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Stand der Technik
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Satellitennavigationssysteme, beispielsweise das Global Positioning System (GPS) basieren auf Satelliten, die sich auf Umlaufbahnen um die Erde befinden und dabei kontinuierlich codierte Signale, welche Sendefrequenzen aufmoduliert sind, ausstrahlen. In den codierten Signalen sind Informationen über die sich änderenden Positionsdaten der Satelliten sowie die genaue Uhrzeit enthalten. Aus den empfangenen Signalen kann in einem Navigationssatellitenempfänger die Signallaufzeit vom Satelliten zum Navigationssatellitenempfänger bestimmt werden. Bei Empfang der Satellitensignale von mehreren Navigationssatelliten die kann der Navigationssatellitenempfänger daraus seine eigene Position und Geschwindigkeit berechnen.
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Dabei gibt es allerdings Empfangskonstellationen, die die Berechnung erschweren.
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Eine solche Empfangskonstellation ist eine sogenannte Mehrwege- (MP, Multi Path) Empfangskonstellation, bei der Satellitensignale über Umwege, insbesondere nach Reflektion, unter Umständen auch nach mehrfachen Reflektionen beipielsweise an Häuserwänden am Standort des Satellitenempfängers eintreffen.
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Im Stand der Technik ist es bekannt, Mehrwege-Empfangskonstellationen zu erkennen. Dies wird z.B. beschrieben durch: Omer Mohsin Mubarak & Andrew G. Dempster, The University of New South Wales, Australia, „Exclusion of Multipath-Affected Satellites Using Early Late Phase“, Journal of Global Positioning Systems (2010), Vol.9, No.2: 145-155.
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Offenbarung der Erfindung
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Die vorliegende Erfindung bietet eine besonders effiziente Lösung zur Bestimmung der Umweglängen und/oder Umweglaufzeiten von auch über Mehrwegeempfang von Navigationssatelliten empfangenen Satellitensignalen in Navigationssatellitenempfängern. Ein besonderer Vorteil der vorliegenden Lösung kann darin gesehen werden, dass diese ohne zusätzliche Hardware-Komponenten und damit mit bestehender Navigationssatellitenempfänger-Hardware ausgeführt werden kann. Darüber hinaus ist auch der erforderliche Rechenaufwand gering, so dass auch nur geringe Anforderungen an die Prozessorleistung des Navigationssatellitenempfängers gestellt werden. Dazu wird ein Verfahren zur Bestimmung der Umweglänge und/oder Umweglaufzeit eines mit einem Navigationssatellitenempfänger über einen durch eine Reflexion bedingten Umweg empfangenen Navigationssignals gegenüber einem auf direktem Wege empfangenen Navigationssignal vorgeschlagen,
wobei das vom Navigationssatellitenempfänger erfasste Empfangssignal eine Überlagerung eines ersten Signalanteils aus dem direkt empfangenen Navigationssignal und einen zweiten Signalanteil aus dem über den Umweg empfangenen Navigationssignal enthält, welches sich dadurch auszeichnet, dass mindestens zwei Navigationssignale unterschiedlicher Übertragungsfrequenz, welche von ein- und demselben Navigationssatelliten ausgestrahlt werden, vom Navigationssatellitenempfänger empfangen werden,
und dass zur Bestimmung der Umweglänge und/oder Umweglaufzeit die Signalleistungen der mindestens zwei empfangenen Navigationssignale ausgewertet werden.
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Vorzugsweise ist bei diesem Verfahren weiterhin vorgesehen, dass Verläufe der Signalleistungen, kurz Signalleistungsverläufe (PL1, PL2, PL3), der Signalleistungen der mindestens zwei Navigationssignale bestimmt werden, und dass mittels eines numerischen Verfahrens die Umweglänge und/oder die Umweglaufzeit als diejenige Umweglänge und/oder diejenige Umweglaufzeit bestimmt wird, für welche die Summe der bestimmten Signalleistungsverläufe ein Minimum annimmt.
