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Verfahren zur Verbesserung der Hitzebeständigkeit von hochpolymeren
halogenhaltigen Stoffen Bekanntlich neigen hochpolymere halogenhaltige Stoffe in
der Hitze leicht zur Halogenwässerstoffabspaltung. Dabei tritt Verfärbung der Stoffe
ein, und der Halogenwasserstoff greift Metalle, die bei der Verarbeitung der Stoffe
verwendet werden, z. B. Walzen oder Pressen, und auch Metallteile in fertigen Formkörpern
an. ° Zur Verhütung dieser Halogenwasserstoffabspaltung in der Hitze hat man schon
vorgeschlagen, Bleiverbindungen als Hitzestabilisator zu verwenden. Unbefriedigend
ist aber allerdings die Giftigkeit der Bleiverbindungen und ihre Neigung, sich insbesondere
schon in Gegenwart geringer Mengen Schwefehvasserstoff zu verfärben.
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Auch ist - es bekannt, alkalisch wirkende Stoffe, z. B. Alkalisalze
schwacher organischer Säuren, Carbonate oder Hy droxyde der Alkali- oder Erdalkalimetalle
oder schwach alkalisch wirkende stickstoffhaltige organische Verbindungen, wie Guanidin,
Diphenylguanidin, Triäthanolamin und Mono- und Dibenzylamin als Stabilisierungmittel
zu verwenden. Diese Stoffe nehmen zwar den in der Hitze sich abspaltenden Halogenwasserstoff
sofort auf und neutralisieren ihn. Gleichzeitig aber bewirken sie bei der Verarbeitung.
vieler hochpolymerer, halogenhaltiger Stoffe in der Hitze
infolge ihrer alkalischen Reaktion eine Be- |
schleunigung der Halogenwasserstoffabspal- |
tung, so daß es in diesen Fällen' tAht gelingt, |
völlig farblose Formkörper herzü*elxeri. Fer- |
ner wurden Harnstoffe und ThidiariAstri& als |
Stabilisatoren vorgeschlagen. Aü#9i diese Ver- |
bindungen verhüten für sich allein noch nicht |
eine Braunfärbung bei der Verarbeitung der hochpolymeren, halogenhaltigen
Stoffe in der Hitze.
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Es wurde nun gefun,_len, dar man eine wesentliche Verbeserungg der
Hitzebeständigkeit von hochpolymeren halogenhaltigen Stoffen erzielt, wenn man alkalisch
wirkende Mittel und außerdem Amine oder Carbamide, die ein bewegliches, durch Alkali
ersetzbares N\Tasserstofiatom besitzen, als Stabilisierungsmittel zusetzt.
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Als alkalisch wirkende Mittel seien die Alkali- und Erdalkaliliydro@yde
und -carbonate und -salze schwacher Säuren, insbesondere organischer Säuren oder
der Borsäure, ferner basische Salze der Phosphorsäure genannt.
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Geeignete Amine oder Carbamide mit mindestens einem durch Alkalimetall
ersetzbarem Wasserstoffatom sind beispielsweise Diarylamine, wie Diphenylamin, ferner
Thioharnstoff und insbesondere Arylthioharnstoffe, z. B. Phenyl-, Diphenyl-, Dichlordiphenyl-,
Ditolyl- und Dinaphtüclthioharnstoffe und auch Arylharnstoffe und t_"reide.
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Hochpolymere halogenhaltige Stoffe, die nach der Erfindung stabilisiert
werden können, sind beispielsweise Chlorkautschuk, Polyvinylchlorid, chloriertes
Polyvinylchlorid, Polt' dichloräthylen, Polychloracrylverbindungen und 1lisclipolymerisate
aus den diesen Polymerisaten zugrunde liegenden monomeren Verbindungen untereinander
oder mit anderen polymerisierbaren Stoffen. .,Auch bei mit Weichmachern versetzten
Polymerisaten äußert sich die günstige stabilisierende Wirkung des Gemisches von
alkalisch wirkenden Stoffen mit den genannten Aminen oder Carbamiden.
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Die nach der Erfindung stabilisierten hochpolymeren halogenhaltigen
Stoffe sind auch bei langer Hitzeeinwirkung recht beständig. Die alkalisch wirkenden
Mittel nehmen zwar den in der Hitze sich abspaltenden Halogenwasserstoff ebenfalls
auf und neutralisieren ihn, gleichzeitig aber wird offenbar durch den Zusatz eines
Ainins oder Carbamids der genannten Art die alkalische Wirkung dieser Mittel herabgemindert.
