DE10125188A1 - Vorrichtung zum in vivo-Nachweis von oxidativem Stress durch Bestimmung von Aldehyden auf Thiobarbitursäure beschichteten Oberflächen - Google Patents
Vorrichtung zum in vivo-Nachweis von oxidativem Stress durch Bestimmung von Aldehyden auf Thiobarbitursäure beschichteten OberflächenInfo
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Abstract
Es konnte gezeigt werden, daß Malondialdehyd im nano- und micromolaren Bereich zu einer dosisabhängigen Bindung an Thiobarbitursäure führt. Auch ein durch Wasserstoffperoxid induzierter oxidativer Stress in Zellen (Rattengliomzellen) führt zu einer konzentrationsabhängigen Bildung von Malondialdehyd-Thiobarbitursäure-Konjugaten. Darüber hinaus binden noch andere Substanzen, die bei oxidativem Stress entstehen, an Thiobarbitursäure, weshalb sie auch als "Thiobarbitursäure Reaktive Substanzen" (TBARS) bezeichnet werden. Durch diese Kreuzreaktion von Thiobarbitursäure mit zahlreichen Aldehyden und anderen OS-modifizierten Makromolekülen kann der oxidative Stress über die Bildung von TBA-TBARS-Konjugaten äußerst sensitiv detektiert werden. Bei der neuartigen Vorrichtung zum in vivo-Nachweis von oxidativem Stress werden die TBARS auf Thiobarbitursäure-beschichteten Festphasen wie vor allem Mikrotiterplatten und Teststreifen quantifiziert. Zur weiteren Erhöhung der Sensitivität können diese immobilisierten TBA-TBARS-Konjugate zusätzlich mit Antikörpern detektiert werden, die spezifisch die Thioesterbindung erkennen. Somit stellt dieser neuartige Thiobarbitursäuretest ein äußerst sensitives Nachweisverfahren für den oxidativen Stress in biologischen Proben dar.
Description
Diese Erfindung umfaßt eine Vorrichtung zum in vivo-Nachweis von oxidativem Stress in
biologischen Proben. Dazu werden Thiobarbitursäure-reaktive Substanzen (TBARS) auf
Thiobarbitursäure (TBA)-beschichteten Oberflächen, wie vor allem Mikrotiterplatten,
Röhrchen, Sticks oder Streifen nachgewiesen. Bei den TBARS handelt es sich um
verschiedene nicht-enzymatische Spaltungsprodukte von leicht oxidierbaren Makromolekülen
(vor allem Lipide), die während oxidativem Stress entstehen, wobei primär und sekundär
entstehende Aldehyde (vor allem Malonaldehyd) erfasst werden. Zusätzlich können die auf
den Festphasen-Oberflächen immobilisierten TBA-TBARS-Konjugate durch Antikörper
detektiert werden, die spezifisch die Thioesterbindung erkennen, wodurch die Sensitivität
deutlich gesteigert wird. Durch diesen Nachweis der TBA-TBARS-Konjugate kann der
oxidative Stress in biologischen Proben (Organen, Geweben, Zellen und Körperflüssigkeiten
(Urin, Serum, Liquor, Lymphe, Galle, Lungen-Lavage usw.)) äußerst spezifisch in
physiologischen und pathologischen Bereichen durch Vergleich mit einem TBA-TBARS-
Standard quantifiziert werden.
Der oxidative Stress (OS) entsteht bei einem Ungleichgewicht zwischen der Bildung und dem
Abbau von sogenannten reaktiven oxidativen Spezies (ROS), die aus molekularem Sauerstoff
hervorgehen (Pryor, Free radicals in biology 1, 1976, Academic Press, London). Ausgehend
vom Sauerstoffmolekül (O2) entstehen folgende zunehmend reduzierte ROS-Verbindungen:
das Superoxidanionradikal (.O2 -), Wasserstoffperoxid (H2O2), das Hydroxylanion (OH-) und
das Hydroxylradikal (.OH). Dabei ist das Hydroxylradikal wegen seiner äußerst starken
Oxidationskraft die reaktivste ROS-Verbindung (Halliwell and Gutteridge, Oxygen toxicity,
oxygen radicals, transition metals and disease, 1984, Biochem. J., 219, 1-14). Das
membranpermeable Wasserstoffperoxid ist eine zentrale ROS-Verbindung, die im Körper bei
vielen enzymatischen Stoffwechselprozessen entsteht und relativ stabil ist.
