Verfahren zum Herstellen eines Schuhs
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Schuhs, insbesondere eines Sportschuhs, oder einzelner Komponenten eines Schuhs, wobei man die Komponenten des Schuhs, insbesondere den Schuhschaft und die Laufsohle, durch Kleben miteinander verbindet und mindestens eine der zu verklebenden Oberflächen vor dem Auftragen des Klebstoffs vorbehandelt.
Bei der Schuhherstellung werden viele einzelne Komponenten des Schuhes durch Kleben miteinander verbunden. Dies gilt insbesondere für Sportschuhe, bei deren Herstellung ausschließlich geklebt wird. Diese Verklebungen, insbesondere die Klebeverbindung zwischen dem Schuhschaft und der Laufsohle, sind im Gebrauch hohen Beanspruchungen ausgesetzt und müssen daher eine Vielzahl von Anforderungen erfüllen. So müssen sie starken Kräften bei der Benutzung des Schuhs standhalten. Die Klebeverbindungen müssen bei Temperaturen bis zu etwa 80 °C thermisch stabil sein. Eine hohe Flexibilität und eine Hydrolysebeständigkeit, also eine Beständigkeit gegen Regenwasser von außen und Schweiß von innen, ist erforderlich.
In modernen Schuhen findet eine Vielzahl von unterschiedlichen Kunststoffen Verwendung, von denen viele nur schwer mit Hilfe der gewünschten Klebstoffe zu verbinden sind.
Die Klebbarkeit wird bei einem Teil der Kunststoffe auch durch die Additive verringert, die zum Teil aus dem Innern an die Oberfläche des Kunststoffs wandern und auf diese Weise die Klebbarkeit zusätzlich verschlechtern. Zu derartigen Additiven gehören Gleitmittel wie Fettsäureamide oder die beim Spritzgießprozeß als Formtrennmittel eingesetzten Siliconöle oder Stearate. Ein anderer Grund für die schlechte Klebbarkeit mancher Kunststoffe liegt an deren unpolaren Oberflächen, wenn ein polarer Klebstoff wie z. B. ein Klebstoff auf Polyurethanbasis
verwendet werden soll. Aus diesen wenigen Beispielen ist ersichtlich, daß die schlechte Klebbarkeit bei jeder der vielfältigen Kombinationen eines bestimmten Kunststoffes und eines bestimmten Klebstoffes unterschiedliche Ursachen haben kann.
Um die Adhäsion zu verbessern, werden im Stand der Technik die zu verklebenden Oberflächen vorbehandelt, bevor der Klebstoff aufgetragen wird. Dazu ist es bekannt, die Oberflächen manuell oder automatisch mit einem Fräser aufzurauhen oder mit einem Lösungsmittel abzuwaschen und zusätzlich eine halo- genierte Substanz aufzutragen, welche nach dem Trocknen mit der Kunststoffoberfläche reagiert und diese derart modifiziert, daß eine bessere Adhäsion erreicht wird. Das Auftragen eines derartigen Primers hat mehrere schwerwiegende Nachteile. Die Substanzen sind im allgemeinen gesundheitsschädlich und erfordern daher einen hohen Aufwand zum Schutz des Arbeitspersonals. Das Auftragen, das Trocknen und die Reaktion benötigen eine lange Zeit und besondere Arbeitsräume und erfordern einen relativ hohen personellen Aufwand.
Aus der französischen Patentanmeldung FR 2 692 276 A1 (Bostik) ist es bekannt, als Primer eine Lösung eines chlorierten Polymers einzusetzen, die ein organisches Titanat enthält. Nach dem Auftragen der Lösung wird diese mit einer Energiequelle aktiviert, wobei es sich um ultraviolette Bestrahlung, die Verwendung einer Elektronenkanone oder eines Plasmas oder einer Koronabehandlung handeln kann. Damit soll eine Reaktion des Primers mit der Kunststoff- Oberfläche erreicht werden, um deren Adhäsion zu verbessern. Als Anwendungsbeispiel wird insbesondere das Verkleben von synthetischem Kautschuk oder von Elastomeren in der Schuhindustrie angegeben. Nachteilig an diesem Verfahren ist die Notwendigkeit, weiterhin einen Primer mit den bereits oben genannten Nachteilen einzusetzen. Die Verbesserung der Adhäsion erfolgt nämlich nicht durch das Einwirken der Energiequelle, sondern durch die Reaktion des Primers mit der Kunststoffoberfläche. Die Energiequelle dient nur zur Aktivierung des Primers.
