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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines Inertialsensorsystems, mit zumindest zwei Inertialsensoren, die jeweils ein Inertialsensorsignal ausgeben, und einer Auswerteeinheit zur Verarbeitung der Inertialsensorsignale, wobei in einem Speicher der Auswerteeinheit für jedes Inertialsensorsignal zumindest ein Korrekturfaktor zur Anpassung des Inertialsensorsignals gespeichert ist. Des Weiteren betrifft die Erfindung ein solches Inertialsensorsystem sowie ein Fahrzeug mit einem solchen Inertialsensorsystem.
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Inertialsensoren, beispielsweise Beschleunigungs- oder Drehsensoren werden in Fahrzeugen zur Erfassung der Fahrzeugbewegungen eingesetzt. Die Fahrzeugbewegungen können zur Erkennung von Gefahrensituationen genutzt werden, beispielsweise um Sicherheitssysteme des Fahrzeugs entsprechend der erkannten Gefahrensituation anzusteuern und/oder zu aktivieren. Beispielsweise können Airbags, Gurtstraffer oder dergleichen in Abhängigkeit von den erfassten Fahrzeugbewegungen angesteuert werden.
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Um die Bewegung des Fahrzeugs möglichst genau erfassen zu können, wird üblicherweise ein Inertialsensorsystem mit mehreren Inertialsensoren verwendet, die alle Raum- und Drehrichtungen des Fahrzeugs abdecken.
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Die Anforderungen an die Genauigkeit der verwendeten Inertialsensoren im Fahrzeugbereich nehmen stetig zu, um den stetigen Weiterentwicklungen von Funktionen wie elektronischen Stabilitätskontrollen, Fahrerassistenzsystemen oder hochautomatisiertem Fahren gerecht werden zu können. Die Herstellung hochgenauer Sensoren ist aber sehr aufwändig und sehr kostenintensiv. Zudem ist eine sehr genaue Montage der hochgenauen Sensoren erforderlich, wodurch auch der Montageaufwand steigt.
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Um die Herstellungs- und Montagekosten zu senken, gibt es daher im Stand der Technik verschiedene Ansätze, die Genauigkeit nicht sensorseitig zu verbessern, sondern die entstehenden Fehler der Inertialsensorsignale der Inertialsensoren im eingebauten Zustand der Inertialsensoren zu ermitteln und entsprechende Korrekturfaktoren zu bestimmen, um die Fehler rechnerisch zu eliminieren. Durch diese Verfahren können grundsätzlich auch Fehler, die erst im Fahrzeugbetrieb oder in eingebautem Zustand des Sensors entstehen, korrigiert werden, beispielsweise eine Einbautoleranz oder ein alterungsbedingter Offsetdrift.
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Problematisch ist aber, dass die Korrekturfaktoren der einzelnen Inertialsensoren sich gegenseitig beeinflussen bzw. eine eindeutige Zuordnung eines Fehlers zu einem Korrekturfaktor häufig nicht möglich ist.
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Des Weiteren kann ein Inertialsensor bzw. Inertialsensorsignal mehrere Fehlerquellen aufweisen, die beispielsweise auf Einbautoleranzen, Messungenauigkeiten oder einem Offsetfehler beruhen. Ein Fehler ist häufig nicht einer Fehlerquelle eindeutig zuzuordnen. Daher müssen für einen Inertialsensor bzw. für ein Inertialsensorsignal häufig mehrere Korrekturfaktoren bestimmt werden. Eine eindeutige Zuordnung einer Abweichung eines Inertialsensorsignals zu einer Fehlerquelle bzw. die Aufteilung der Abweichung auf die unterschiedlichen Fehlerquellen ist mit den aktuell bekannten Verfahren nicht möglich.
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zur Bestimmung der Korrekturfaktoren von Inertialsensoren eines Inertialsensorsystems eines Fahrzeugs, das zumindest zwei Inertialsensoren aufweist, die jeweils zumindest einen Korrekturfaktor aufweisen, sowie ein solches Inertialsensorsystem bereitzustellen, das eine zuverlässige Bestimmung der Korrekturfaktoren aller Inertialsensoren ermöglicht. Das Verfahren soll einfach und in eingebautem Zustand der Inertialsensoren durchführbar sein. Aufgabe der Erfindung ist es des Weiteren, ein solches Inertialsensorsystem sowie ein Fahrzeug mit einem solchen Inertialsensorsystem bereitzustellen, wobei das Inertialsensorsystem einfach und kostengünstig herstellbar sein soll, vorzugsweise mit den bisher bekannten Inertialsensoren, und eine einfache Bestimmung der Korrekturfaktoren der Inertialsensorsignale möglich ist.