Die bei weitem größte Entstehungsquelle von intrazellulärem Wasserstoffperoxid sind die
Mitochondrien, die fast den gesamten Sauerstoff umsetzen. Dabei entstehen
Superoxidanionradikale und nachfolgend Wasserstoffperoxid durch die aus der Atmungskette
stets entweichenden Elektronen (Elektronenleckage). Bei Entzündungsprozessen werden von
phagozytierenden Zellen, wie Macrophagen und Microglia, Superoxidanionradikale bzw.
Wasserstoffperoxid über das NADPH-Oxidase-System produziert und dann zur
Immunabwehr genutzt. Darüberhinaus entstehen Superoxidanionradikale bzw.
Wasserstoffperoxid durch die Aktivität Sauerstoff-verarbeitender Enzyme (v. a. Xanthin-
Oxidase), bei der Entgiftung toxischer Substanzen durch das Cytochrom p450-System und der
peroxisomalen Oxidation von Fett- und Aminosäuren (Davies, Oxidative stress: the paradox
of aerobic life, 1995, Biochem. Soc. Symp., 61, 1-31). Neben diesem endogenen oxidativen
Stress, der mit Erhöhung der Stoffwechselaktivität oder Überernährung zunimmt, führen
zahlreiche exogene Stressoren, wie UV-Strahlung, Röntgenstrahlen, Elektrosmog,
Schwermetalle, Ozon und verschiedene Umweltgifte zur Entstehung dieser äußerst reaktiven
Sauerstoffverbindungen, wobei auch Hitze und Ansäuerung zum oxidativen Stress zu führen
scheinen. Durch zunehmende Belastung sowohl der Umwelt als auch des Körpers (Sport,
psychischer Stress, Rauchen, Überernährung) stehen wir zunehmend unter oxidativem Stress.
Zum Schutz vor oxidativem Stress verfügen die Zellen über umfangreiche Abwehrsysteme,
die auf den Ebenen der Prävention und Unterbrechung eingreifen (Sies, Strategies of
antioxidant defense, 1993, Eur. J. Biochem. 215, p 213-219). Die Prävention verringert den
OS durch Chelatierung oder Inaktivierung von Substanzen, die zur Bildung von ROS führen
(vor altem Schwermetalle). Bei der Unterbrechung werden die ROS entweder durch
antioxidativ wirkende Enzyme reduktiv entgiftet, die teilweise Antioxidantien als Cofaktoren
benötigen, oder die ROS werden nicht-enzymatisch durch Antioxidantien direkt reduziert.
Dabei spielen die beiden antioxidativen Vitamine E und C, sowie das selbst synthetisierte
Glutathion eine Hauptrolle bei der reduktiven Entgiftung von Lipidradikalen in den
Zellmembranen und von ROS im Cytosol.
Nur bei einer unzureichenden antioxidativen Abwehr kommt es zu einer Anreicherung von
ROS und damit zum oxidativen Stress in der Zelle. Die stabile ROS-Verbindung
Wasserstoffperoxid ist erst nach Sekundärreaktionen durch die Produktion des sehr reaktiven
Hydroxylradikals (.OH) in der "Eisen-katalysierten Haber-Weiss-Reaktion" (.O2 - + H2O2 Fe →
O2 + OH- + .OH) zelltoxisch (Halliwell and Gutteridge, 1984). Diese Reaktion setzt sich aus 2
Einzelreaktionen zusammen. In der ersten Reaktion reduziert das Superoxidanionradikal Fe3+
zu Fe2+ (Fe3+ + .O2 - → Fe2+ + O2). In der zweiten Reaktion kommt es in der Fenton Reaktion
zur reduktiven Spaltung von Wasserstoffperoxid durch reduziertes Eisen (Fe2+), wodurch das
Hydroxylradikal, sowie Hydroxylanion (OH-) und oxidiertes Eisen (Fe3+) entsteht (Fe2+ +
H2O2 → Fe3+ + OH- + .OH). Dabei ist zu erwähnen, daß die reduktive Spaltung von H2O2 in
der Fenton-Reaktion nicht nur mit Fe2+, sondern auch mit anderen reduzierten
Übergangsmetallen abläuft, wie z. B. Kupfer, Chrom und Vanadium. Ein weiteres sehr
reaktives Molekül stellt das Peroxynitrit-Ion (ONOO-) dar, welches durch die Verbindung von
NO mit .O2 - entsteht. Hydroxylradikale und Peroxynitrit, wie auch andere Radiale, können
durch ihre starke Elektronegativität alle Makromoleküle oxidieren und dadurch starke
Zellschädigungen verursachen.