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Ein solches numerisches Verfahren kann beispielsweise in Form eines Least-Mean-Squares-Algorithumus mittels eines digitalen Signalprozessors rechen- und Ressourcen-effizient implementiert werden. Die damit erzielbare Genauigkeit ist selbst bei Beschränkung auf wenige Rechen- bzw. Iterationsschritte für die vorliegende Anwendung ausreichend.
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Vorzugsweise ist weiterhin vorgesehen, dass im Falle mehrerer ermittelter Werte für die Umweglänge und/oder die Umweglaufzeit diese mittels Plausbilitätsbetrachtungen auf einen Wert für Umweglänge und/oder Umweglaufzeit beschränkt werden.
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Eine weitere Einschränkung der möglichen Werte für die Umweglänge und/oder Umweglaufzeit kann dadurch erreicht werden, dass Navigationssignale mehrerer Satelliten ein- und desselben Satellitennavigationssystems ausgewertet werden, die zum Navigationssatellitenempfänger in einer Sichtlinie stehen, das heißt, die unter der Voraussetzung geeingeter Witterungsbedingungen, wie beispielsweise unbewölktem Himmel, sichtbar sind. Die Auswertung von Signalen mehrerer Satelliten ist zum Zweck der Eigenortung ohnehin erforderlich, so dass hier vorteilhaft Synergie-Effekte genutzt werden können.
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Alternativ oder ergänzend können hierzu auch Navigationssignale von Satelliten mindestens eines zweiten Satellitennavigationssystems ausgewertet werden, welcher zum Navigationssatellitenempfänger in einer Sichtlinie stehen.
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Vorzugsweise können die Plausibilitätsbetrachtungen auch eine ermittelte Bewegungsgeschwindigkeit des Navigationssatellitenempfängers umfassen. Dies ist insbesondere ei Verwendung des Navigationssatellitenempfängers in einem Fahrzeug relevant. Der Navigationssatellitenempfänger kann dabei durch Auswertung der Doppler-Verschiebung des empfangenen Navigationssignals eine Fahrzeuggeschwindigkeit nach Betrag und Richtung berechnen, zumindest aber eine grobe Fahrrichtung abschätzen. Sofern eine der bestimmten Lösungen für die Umweglänge oder Umweglaufzeit im Widerspruch zu dieser Fahrzeuggeschwindigkeit steht, kann diese als nicht korrekt verworfen werden oder unberücksichtigt bleiben.
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Vorteilhaft ist weiterhin ein Verfahren zur Bestimmung einer Position eines Navigationssatellitenempfängers auf Grundlage oder unter Nutzung der nach dem vorstehenden Verfahren bestimmten Umweglänge und/oder Umweglaufzeit. Diese Daten ermöglichen eine Korrektur einer herkömmlich, das heißt auf Grundlage des durch Multipath-Einflüsse gestört empfangenen Navigationssignals bestimmten Position. Insbesondere kann auf Grundlage dieser Daten der Pseudorange korrigiert werden und damit eine Genauigkeit der resultierenden Position von unter 1 Meter erreicht werden.
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Vorteilhaft ist auch ein Navigationssatellitenempfänger mit einem Empfangsteil, welches zum Empfang von Navigationssignalen eines Navigationssatellitensystems eingereichtet ist, und mit einer Auswerteeinheit, welche zur Bestimmung der Umweglänge und/oder der Umweglaufzeit nach dem vorstehend beschriebenen Verfahren oder einer von dessen Weiterbildungen eingerichtet ist. Im Zusammenhang mit Fahrzeugnavigation bzw. Eigenortung ist weiterhin ein Ortungssystem vonm Vorteil, mit einem Navigationssatelligenempfänger wie vorstehend beschrieben, welches dazu eingerichtet ist, eine Eigenposition gemäß dem vorbeschriebenen Verfahren zu bestimmen und/oder zu korrigieren.
