da hierdurch gewährleistet werden kann, dass der Latex trotz relativ hoher Viskosität eine höchst homogene Dispersion ist.
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Die so genannten Mineral(schmier)öle werden in der Regel aus Erdöl durch Destillation und/oder Raffination hergestellt. Zu einem wachsenden Anteil werden Schmieröle auch aus pflanzlichen Rohstoffen, beispielsweise Jojoba oder Raps hergestellt. Die synthetischen Öle werden in Kohlenwasserstoff-Öle, die auch halogenierte Kohlenwasserstoff-Öle umfassen, und Nichtkohlenwasserstoff-Öle, beispielsweise Polyethylenglykole, Polyethylen-Öle, Ester-Öle und Silikon-Öle eingeteilt.
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Löslichkeit in üblichen Schmierölen im Sinne der Erfindung heißt, dass sich das Latex vollständig in einem üblichen Schmieröl wie Motorenöl (beispielsweise LIQUI MOLY Synthoil® Longtime SAE 0W-30) vollständig auflösen kann. Durch die weitgehende Löslichkeit des Latex in Schmierölen, wird während des Gebrauchs der Maschine das Latex leicht aufgelöst und in das Maschineninnere aus der Drallstufe ausgetragen. Die Löslichkeit des erfindungsgemäßen Latex liegt daher vorzugsweise mindestens bei 5 g Polymer je Liter. Da die handelsüblichen Schmieröle und -stoffe von Maschinen oft auf Mineralölbasis hergestellt werden, scheiden viele Latices deshalb aus, wenn diese in Mineralöl nur schlecht oder gar nicht löslich sind.
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In einer weiteren Ausführungsform wird die erfindungsgemäße Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zur Dichtigkeitsprüfung einer Maschine durch Druckbeaufschlagung des Maschineninnenraums und Beobachtung des anschließenden Druckabfalls, wobei die zur Maschine relativ beweglichen und aus der Maschine herausragenden Teile mit der vorbeschriebenen erfindungsgemäßen Lippendichtung abgedichtet sind.
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Das Dichtungsmaterial ist vorteilhafterweise auffällig gefärbt, so dass es sich von der Dichtlippe deutlich unterscheidet. Hierbei ist von Vorteil, dass eine gegebenenfalls optische Kontrolle besonders einfach möglich ist. Es ist leicht zu erkennen, ob die Dichtlippe im Bereich der Drallstufe vollständig und/oder gleichmäßig mit dem Dichtungsmaterial beschichtet ist. Vorzugsweise enthält das Dichtungsmaterial einen Farbstoff mit UV-Indikator, der unter UV-Licht hell aufleuchtet.
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Die Dichtlippe kann vorzugsweise aus PTFE bestehen. Unter PTFE werden in diesem Zusammenhang auch PTFE-Compounds verstanden. Für viele Anwendungsfälle haben sich Dichtlippen aus PTFE als vorteilhaft bewährt, da ihre Oberflächen nach einem gewissen, minimalen Anfangsverschleiß glasieren und anschließend während einer sehr langen Gebrauchsdauer gleichbleibend gute Gebrauchseigenschaften aufweisen.
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Bevorzugt erfolgt das Einbringen des Dichtungsmaterials in die Nut durch Besprühen. Hierbei ist von Vorteil, dass die Beschichtung durch die Teilchen, die den Sprühnebel bilden, eine besonders gleichmäßige Dicke hat. Davon abweichend besteht auch die Möglichkeit, das Dichtungsmaterial auf die dem Maschinenteil zugewandte Oberfläche der Dichtlippe und in die Nut zu streichen.
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Im Anschluss an das Aufbringen des Dichtungsmaterials kann die Lippendichtung gelagert, transportiert und eingebaut werden, wobei die Umgebungstemperatur keinen nachteiligen Einfluss auf die Viskosität des Dichtungsmaterials hat.
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In einer alternativen Ausführungsform kann sich die Dichtlippe auch zur Luftseite hin erstrecken und also nicht in den Maschineninnenraum hineinragen. Die Drallstufe ist dabei vorzugsweise jedoch genau gegensätzlich zur ersten Ausführungsform gewunden, damit die Dichtstoffe nach wie vor in Richtung des Maschineninnenraums ausgetragen werden.
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Der Gegenstand der Erfindung wird nachfolgend durch die als Anlage beigefügten Zeichnungen weiter verdeutlicht.