Die Lipide stellen einen wichtigen Angriffspunkt von ROS dar, wobei vor allem die mehrfach
ungesättigten Fettsäuren der Phospholipide von Zellmembranen sehr sensibel gegenüber
Oxidationen sind. Dieser Prozeß wird als Lipidperoxidation bezeichnet und ist durch Radikal-
Kettenreaktionen charakterisiert (Buettner, The pecking order of free radicals and
antioxidants, 1993, Arch. Biochem. Biophys. 300, 535-543). Durch die
Lipidradikalkettenreaktionen entstehen Schäden in Plasma- und Organellmembranen, welches
wiederum membrangebundener Proteine beeinflußt und eine Veränderung der
Membranpermeabilität bewirkt. Dieses führt z. B. zu einem Ca2+-Einstrom ins Cytosol,
wodurch es zu einer weiteren ROS-Produktion durch Aktivierung der NO-Synthetase und der
Xanthin-Oxidase, aber auch zu degenerativen Prozessen durch Ca2+-abhängige Aktivierung
von Phospholipasen, Proteasen und Endonukleasen kommt. Dadurch entstehen Störungen der
Zellfunktion und Zellintegrität, die letztendlich zum Zelltod führen können.
Bei den Proteinen stellen vor allem die Thiolgruppen der Cysteinreste eine Achillesferse
gegenüber reaktiven Sauerstoffverbindungen dar, wodurch es zur Bildung intra- als auch
intermolekularer Disulfidbrücken kommt. Zusätzlich können Dimerisierungen über
Tyrosinreste entstehen. Weitere besonders OS-sensitive Aminosäuren sind Histidin, Prolin,
Arginin und Lysin. Fragmentierungen von Proteinen entstehen durch Oxidation der
Peptidbindung, die dann über die Bildung von Peroxylintermediaten gespalten wird. Diese
Schädigungen führen zu Konformationsänderungen und enzymatischen Funktionsstörungen
von verschiedenen Proteinen. Ein Addukt aus ROS-geschädigten Proteinen und Lipiden ist
das Lipofucsin, ein Alterspigment, das im Laufe des Lebens zusammen mit oxidierten
Proteinen akkumuliert.
Die Nucleinsäuren (DNA und RNA) werden ebenfalls durch oxidativen Stress geschädigt.
Dabei kommt es zu Einzel- und Doppel-Strangbrüchen, Bildung von DNA-DNA-, DNA-
Protein und DNA-Lipid-Addukten, als auch zur Entstehung von Basenmodifikationen. Die
Strangbrüche entstehen durch Oxidation der Ribose. Vermutlich gibt es mehr als 100
verschiedene oxidative Basenmodifikationen, am häufigsten 8-Hydroxyguanin, 5-
Hydroxymethyluracil und Thyminglykol. Schätztungsweise wirken in der Zelle zwischen 105
und 106 ROS-Reaktionen pro Tag auf die DNA ein, die nicht alle durch DNA-
Reparatursysteme beseitigt werden können, so daß es altersabhängig zu einer Akkumulierung
von DNA-Schäden kommt.
Die durch OS verursachten Prozesse führen zu starken Zellschädigungen und schließlich zum
Zelltod (Gosslau et al., Heat shock and oxidative stress-induced exposure of hydrophobic
protein domains as common signal in the induction of hsp68, 2001, J. Biol. Chem., 276, 1814-
1821). Über Lipidradikalkettenreaktionen in den Plasma- und Organellmembranen kommt es
zu starken Störung der Zellhomöostase. Durch Akkumulierung von oxidativen DNA-Schäden
ergibt sich eine hohe Mutagenität, wodurch das Krebsrisiko altersabhängig zunimmt. OS-
induzierte Schädigungen von Proteinen korrelieren mit einer Beeinträchtigung vieler
Synthese- und Reparaturprozesse oder der Veränderung vieler Strukturproteine. Diese
Schädigungen können zu verfrühten Alterungsprozessen und degenerativen Krankheiten
führen wie Krebs, Arteriosklerose, grauer Star, Herzinfarkt, Sterilität, Diabetis melittus,
Rheuma, chronische Entzündungen, Degenerierung des Immunsystems bzw. neuronalen
Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, Huntington, Wilson und multiple Sklerose (Knight,
The biochemistry of aging, 2000, Adv. Clin. Chem., 35, 1-62).