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Die Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren zum Betrieb eines Inertialsensorsystems, mit zumindest zwei Inertialsensoren, die jeweils ein Inertialsensorsignal ausgeben, und einer Auswerteeinheit zur Verarbeitung der Inertialsensorsignale, wobei in einem Speicher der Auswerteeinheit für jedes Inertialsensorsignal zumindest ein Korrekturfaktor zur Anpassung des Inertialsensorsignals gespeichert ist, wobei die Korrekturfaktoren mit folgenden Schritten bestimmt werden:
- a) Definieren von zumindest zwei Fahrzuständen des Fahrzeuges und von Sensorsignalen, die den Fahrzustand eindeutig definieren,
- b) Für jeden Korrekturfaktor bestimmen von Sensorsignalen und Inertialsensorsignalen, die zur Bestimmung des Korrekturfaktors erforderlich sind und bestimmen zumindest eines Fahrzustandes, in dem der Korrekturfaktor eindeutig bestimmbar ist,
- c) Erfassen von Sensorsignalen zumindest eines Sensors und/oder Inertialsensorsignalen zumindest eines Inertialsensors des Fahrzeuges mit,
- d) Bestimmen des Fahrzustandes des Fahrzeuges in Abhängigkeit von den erfassten Sensorsignalen und/oder Inertialsensorsignalen durch die Auswerteeinheit,
- e) Bestimmen und Speichern der Korrekturfaktoren, die in diesem Fahrzustand eindeutig bestimmbar sind, mit den Sensorsignalen und/oder den Inertialsensorsignalen durch die Auswerteeinheit.
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Es werden also vorab Fahrzustände definiert, bei welchen jeweils eine eindeutige Bestimmung einzelner Korrekturfaktoren möglich ist. Die Fahrzustände können aus den Sensorsignalen aller im Fahrzeug vorhandenen Sensoren und/oder der Inertialsensorsignale der Inertialsensoren ermittelt werden. Hierbei kann auch das Ausbleiben eines Sensorsignals und/oder eines Inertialsesnsorsignals bzw. ein Sensorsignal und/oder ein Inertialsensorsignal mit dem Wert „null“ zur Ermittlung eines Fahrzustandes verwendet werden. Beispielsweise kann das Ausbleiben eines gemessenen Lenkeinschlages in Verbindung mit einem positiven Signal eines Raddrehzahlsensors als Geradeausausfahrt erkannt werden, während das gleichzeitige Vorliegen einer Raddrehung und eines Lenkeinschlages als Kurvenfahrt erkannt wird. Zusätzlich können auch Signale weiterer Sensoren verwendet werden, um einen durch ein oder mehrere Sensorsignalen detektierten Fahrzustand zu verifizieren.
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Die Fahrzustände sind so gewählt, dass jeder Korrekturfaktor in zumindest einem Fahrzustand eindeutig bestimmbar ist, wobei in einem Fahrzustand auch mehrere Korrekturfaktoren, insbesondere von verschiedenen Inertialsensoren, bestimmt werden können, wenn sich diese nicht gegenseitig beeinflussen. Die zu den Fahrzuständen korrespondierenden Modelle zur Ermittlung der entsprechenden Korrekturfaktoren umfassen dabei die Korrekturfaktoren, die in einem Fahrzustand bestimmt werden können, sowie die Art, wie die Bestimmung des Korrekturfaktors, gegebenenfalls unter Berücksichtigung weiterer Faktoren, erfolgt.
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Sind der Fahrzustand bzw. das Modell eindeutig bestimmt, erfolgt die Bestimmung der in dem Modell definierten Korrekturfaktoren anhand der von den Sensoren und/oder der Inertialsensoren des Fahrzeugs erfassten Daten. Die ermittelten Korrekturfaktoren werden anschließend gespeichert, um im nachfolgenden Betrieb des Inertialsensors die von diesem ausgegebenen Inertialsensorsignale entsprechend korrigieren zu können.
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Optional können die Modelle auch während des Fahrzeugbetriebes adaptiv angepasst werden bzw. das heißt, es kann während des Fahrbetriebes eine Anpassung erfolgen, welche Korrekturfaktoren auf welche Weise in welchem Fahrzustand ermittelt werden können.
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Es erfolgt also der Einsatz eines Algorithmus zur Fahrzustandsbeobachtung mit dem Ziel, die Signale der günstigen Standard-Inertialsensorik modellbasiert zu verbessern, so dass beispielsweise die Signalanforderungen des hochautomatisierten Fahrens erfüllt werden. Der Algorithmus kann dabei auch Sensorsignale fusionieren, die in modernen Fahrzeugen serienmäßig vorhanden sind, z.B. Odometrie (Raddrehzahlen, Lenkwinkel), der Inertialsensorik oder eines satellitengestützten Navigationssystems.
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Der Erfindung liegt also die Überlegung zugrunde, dass sich die Korrekturfaktoren der Inertialsensoren grundsätzlich nicht alle gleichzeitig beobachten bzw. erfassen lassen bzw. dass Korrekturfaktoren nicht in allen Fahrsituationen bzw. Fahrzuständen beobachtet werden können.
