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Stand der Technik
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Spurwechselerkennung in Kraftfahrzeugen, die ein Datenerfassungsystem für Bewegungsvariable des Fahrzeugs aufweisen, bei dem die zeitliche Entwicklung der Bewegungsvariablen aufgezeichnet und nach vorgegebenen Kriterien auf ihre Übereinstimmung mit Mustern untersucht wird, die für Spurwechselvorgänge charakteristisch sind, wobei die Aufzeichnung und Auswertung der Bewegungsvariablen jeweils für ein Zeitintervall erfolgt, in dem sich das Fahrzeug in einem instationären Zustand befindet, in dem sich eine für die Querbewegung des Fahrzeugs relevante Variable signifikant ändert und in dem die Fahrtrichtung des Fahrzeugs innerhalb gewisser Toleranzen unverändert bleibt oder die Änderungsrate der Fahrtrichtung des Fahrzeugs innerhalb gewisser Toleranzgrenzen konstant ist. Weiterhin betrifft die Erfindung ein Gerät zur Durchführung dieses Verfahrens.
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In Kraftfahrzeugen werden zunehmend Fahrerassistenzsysteme eingesetzt, die den Fahrer bei der Führung des Fahrzeugs unterstützen. Ein Beispiel eines solchen Systems ist ein ACC-System (Adaptive Cruise Control), bei dem Objekte im Vorfeld des eigenen Fahrzeugs mit Hilfe eines Radarsystems geortet werden und die Geschwindigkeit des eigenen Fahrzeugs automatisch so angepaßt wird, daß der Abstand unmittelbar vorausfahrenden Fahrzeug gemäß Fahrerwunsch geregelt wird. Ein anderes Beispiel eines Assistenzsystems ist ein Spurwechselassistent, bei dem der Rückraum des eigenen Fahrzeugs etwa mit Hilfe eines Radarsensors überwacht wird und der Fahrer bei der Entscheidung unterstützt wird, ob ein gefahrloser Wechsel auf die Nebenspur möglich ist. Bei der Durchführung solcher Assistenzfunktionen besteht häufig das Erfordernis, Situationen zu erkennen, in denen der Fahrer des eigenen Fahrzeugs einen Spurwechsel vorgenommen hat.
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Bei herkömmlichen ACC-Systemen, die insbesondere für Fahrten mit höherer Geschwindigkeit auf Autobahnen oder Schnellstraßen vorgesehen sind, werden stehende Objekte wie Verkehrsschilder am Fahrbahnrand, kleine Metallobjekte auf der Fahrbahn und dergleichen generell ignoriert, da sonst die Gefahr zu groß wäre, daß durch solche Objekte Fehlreaktionen des Systems ausgelöst werden. Es sind jedoch ACC-Systeme entwickelt worden, die auch im unteren Geschwindigkeitsbereich bis hin zur Geschwindigkeit 0 aktiv sein sollen. In diesem Fall können stehende Objekte nicht mehr generell ignoriert werden. Als Beispiel kann die Situation betrachtet werden, daß im Rahmen der ACC-Funktion ein unmittelbar vorausfahrendes Fahrzeug, das sogenannte Zielobjekt, verfolgt wird, und beide Fahrzeuge auf ein Stauende auffahren. Im Rahmen der erweiterten ACC-Funktion soll das System erkennen, daß das Vorderfahrzeug anhält, und dementsprechend auch das eigene Fahrzeug in den Stand bremsen. Wenn der Fahrer des eigenen Fahrzeugs in dieser Situation, wie es häufig geschieht, einen Spurwechsel vornimmt, so geht das bisherige Zielobjekt verloren, und auf der neuen Fahrspur muß ein neues Zielobjekt ausgewählt werden. Bei diesem Zielobjekt kann es sich um ein bereits stehendes Fahrzeug handeln, das dann als relevantes Hindernis erkannt werden muß. Der Spurwechsel wird deshalb in solchen Systemen als eine Sondersituation behandelt, in deren Folge auch stehende Objekte in die Auswertung einbezogen werden. Zur Identifizierung dieser Sondersituation ist somit eine Spurwechselerkennung erforderlich.