Es existieren verschiedene Nachweismethoden für den oxidativen Stress, die entweder auf
den direkten Nachweis von freien Radikalen durch Oxidation spezifischer
Fluoreszenzfarbstoffe basieren oder auf den indirekten Nachweis von oxidierten
Makromolekülen bzw. deren Spaltungsprodukten, wie Nucleinsäuren (8-Oxoguanin, 8-
Oxoadenin, 8-Hydroxy-2-Desoxyguanosin, 8-Hydroxyadenin, 7-Methyl-8-Hydroxyguanin,
Thymin-Glycol), Proteinen (3-Nitrotyrosin, 3-Chlorotyrosin, ortho- und meta-Tyrosin, 2-
Oxo-Histidin, Dityrosin, Methionin-Sulfoxid, Valin-Hydroxid, Carbonyl-Nachweis) und
Lipiden (Malonaldehyd, 4-Hydroxyalkenal, n-Pentanal, n-Hexanal, n-Heptanal, 2-Octenal, n-
Nonenal, 4-Hydroxynonenal, 4-Hydroxydecanal, F2-Isoprostane, Ethan, Pentan, Ethylen) oder
der Bestimmung an reduzierten oder oxidierten Antioxidantien (Glutathion, Vitamin E und C
etc.). Die Bestimmung dieser oxidierten Moleküle erfolgt über mehr oder weniger
komplizierte Nachweismethoden (Hochdruckflüssigkeits-Chromatographie, Gas-
Chromatographie-Massenspektroskopie, radioaktive Markierung, Chemolumineszenz,
Elektronenspinresonanz-Analyse), die in der Diagnostik schwer anwendbar sind. Daher ist der
Bedarf für eine einfache in vivo-Bestimmung von oxidativem Stress sehr groß (Halliwell,
Oxidative stress, nutrition and health. Experimental strategies for optimisation of nutritional
antioxidant intake in humans, 1996, Free Radic. Res. 25, p 57-74).
Der indirekte Nachweis von leicht oxidierbaren Membranlipiden ist für die Quantifizierung
von oxidativem Stress in biologischen Proben sehr gut geeignet. In nicht-enzymatischen
Kettenreaktionen kommt es während der Lipidperoxidation zur Bildung verschiedener stabiler
Oxidationsprodukte sowohl in Zellen als auch im Blut und Urin. Das auslösende Ereignis der
Lipidperoxidation (Fig. 1) ist die Oxidation durch ROS (vor allem .OH-Radikale) am C-Atom
zwischen 2 Doppelbindungen von ungesättigten Fettsäuren (a), wodurch ein Lipidradikal
entsteht (b). Innerhalb des Lipidradikalmoleküls kommt es durch Umformung zur Entstehung
von konjugierten Doppelbindungen (c). Das Lipidradikal reagiert sehr leicht mit O2 zum
Lipidperoxylradikal (d), welches benachbarte Lipide zu Lipidradikalen oxidiert, wodurch das
Lipidhydroperoxid entsteht (e). Durch reduktive Spaltung mittels Fe2+ in einer Fenton
ähnlichen Reaktion wird das Lipidhydroperoxid zum Lipidhydroxylradikal umgeformt (f).
Weitere Kettenreaktionen fuhren zur Entstehung des Lipidhydroxids (g). Durch reduktive β-
Spaltung innerhalb des Lipidhydroxylradikals kommt es zur Entstehung von Alkylradikalen
und Aldehyden, wobei häufig Malonaldehyd entsteht (h). Die Alkylradikale oxidieren
wiederum in Kettenreaktionen benachbarte Lipide, wobei nach weiteren Oxidationsprozessen
als häufige Produkte Ethan und Pentan entstehen (i). Alternativ kommt es mit O2 zur Bildung
von Lipidperoxylradikalen (d), die wieder Lipidkettenreaktionen auslösen (e).