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Deshalb wird ein Verfahren vorgeschlagen, das zwischen zwei oder mehreren Modellen unterscheidet bzw. zwischen diesen umschalten kann. Die Modelle unterscheiden sich dabei z.B. in der Art und Kombination der modellierten Korrekturfaktoren der Inertialsensoren und beispielsweise in einem oder mehreren Modellparametern. Das Umschalten zwischen den Modellen erfolgt dabei anhand der aktuellen Fahrsituation, also dem aus den Sensorsignalen und/oder den Inertialsensorsignalen bestimmten Fahrzustand. Als Fahrzustand können beispielsweise definiert sein: Stillstand, beschleunigte Fahrt, gebremste Fahrt, Geradeausfahrt, Kurvenfahrt, Kreisfahrt oder Schleudern. Der Fahrzustand kann aber auch die Straßenbeschaffenheit, eine Straßenneigung in Quer- oder Längsrichtung oder weitere Parameter umfassen, die Einfluss auf die Inertialsensorsignale haben. Beispielsweise können in Abhängigkeit von der Straßenbeschaffenheit Vibrationen oder Vertikalbeschleunigungen auftreten.
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Der Versuch, alle Korrekturfaktoren gleichzeitig zu schätzen bzw. zu bestimmen, würde daran scheitern, dass einzelne Korrekturfaktoren nicht klar separiert werden können, Korrekturfaktoren somit falsch geschätzt bzw. bestimmt werden und das Inertialsensorsignal modellbasiert verschlechtert wird.
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Das vorgeschlagene Verfahren stellt sicher, dass nur die in der aktuellen Fahrsituation, also dem ermittelten Fahrzustand, beobachtbaren Korrekturfaktoren geschätzt bzw. bestimmt werden. Ebenso wird in Fahrsituationen, in denen es zu Problemen mit der Unterscheidbarkeit einzelner Korrekturfaktoren kommen könnte, jeweils nur einer dieser Korrekturfaktoren geschätzt bzw. bestimmt.
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Mit dem vorgeschlagenen Verfahren können somit insbesondere die Signalanforderungen des hochautomatisierten Fahrens mit günstiger Standard-Inertialsensorik erfüllt werden.
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Es wird also eine Lösung zur modellbasierten Schätzung häufig auftretender Sensorfehler bereitgestellt, wobei ein Algorithmus bereitgestellt wird, der durch Zustandsbeobachtung in verschiedenen Fahrsituationen ausgewählte systematische Fehler von Inertialsensorsignalen während der Fahrt schätzen bzw. bestimmen und kompensieren kann. Als Werkzeug zur Zustandsbeobachtung wird beispielsweise ein erweitertes Kalman-Filter verwendet, da dieses zum einen durch seinen modularen Aufbau gut zum Einsatz im Steuergerät geeignet ist und zum anderen auch bei der Verwendung verrauschter Eingangs- und Messgrößen ein im Mittel korrektes Schätzergebnis liefert.
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Vorzugsweise werden zur Kalibrierung des gesamten Inertialsensorsystems, also zur Bestimmung aller Korrekturfaktoren, alle definierten Fahrzustände durchgeführt und die vorstehend beschriebenen Verfahrensschritte a) bis e) für alle Fahrzustände wiederholt. Nachdem alle benötigten Fahrsituationen stattgefunden haben, sind somit alle modellierten Korrekturfaktoren korrekt bestimmt, so dass alle Fehler des Inertialsensorsystems mit den Korrekturfaktoren entsprechend korrigiert werden können. Dies kann beispielsweise unmittelbar nach der Montage des Fahrzeugs erfolgen, um das Inertialsensorsystem vor der Auslieferung des Fahrzeugs zu kalibrieren.
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Nach dem erstmaligen Bestimmen und Speichern der Korrekturfaktoren können die Korrekturfaktoren im regulären Betrieb wiederholt bestimmt und gegebenenfalls korrigiert werden, beispielsweise, um diese iterativ zu verbessern oder um bei einer Veränderung eines Mess- oder Systemfehlers, die Korrekturfaktoren entsprechend anzupassen. Die Mess- oder Systemfehler der einzelnen Inertialsensoren können sich, insbesondere zeitabhängig, ändern. Beispielsweise kann es zu einer alterungsbedingten Änderung eines Offsetfehlers kommen. Durch die Wiederholung des Verfahrens kann im laufenden Fahrzeugbetrieb eine Korrektur der Korrekturfaktoren erfolgen. Beispielsweise werden die Korrekturfaktoren permanent bestimmt und gespeichert, sobald ein zu einem Modell korrespondierender Fahrzustand erkannt wird. Das heißt, sobald ein definierter Fahrzustand erkannt wird, erfolgt die Bestimmung der Korrekturfaktoren gemäß des zu diesem Fahrzustand korrespondierenden Modells. Alternativ kann die Bestimmung und Speicherung der Korrekturfaktoren auch in definierten zeitlichen Abständen erfolgen. Das heißt, die Modelle bzw. das Verfahren werden in definierten zeitlichen Abständen aktiviert und sobald nach der Aktivierung ein definierter Fahrzustand vorliegt, erfolgt eine Erfassung der Korrekturfaktoren gemäß des korrespondierenden Modells. Alternativ können, beispielsweise in definierten zeitlichen Abständen, Plausibilitätsprüfungen durchgeführt werden, um zu prüfen, ob eine Anpassung bzw. eine Neubestimmung eines oder mehrerer Korrekturfaktoren erforderlich ist. Beispielsweise kann in definierten Fahrzuständen ein mit einem oder mehreren Korrekturfaktoren korrigiertes Inertialsensorsignal mit anderen Inertialsensorsignalen und/oder mit erfassten Sensorsignalen verglichen werden.