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Ein anderes Beispiel ist die Funktion des Spurwechselassistenten. Hier ist zu entscheiden, auf welcher Fahrspur sich die vom Radarsensor georteten nachfolgenden Fahrzeuge befinden. Dabei sollte die Fahrbahnkrümmung berücksichtigt werden, die dem System bekannt ist, weil das eigene Fahrzeug unmittelbar zuvor den betreffenden Fahrbahnabschnitt befahren hat und dabei die Lenk- bzw. Querbewegungen des eigenen Fahrzeugs aufgezeichnet werden konnten. Wenn jedoch der Fahrer des eigenen Fahrzeugs auf diesem Fahrbahnabschnitt einen Spurwechsel vorgenommen hat, so würde dies die Bestimmung des Fahrbahnverlaufs und damit die Spurzuordnung der nachfolgenden Fahrzeuge verfälschen. Auch in diesem Fall ist daher eine Erkennung von Spurwechselvorgängen erforderlich.
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Bekannte Verfahren zur Erkennung von Spurwechselvorgängen beruhen zumeist darauf, daß der Fahrer in der Regel seine Spurwechselabsicht durch Setzen des Fahrtrichtungsanzeigers (Blinker) zu erkennen gibt. Wenn vom Radarsystem mehrere stehende oder bewegliche Objekte gleichzeitig geortet werden, läßt sich ein Spurwechsel auch daran erkennen, daß die Querbewegung des eigenen Fahrzeugs zu einer synchronen Änderung der Richtungswinkel sämtlicher georteter Objekte führt.
DE 101 18 265 A1 beschreibt ein Verfahren dieser Art, das die Merkmale nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 aufweist.
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Fahrzeuge, die mit Fahrerassistenzsystemen der oben beschriebenen Art ausgerüstet sind, weisen in der Regel auch ein elektronisches Stabilitätssystem zur fahrdynamischen Stabilisierung des Fahrzeugs auf, z. B. ein sogenanntes ESP-System. Im Rahmen solcher Systeme werden verschiedene fahrdynamische Daten des Fahrzeugs erfaßt und ausgewertet, z. B. die Raddrehzahlen aller vier Räder, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Giergeschwindigkeit, die Querbeschleunigung, der Lenkradeinschlag und dergleichen. Aus den in dieser Weise unmittelbar mit Hilfe von geeigneten Sensoren gemessenen Bewegungsvariablen lassen sich die zeitlichen Ableitungen sowie weitere Bewegungsvariable berechnen. So läßt sich z. B. aus der gemessenen Querbeschleunigung und der Fahrzeuggeschwindigkeit ein Wert für die Giergeschwindigkeit berechnen, und anhand der Giergeschwindigkeit oder des Lenkeinschlags in Verbindung mit der Fahrzeuggeschwindigkeit läßt sich die Querkomponente der Fahrzeuggeschwindigkeit berechnen, also die Geschwindigkeitskomponente in der Richtung rechtwinklig zur temporären Fahrzeuglängsachse. Durch Integration der Quergeschwindigkeit läßt sich dann der Querversatz y des Fahrzeugs berechnen.
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Üblicherweise werden die so erfaßten oder berechneten Bewegungsvariablen auf einen fahrzeugeigenen Datenbus, z. B. einem CAN-Bus bereitgestellt, so daß die verschiedenen elektronischen Steuersysteme des Fahrzeugs auf diese Daten zugreifen können.
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Vorteile der Erfindung
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Die Erfindung mit den in den unabhängigen Ansprüchen angegebenen Merkmalen ermöglicht bei Fahrzeugen, die ein solches Datenerfassungssystem aufweisen, eine zuverlässige Erkennung von Spurwechselvorgängen. Dazu werden die vom Datenerfassungssystem bereitgestellten Bewegungsvariablen über einen gewissen Zeitraum aufgezeichnet, und die aufgezeichneten Daten werden daraufhin analysiert, ob die zeitlichen Änderungen der Bewegungsvariablen ein Muster erkennen lassen, das für Spurwechselvorgänge charakteristisch ist. Dieses Verfahren kann auch in Kombination mit anderen Verfahren zur Spurwechselerkennung eingesetzt werden, etwa auf der Basis des Fahrtrichtungsanzeigers oder der Radardaten, so daß eine größere Redundanz und Verläßlichkeit erreicht wird. Ein besonderer Vorteil des hier vorgeschlagenen Verfahrens besteht darin, daß es insbesondere im unteren Geschwindigkeitsbereich gute Ergebnisse liefert, da dann die bei einem Spurwechsel auftretenden Lenkoperationen ausgeprägter sind als bei Fahrten mit hoher Geschwindigkeit.