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Im Rahmen der weiteren Beschreibung wird die Signalleistung auch als Empfangssignal-Leistung bezeichnet, um klarzustellen, dass es sich dabei um die Leistung des durch den Navigationssatellitenempfänger empfangenen Signals handelt.
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Weiterhin wird das Navigationssignal auch als Satellitensignal bezeichnet, um klarzustellen, dass es sich um das von den Navigationssatelliten abgestrahlte Signal handelt.
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Die gewonnenen Erkenntnisse über die Parameter einer Mehrwege-Empfangskonstellation, hier vor allem die Umweglängen und/oder Umweglaufzeiten der über Umwege empfangenen Satellitensignale können im Navigationssatellitenemfänger insbesondere zu einer verbesserten Eigenortung bzw. zur Korrektur einer herkömmlichen Eigenortung genutzt werden.
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Zur Positionsbestimmung wird bei Satellitenortungsverfahren im Prinzip die Entfernung des Navigationssatellitenempfängers zu mehreren Satelliten bzw. gleichbedeutend, da direkt proportional, die Laufzeit der Satellitensignale vom Navigationssatelliten zum Navigationssatellitenempfänger bestimmt. Durch die Anwesenheit von Reflexionen (z.B. an Gebäuden) addieren sich das direkte Signal (LOS) und das reflektierte Signal zu einem resultierenden, durch den Mehrwege-Empfangs-Bestandteil verzerrtes bzw. gestörtes Empfangssignal. Dies wirkt sich im Navigationssatellitenempfänger dahingehend aus, dass die Entfernung zum Navigationssatelliten falsch bestimmt wird.
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Durch die erfindungsgemäße Lösung kann ermittelt werden, welches zusätzliche Delay bei der Reflexion entstanden ist.
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Aus der Kenntnis der Umweglänge oder der Umweglaufzeit, welche das indirekt empfangenen (MP-) Satellitensignals gegenüber dem direkt empfangenen (LOS-) Satellitensignal zurückgelegt hat, kann die aus dem gestörten Empfangssignal ermittelte und in der Regel nicht korrekte Entfernung zum Navigationssatelliten korrigiert werden. Dadurch kann die Eigen-Position des Navigationssatellitenempfängers genauer bestimmt bzw. korrigiert werden, wobei Genauigkeiten im Bereich unter 1 m Streukreis erzielt werden können.
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Dies wird erfindungsgemäß erreicht mit einem Verfahren nach Anspruch 1 und 7 sowie einem Navigationssatellitensystem nach Anspruch 8.
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Figurenliste
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Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in den Figuren dargestellt und werden nachfolgend näher erläutert. Gleiche Bezugszeichen in den Figuren bezeichnene gleiche oder gleichwirkende Elemente.
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Es zeigen
- 1 ein Szenario zur Verdeutlichung des Anwendungsbereichs der Erfindung,
- 2 ein Diagramm mit beispielhaft skizzierten Verläufen der Leistungssignale aus empfangenen Satellitensignalen zur Verdeutlichung der Funktionsweise der Erfindung,
- 3 ein Blockschaltbild einer möglichen, vorteilhaften Umsetzung eines erfindungsgemäßen Navigationssatellitenempfängers und
- 4 einen Ablaufplan, anhand das erfindungsgemäße Verfahren beschrieben wird.
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Beschreibung der Ausführungsbeispiele
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In 1 ist ein Fahrzeug 50 dargestellt, welches sich auf einer Straße zwischen den Fassaden zweier Gebäude 52 und 54, im skizzierten Beispiel mehrstöckiger Wohn- und/oder Bürogebäude befindet und in Fahrrichtung aus der Blattebene heraus bewegt. Das Fahrzeug 50 weist ein Fahrzeugnavigationssystem auf, welches wiederum einen Navigationssatellitenempfänger 51 zum Zweck der Eigenortung aufweist. Auf diese Weise können im Fahrzeug 50 auf Grundlage einer durch die Eigenortung ermittelten aktuellen Position sowie einer zuvor bestimmten Fahrroute zu einem Fahrziel Zielführungshinweise an den Fahrzeugführer ausgegeben werden, anhand derer der Fahrzeugführer das Fahrzeug steuert.