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Kurzbeschreibung der Zeichnungen
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1 einen Lippendichtung der erfindungsgemäßen Art in Draufsicht,
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2 einen Querschnitt der Lippendichtung gemäss 1.
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Ausführung der Erfindung
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Die in 1 in der Längsdraufsicht dargestellte Lippendichtung 1 ist für ein relativ bewegbares Maschinenteil 3 bestimmt, beispielsweise für eine um eine Rotationsachse 5 rotierende Welle 3 aus Stahl. Die Lippendichtung 1 umfasst eine flexible Dichtlippe 7, die in diesem Ausführungsbeispiel aus PTFE besteht. In dem hier gezeigten Ausführungsbeispiel ist die Dichtlippe 7 axial in Richtung des abzudichtenden Raums 9 vorgewölbt und umschließt die Oberfläche 11 des Maschinenteils 3 dichtend. Im Bereich des größten Durchmessers der Dichtlippe 7 ist diese an einem Stützring aus Metall befestigt, beispielsweise mittels eines Klebstoffs oder Weichgummis 13.
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Die Dichtlippe 7 ist im Bereich des Dichtspalts mit einer die Oberfläche 11 des Maschinenteils 3 vollständig umschließenden spiralförmigen Drallstufe 19 versehen, wobei die Drallstufe 19 durch die spiralförmige Nut 21 und die Oberfläche 11 des Maschinenteils 3 begrenzt ist. Die Drallstufe 19 ist derart ausgeführt, dass sich bei rotierendem Maschinenteil 3 im Bereich der Drallstufe 19 eine Förderwirkung des abzudichtenden Dichtungsmaterials in Richtung des abzudichtenden Raums 9 ergibt.
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In diesem Ausführungsbeispiel ist die Dichtlippe 7 mit nur einer einzigen Drallstufe 19 versehen, die das abzudichtende Maschinenteil 3 nach Art einer Spirale auf seinem gesamten Außenumfang umschließt. Zur Verhinderung von Druckverlusten bei einer Druckprüfung durch die die Drallstufe 19 begrenzende Nut 21 ist es daher nicht ausreichend, wenn die Drallstufe 19 an einer einzigen Umfangsstelle durch das Dichtungsmaterial im Dichtspalt zwischen der Oberfläche 11 des Maschinenteils 3 und der Dichtlippe 7 verschlossen ist. Die Menge des Dichtungsmaterials muss so bemessen sein, dass der Dichtspalt durch das Dichtungsmaterial völlig verschlossen ist. Das Dichtungsmaterial kann beispielsweise ein synthetischer Latex auf Basis SBR oder EPDM sein. Wird im Anschluss an die Montage der Lippendichtung 1 auf dem Maschinenteil 3 eine Druckprüfung vorgenommen, dann wird die Dichtlippe 7 durch den im abzudichtenden Raum 1 ansteigenden Druck an die Oberfläche 11 des Maschinenteils 3 verstärkt angepresst, was die Abdichtwirkung erhöht. Der Gasdruck bleibt bei unbeschädigtem und korrekt montiertem Lippendichtung während der Druckprüfung weitgehend konstant erhalten; im Bereich der Drallstufe 19 kann keinerlei Druckgas entweichen.
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Demgegenüber käme es zu einem vergleichsweise raschen Druckverlust, wenn die Lippendichtung 1 beschädigt und/oder fehlerhaft eingebaut wäre.
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Während des an die Druckprüfung anschließenden Betriebs der Lippendichtung 1 findet eine Relativbewegung zwischen der Dichtlippe 7 und der Oberfläche 11 des relativ rotierenden Maschinenteils 3 statt, wobei durch die Relativbewegung des Maschinenteils 3 Wärme und Vibrationen entstehen.
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Die Auflösung des den Dichtspalt verschließenden Dichtungsmaterials durch das Schmieröl wird so begünstigt und das gelöste Dichtungsmaterial dann in Richtung des abzudichtenden Raums 9 gefördert. Die Drallstufe 19 kann dadurch anschließend voll dem Zweck gerecht werden, für den sie vorgesehen ist, nämlich die Rückförderung von Leckflüssigkeit in den abzudichtenden Raum 9. Das Dichtungsmaterial wird anschließend an die Druckprüfung durch die Schmieröle im Innenraum der Maschine 9 aufgelöst und ausgetragen.