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Bei der Überwachung der Bewegungsvariablen wird unterschieden zwischen stationären Zuständen, in denen nichts auf einen Spurwechsel hindeutet, und instationären Zuständen, in denen möglicherweise ein Spurwechsel stattfindet, ohne daß der Spurwechsel bereits sicher erkannt werden kann. Die Aufzeichnung der zeitlichen Änderungen der Bewegungsvariablen und deren Analyse kann dann auf die instationären Zustände konzentriert werden, so daß die erforderliche Rechenleistung in Grenzen gehalten wird.
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Erfindungsgemäß wird der zwischen Beginn und Ende eines instationären Zustands eingetretene Querversatz y des Fahrzeugs berechnet. Wenn dieser Querversatz der üblichen Breite einer Fahrspur entspricht (oder dem Zweifachen der Spurbreite im Fall eines Wechsels auf die übernächste Spur), so ist dies ein verläßliches Indiz dafür, daß ein Spurwechsel stattgefunden hat.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Ergänzend können weitere Kriterien herangezogen werden, etwa das Kriterium, daß die Quergeschwindigkeit und/oder die Querbeschleunigung des Fahrzeugs während des instationären Zustands einen gewissen Toleranzbereich nicht verlassen haben. Auf diese Weise können z. B. Fälle ausgegrenzt werden, in denen etwa auf Landstraßen oder im Stadtverkehr eine S-Kurve oder kurz aufeinanderfolgende Abbiegemanöver insgesamt zu einem Querversatz führen, der zufällig etwa einer Spurbreite entspricht. Die Toleranzgrenzen können dabei von der Fahrgeschwindigkeit abhängig sein.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform erlaubt das Verfahren auch die Erkennung von Spurwechselvorgängen in Kurven. Dies ist möglich, indem z. B. ein Zustand, in dem der Lenkradeinschlag oder die Giergeschwindigkeit im wesentlichen konstant ist, als ein stationärer Zustand behandelt wird. Die Änderung der Bewegungsvariablen im instationären Zustand, insbesondere die Änderung des Querversatzes, wird dann auf Standardwerte bezogen, die dem geschätzten Fahrbahnverlauf entsprechen. Für die Schätzung des Fahrbahnverlaufs und damit die Bestimmung der Standardwerte können die Bewegungsvariablen benutzt werden, die im stationären Zustand unmittelbar vor Beginn des instationären Zustands vorgelegen haben, und ggf. auch die Daten für den stationären Zustand unmittelbar nach Ende des instationären Zustands.
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Zeichnung
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in den Zeichnungen dargestellt und in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert.
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Es zeigen:
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1 Ein Blockdiagramm eines Datenerfassungssystems und eines elektronischen Steuergerätes in einem Kraftfahrzeug;
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2 eine Skizze eines Spurwechselvorgangs auf gerader Fahrbahn;
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3 die zeitliche Entwicklung verschiedener Bewegungsvariablen eines Fahrzeugs während eines Spurwechsels;
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4 eine Skizze eines Spurwechselvorgangs auf gekrümmter Fahrbahn;
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5 die zeitlichen Änderungen der Bewegungsvariablen während des Spurwechselvorgangs nach 4;
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6 zeitliche Änderungen des Lenkeinschlags eines Fahrzeugs während eines Spurwechsels beim Einfahren in eine Kurve; und
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7 ein Flußdiagramm für ein Verfahren zur Spurwechselerkennung.
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Beschreibung des Ausführungsbeispiels
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In 1 ist vereinfacht als Block ein elektronisches Steuergerät 10 dargestellt, das in bekannter Weise durch einen oder mehrere Mikroprozessoren, zugehörige Daten- und Programmspeicher, Ein- und Ausgabeschnittstellen und dergleichen gebildet wird. Dieses Steuergerät 10 dient beispielsweise zur Ausführung verschiedener Fahrerassistenzfunktionen, etwa einer ACC-Funktion. Auch die Funktionen für das hier beschriebene Verfahren zur Spurwechselerkennung sind in dem Steuergerät 10 implementiert, beispielsweise in der Form von Programmen, die fest im Programmspeicher gespeichert sind.