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Die Menge der alkalisch wirkenden Mittel und der Amine oder Carbamide
kann in weiten Grenzen schwanken. Im allgemeinen empfehlen sich Zusätze von o,i
bis 1 °,(o an alkalisch wirkendem Mittel und solche von o,oi bis .1. °#'p an Aminen
oder Carbamiden. Es gibt für jeden hochpolymeren halogenhaltigen Stoff ein bestimmtes
Verhältnis der Stabilisiertuigstnittel, in dem diese die nachhaltigste Wirkung ausüben.
Dieses Verhältnis läßt sich leicht durch Versuche feststellen.
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Die Stabilisierungsmittel können in Lösung oder Suspension oder auch
als Pulver den hochpolymeren halogenhaltigen Stoffen zugesetzt «-erden. Diese können
dabei in dispergierter oder fester Form vorliegen. Meist ist es zweckmäßig, für
eine möglichst gleichmäßige Verteilung schon vor der Verarbeitung der hochpolymeren
halogenhaltigen Stoffe Sorge zu tragen, doch können die Stabilisierungsmittel auch
erst während dieser Verarbeitung, beispielsweise beim Vierwalzen oder 'erpressen
oder sonstiger Verarbeitung in der Wärine zugegeben «-erden. Auch kann man die Stabilisierungsmittel
schon bei der Herstellung der halogenhaltigen, hochpolyineren Stoffe, z. B. bei
der Polymerisation, zusetzen.
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Durch die nach der Erfindung erzielte Verbesserung der Beständigkeit
der hochpolymeren halogenhaltigen Stoffe gegen die Einwirkung von Wärme ist es möglich,
jetzt aus diesen Stoffen völlig farblose Gegenstände durch Hitzeverformung herzustellen,
während man bisher nur mehr oder weniger verfärbte Formkörper aus ihnen erhielt.
Beispiel 1 Je ioo Teile eines Polyvinylchlorids von hohem Polyrnerisationsgrad,
das durch Eniulsionspolyinerisation erhalten wurde, werden nach dein Ausfällen mit
Sodalösungen verschiedener Konzentrationen gewaschen, so daß das Polvinerisat jeweils
die gewünschte, in der nachstehenden Tabelle angegebene Sodamenge enthält. Dem getrockneten
Polyinerisat «erden hierauf etwa i °,@o `dachs als Gleitmittel und verschiedene
Mengen Diphenylthioharnstoff in der Kugelmühle beigemischt. Die einzelnen Proben
werden 1/4 Stunde lang bei 165' gewalzt und zuletzt zu einer o.i mm starken Folie
ausgezogen. Diese wird hierauf 2 bzw. .1 Stunden lang im Wärmeschrank auf 155' erwärmt.
Die dabei auftretende '\ierfärbung gibt ein -.Maß der Hitzebeständigkeit rler Folie.
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Die in der folgenden Tabelle zusaimnengestellten Prüfungsergebnisse
zeigen die Wirkung verschiedener Zusatzmengen. Die Zahlen in den Spaltend bis f
entsprechen der Farbe der 8fach zusammengelegten Folien und bedeuten: i = völlig
farblos, 2 = Verfärbung gerade sichtbar, 3 = leicht hellbraun bzw. hellgelb, d.
= hellbraun, stärker braun, ö = stark braun, = fast dunkelbraun, dunkelbraun.
9 = schwarzbraun.