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Vorzugsweise werden die Sensorsignale und/oder die Inertialsensorsignale während des Bestimmens und Auswählen des Fahrzustandes für eine Bestimmung eines Korrekturfaktors zwischengespeichert. Abhängig von der Art des Fahrzustandes kann das Vorhandensein des Fahrzustandes erst mit Beendigung des Fahrzustandes festgestellt werden. Beispielsweise kann eine Kreisfahrt erst festgestellt werden, wenn eine vollständige Drehung des Fahrzeuges um 360° stattgefunden hat. Die während dieser Kreisfahrt erfassten Sensorsignale und/oder Inertialsensorsignale können aber bereits für die Bestimmung der Korrekturfaktoren verwendet werden, die in dem zu diesem Fahrzustand korrespondierenden Modell festgelegt sind. Somit ist es nicht zwingend erforderlich, dass der Fahrzustand nach Erkennen des Fahrzustandes weiter aufrechterhalten wird.
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Alternativ oder ergänzend können auch die jeweils aktuell erfassten Sensorsignale und/oder Inertialsensorsignale zur Bestimmung der jeweiligen Korrekturfaktoren verwendet werden. In diesem Fall wird vorzugsweise mittels der Sensorsignale und/oder der Inertialsensorsignale während der Bestimmung der entsprechenden Korrekturfaktoren geprüft, ob der bestimmte Fahrzustand weiterhin besteht und die Bestimmung der Korrekturfaktoren abgebrochen, wenn der Fahrzustand beendet ist.
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Die Sensorsignale können beispielsweise Odometriedaten und/oder Daten eines satellitengestützten Navigationssystems sind. Die Odometriedaten umfassen hierbei alle Signale von Sensoren, die zur Schätzung von Position und Orientierung des Fahrzeuges verwendet werden, beispielsweise eines Lenkwinkelsensors oder eines Raddrehzahlsensors. Des Weiteren können auch Navigationssignale oder sonstige Signale, die das Fahrzeug empfängt oder mit einer Steuerung ermittelt, verwendet werden.
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Des Weiteren können auch die Inertialsensoren zur Bestimmung eines Fahrzustandes verwendet werden, unabhängig davon, ob der zumindest eine Korrekturfaktor des jeweiligen Inertialsensors bereits ermittelt und gespeichert ist. Es ist lediglich erforderlich, dass mit dem unkorrigierten oder dem um einen Korrekturfaktor korrigierten Inertialsensorsignal eine Bestimmung eines Fahrzustandes möglich ist.
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Vorzugsweise sind für die Bestimmung und das Auswählen des zumindest einen Fahrzustandes Schwellwerte für die Sensorsignale und/oder die Inertialsensorsignale definiert. Das heißt, für eine eindeutige Erkennung eines Fahrzustandes müssen die Sensorsignale und/oder die Inertialsensorsignale der entsprechenden Sensoren bzw. der Inertialsensoren oberhalb eines Schwellwertes bzw. eines Grenzwertes liegen, um den Fahrzustand eindeutig zu identifizieren. Die Grenzwerte können einen maximalen, einen minimalen Wert oder einen Wertebereich definieren. Beispielsweise kann der Wert einer Gierrate für das Erkennen einer Kurvenfahrt mit mindestens 90° und einer Winkelgeschwindigkeit von mindestens 0,9°/s festgelegt sein, für das Erkennen einer Geradeausfahrt unter 0,9°/s oder 0°/s.
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Mit einem Korrekturfaktor können beispielsweise ein Messungenauigkeitsfehler, ein Offsetfehler, eine Offsetdrift, ein Linearitätsfehler, Einbautoleranzen, Querempfindlichkeiten und/oder Temperaturabhängigkeiten korrigiert werden.
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Zur Lösung der Aufgabe ist des Weiteren ein Inertialsensorsystem für ein Fahrzeug vorgesehen, mit zumindest zwei Inertialsensoren, die jeweils ein Inertialsensorsignal ausgeben, und einer Auswerteeinheit zur Verarbeitung der Inertialsensorsignale, wobei in einem Speicher der Auswerteeinheit für jedes Inertialsensorsignal zumindest ein Korrekturfaktor zur Anpassung des Inertialsensorsignals gespeichert ist, wobei die Auswerteeinheit zur Durchführung eines vorstehend beschriebenen Verfahrens ausgebildet ist.
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Des Weiteren ist zur Lösung der Aufgabe ein Fahrzeug mit einem Inertialsensorsystem vorgesehen, mit zumindest zwei Inertialsensoren, die jeweils ein Inertialsensorsignal ausgeben, und einer Auswerteeinheit zur Verarbeitung der Inertialsensorsignale, wobei in einem Speicher der Auswerteeinheit für jedes Inertialsensorsignal zumindest ein Korrekturfaktor zur Anpassung des Inertialsensorsignals gespeichert ist, wobei die Auswerteeinheit zur Durchführung eines vorstehend beschriebenen Verfahrens ausgebildet ist.