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Das Steuergerät 10 ist in einem Kraftfahrzeug installiert und kommuniziert über einen fahrzeugeigenen Datenbus 12, beispielsweise einem CAN-Bus mit verschiedenen Sensoren, die zusammen ein Datenerfassungssystem zur Erfassung von Fahrzeugdaten, insbesondere auch von Bewegungsvariablen des Fahrzeugs bilden. Im gezeigten Beispiel handelt es sich bei den Sensoren um Raddrehzahlsensoren 16 zur Messung der Raddrehzahlen n der vier Räder des Fahrzeugs, einen Geschwindigkeitssensor 18 zur Messung der Fahrzeugeschwindigkeit V sowie einen Lenkwinkelsensor 20 zur Messung des Lenkwinkels der gelenkten Räder des Fahrzeugs. Diese Sensoren sind lediglich als Beispiel zu verstehen und können durch andere Sensoren ergänzt oder ersetzt werden, beispielsweise durch Trägheitssensoren zur Messung der Querbeschleunigung oder Gierbeschleunigung und dergleichen. Aus den gemessenen Größen können beispielsweise im elektronischen Stabiltätssystem 14 weitere Bewegungsvariable des Fahrzeugs berechnet werden, etwa die Giergeschwindigkeit anhand der gemessenen Raddrehzahldifferenzen. Wahlweise kann auch die Fahrzeuggeschwindigkeit V anhand der gemessenen Raddrehzahlen berechnet werden.
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An den Datenbus 12 ist außerdem ein Fühler 22 angeschlossen, der den Zustand des Fahrtrichtungsanzeigers des Fahrzeugs angibt.
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Über den Datenbus 12 wird das Steuergerät 10 quasi kontinuierlich über den Zustand der Bewegungsvariablen informiert, die es zur Erkennung eines Spurwechselvorgangs benötigt. In einer bevorzugten Ausführungsform sind dies z. B. der Lenkwinkel (Lenkeinschlag der Vorderräder), die Gierrate und Fahrzeuggeschwindigkeit V.
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2 illustriert eine einfache Beispielsituation, in der ein mit dem Datenerfassungssystem und dem Steuergerät nach 1 ausgerüstetes Fahrzeug 24 auf einer geraden, zweispurigen Fahrbahn 26 einen Spurwechsel vornimmt, wie durch einen Pfeil 28 symbolisiert wird. Während des Spurwechselvorgangs führt das Fahrzeug 24 eine Querbewegung in der Richtung quer zur Fahrzeuglängsachse aus, d. h. quer zur der Achse, die vor und nach dem Spurwechselvorgang zur Fahrbahn 26 parallel ist. Der bei dieser Querbewegung insgesamt eintretende Querversatz y entspricht annähernd der Breite einer einzelnen Fahrspur der Fahrbahn 26.
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In 3 ist in der oberen Graphik die zeitliche Änderung des Lenkwinkels δ während des Spurwechselvorgangs dargestellt. Ersatzweise oder ergänzend könnte auch die zeitliche Änderung des Lenkradeinschlags oder der Giergeschwindigkeit betrachtet werden. Charakteristisch für einen Spurwechselvorgang auf gerader Straße ist ein Verlauf, bei dem der Lenkwinkel δ zunächst zu einem Maximum zunimmt, dann wieder auf 0 abnimmt und dann etwa symmetrisch dazu einen Ausschlag in entgegengesetzte Richtung erfährt und schließlich wieder den Wert 0 annimmt und behält.
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Anhand eines einfachen mathematischen Modells des Fahrzeugs kann aus dem Lenkeinschlag in Verbindung mit der Fahrzeuggeschwindigkeit V die Quergeschwindigkeit vy berechnet werden, deren zeitlicher Verlauf in der mittleren Graphik in 3 dargestellt ist. Die Quergeschwindigkeit vy ist hier bezogen auf ein Koordinatensystem mit den Koordinatenachsen X, Y, das in 2 dargestellt ist und dessen X-Achse mit der Längsachse des Fahrzeugs 14 vor Beginn des Spurwechselvorgangs zusammenfällt. Die Quergeschwindigkeit vy zeigt bei einem Spurwechsel auf gerader Fahrzeug nur einen Ausschlag in einer Richtung, d. h., sie nimmt von 0 auf einen Maximalwert zu und fällt dann wieder auf 0 ab.