Die Bezeichnung klar in der Tabelle bedeutet,
claß die Folien eine besonders schöne Klarheit besitzen und die Klarheit der übrigen
'Folien
a b c d e f |
Zusätze in °/o von Verfärbung der Folien nach |
Ansatz Diphenyl- Walzen bei und Lagerung bei i55° |
Soda thioharn- 105' -----,- |
Stoff i5 Minuten z Stunden ,4 Stunden |
I weniger als 0,03 0/0 0 3 bis 4 7 7 bis 8 |
0,03 0/0 0,03 3 bis 4 7 bis 8 8 |
3 0,030/, I,0 4 7 bis 8 |
o,o8 0/ö 0,0o6 2 6 bis 7 7 |
5 o,o8 0/0 o,oi I 6 bis 7 7 |
6 0,080/, 0,03 I (klar) 6 7 bis 8 |
7 0,080/0 . 0,I5 I (klar) 7 8 |
8 o,o8 % 1,0 I 8 9 |
9 0,2 0/0 0 3 6 6 bis 7 |
I0 0,2 0/0 0,03 I bis 2 4 5 |
1I 0,2 0/0 0,I5 I (klar) 2 5 |
I2 0,2/o I,0 I 2 5 |
I3 0,4 % 0 3 bis 4 5 5 bis 6 |
I4 0,4 0/0 0,03 I bis 2 5 bis 6 6 |
I5 ' 0,4 0/0 0,I5 I (klar) 3 bis 4 6 |
16 0,4 0/0 1,0 I I bis -2 gelblich 5 |
17 0,4 0/0 3.0 I bis 2 2 gelblich 3 bis 4. gelblich |
18 0,4 0/0 5,0 I bis 2 I 2 bis 3 gelblich 3 bis
4 gelblich |
Die Tabelle zeigt den Einfluß der Zusätze allein und gemeinsam. Die Wirkung der
beiden Zusätze ist nicht rein additiv, sondern die Wirkung des Sodazusatzes wird
durch den Zusatz des Diphenylthioharnstoffs außerordentlich gesteigert. So wird
-beispielsweise bei Ansatz 5 mit o,o8 010 Soda schon durch o,oz 0/0 Diphenylthioharnstoffzusatz
eine weit günstigere Wirkung erzielt als bei Ansatz 3 durch die roofach größere
Menge Diphenylthioharnstoff, weil dort weniger, nämlich nur 0,03 'f'0 Soda zugesetzt
sind. Die Tabelle zeigt weiter, da,ß für jede Sodamenge die beste Wirkung und größte
Klarheit mit einer bestimmten Menge Diphenylthioharnstoff erzielt wird, und daß
eine weitere Erhöhung wieder eine deutliche Verschlechterung der Stabilität mit
sich bringt. So -neigt beispielsweise der Ansatz 6 mit o,o8 0Jo Sodagehalt bei o,0_3
0,/0 Diphenylthioharnstoff die beste Wirkung, die bei I
% Diphenylthioharnstoffzusatz
sich wieder verschlechtert (Versuch S).
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In der Reihe mit 0,4 % Sodagehalt dagegen sind die Proben 16 und 17
mit r bis 3 0,(o Diphenylthioharnstoffzusatz die besten. Proben entsprechend Ansatz
16, .die selbst nach 2 Stunden Lagern bis I55° praktisch keine einschließlich der
ohne Dipheny lthioharnstoffzusa'tz wesentlich übertreffen. Verfärbung zeigen, eignen
sich besonders zur Herstellung von farblosen Formkörpern, die während oder nach
ihrer Herstellung einer besonders starken Wärmeeinwirkung unterworfen werden.
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Die Zugabe des Diphenylthioharnstoffskann statt in Pulverform auch
in Form von Lösungen, z. B. in Methanol, oder in wäßriger Suspension erfolgen. So
kann z. B. das gefällte Polyvinylchlorid mit einer Sodalösung gewaschen werden,
die mit Diphenylthioharnstoff gesättigt ist. Man erhält auch in diesem Falle nach
mehr als 15 Minuten Walzdauer bei r65° eine farblose Folie. Hierbei ist die Verteilung
des Stabilisierungsmittels besonders gleichmäßig, was sich dahin auswirkt, daß man
schon nach r bis 2 Walzgängen eine schöne, einheitliche Folie erhält. Ähnlich wie
der Diphenylthioharnstoff wirken auch eine Reihe weiterer arylierter Thioharnstoffe,
so z. B. Dinaphthvl-, Ditolyl-, Dichlordiphenylsowie Phenylthioharnstoff. Der Phenylthioharnstoff
ist infolge seiner leichten Wasserlöslichkeit zur Zugabe in wäßriger Lösung besonders
geeignet.
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Eine ähnlich günstige Wirkung wird ferner bei Mischpolymerisaten aus
Vinylchlorid
und Maleinsäureestern oder Acrylsäureestern oder bei
Mischungen dieser Mischpolymerisate mit Polyvinylchlorid bei Zusatz von o,2 bis
o,4% Soda und o,a5 bis i,o°/° Diphenylthioharnstoff erzielt.