Die Entstehung nicht-enzymatischer Spaltungsprodukte von Lipidhydroperoxiden in Form
von Aldehyden (vor allem Malonaldehyd) wird bei der Bestimmung der Lipidperoxidation
durch den Thiobarbitursäuretest herangezogen (Slater, Free radical mechanisms in tissue
injury, 1972, Pion Limited, London, 38-43). Dieses wurde 1916 erstmals beschrieben, da eine
Hitzebehandlung aromatischer Aldehyde mit Thiobarbitursäure zu einer rötlichen Färbung
führte (Dox and Plaisance, Condensation of thiobarbituric acid with aromatic aldehydes,
1916, J. Am. Chem. Soc., 38, 2164-2166). Später wurde festgestellt, daß oxidierte
Gewebesuspensionen ebenfalls mit Thiobarbitursäure reagieren (Kohn und Liversedge, On a
new aerobic metabolite whose production by brain is inhibited by apomorphine, emetine,
ergotamine, epinephrine, and menadione, 1944, J. Pharmocol. Exp. Ther., 82, 292-300). 1948
haben Bernheim und Mitarbeiter dann einen C3-Körper als Spaltungsprodukt von Lipiden
postuliert, der mit TBA reagiert (Bernheim, The reaction between thiobarbituric acid and the
oxidation products of certain lipids, 1948, J. Biol. Chem. 174, 257-264). Dieser C3-Körper
wurde dann als Malonaldehyd identifiziert und schließlich eine stöchiometrische Beziehung
der Bindung von einem Molekül Malonaldehyd an zwei Moleküle Thiobarbitursäure gezeigt
(Sinnhuber et al., Characterization of the red pigment formed in the 2-thiobarbituric acid
determination of oxidative rancidity, 1958, Food Res., 23, 626-633). Durch Bildung einer
kovalenten Thioesterbindung zwischen Malondialdehyd (MDA) und Thiobarbitursäure (TBA)
entstehen rote MDA-TBA-Konjugate, die photometrisch bei 535 nm bestimmt werden können.
Durch einen Vergleich mit einem MDA-Standard kann die Malonaldehyd-Generierung somit
in biologischen Proben quantifiziert werden und als Gradmesser von oxidativem Stress
herangezogen werden (Liu et al., Assay of aldehydes from lipid peroxidation: gas
chromatograph-mass spectrometry compared to thiobarbituric acid, Anal. Biochem., 1997,
161-166).
Neben Malonaldehyd bilden noch andere Aldehyde, wie z. B. Acetaldehyd und Hexanal mit
TBA rote Konjugate. Zudem wurde gezeigt, daß auch oxidative Schädigungen von
Aminosäuren, Basen oder Kohlenhydraten zur Bildung von Protein- und Nucleinsäure-
Intermediaten führen, die mit Thiobarbitursäure reagieren. Dieses beruht wahrscheinlich auf
einer Fragmentierung der Makromoleküle mit entsprechender Malonaldehyd-Bildung (Knight
et al., Specifity of the thiobarbituric acid reaction: its use in studies of lipid peroxidation,
1988, Clin. Chem., 34, 2433-2438). Zudem reagieren Malonaldehyd und andere Aldehyde
auch mit Nucleinsäuren und Proteinen, wodurch es zur Bildung von Aggregaten kommt (z. B.
Lipofucsin). Durch den Thiobarbitursäuretest können also Aldehyde nachgewiesen werden,
die vor allem während der Lipidkettenreaktionen primär entstehen als auch bei OS
induzierten Fragmentierungen von Nucleinsäuren und Proteinen sekundär gebildet werden.
Daher werden alle Substanzen, die mit Thiobarbitursäure eine kovalente Bindung eingehen,
auch als Thiobarbitursäure reaktive Substanzen oder "Thiobarbituric Acid Reactive
Substances" (TBARS) bezeichnet (Esterbauer et al. Chemistry and biochemistry of 4-
Hydroxynonenal, malonaldehyde and other related aldehydes, 1991., Free Radic. Biol. Med.,
11, 81-128). Diese TBARS akkumulieren in verschiedenen biologischen Proben, wie Zellen,
Geweben, Organen und Körperflüssigkeiten, womit der Thiobarbitursäuretestes eine
zuverlässige Meßmethode für den oxidativen Stress im Körper darstellt.
Zuerst wurde ein Malondialdehyd-Standard (10 mM) durch Hydrolyse von 5 mM 1,1,3,3
Tetramethoxypropan in 0,25 N HCl bei 100°C für 15 min in verschlossenen Reaktionsgefäßen
hergestellt. Anschließend wurde eine Verdünnungsreihe von Malondialdehyd (0,1-10 µM) in
Phosphat-gepufferter Kochsalzlösung erstellt. Die Eichlösungen wurden jeweils im Verhältnis
von 1 : 1 (Vol/Vol) mit einer Thiobarbitursäurestammlösung (25 mM 2-Thiobarbitursäure in
0,25 N HCl und 15% Trichloressigsäure) gemischt. Danach wurden die Reaktionsgefäße bei
95° Celsius für 45 min inkubiert und auf Eis abgekühlt. Die optische Dichte (OD) wurde bei
535 nm photometrisch bestimmt. Anschließend wurde eine Eichgerade erstellt (Fig. 2A).