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Die untere Graphik in 3 zeigt den entsprechenden zeitlichen Verlauf des Querversatzes y, den man durch Integration der Quergeschwindigkeit vy erhält. Vor dem Spurwechselvorgang ist der Querversatz y = 0, und nach dem Spurwechsel ergibt sich ein von 0 verschiedener Querversatz, der etwa mit der typischen Breite der Fahrspur übereinstimmen sollte.
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Etwas komplizierter sind die Verhältnisse, wenn der Spurwechsel auf einer gekrümmten Fahrbahn 26' erfolgt, etwa in einer langgezogenen Kurve, wie in 4 illustriert ist. Das Koordinatensystem ist in 4 so gelegt, daß die X-Achse am Beginn des Spurwechselvorgangs mit der Längsachse des Fahrzeugs 24 zusammenfällt.
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In 5 ist der zeitliche Verlauf der Bewegungsvariablen δ, vy und y auf analoge Weise wie in 3 dargestellt. Der Lenkwinkel δ ist nun schon von Anfang an von 0 verschieden und entspricht der Krümmung der Fahrbahn 26'. Die Kurve für den Lenkwinkel δ hat jedoch die gleiche charakteristische Wellenform wie in 3 und ist – bei konstanter Fahrbahnkrümmung – lediglich um einen der Fahrbahnkrümmung entsprechenden Referenzwert parallel längs der δ-Achse verschoben. Die Quergeschwindigkeit vy und der Querversatz y werden auf die gleiche Weise wie in 3 berechnet.
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Wenn das Fahrzeug 24 auf der ursprünglichen Spur der Fahrbahn 26 bliebe, hätte die Quergeschwindigkeit vy den Verlauf, der in 5 durch die gestrichelt eingezeichnete Referenzkurve 30 angegeben wird. Bei konstanter Fahrbahnkrümmung ist dies eine Sinuskurve. Der tatsächliche Verlauf der Quergeschwindigkeit vy für den Spurwechsel ist in 5 durch die Kurve 32 angegeben. Entsprechend zeigt eine Referenzkurve 34 in 5 die Zeitentwicklung des Querversatzes y ohne Spurwechsel (eine Kosinuskurve) und die Kurve 36 gibt den Querversatz für den Spurwechsel an. Die Referenzkurven 30 und 34 können z. B. aus dem konstanten und im wesentlichen übereinstimmenden Lenkeinschlag δ vor Beginn und nach Ende des Spurwechsels berechnet werden. Das charakteristische Muster für einen Spurwechsel zeigt sich durch Vergleich der Kurven 30 und 32 bzw. durch Vergleich der Kurven 34 und 36. Am Ende des Spurwechselvorgangs entspricht die Differenz zwischen den Querversätzen y, die durch die Kurven 34 und 36 angegeben werden, annähernd der Breite einer Fahrspur. Dabei ist allerdings nicht berücksichtigt, daß sich die Richtung der Fahrspur aufgrund der Krümmung der Fahrbahn 26 um einen bestimmten Winkel Δψ (Integral der Giergeschwindigkeit) geändert hat. Für eine höhere Genauigkeit müßte deshalb die Querversatzdifferenz noch mit sin(Δψ) multipliziert werden, bevor sie mit der Spurbreite verglichen wird.
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6 illustriert die zeitliche Änderung des Lenkwinkels δ für den Fall, daß das Fahrzeug 24 während des Spurwechsels in eine Kurve einfährt. Vor dem Spurwechsel ist δ konstant und gleich 0, wie in 3, und nach dem Spurwechsel ist δ konstant aber von 0 verschieden (wie in 5). Der Winkel Δψ, um den sich die Fahrtrichtung während des Spurwechsels geändert hat, läßt sich durch Integration der Giergeschwindigkeit berechnen. Die Bogenlänge des Fahrbahnstücks, auf dem der Spurwechsel stattgefunden hat, erhält man näherungsweise durch Integration der Fahrzeuggeschwindigkeit V. Generell werden Kurven im Straßenbau so gestaltet, daß bei gegebener Bogenlänge und gegebener Richtungsänderung die maximale Fahrbahnkrümmung möglichst klein bleibt und die Krümmung beim Einfahren in die Kurve und beim Ausfahren aus der Kurve stetig und symmetrisch zu- und abnimmt. Der tatsächliche Verlauf der Fahrbahn und dementsprechend die zeitliche Änderung des Lenkwinkels ohne Spurwechsel läßt sich deshalb im Fall der 6 abschätzen, indem die konstanten Kurvenstücke für die Zeit vor und nach dem Spurwechsel durch eine ”glatte” Referenzkurve 38 stetig verbunden werden. Dies ermöglicht dann die Berechnung von entsprechenden Referenzkurven für die Quergeschwindigkeit vy und den Querversatz y ohne Spurwechsel, analog zu den Kurven 30 und 34 in 5, als Referenz für die tatsächlich beim Spurwechsel eintretenden Änderungen der Quergeschwindigkeit und des Querversatzes.