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Im Orbit befinden sich im theoretischen Sichtfeld des Fahrzeugs 50 bzw. des darin verwendeten Navigationssatellitenempfängers 51 vier Navigationssatelliten 60, 62, 64, und 66 eines Satellitennavigationssystems, beispielsweise GPS. Das theoretische Sichtfeld des Navigationssatellitenempfängers 51 ergibt sich durch die Geo-Position auf der Erdoberfläche sowie den im Navigationssatellitenempfänger 51 abgelegten Bahndaten der Navigationssatelliten. Aus diesen Daten ist zu jedem Zeitpunkt bestimmbar, welche der Vielzahl von Navigationssatelliten zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Punkt auf der Erde theoretisch empfangbar sein müssten.
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Die Auswahl der am Fahrzeug- oder Navigationssatellitenempfänger-Standort tatsächlich empfangbaren Navigationssatelliten kann demgegenüber durch Abschattungen durch umgebende Bebauung oder im Falle des Fahrzeugs 50 durch Fahrzeugteile eingeschränkt sein.
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In der in 1 dargstellten Situation sind die Signale des Navigationssatelliten 60 durch das Gebäude 52 blockiert. Zu einem zweiten Satelliten 62 besteht eine Sichtverbindung, über die das Satellitensignal 621 als LOS-Signal auf direktem Wege zum Fahrzeug 50 gelangt. Daneben gelangt dasselbe Signal des Satelliten 62 auch nach Reflektion an der Fassade des weiteren Gebäudes 54 als Umweg-, bzw. MP-Satellitensignal 622 zum Fahrzeug. Von einem dritten Satelliten 64 wird ebenfalls ein Satellitensignal 641 auf direktem Wege empfangen. Zu einem vierten Satelliten 66 besteht kein Sichtkontakt, jedoch wird von diesem ein an der Fassade des ersten Gebäudes 52 reflektiertes Satellitensignal 662 durch den Navigationssatellitenempfänger 51 im Fahrzeug 50 empfangen.
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Für die Funktionsweise der Erfindung sind die Satellitensignale 621 und 622 des zweiten Navigationssatelliten 62 von besonderem Interesse.
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Das auf direktem Weg von einem in Sichtlinie zum Navigationssatellitenempfänger
51 stehenden Navigationssatelliten
62 ausgestrahlte und am Navigationssatellitenempfänger
51 empfangene (LOS-, line-of-sight) Satellitensignal
621 kann wie folgt beschrieben werden
mit
A: Amplitude des LOS-Satellitensignals,
f: Trägerfrequenz des Satellitensignals.
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Das vom Navigationssatelliten 62 ausgestrahlte Satellitensignal kann am Navigationssatellitenempfänger 51 zusätzlich auch über einen Umweg, insbesondere nach einer Reflektion, als Reflexionssignal oder MP-Signal 622 am Standort des Satellitenempfängers 51 eintreffen. Daraus ergibt sich aus Sicht des Satellitenempfängers 51 als Empfangssignal eine Überlagerung aus dem auf direktem Weg empfangenen Satellitensignal 621 und dem auf einem Umweg empfangenen (MP-, multi path) Satellitensignal 622.
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Das resultierende empfangene Satellitensignal, kurz Empfangssignal, kann mit der Formel
mit
r : Reflektionsfaktor, in der Regel < 1,
φ: Phasendifferenz zwischen LOS- und MP-Satellitensignal infolge Laufzeitdifferenz aus der zurückgelegten Umweglänge, beschrieben werden.