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Optional ist zumindest ein weiterer Sensor zur Erfassung von Sensorsignalen zur Bestimmung eines Fahrzustandes und/oder zur Bestimmung eines Korrekturfaktors vorgesehen.
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Weitere Vorteile und Merkmale finden sich in der nachfolgenden Beschreibung in Verbindung mit den beigefügten Zeichnungen. In diesen zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung eines Fahrzeuges mit einem erfindungsgemäßen Inertialsensorsystem;
- 2 eine schematische Darstellung eines erfindungsgemäßen Verfahrens; und
- 3 eine Darstellung verschiedener Fahrsituationen im Zeitverlauf der Gierrate des Fahrzeugs aus 1.
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In 1 ist eine schematische Darstellung eines Fahrzeuges 10 gezeigt. Das Fahrzeug 10 hat ein Inertialsensorsystem 11 mit mehreren Inertialsensoren 12. Die Inertialsensoren 12 können Beschleunigungssensoren zur Erfassung einer Beschleunigung, beispielsweise in Richtung einer Fahrzeuglängs-, -quer- oder -vertikalachse, oder Drehsensoren zur Erfassung einer Drehbewegung um eine der Fahrzeugachsen sein.
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Die erfassten Inertialsensorsignale 14 werden an eine Auswerteeinheit 16 übermittelt. Die Inertialsensorsignale 14 werden von der Auswerteeinheit 16 oder einer nachgeordneten Steuerung beispielsweise zum Erkennen von Gefahrensituationen verwendet, um beispielsweise Sicherheitssysteme des Fahrzeugs entsprechend ansteuern und/oder aktivieren zu können. Beispielsweise können Airbags, Gurtstraffer oder dergleichen in Abhängigkeit von den erfassten Fahrzeugbewegungen angesteuert werden. Des Weiteren werden die Inertialsensorsignale für Fahrerassistenzsysteme oder für Systeme zur autonomen Steuerung des Fahrzeuges 10 verwendet.
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Das Fahrzeug 10 weist darüber hinaus weitere Sensoren 18, 20 auf, beispielsweise Raddrehzahlsensoren 18 und Lenkwinkelsensoren 20. Des Weiteren ist ein Navigationssystem 26 vorgesehen, das Positions- und/oder Fahrdaten ermittelt.
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Herstellungs- und einbaubedingt weisen die Inertialsensorsignale Mess- und/oder Systemfehler auf. Die Mess- oder Systemfehler können beispielsweise auf Messungenauigkeitsfehler, Offsetfehler, Offsetdrift, Linearitätsfehler, Einbautoleranzen, Querempfindlichkeiten und/oder Temperaturabhängigkeiten beruhen.
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Zur Korrektur der Mess- und/oder Systemfehler werden die Inertialsensorsignale in der Steuerung 16 um Korrekturfaktoren 22 korrigiert, die in einem Speicher 24 der Steuerung 16 gespeichert sind. Für jedes Inertialsensorsignal 14 ist zumindest ein Korrekturfaktor 22 im Speicher gespeichert, wobei die Anzahl der Inertialsensorsignale 14 von der Anzahl und der Art der zu korrigierenden Mess- und/oder Systemfehler abhängig ist, so dass eine möglichst genaue Korrektur der Inertialsensorsignale 14 erfolgen kann.
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Zur Bestimmung bzw. zur Schätzung der Korrekturfaktoren 22 wurde ein Zustandsraummodell entwickelt, das im folgenden Ausführungsbeispiel aus 15 Zuständen besteht.
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Die Zustände setzen sich aus sechs Basiszuständen zusammen die den Drehungen um die drei Fahrzeugachsen sowie der Geschwindigkeit in Richtung der drei Fahrzeugachsen x, y, z entsprechen Als Bezugssystem wird ein kartesisches Koordinatensystem angenommen, wobei die x-Achse in Richtung der Fahrzeuglänge verläuft, die y-Achse in Richtung der Fahrzeugquerachse und die z-Achse in Richtung der Fahrzeughochachse. Dementsprechend beschreiben die Drehungen um die drei Fahrzeugachsen den Rollwinkel Φ, den Nickwinkel Θ und den Gierwinkel Ψ.
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Des Weiteren sind neuen Fehlerzustände definiert. Diese setzen sich zusammen aus den Offsetfehler der Drehraten Δωx, Δωy, Δωz um die drei Fahrzeugachsen x, y, z, den Offsetfehler der Beschleunigungen Δax, Δay, Δaz entlang der drei Fahrzeugachsen x, y, z sowie der relativen Fehler δωz der Drehrate ωz und der Beschleunigungen δax, δay entlang der Fahrzeugachsen x, y.
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Das Modell beschreibt, wie sich die Zustände zu einem diskreten Zeitpunkt k aus den Eingangs- und Zustandsgrößen zum vorhergehenden Zeitpunkt k-1 ergeben. Die beschreibenden Gleichungen basieren auf den dynamischen Zusammenhängen der inertialen Navigation von Beschleunigungs-, Drehraten- und Geschwindigkeitsinformationen mit der Lagebeschreibung des Fahrzeugs über die Eulerwinkel. Außerdem entspricht es der Kompensationsvorschrift für die zu schätzenden additiven Offsets sowie die multiplikativen Empfindlichkeitsfehler. Während sich die Basiszustände zu jedem Rechenschritt ändern, werden die Fehlerzustände vereinfacht als konstant angenommen.