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Auf analoge Weise läßt sich auch der Fall behandeln, daß das Fahrzeug während des Spurwechsels aus einer Kurve ausfährt.
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In 7 zeigt ein Flußdiagramm für das Verfahren, mit dem im Steuergerät 10 ein Spurwechselvorgang erkannt wird.
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Als Beispiel kann angenommen werden, daß die gleichen Bewegungsvariablen δ, vy und y ausgewertet wurden, die auch in 3 und 5 diskutiert wurden. Wahlweise kann jedoch auch ein anderer oder ein größerer Satz von Bewegungsvariablen ausgewertet werden, einschließlich der Giergeschwindigkeit ψ und der Querbeschleunigung ay. Falls die Querbeschleunigung ay nicht direkt gemessen wird, kann sie auch nach der Formel ay = ψ·vy berechnet werden.
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In Schritt S1 wird eine Variable überwacht, die für Lenkaktionen des Fahrers repräsentativ ist, beispielsweise der Lenkeinschlag δ. In Schritt S2 wird geprüft, ob für die überwachte Variable ein stationärer oder ein instationärer Zustand vorliegt. Als stationärer Zustand wird dabei ein Zustand angesehen, in dem die betreffende Variable praktisch konstant ist, d. h., in dem die zeitliche Änderung dδ/dt der Variablen dem Betrage nach kleiner als ein vorgegebener Schwellenwert ist. Wenn der Fühler 22 (1) anzeigt, daß der Fahrer den Blinker betätigt hat, kann der Schwellenwert herabgesetzt werden, um das System ”sensibler” zu machen, da das Setzen des Blinkers auf eine Spurwechselabsicht des Fahrers hindeutet, insbesondere dann, wenn gleichzeitig von einem Navigationssystem die Information vorliegt, daß keine Abbiegemöglichkeit besteht oder, bei Zielführung, kein Abbiegevorgang stattfinden soll.
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Wenn ein statinärer Zustand vorliegt, erfolgt ein Rücksprung zu Schritt S1, und die Überwachung wird fortgesetzt. Andernfalls erfolgt eine Verzweigung zu Schritt S3. Das Vorliegen eines instationären Zustands deutet darauf hin, daß der Fahrer möglicherweise einen Spurwechselvorgang eingeleitet hat. In Schritt S3 und den nachfolgenden Schritten wird dann näher geprüft, ob tatsächlich ein Spurwechselvorgang stattfindet oder ob der Fahrer mit der Lenkoperation lediglich auf eine geänderte Fahrbahnkrümmung reagiert oder einen Abbiegevorgang einleitet. Dazu wird mit Schritt S3 eine Prozedur gestartet, mit der die zeitlichen Änderungen der Variablen δ und die daraus durch Integration berechneten Variablen vy und y aufgezeichnet werden.
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In Schritt S4 wird dann überprüft, ob wieder ein stationärer Zustand erreicht ist. Wenn dies nicht der Fall ist, erfolgt ein Rücksprung zu Schritt S3, und die Aufzeichnung und Integration der Variablen wird fortgesetzt.
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Wenn Schritt S4 festgestellt wurde, daß wieder ein stationärer Zustand erreicht ist, so deutet dies darauf hin, daß ein etwaiger Spurwechselvorgang abgeschlossen ist, und es erfolgt eine Verzweigung zu Schritt S5. In diesem Schritt werden die in Schritt S3 aufgezeichneten Variablen nach bestimmten Kriterien analysiert um festzustellen, ob ein Spurwechsel stattgefunden hat oder nicht.