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Die Signalleistung des Empfangssignals bzw. Empfangssignalleistung P kann daraus wie folgt berechnet werden:
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Die Phasen-Differenz kann folgendermaßen berechnet werden
mit c
0 : Lichtgeschwindigkeit.
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Für verschiedene Frequenzen fm der von demselben Navigationssatelliten 62 ausgestrahlten Satellitensignale, im Falle des GPS- (Global Positioning Systems) Satellitenortungssystems beispielsweise die Fequenzen des GPS-Systems L1, L2, L5, treten in Abhängigkeit von dem Reflexions-Umweg auch bestimmte charakteristische Verläufe der Empfangssignal-Leistung P auf. In 2 sind diese Leistungsverläufe für das Beispiel eines Umweges der MP-Satellitensignale 621 von 100m dargestellt. Auf der Abszisse ist die Länge des Umwegs d, auf der Ordinate die Leistung P aufgetragen, das heißt 2 zeigt die Verläufe der im Navigationssatellitenempfänger ermittelten Empfangssignal-Leistungen PL1, PL2 und PL3 für die Satellitensignale der Trägerfrequenzen L1, L2 und L3 als Funktion über der Größe des Umwegs d.
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Dabei sind zur Vereinfachung lediglich die Verläufe für r = 1 und d = 100m dargestellt.
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Dabei sind:
- GPS L1:1575,4 MHz
- GPS L2:1227,6 MHz
- GPS L5:1176,5 MHz
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Diese drei Satellitensignale L1, L2 und L5 werden von ein- und demselben Navigationssatelliten 62 gesendet, stammen daher alle von dem gleichen Ort im Satelliten-Orbit und gelangen über die gleichen Wege, nämlich zum einen direkt als LOS-Satellitensignale 621, zum anderen über den Umweg der Gebäudefassade des Gebäudes 54 als MP-Satellitensignal 622 zum Navigationssatellitenempfänger 51. In der Praxis sind auch Konstellationen möglich, in denen das MP-Signal 622 mehrfach reflektiert wird. Dies kann beispielsweise bei flacherem Elevationswinkel der Satellitenposition und flacheren bzw. weiter voneinander stehenden Gebäuden 52 und 54 auftreten.
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Im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens werden nun fortlaufend die Empfangssignal-Leistungen P̂
m , bei mindestens zwei, vorzugsweise bei jeder der Frequenzen
L1,
L2 und
L5 bestimmt. Dabei ist zu beachten, dass mit P̂
m in diesem Fall nicht der Spitzenwert gemeint ist, sondern die gemessenen Leistungen. Dann werden aus diesen charakteristischen Verläufen der Empfangsignal-Leistungen alle in Frage kommenden Umwege, genauer Umweglängen d, bestimmt. Analog können auch Umweglaufzeiten τ ermittelt werden, wobei die Umweglaufzeit τ der Umweglänge direkt proportional ist, mit
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Dabei sind theoretisch mehrere Lösungen möglich. Wie anhand des Beipiels gemäß 2 erkennbar, gibt es bei Betrachtung nur einer Frequenz, beispielsweise nur LI, eine Mehrzahl von Lösungen dL1,0, dL1,1, dL1,2, ... für die Umweglänge d, weil durch die Periodizität der cos-Funktion nach einer Wellenlänge des Empfangssignal-Leistungssignals wieder die gleiche Amplitude, hier die gleiche Empfangssignal-Leistung, gemessen wird.
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Durch Betrachtung von mindestens zwei Frequenzen, beispielsweise L1 und L2, wird die Anzahl der möglichen Lösungen eingeschränkt. Eine weitere Verringerung der Anzahl der Lösungen kann durch Berücksichtigung weiterer Frequenzen, im Fall von GPS beispielsweise L5, erfolgen. Zusätzlich können die möglichen Ergebnisse für die Umweglänge d oder die Umweglaufzeit τ durch Plausibilitätsbetrachtungen eingeschränkt werden.