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Hieraus ergibt sich folgende Matrix:
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Wobei die folgenden Bezeichnungen verwendet werden:
- Φ
- Rollwinkel
- Θ
- Nickwinkel
- Ψ
- Gierwinkel
- v
- Fahrzeuggeschwindigkeit
- ω
- Drehrate
- a
- Längsbeschleunigung
- x
- Richtung der Fahrzeuglängsachse
- y
- Richtung der Fahrzeugquerachse
- z
- Richtung der Fahrzeughochachse
- T
- Abtastzeit
- k
- Diskreter Rechenschritt
- g
- Erdbeschleunigung
- Δ
- Absoluter Fehler (Offset)
- δ
- Relativer Fehler (Empfindlichkeitsfehler)
- ∼
- Fehlerbehafteter Wert
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Ein wichtiges Kriterium, das bei Bestimmung der Korrekturfaktoren immer erfüllt sein muss, ist das sogenannte Beobachtbarkeitskriterium. Es beschreibt, ob ein Zustand aus dem gegebenen Verlauf der Eingangs- und Ausgangsgrößen eindeutig bestimmt werden kann. Als Eingangsgrößen werden in diesem Modell die Drehraten und Beschleunigungen verwendet sowie die Fahrzeuggeschwindigkeiten als Ausgangsgrößen. Bei Anwendung des Kriteriums von Kalman nach Lunze gilt ein System als beobachtbar, wenn der Rang der Beobachtbarkeitsmatrix des mathematischen Modells
der Anzahl der Zustandsgrößen (hier n = 15) entspricht. Die Matrix A ergibt sich durch partielle Ableitung des Modells nach den Zustandsgrößen, die Matrix C durch partielle Ableitung nach den Ausgangsgrößen. Es wird folglich überprüft, ob die mathematischen Zusammenhänge zwischen den Ausgangsgrößen und zwei oder mehreren Zustandsgrößen voneinander linear unabhängig sind, was einer vollständigen Beobachtbarkeit der Zustände entspricht.
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Dieser Zusammenhang ist allerdings auch direkt aus der vorstehenden Matrix erkennen, weshalb die Probleme der Beobachtbarkeit an diesem näher erläutert werden.
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Beispielsweise beschreibt der Term
in der obigen Matrix den mathematischen Zusammenhang zwischen der Gierrate ω
z des Fahrzeugs und dessen Längsgeschwindigkeit v
x.
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Es ist ersichtlich, dass der entsprechende Offset Δωz und der Empfindlichkeitsfehler δωz desselben Inertialsensorsignals bei partieller Ableitung nach den Zustandsgrößen nicht voneinander trennbar sind. Folglich kann aus dem zeitlichen Verlauf der Längsgeschwindigkeit vx mit diesem mathematischen Modell nicht unterschieden werden, ob es sich um einen Anteil aus dem Offset Δωz oder dem Empfindlichkeitsfehler δωz handelt. Einer der beiden Fehlerzustände ist somit nicht beobachtbar. Welcher der beiden das jedoch ist, ist nicht vorhersehbar. Aus diesem Grund werden im nachfolgend beschriebenen Verfahren verschiedene Korrekturfaktoren desselben Sensors niemals zeitgleich geschätzt bzw. bestimmt.
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Als Entscheidungskriterium dient hier der Signalausschlag des entsprechenden Inertialsensorsignals 14. Relative Empfindlichkeitsfehler δωz sind beispielsweise nur beobachtbar, wenn das Inertialsensorsignal 14 dieses Inertialsensors 12 ungleich null ist. Dieses Kriterium kann für jedes Inertialsensorsignal 14 einer konkreten Fahrsituation zugeordnet werden.
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Am Beispiel der Gierrate ωz, die die zeitliche Änderung der Fahrzeugrichtung beschreibt, bedeutet dies, dass der Empfindlichkeitsfehler δωz bzw. dessen Korrekturfaktor 22 bestimmt wird, wenn sich das Fahrzeug in einer Kurvenfahrt befindet.
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Der Offset Δωz wird währenddessen als konstant angenommen und nicht bestimmt.
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Entsprechend kann der Offset Δwz bzw. dessen Korrekturfaktor geschätzt bzw. bestimmt werden, wenn das Fahrzeug 10 geradeaus fährt und der geschätzte Empfindlichkeitsfehler δωz als konstant angenommen wird.
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Auf diese Weise kann es nicht zu Zuordnungsproblem wegen fehlender Separierbarkeit kommen.
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Für alle benötigten Korrekturfaktoren 22 werden entsprechende Fahrzustände, beispielsweise Stillstand, beschleunigte Fahrt, gebremste Fahrt, Geradeausfahrt, Kurvenfahrt, Kreisfahrt oder Schleudern, bestimmt, die jeweils eine eindeutige Bestimmung der jeweiligen Korrekturfaktoren ermöglichen.
Für jeden dieser Fahrzustände wird nachfolgenden, beispielsweise basierend auf der vorstehend gezeigten Matrix, ein Modell der mit diesem Fahrzustand eindeutig bestimmbaren Korrekturfaktoren 22 erstellt. Wird ein Korrekturfaktor 22 in einem Fahrzustand als nicht eindeutig bestimmbar identifiziert, so wird dieser
Korrekturfaktor 22 aus diesem Modell entnommen. Der Korrekturfaktor 22 kann beispielsweise in diesem Modell bzw. in den übrigen Gleichungen der Matrix als konstant angenommen und die ihm entsprechende Zeile im Gleichungssystem für diesen Rechenschritt vernachlässigt werden.
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Für die Fahrzustände können des Weiteren Sensorsignale der Sensoren 18, 20 definiert werden, um einen Fahrzustand zu identifizieren oder um die Identifizierung eines Fahrzustandes zu verifizieren.
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Wird nachfolgend ein Fahrzustand über die Inertialsensorsignale 14 und/oder die Sensorsignale erkannt, können das korrespondierende Modell ausgewählt und in diesem Modell definierten Korrekturfaktoren 22 bestimmt und gespeichert werden. Für die Bestimmung und/oder die Verifizierung der Korrekturfaktoren 22 können des Weiteren Sensorsignale der Sensoren 18, 20 verwendet werden.
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Vorzugsweise wird zu Beginn der Zustandsbeobachtung, unabhängig von der Fahrsituation, zunächst nur der Offset beobachtet, da dieser additive Fehler in einer nachfolgend im Detail beschriebenen Priorisierung eine deutlich größere Auswirkung auf die Basiszustände hat als relative Fehler.
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Ist eine bestimmte Kombination von Fahrsituationen durchfahren worden, z.B. bei der Gierrate Geradeausfahrt mit Links- und Rechtskurve, wird auch der zweite Sensorfehler wie beschrieben in die Schätzung bzw. die Bestimmung miteinbezogen.
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Keiner der beiden Zustände ist hingegen über diesen Zusammenhang beobachtbar, wenn die Quergeschwindigkeit vy sowie die Längsgeschwindigkeit vx gleich null sind, was der Fahrsituation Stillstand entspricht. In diesem Fall wird nämlich ein fehlerbehaftetes Sensorsignal nicht auf das Ausgangssignal übertragen und ist somit ebenfalls nicht beobachtbar.
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Dieses Vorgehen ist analog auf die übrigen Fehlerzustände übertragbar.
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Sind alle Fahrzustände einmal durchfahren, also alle Modelle einmal durchgeführt, sind alle Korrekturfaktoren 22 bestimmt und gespeichert.
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Dies kann beispielsweise durch ein Testprotokoll erfolgen, in dem die Fahrzustände definiert sind, so dass diese, beispielsweise unmittelbar nach der Montage des Fahrzeugs, abgefahren werden können.
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Durch gezielte Vorgabe der Fahrsituationen, in denen ein Zustand beobachtbar ist, wird das Ergebnis der Zustandsbeobachtung besser nachvollziehbar und wiederholbar, da stochastische Einflüsse des Algorithmus weitestgehend umgangen werden. Als positiver Nebeneffekt ergibt sich hieraus außerdem eine Verringerung der Rechenzeit bei Verringerung des Modellumfangs.
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Zur Unterscheidung der Fahrzustände dient beispielsweise der zeitliche Verlauf der sechs Eingangsgrößen. In 3 ist für verschiedene Fahrzustände der zeitliche Verlauf des Gierraten-Signals einer simulierten Stadtfahrt dargestellt.
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Hierbei entspricht die Ziffer (1) einen Stillstand, die Ziffer (2) eine Geradeausfahrt, die Ziffern (3) und (5) jeweils eine Rechtskurve mit 90° bzw. mehr als 90°, die Ziffern (4) und (6) eine Linkskurve mit 90° bzw. mehr als 90°.
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Die Unterscheidung der Fahrsituationen innerhalb des vorgestellten Verfahrens erfolgt dabei anhand der Abfrage der Sensorsignale und/oder der Inertialsensorsignale je Rechenschritt und dem Vergleich mit Schwellwerten. Im hier vorgestellten Beispiel liegt der Schwellwert für das Vorhandensein einer Kurvenfahrt beim Absolutbetrag der Gierrate von | ωz | >= 0,9°/s.
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Für die verschiedenen Fahrsituationen sind beispielsweise die folgenden Schwellwerte für den Gierwinkel festgelegt:
- - Stillstand 0°
- - Geradeausfahrt 0°
- - Rechtskurve 90°
- - Linkskurve 90°
- - Rechtskurve 90° ... 180°
- - Linkskurve 90° ... 180°
- - Kehre, rechts 180°
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Zur eindeutigen Bestimmung einiger Situationen wird ein zweites Signal benötigt, hier z.B. die Geschwindigkeit des Fahrzeugs in Längsrichtung zur Unterscheidung zwischen Stillstand und Geradeausfahrt.
Ist der Fahrzustand anhand der Sensorsignale und/oder der Inertialsensorsignale eindeutig bestimmt, können die für diesen Fahrzustand festgelegten Korrekturfaktoren bestimmt werden.
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Es wird also eine Lösung zur modellbasierten Schätzung häufig auftretender Sensorfehler bereitgestellt, wobei ein Algorithmus bereitgestellt wird, der durch Zustandsbeobachtung in verschiedenen Fahrsituationen ausgewählte systematische Fehler von Inertialsensorsignalen während der Fahrt schätzen bzw. bestimmen und kompensieren kann. Auf diese Weise wird eine Erhöhung der Signalgüte bewirkt, wodurch die Genauigkeitsanforderungen, beispielsweise für die Verwendung des Inertialsensorsystems für das automatisierte Fahren, mit bisher bekannten Inertialsensoren erreicht werden kann.
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Als Werkzeug zur Zustandsbeobachtung wird beispielsweise ein erweitertes Kalman-Filter verwendet, da dieser zum einen durch seinen modularen Aufbau gut zum Einsatz im Steuergerät geeignet ist und zum anderen auch bei der Verwendung verrauschter Eingangs- und Messgrößen ein im Mittel korrektes Schätzergebnis liefert. Hierbei handelt es sich um ein Prädiktor-Korrektor-Verfahren, in dem je Rechenschritt aus der gewichteten Differenz zwischen geschätzten und gemessenen Ausgangsgrößen eine Korrektur der aufgrund der Modellgleichungen prädizierten Zustandsgrößen erfolgt. Die Bestimmung des Gewichtungsfaktors basiert dabei auf Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsrechnung.
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Im vorstehend beschriebenen Ausführungsbeispiel wird auf den dynamischen Zusammenhängen der inertialen Navigation von Beschleunigungs-, Drehraten-, und Geschwindigkeitsinformationen mit der Lagebeschreibung des Fahrzeugs über die Eulerwinkel ein erster Kalman-Filter mit sechs Zustandsgrößen ausgelegt. Die zunächst ungestörten Beschleunigungen und Drehraten der Inertialsensoren dienen hierbei als Eingangsgrößen. Die Basis-Zustände bilden drei Eulerwinkel zur Beschreibung der Drehung eines körperfesten Koordinatensystems bezüglich eines an den Polen ausgerichteten Navigationskoordinatensystems. Als zur Berechnung benötigte messbare Zustandsgrößen werden die körperfesten Fahrzeuggeschwindigkeiten verwendet, die als ideal bekannt angenommen werden, im realen Anwendungsfall aber aus Odometrie-Daten (Rad-Drehzahlen, Lenkwinkel) berechnet werden.
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Die anschließende Auswahl und Priorisierung der zu betrachtenden Sensorfehler erfolgt aufgrund des Einflusses ihrer Störamplitude auf die entsprechenden Eingangssignale und deren abhängige Zustandsgrößen. Die additiven Fehler werden hiernach höher priorisiert als die relativen Fehler.
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Im nächsten Schritt werden verschiedene Modelle zur Schätzung von Fehlern in Eingangssignalen (Eingabefehlern) entwickelt, die sich in der Kombination der Einträge des Zustandsvektors sowie der Parametrierung des Kalman-Filters unterscheiden. Als Eingabefehler werden die Spezifikationsgrenzen der aktuell verwendeten Inertialsensoren vorgegeben, von denen nach Schätzung und Kompensation idealerweise nur geringe Beträge in den ermittelten Grenzen des hochautomatisierten Fahrens übrig bleiben.
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Diese Modelle werden in ihrem Lernverhalten und der erreichbaren Genauigkeiten der geschätzten Zustände können bei gezielt vorgegebenen Eingabefehlern anhand von Testdaten aus Simulation und Fahrzeugtests verglichen und validiert werden.
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Beispielsweise werden dem Basisvektor neun zusätzliche Zustandsgrößen zur Beobachtung von Offsets und den am höchsten priorisierten Empfindlichkeitsfehlern hinzugefügt. Die anhand von zuvor generierten Simulationsdaten einer Stadtfahrt ausgelegte Parametrierung wird unverändert mit Daten einer Testfahrt validiert, was bereits zu einem recht guten Ergebnis in der Winkelschätzung führt.
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Um die erreichbare Genauigkeit zu erhöhen, können Empfindlichkeitsfehler mit niedriger Priorität durch Misalignment-Winkel in drei Raumrichtungen ersetzt werden, was schließlich zehn Fehler-Zustandsgrößen entspricht. Alle diese Sensorfehler werden vereinfacht als konstante Zustände modelliert. Trotzdem ergibt sich in der Analyse der simulierten Testfahrt auch eine Eignung zur Beobachtung von temperaturbedingten Offsetdrifts.
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In einem abschließenden Vergleich werden in einer simulierten Testfahrt diese beiden Varianten des Kalman-Filters anhand des Kriteriums der nach Beobachtung und Kompensation erreichbaren Genauigkeit der Inertialsensor-Signale trotz unbekannter Fehlereinflüsse kritisch bewertet.