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Eines dieser Kriterien kann z. B. darin bestehen, daß δ zuerst zur einen Seite und dann zur anderen Seite signifikant von 0 bzw. von dem zugehörigen Referenzwert (z. B. Kurve 38 in 6) abgewichen ist. Wenn nur eine signifikante Abweichung in einer Richtung vom Referenzwert aufgetreten ist, kann angenommen werden, daß es sich nicht um einen Spurwechsel, sondern lediglich um die Einfahrt in eine Kurve oder die Ausfahrt aus einer Kurve gehandelt hat. Ein weiteres wichtiges Kriterium besteht darin, daß der zwischen den Schritten S2 und S4 insgesamt aufgelaufene Querversatz y, bezogen auf den zugehörigen Referenzwert (z. B. Kurve 34 in 5) annähernd der üblichen Spurbreite entspricht. Wenn dies der Fall ist, spricht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, daß tatsächlich ein Spurwechsel stattgefunden hat.
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Um Sonderfälle auszuschließen, in denen der Querversatz nur zufällig in dem passenden Größenbereich liegt, können zusätzliche Kontrollkriterien überprüft werden. Zum Beispiel kann eines der Kontrollkriterien darin bestehen, daß die Quergeschwindigkeit vy während des gesamten Zeitintervalls zwischen den Schritten S2 und S4 innerhalb eines bestimmten Toleranzbandes um den Referenzwert (Kurve 30 in 5) herum geblieben ist. Die Breite dieses Toleranzbandes kann dabei proportional zur Fahrzeuggeschwindigkeit V sein. Letztlich wird dann mit diesem Kriterium geprüft, wie stark die Fahrtrichtung des Fahrzeugs in der Phase, in der die Quergeschwindigkeit vy maximal war, von der Fahrtrichtung vor und nach dem vermeintlichen Spurwechselvorgang verschieben war. Eine starke Änderung der Fahrtrichtung deutet darauf hin, daß es sich nicht um einen Spurwechsel, sondern beispielsweise um eine S-Kurve gehandelt hat. Ein alternatives oder zusätzliches Kontrollkriterium kann auch darin bestehen, daß die Querbeschleunigung des Fahrzeugs während des gesamten Manövers dem Betrage nach kleiner als ein bestimmter Grenzwert geblieben ist. Auch große Querbeschleunigungen deuten eher auf Kurven oder Abbiegevorgänge hin. Ebenso kann auch überprüft werden ob der Lenkwinkel oder die Giergeschwindigkeit innerhalb gewisser Toleranzgrenzen geblieben sind.
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Falls in Schritt S5 die Kriterien für einen Spurwechsel nicht erfüllt sind, erfolgt ein direkter Rücksprung zu Schritt S1. Andernfalls wird in Schritt S6 als Ergebnis ein Signal ”Spurwechsel” ausgegeben, und erst dann erfolgt ein Rücksprung zu Schritt S1.
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Im gezeigten Beispiel erfolgt die Beschreibung der Bewegungsvariablen in Bezug auf ein Koordinatensystem, das während des gesamten Zeitintervalls zwischen den Schritten S2 und S4 ortsfest bleibt oder zumindest nicht gedreht wird. Wahlweise können die Variablen jedoch auch auf ein anderes geeignetes Koordinatensystem umgerechnet werden, beispielsweise ein Koordinatensystem, dessen X-Achse dem geschätzten Fahrbahnverlauf folgt. In diesem Koordinatensystem würden die Werte der Variablen vy und y dann unmittelbar die Abweichung von dem Referenzwert angeben, der der Mitte der ursprünglichen Fahrspur entspricht.
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Während im beschriebenen Beispiel für die Bestimmung der Referenzwerte sowohl der Zustand vor dem vermeintlichen Spurwechsel als auch der nach dem Spurwechsel erreichte neue stationäre Zustand herangezogen werden, ist es in einer modifizierten Ausführungsform auch möglich, die Referenzwerte lediglich anhand der Vorgeschichte zu bestimmen, d. h., anhand des stationären Zustands vor dem Schritt S2. Der Referenzwert könnte dann z. B. auch durch gleitende Mittelwertbildung der überwachten Variablen gebildet werden.