Dargestellt sind die Mittelwerte aus 3 unabhängigen Versuchen +/-Standardabweichung
(SD). Die gemessenen OD-Werte liegen nur leicht unterhalb der durch den
Extinktionskoeffizient für Malondialdehyd-TBA-Konjugat (ε = 1.56 × 105/M/cm) berechneten
Werte (Fig. 2B) und sind wohl auf einer nicht ganz vollständigen Hydrolyse von
Tetramethoxypropan zurückzuführen. Somit kommt es im Bereich von 0,1-10 µM
Malondialdehyd zu einer dosisabhängigen Bindung an Thiobarbitursäure, die sich im starken
Überschuß gegenüber Malondialdehyd (MDA) befindet und somit kein limitierender Faktor
bei diesen MDA-Konzentrationen ist.
Danach wurde durch den Thiobarbitursäuretest untersucht, ob oxidativer Stress (H2O2) zur
Oxidation von Zellmembranen (Lipidperoxidation) führt, die mit einer Bildung von
Malondialdehyd korreliert. Dazu wurden C6 Rattengliomzellen, die einem durch
Nitroharnstoff-induziertem Astrozytom entstammen (Benda et al., Differentiated rat glial cell
strain in tissue culture, 1968, Science, 161, 370-371), für 3 Tage in Dulbecco's Modified
Eagles Medium kultiviert. Die Zellkultivierung erfolgte in einem Inkubator bei konstanten
Bedingungen (37°C, 10% CO2, wasserdampfgesättigte Atmosphäre). Vor Versuchsbeginn
wurden die Zellen in 1 ml eiskalt Phosphat-gepufferter Kochsalzlösung abgeschabt,
anschließend in 2 ml Eppendorf-Reaktionsgefäße überführt, und der Proteingehalt gemäß der
Methode von Neuhoff und Mitarbeitern bestimmt (Neuhoff et al., A simple, versatile,
sensitive and volume-independent method for quantitative protein determination which is
independent of other external influences, 1979, Hoppe-Seyler's Z. Physiol. Chem., 360, 1657-
1670). Der oxidative Stress wurde durch eine einstündige Inkubation mit steigenden
Konzentrationen von Wasserstoffperoxid (mM H2O2) induziert. Anschließend wurden sowohl
H2O2-behandelte Zellen als auch Kontrollzellen (0 mM H2O2) mit 1 ml der
Thiobarbitursäurestammlösung versetzt und bei 95° Celsius für 45 min inkubiert.
Anschließend wurden die Zelllysate auf Eis abgekühlt und bei 18000 × g für 2 min
zentrifugiert. Die Extinktion des Überstandes wurde bei 535 nm photometrisch bestimmt. Die
Höhe der Malondialdehyd-Bildung ist dargestellt als nmol TBARS (bzw. TBA-MDA-
Konjugate) pro mg Protein (Ordinate), die mittels des Extinktionskoeffizienten berechnet
wurde. Dargestellt sind die Mittelwerte aus 5 unabhängigen Versuchen +/-SD (Fig. 3). Schon
niedrige H2O2-Konzentrationen (125 µM) führen zur signifikanten (p < 0,05) Bildung von
TBARS. Ab einer Konzentration von 250 µM H2O2 zeigt sich eine hochsignifikante (p <
0,001) Erhöhung der TBARS-Bildung im Vergleich zu unbehandelten Zellen, die
dosisabhängig bis 8 mM H2O2 ansteigt.
Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse eine eindeutige Proportionalität bei der Bindung von
Thiobarbitursäure an Malondialdehyd sowohl im nanomolaren als auch micromolaren Bereich
(Fig. 2). Thiobarbitursäure befindet sich in diesem Konzentrationsbereich im starken
Überschuß gegenüber Malondialdehyd und stellt somit keinen limitierenden Faktor dar. Bei
einem durch Wasserstoffperoxid induzierten oxidativen Stress in C6-Rattengliomazellen
(Fig. 3) zeigt sich ebenfalls eine dosisabhängige Bildung der Malondialdehyd-
Thiobarbitursäure-Konjugate (TBARS). Schon Wasserstoffperoxid-Konzentrationen im
micromolaren Bereich, welche den physiologischen Konzentrationen im Körper entsprechen,
führen zu einer signifikanten Bildung der TBARS-Konjugate. Auch pathophysiologische
Wasserstoffperoxid-Konzentrationen (im millimolarem Bereich) führen zu einer
dosisabhängigen Bildung von TBARS-Konjugaten. Jedoch zeigt sich im Gegensatz zum
Malondialdehyd-Standard bei der H2O2-induzierten MDA-Produktion in Zellmembranen eine
schwächere Korrelation der Bindung von Malondialdehyd an TBA. Dieses ist darauf
zurückzuführen, daß Thiobarbitursäure neben MDA noch mit anderen Aldehyden bzw. OS
modifizierten Makromolekülen interagiert, weshalb diese Substanzen als "Thiobarbituric Acid
Reactive Substances" (TBARS) bezeichnet werden.
Bei dem neuen Verfahren werden die TBARS auf speziell mit Thiobarbitursäure
beschichteten Oberflächen nachgewiesen. Anschließend können diese immobilisierten TBA-
TBARS-Konjugate dann mittels Antikörper immunologisch nachgewiesen werden, wodurch
die Sensitivität deutlich gesteigert wird. Bislang war ein immunologischer Nachweis von
TBARS nur mittels Antikörper möglich, die gegen Malonaldehyd-modifizierte Aminosäuren
oder Basen gerichtet sind. Dabei wurden zuerst monoklonale Antikörper gegen
Malondialdehyd-modifiziertes LDL hergestellt (Gonen et al., Immunogenicity of
malondialdehyde-modified low density lipoproteins. Studies with monoclonal antibodies,
1987, Atherosclerosis, 65, 265-272). Durch Kopplung von Malondialdehyd (MDA) an
Lysozym und Poly-Lysin wurden im humanen Serum Immunoglobuline isoliert, die
spezifisch gegen die verbindene 1-Amino-3-Imino-Propen-Gruppe gerichtet sind (Kergonou
et al., Immunological relevance of malonic dialdehyde (MDA): III. Immuno-enzymatic
determination of human immunoglobulin binding to MDA-crosslinked proteins, 1988,
Biochem. Intern., 16, 845-852). Dann wurden polyklonale Antikörper produziert, die
spezifisch gegen MDA-modifiziertes Albumin gerichtet sind (Lung et al., Immunochemical
properties of malondialdehyde-protein adducts, 1990, J. Immunol. Meth., 128, 127-132) oder
Proteinkomplexe erkennen, die durch Malondialdehyd (MDA) und Acetaldehyd (AA)
modifiziert sind (Tuma et al., Acetaldehyde and malonaldehyde react together to generate
distinct protein adducts in the liver during long-term ethanol administration, 1996,
Hepatology, 23, 872-880). Mit monoklonalen Antikörpern, die MDA-Desoxyguanosin-
Addukte detektieren, konnte schließlich auch MDA-modifizierte DNA im ELISA spezifisch
nachgewiesen werden (Sevilla et al., Development of monoclonal antibodies to the
malondialdehyde-deoxyguanosine adduct, pyrimidopurinone, 1997, Chem. Res. Toxicol., 10,
172-180).
Beim neuen Verfahren zum immunologischen Nachweis der TBA-TBARS-Konjugate werden
Antikörper produziert und eingesetzt, die spezifisch die Thioesterbindung zwischen den
TBARS (z. B. Malonaldehyd) und der Thiobarbitursäure erkennen. Dieser immunologische
Nachweis hat den Vorteil, daß die zuvor auf den Festphasen-Oberflächen angereicherten
TBA-TBARS-Konjugate äußerst sensitiv detektiert werden können. Die Antikörper, die die
TBA-TBARS-Konjugate spezifisch erkennen, sollen durch Immunisierung mit einem Antigen
bestehend aus einem Konjugat aus Thiobarbitursäure bzw. dessen Derivaten und einer
Thiobarbitursäure-reaktiven Substanz (z. B. Malonaldehyd) hergestellt werden.