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Die Empfangssignal-Leistungen können auf verschiedenen Wegen gewonnen werden, z.B. Carrier-to-Noise-Verhältnis, Peak-Leistung am Korrelator, usw. Vorzugsweise werden die ermittelten Empfangssignal-Leistungen noch auf Pegel
1 skaliert, damit diese dem normierten Pegel
1 des theoretischen Verlaufs bei direktem (LOS) Empfang entsprechen.
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Der Skalierungsfaktor k kann bei einem bestimmten System gemessen werden und ist im allgemeinen von den HF-Parametern des Navigationssatellitenempfängers 51 abhängig. Durch diese Normierung werden zudem alle ausgewerteten Frequenzen, im Fall GPS beispielsweise L1, L2 und L5, im gleichen Maß berücksichtigt. So kann nämlich vorgesehen sein, dass Satellitensignale auf verschiedenen Frequenzen L1, L2, L5 mit unterschiedlicher Signalstärke gesendet werden und damit auch mit unterschiedlicher Signalstärke vom Navigationssatellitenempfänger empfangen werden.
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Nun können die in Frage kommenden Umweg-Distanzen d bestimmt werden, beispielsweise derart, dass diejenigen Werte von d bestimmt werden, für die die Summe der Quadrate der Differenzen zwischen tatsächlicher Empfangssignal-Leistung und am Empfangsort theoretischer Empfangssignal-Leistung bei direktem Empfang, also LOS-Empfang, minimiert wird. Dies ist durch die folgende Formel ausgedrückt.
mit
m: Laufvariable für die betrachtete Sendefrequenz des Satellitensignals, also im Falle von GPS und Einbeziehung der verfügbaren GPS-Sendefrequenzen
L1,
L2 und
L5,
M: Gesamtzahl der betrachteten Sendefrequenzen, also im Falle von
L1,
L2 und
L5 M = 3.
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Das ist dann der Fall, wenn die partielle Ableitung
der Summe verschwindet.
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Die Umweglänge d̂ kann somit hieraus bestimmt werden.
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Die Ermittlung des Wertes für d̂ erfolgt mit einem numerischen Verfahren, beispielsweise einem Kleinste-Fehler-Quadrate-Verfahren, etwas dem LMS-(Least Means Squares) Algorithums.
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Mit der ermittelten Wert d̂ für die Umweglänge des über einen Umweg empfangenen Satellitensignals kann im Nachgang auch ein Korrekturwert dx für den Pseudorange zum entsprechenden Satelliten bestimmt werden.
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Die Korrektur des Pseudorange wird dann so vorgenommen, dass zuerst die eigentliche Korrektur dx bestimmt wird, als Funktion von d̂ z.B. nach „Multipath Error Envelope“ Verfahren, wie in Zaimin He, Yonghui Hu, Jianfeng Wu, Jigang Wang, Juan Hou, Kang Wang, „A comprehensive method for multipath performance analysis of GNSS navigation signals“,2011 IEEE International Conference on Signal Procesing, Communications and Computing (ICSPCC) beschrieben.
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Da der Zusammenhang zwischen d und dx von vielen Parametern (z.B. der Ausführung der Regelschleifen im Empfänger) abhängt, werden Diagramme zur Verfügung gestellt, aus denen die Korrektur für den Pseudorange dx in Abhängigkeit von d ermittelt werden kann.
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Dann ist der korrigierte Pseudorange
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Gibt es mehr als eine Lösung, können durch Plausibilitäts-Betrachtungen evtl. einige ausgeschlossen werden. Beispielsweise können Lösungen, die bei Nutzung des Navigationssatellitenempfängers in einem Fahrzeug etwa als Bestandteil eines Fahrzeugnavigationssystems der Fahrzeug- oder der Satelliten-Dynamik, also beispielsweise einer aus den empfangenen Satellitensignalen ermittelten Geschwindigkeit, widersprechen, verworfen werden oder auch geringer gewichtet werden.
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3 zeigt ein Blockschaltbild eines Navigationssatellitenempfängers 51, der Navigationssignale bzw. Satellitensignale von einem Navigationssatelliten 62 auf direktem Wege, d.h. als LOS-Signal 621 und auf indirektem Wege sowie nach Reflektion an der Fassade des Gebäudes 54 gemäß 1 als MP-Signal 622 empfängt.
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Das Empfangsteil 511 des Navigationssatellitenempfängers ist dazu eingerichtet, das an einer nicht separat dargestellten Empfangantenne anstehende Signalgemisch aus den Satellitensignalen 621 und 622 zu demodulieren und zu decodieren. Dies gilt für die Satellitensignale des Navigationssatelliten 62 auf allen von diesem ausgestrahlten Tragerfrequenzen L1, L2 und L5 genauso wie für die Satellitensignale der weiteren am aktuellen Standort empfangbaren Satellitensignale, also vorliegend der weiteren Satelliten 64 und 66.
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Am Ausgang des Empfangsteil stehen die decodierten Satellitensignale zur weiteren Verarbeitung zur Verfügung, daneben aber auch die Trägerfrequenz-Signale der empfangenen Satellitensignale.
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Die weiterzuverarbeitenden Nutzsignale umfassen einerseits die für die Positionsbestimmung unmittelbar erforderlichen Daten, nämlich das Pseudo-Random-Noise (PNR-) Signal, welches zur Bestimmung der Laufzeit des Satellitensignals vom Navigationssatelliten 62 zum Navigationssatellitenempfänger 51 mit einem in der Auswerteeinheit 512 korreliert wird, wobei die Lage eines resultierender Peaks in dem Korrelationsergebnis die Laufzeit bzw. entsprechend die Entfernung zwischen Satellit und Navigationssatellitenempfänger repräsentiert.
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Die weiterzuverarbeitenden Signale umfassen daneben das Zeitsignal, das zur Synchronisierung der Korrelation benötigt wird, sowie Bahndaten des Satelliten 62 sowie der weiteren Satelliten 60, 64, 66. Die Bahndaten werden in einem Speicher 513 des Navigationssatellitenempfängers abgelegt. Auf Grundlage dieser Bahndaten kann eine Selektion von am Standort des Navigationssatellitenempfängers 51 theoretisch empfangbaren Navigationssatelliten erfolgen.
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Die Auswerteeinheit 512 ist weiterhin dazu ausgebildet, das beschriebene Verfahren zur Bestimmung des Umweglänge bzw. Umweglaufzeit eines empfangenen MP-Satellitensignals zu ermitteln. Dies wird nachfolgend anhand des Ablaufs gemäß 4 nochmals erläutert.
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Am Ausgang der Auswerteeinheit 512 steht die ermittelte Umweglänge d für eine weitere Verarbeitung zur Verfügung und ist im vorliegenden Beispiel einem Ortungssystem 515 zugeführt, welches aus den empfangenen Satellitensignalen des unter Berücksichtigung der Umweglänge oder der Umweglaufzeit den Standort des Navigationssatellitenempfänger ermittelt.
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Die Signalverarbeitung in der Auswerteeinheit 512 setzt auf dem empfangenen und decodierten Satellitensignal auf.
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Zunächst werden in einem initialen Schritt 70 die Empfangsleistungsfunktionen, also die Empfangsleistung P in Abhängigkeit von Umweg d, von Reflektions-Koeffizient r, von Amplitude des Satellitensignals und von der Trägerfrequenz des Satellitensignals, mindestens für zwei, vorzugsweise für alle Trägerfrequenzen des Navigationssatellitensystems, beispielsweise GPS, bestimmt. Hier werden die Modellparameter P(d,r,A,fm) einmal für jede Frequenz initialisiert.
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In einem Schritt 71 werden die Verläufe der fiktiven Empfangssignal-Leistungen A2/2 ermittelt, welche sich hypothetisch ergäben, wenn die Satellitensignale ausschließlich direkt, also ausschließlich als LOS-Signal 621 empfangen werden würden. Dies wird für mindestens zwei verschiedene Trägerfrequenzen, im Falle des GPS-Systems beispielsweise für die Frequenzen L1 und L2 durchgeführt. Vorzugsweise erfolgt diese Ermittlung der fiktiven Empfangssignal-Leistungen für alle Trägerfrequenzen des betrachteten Satellitenortungssystems, im Falle GPS also für L1, L2 und L5. Der Schritt 71 wird vorzugsweise immer dann durchgeführt, wenn sich die Satellitenposition relativ zur Position des Navigationssatellitenempfängers 51, insbesondere also die Elevation der Navigationssatelliten 60, 62, 64 und/oder 66 maßgeblich ändert, in der Regel also ungefährt alle 10 Minuten. Die wiederholte Durchführung des Schrittes 71 ist durch den Pfad 710 symbolisiert.
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Auf diese Weise kann eine Angleichung der gemessenen Leistungen auf einen gemeinsamen Pegel (Normierung) vorgenommen werden.
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Der folgende Schritt 72 wird im Rahmen des Regelbetriebs des Navigationssatellitenempfängers im Feld, also in der Realität durchgeführt. Der Schritt wird dabei immer dann neu durchgeführt, wenn eine neue Bestimmung der Umweglänge oder Umweglaufzeit eines über Umweg empfangenen Satellitensignals bestimmt werden soll.
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In Schritt 72 wird die reale Leistung P̂m für mindestens zwei, vorzugsweise für alle Trägerfrequenzen L1, L2, L5 der am Standort des Navigationssatellitenempfängers empfangbaren Satellitensignale SR eines Navigationssatelliten 62 ermittelt. Die Information über die Signalleistung kann in an sich bekannter Weise aus dem Signal-Rauschabstand bestimmt, am Ausgang des Korrelators abgenommen oder auf andere an sich bekannte Weise bestimmt werden. Unter realer Leistung ist dabei der Verlauf der Empfangssignal-Leistung zu verstehen, wie diese in 2 dargestellt ist bzw. sind.
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In einem weiteren Schritt
73 werden die fiktiven Empfangssignal-Leistungen P̂
m sowie die den tatsächlich empfangenen Satellitensignalen
621,
622 entsprechenden realen Empfangssignal-Leistungen P̂
m einer Signalverarbeitung unterzogen, in deren Rahmen mittels eines numerischen Verfahrens, etwa eines mit einem digitalen Signalprozessor durchgeführten LMS-Algorithums diejenigen Werte für die Umweglänge d des Satellitensignals
622 gegenüber dem direkt empfangenen Satellitensignal
621 bestimmt, für die die Abweichungen der real gemessenen Empfangssignal-Leistungen von den fiktiven Empfangssignaleistungen in Summe, also über alle betrachteten Frequenzen
L1,
L2 und
L5 hinweg ein Minimum aufweisen. Dies ist durch die bereits erwähnte Formel
ausgedrückt. Es sei an dieser Stelle darauf hingewisen, dass der LMS-Algorithmus nur exemplarisch als eine von mehreren möglichen Ausführungsformen für das numerische Verfahren angeführt ist. Es ist ohne Weiteres möglich, zur Lösung der beschriebenen Optimierungsaufgabe auch andere geeignete Verfahren einzusetzen. Dies liegt im Rahmen der vorliegenden Erfindung.
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Der Schritt 73 wird im gleichen Rhythmus ausgeführt, wie der Schritt 72, also immer dann, wenn ein neuer Wert für den Umweg eines indirekt empfangenen Satellitensignals bestimmt werden soll. Dies ist durch den Rekursionspfad 730 symbolisiert.