Zur Verbesserung der Adhäsion von zu verklebenden Kunststoffoberflächen allgemein ist es bekannt, die Oberfläche mit einem gebündelten Plasmastrahl zu überstreichen (EP 0 761 415 A2, Agrodyn Hochspannungstechnik GmbH). Hier wird insbesondere auf die Vorbehandlung von Kunststoffolien Bezug genommen.
Als zu behandelnde Oberflächen werden Kunststoffe allgemein genannt, stark fluorierte Polymere, z. B. PTFE, und Metalloberflächen, z. B. Aluminium.
Der genannte Plasmastrahl wird erzeugt, in dem man ein Arbeitsgas, insbesondere Luft, unter Normaldruck und unter Normaltemperatur durch einen elektrischen Lichtbogen bläst. Beim Austritt des Arbeitsgases aus dem Lichtbogen erhält man dann den sogenannten Plasmastrahl. Ob es sich hier tatsächlich um ein Plasma im eigentlichen Sinne, nämlich um ein zumindest teilweise in Ionen und Elektronen aufgespaltenes Gas handelt, ist dabei nicht sicher. Wesentlich dabei ist aber, daß dieser Strahl zur Vorbehandlung von Kunststoffoberflächen geeignet ist.
Anstelle des genannten gebündelten Plasmastrahles, der eine im wesentlichen punktförmige Vorbehandlung der Oberfläche ermöglicht, kann auch eine Vielzahl von in einem Kreis angeordneten Plasmastrahlen verwendet werden, die um den Kreismittelpunkt rotieren (DE 298 05 999 U1). Auf diese Weise erhält man einen ringförmigen Plasmastrahl, mit welchem man eine relativ große Oberfläche schnell überstreichen und damit vorbehandeln kann.
Wendet man allerdings dieses Verfahren zum Verkleben eines typischen Schuhsohlenmaterials, nämlich synthetischem Kautschuk (Gummi) an, so zeigt es sich, daß mit dem bekannten Verfahren die Adhäsion nicht wesentlich verbessert wird, so daß hier die älteren, oben genannten Vorbehandlungsverfahren erforderlich sind.
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, im Verfahren der eingangs genannten Art Arbeitsschritte einzusparen, wobei nur geringe Investitionskosten notwendig sein sollen und nach Möglichkeit lösungsmittelfrei gearbeitet werden soll. Bei der Vorbehandlung soll außerdem ausschließlich die zu verklebende Oberfläche vorbehandelt werden, wobei die Handhabung einfach sein soll. Das Verfahren zur Vorbehandlung soll kontinuierlich und automatisiert durchgeführt werden können. Der dazu eingesetzte Apparat soll wenig Platz verbrauchen, damit bereits bestehende Fabrikationslinien leicht umgerüstet werden können.
Diese Aufgabe wird mit dem eingangs genannten Verfahren erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß man unter Normaldruck einen Plasmastrahl erzeugt und mit
dem Strahl die zu verklebende Oberfläche vorbehandelt. Dazu wird der Plasmastrahl auf die Oberfläche gerichtet und insbesondere über die Oberfläche bewegt.
Überraschenderweise hat es sich nämlich gezeigt, daß damit bei bestimmten Sohlenmaterialien, insbesondere Ethylen-Vinyl-Acetat, nachfolgend als EVA abgekürzt, und thermoplastischem Gummi, abgekürzt TR, eine so gute Vorbehandlung möglich ist, daß vollständig oder teilweise auf die Verwendung der üblichen Primer verzichtet werden kann. Zur Durchführung des Verfahrens kann ein Plasmastrahl verwendet werden, wie er in der EP 0 761 415 A2 oder in der DE 298 05 999 U1 beschrieben ist.