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Beispiel 2 ioo Teile des nach Beispiel i verwendeten Polyvinylchlorids
werden mit so konzentrierten wäßrigen Lösungen von Soda und Thioharnstoff ausgewaschen,
daß nach dein Trocknen das Polyvinylchlorid die nachstehend angegebenen Mengen an
diesen Stoffen enthält. Das Polyvinylchlorid wird dann gemäß Beispiel i zu einer
Folie vorwalzt und auf seine Hitzebeständigkeit geprüft. Die Ergebnisse sind in
folgender Tabelle zusammengestellt:
a b c d e f |
Zusätze in °;o von Verfärbung der Folien nach |
Ansatz |
Soda Thioharn_ Walzen bei und Lagerung bei 1.55' |
stoff 5 |
IS Minuten 2 Stunden 4 Stunden |
1 weniger als o,o3 °1° 0 4 bis 5 7 7 bis 8 |
2 0,03 °f0 o,oo6 4. bis 5 i 7 bis 8 7 bis 8 |
3 0,0311/0 o,OI 4 7 bis 8 7 bis 8 |
4 0,03 °/o ; 0,03 2 bis 3 a6 bis 7 7 |
5 0,03 0/0 0,15 3 7 8 |
6 0,03 °% 1,0 3 bis 4 8 9 |
7 0,080/0 0 3 6 7 |
8 0,080/, o,oo6 i bis z 6 7 |
9 0,080/, o,oi 1 5 - |
io , 0,080/0 0,03 1: (klar) 4 _ 7 |
11 0,08 °% 0, 1 5 1 (klar) 7 8 |
12 0,08 °/, 1,0 ! 8 9 |
13 0,2 0/0 0,006 1 bis _ 2 6 ! 6 |
14 0,2 °% 0,01 1 I 6 6 bis 7 |
i5 0,2 °% 0,03 1 (klar) 3 7 |
16 0,2 °/0 o,is z (klar) 6 bis 7 8 |
17 012 0/0 1,0 1 6 bis 7 8 bis 9 |
18 0,4 °/o o,oo6 1 6 ! 6 bis 7 |
z9 0>4 °/o o,oi i ( 6 7 |
20 0,4 °/° 0,03 1 2 3 bis 4 |
2z 0,4 °/0 0,i5 i (klar) . "2 j |
22 0,-1 0/0 1,0 1 bis z I 3 |
Die Tabelle zeigt, daß der Thioharnstoff in der Anfangsstabilität eine ähnliche
Wirkung wie etwa die .fache Menge Diplienylthioliarnstoff besitzt, während die mit
Thioharnstoff erzielbare Dauerbeständigkeit etwas geringer ist als die mit Diphenyltllioharnstoff.
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Beispiel 3 ioo Teile des nach Beispiel 1 verwendeten Polyvinylclilorids
werden mit einer Lösung von 2,6 Teilen eines Gemisches von sekundärem und tertiärem
Natriumphosphat in 30o Teilen Wasser zu einer Paste angeteigt, deren p$ i i beträgt.
Nach dein Absaugen wird das Poly viny lchlorir_i getrocknet, mit i Teil Wachs und
o,i5 Teilen Thioharnstoff in der Kugelmühle gemischt und hierauf bei 165° zu einer
Folie vorwalzt. Die Folie ist nach mehr als 15 Minuten Walzen noch völlig farblos,
während eine Folie ohne Thioharnstoff eine rotbraune Färbung zeigt. Ein Zusatz von
o,5 Teilen Diphenylthioharnstoff an Stelle von Thioharnstoff ergibt eine ähnlich
günstige Wirkung.
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Beispiel 4 ioo Teile des nach Beispiel i verwendeten Polyvinylchlorids
werden mit i Teil Natriumstearat und i Teil Diphenylthioharnstoff vermischt und
bei 165° zu einer Folie vorwalzt. Die so erhaltene Folie ist praktisch farblos und
ergibt selbst nach weiterem Erwärmen
auf z55° eine geringere Braunfärbung
als eine in gleicher Weise 'hergestellte Folie. ohne Diphenylthioharnstoffzusatz
schon nach 1%4 Stunde Walzdauer zeigt.