Normalerweise ist die Herstellung von Antikörpern gegen diese sehr kleinen Moleküle
schwierig. Dieses Problem kann jedoch umgangen werden, indem man die TBA-TBARS-
Konjugate vor der Immunisierung an Haptene kovalent bindet. Dieses kann durch Kopplung
der Carboxyl- oder Thiolgruppe und den Aldehydgruppen der Thiobarbitursäure bzw. des
Malondialdehyds an das Hapten erreicht werden. Die Kopplung des TBA-TBARS-Konjugats
über die Carboxylgruppe kann mittels der Diclohexyl-Carbodiimid-Methode durchgeführt
werden (Rich et al., The carbodiimide method, 1979, The Peptides, 1, 241-261). Durch
Immunisierung von Kaninchen wird dann das Antisenum hergestellt. Anschließend werden
durch Aufreinigung polyklonale Antikörper gewonnen und über das Hybridoma-Verfahren
hochspezifische monoklonale Antikörper hergestellt. Poly- und monoklonale Antikörper
können dann in den verschiedenen Immunoassays zur Detektion von TBA-TBARS-
Konjugaten eingesetzt werden, wobei Western-Blot-Techniken, Enzym-gebundene
Immunoassays (ELISAs), Fluoreszenzimmunoassays (IFMAs und FIAs) oder
Radioimmunoassays (RIAs) verwendet werden können.
Claims (9)
1. Vorrichtung zum in vivo-Nachweis von oxidativem Stress in biologischen Proben durch
Bestimmung von Thiobarbitursäure-reaktiven Substanzen (TBARS) auf Festphasen.
2. Vorrichtung nach Anspruch 11 dadurch gekennzeichnet, daß der TBARS-Nachweis auf
festen Oberflächen von Mikrotiterplatten und -modulen, Röhrchen, Sticks oder Streifen
erfolgt, die mit Thiobarbitursäure (TBA) bzw. dessen verwandten Substanzen beschichtet
sind.
3. Vorrichtung nach Anspruch 1-2, dadurch gekennzeichnet, daß die auf den festen
Oberflächen gebundenen TBARS-TBA-Konjugate durch Vergleich mit einem TBARS-
Standard quantifiziert werden.
4. Vorrichtung nach Anspruch 1-3, dadurch gekennzeichnet, daß der TBARS-Standard aus
einer Thiobarbitursäure-reaktiven Substanz (insbesondere Aldehyde bzw. Aldehyd
modifizierte Moleküle) besteht.
5. Vorrichtung nach Anspruch 1-4, dadurch gekennzeichnet, daß die TBA-TBARS-
Konjugate auch durch spektroskopische Verfahren, insbesondere
Fluoreszenzspektroskopie, nachgewiesen werden.
6. Vorrichtung nach Anspruch 1-5, dadurch gekennzeichnet, daß die TBA-TBARS-
Konjugate auf den Oberflächen immunologisch durch einen spezifischen Antikörper
nachgewiesen werden.
7. Vorrichtung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Antikörper durch
Immunisierung mit einem Antigen bestehend aus einem Konjugat aus Thiobarbitursäure
bzw. dessen verwandten Substanzen und einer Thiobarbitursäure-reaktiven Substanz
(insbesondere Aldehyde bzw. Aldehydmodifizierte Moleküle) hergestellt wird.
8. Vorrichtung nach Anspruch 6-7, dadurch gekennzeichnet, daß der Antikörper gegen das
Antigen-Konjugat entweder direkt an ein Markermolekül gekoppelt ist oder durch
sekundäre Antikörper detektiert wird.
9. Vorrichtung nach Anspruch 1-8, dadurch gekennzeichnet, daß die TBA-TBARS-
Konjugate durch verschiedene Immunoassays, insbesondere Western-Blot, ELISA, IFMA,
FIA und RIA detektiert werden.
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Cited By (4)
Publication number | Priority date | Publication date | Assignee | Title |
---|---|---|---|---|
WO2008010843A2 (en) * | 2005-12-09 | 2008-01-24 | The Regents Of The University Of California | Assessing the toxic potential of nanomaterials |
WO2009140826A1 (zh) * | 2008-05-23 | 2009-11-26 | 淮北辉克药业有限公司 | 一种测定机体氧化应激窗口的试剂盒组套及其用途 |
WO2011098407A1 (en) * | 2010-02-12 | 2011-08-18 | Cemm Forschungszentrum Für Molekulare Medizin Gmbh | Microspheres |
RU2797016C1 (ru) * | 2022-12-05 | 2023-05-30 | Федеральное государственное автономное образовательное учреждение высшего образования "Национальный исследовательский Томский политехнический университет" | Способ определения малонового диальдегида |
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2001
- 2001-05-23 DE DE2001125188 patent/DE10125188A1/de not_active Withdrawn
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