Vorzugsweise wird der in der zuletzt genannten Druckschrift beschriebene linien- förmige Plasmastrahl eingesetzt, da dieser z. B. bei der Vorbehandlung von Laufsohlen ein gleichmäßiges Bestrahlen der gesamten Sohlenfläche ermöglicht, ohne daß die Sohlenränder vorbehandelt werden. Verwendet man dagegen einen einzelnen feststehenden Plasmastrahl, so erreicht man eine eher punktförmige Vorbehandlung der zu verklebenden Oberfläche.
Wichtig im erfindungsgemäßen Verfahren ist es auch, daß nicht die gesamte Oberfläche des Werkstücks, sondern nur der gewünschte Teil der Oberfläche vorbehandelt wird. Dieser Vorteil zeigt sich insbesondere bei der Vorbehandlung von Laufsohlen. Da die seitlichen Sohlenränder nicht vorbehandelt werden, kann ein eventuell überschüssiger, auf diese Sohlenränder gelangter Klebstoff nach dem Verkleben leicht wieder entfernt werden, da die Sohlenränder nur eine geringe Adhäsion aufweisen. Dieser Vorteil ist besonders wichtig, wenn der Klebstoff durch Düsen aufgesprüht wird.
In einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird die Oberfläche von aus einem Block geschnittenem geschäumten Ethylen-Vinyl-Acetat ("diecut EVA") ausschließlich mit dem Plasmastrahl vorbehandelt. Es hat sich gezeigt, daß eine zusätzliche Behandlung mit Lösungsmitteln oder Primern nicht erforderlich ist. Nach der Plasmabehandlung kann der Klebstoff, z. B. ein reaktiver Schmelzklebstoff, nach 14 Tagen noch aufgetragen werden, ohne daß die Klebequalität sich verschlechtert. Bei einem Reißtest tritt der Riß nicht innerhalb des Klebstoffs, sondern innerhalb des Ethylen-Vinyl-Acetats auf.
Nach dem Stand der Technik muß das EVA dagegen gewaschen oder aufgerauht, mit einem Primer behandelt und getrocknet werden. Sofern ein Schmelzklebstoff verwendet wird, muß das EVA außerdem in einem letzten Schritt noch vorgewärmt werden. Diese Schritte sind erfindungsgemäß nun nicht mehr notwendig.
In einer anderen bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung wird die Oberfläche von thermoplastischem Gummi ("thermoplastic rubber") ausschließlich mit dem Plasmastrahl vorbehandelt und der Klebstoff auf die gegebenenfalls vorgewärmte Oberfläche aufgetragen. Die Vorwärmung der Oberfläche ist nur bei der Verwendung von Schmelzklebstoffen erforderlich. Hier kann entweder der Klebstoff unmittelbar nach der Behandlung der Oberfläche mit dem Plasmastrahl aufgetragen werden, denn dann ist die Oberfläche noch warm. Soll der Klebstoff später aufgetragen werden, so sollte die Oberfläche vor dem Auftrag zusätzlich vorgewärmt werden. Weitere Vorbehandlungsmaßnahmen sind nicht erforderlich.
Nach dem Stand der Technik muß dieses Material dagegen mit einem halo- genierten Lösungsmittel oder einem entsprechenden Gas und mit einem Primer behandelt werden, welcher Polyurethan in einem Lösungsmittel enthält.
Schließlich wird in einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung die Oberfläche von spritzgegossenem ("injection moulded") geschäumten Ethylen-Vinyl-Acetat zur Vorbehandlung zunächst mechanisch oder mit einem Lösungsmittel aufgerauht, bzw. man läßt die Oberfläche anquellen. Danach wird die Oberfläche mit dem Plasmastrahl behandelt. In diesem Fall muß die relativ glatte Oberfläche nämlich vor der Plasmabehandlung teilweise aufgerauht werden. Als Lösungsmittel können organische Lösungsmittel oder alkalische Lösungen eingesetzt werden. Nach der Plasmabehandlung kann der Klebstoff, z. B. der reaktive Schmelzklebstoff, aufgetragen werden.
Dagegen muß im Stand der Technik die Oberfläche mit einem Lösungsmittel abgewaschen, ein UV-Primer aufgetragen, mit ultraviolettem Licht bestrahlt werden, und es muß schließlich ein Primer, welcher Polyurethan in einem Lösungsmittel enthält, verwendet werden. Erfindungsgemäß wird auf das Lösungsmittel verzichtet, und es können zwei Arbeitsschritte eingespart werden.
Im folgenden werden Ausführungsbeispiele der Erfindung sowie Vergleichsbeispiele näher erläutert. Das erfindungsgemäße Verfahren wurde auf folgende beispielhafte Materialien angewendet, wobei jeder Versuch mehrfach durchgeführt wurde:
1 bis 3) Verschiedene, geschnittene ("diecut") EVA-Sohlenmaterialien der Fa. Pou Chen, die als Mittelsohle bei der Herstellung von Sportschuhen der Firmen NIKE, Reebok und Adidas verwendet werden
4) TR-Sohlenmaterial (Standardtestmaterial auf Basis Styrol-Butadien-Styrol- Kautschuk (SBSR) des Instituts PFI (Prüf- und Forschungsinstitut für die Schuhherstellung e.V.)
5) Geschäumte ("injection moulded") EVA-Laufsohlen der Fa. Fu Tai, welche bei der Sportschuhherstellung der Marke "New Balance" zur Anwendung kommen.
Aus diesen Testmaterialien wurden Prüfkörper mit einer Länge von 120 mm und einer Breite von 30 mm gestanzt. Ohne weitere Vorbehandlung wurde die Oberfläche dieser Prüfkörper mittels Normaldruck-Plasma vorbehandelt. Verwendet wurde die Plasma-Vorbehandlungsanlage System PlasmaTreat® der Firma Agrodyn Hochspannungstechnik GmbH. Die Behandlung erfolgte mittels der Rotationseinheit RD 1013 unter Verwendung des Generators FG 1001 und des Hochspannungstrafos HTR 2001.
Parameter: Spannung: 300 V
Strom: 11 A
Druck: 2 bar (Arbeitsluft)
Der Abstand zwischen der zu behandelnden Oberfläche und der Austrittsöffnung des Plasmastrahls aus der Rotationseinheit RD 1013 betrug 10 mm. Lediglich bei den geschäumten ("injection moulded") EVA-Materialien wurde zusätzlich noch in einem weiteren Versuch die Oberfläche vor der Plasmabehandlung zusätzlich durch Anschleifen aufgerauht.
Die Testverklebung dieser vorbehandelten Materialien erfolgte nach DIN EN 522 (Klebstoffe für Leder und Schuhwerkstoffe, Festigkeit der Klebungen) und DIN EN
1392 (Lösemittel- und Dispersionsklebstoffe, Prüfverfahren zur Messung der Festigkeit von Klebungen unter festgelegten Bedingungen) gegen Testleder (Doppelspaltchromleder-Standardtestmaterial vom Institut Satra). Als Klebstoff kam dabei der speziell für die Sohlenverklebung entwickelte reaktive Polyurethan- Schmelzklebstoff Macroplast QR 8116 der Fa. Henkel KGaA zur Anwendung. Dieser Klebstoff wurde vollflächig mittels einer Breitschlitzdüse auf die Substrate appliziert, wobei die Oberflächentemperatur ca. 60 °C betrug, und entsprechend EN 1392 aktiviert, gesetzt und gepreßt.
Zur Überprüfung der Klebfestigkeit wurden Schälversuche mit Hilfe einer Zerreißmaschine des Instituts PFI durchgeführt. Hierzu wurden die oben beschriebenen Verbünde eingespannt und in einem Winkel von 180° mit einer Geschwindigkeit von 100 mm/min auseinandergezogen. Die während der Schälversuche zur Trennung des Verbundes erforderlichen Kräfte wurden aufgenommen und nach Ende der Messung gemittelt.
In der folgenden Tabelle sind die Ergebnisse aufgeführt: