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Verfahren zur Herstellung von keramischen Farbkörpern Es isst eine
alte keramische Erfahrung, daP Farboxyde (mit Ausnahme des Chromoxyds), wenn. allein
zu Farbverzierungen verwendet, hirnsichtlich ihrer Beständigkeit gegen Temperatur
und Ofenatmosphäre beim Einbrennen, ferner hinsichtlich ihrer Beständigkeit gegen
die lösende Wirkung der über oder unter ihnen liegenden Glasuren der: genannten
Anforderungen in keiner Weise genügen. So neigen beispielsweise Kobalt-, Nickel-
und auch M.arnganoxyde, für sich allein verwendet, durch während des Brennens erfolgende
Sauerstoffaufnahme und -abgabe zum Aufkochen; auch widerstehen sie und andere Farboxyde
nur in geringem Maße dem Angriff der schmelzenden Glasur. Sie bilden mit der Glasur
gefärbte Glasflüsse; die Verzierungen zeigen verschwimmende Kanten, sie verlaufen.
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Diese Nachteile lassen sich jedoch mehr oder weniger dadurch vermindern.,
daß hoch vorgeglühte Oxydgemische angewandt werden. Solchen hochgeglühten Oxydgemischen,
bei denen sich im übrigen Zusätze auch nichtfärbender Oxyde, beispielsweise der
des Aluminiums, Zinks, Siliciums, Phosphors u. a., zu den, bekannten färbenden Oxyden
des Kobalts, Nickels, Kupfers, Mangans, Eisens, Chroms u. a..als zweckmäßig erwiesen
haben, hat man den Namen Farbkärper gegeben, wobei dieser Begriff recht weit gefaßt
ist.
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In seiner klassischen Untersuchung :>Über Untergl.asurfarben und deren:
Herstellungsweise« forderte H.A.Seger (H.A.Seger, Gesammelte Schriften, Berlin 19o8,
53z-543) nicht nur die Verwendung an sich schon reiner Farboxyde bzw. sorgfältige
Reinigung der käuflichen Metalloxyde, sondern, auch, um widerstandsfähige Farbkörper
zu erhalten, die Zusammenstellung der Oxyde in einem spinellähnlichen molekularen
Verhältnis, d. h. eines Monoxydes mit einem Sesquioxyd im Verhältnis i : i, und,
um die Verbindungsbildung zu befördern, ein starkes Glühen der Mischung. Auf die
Verwendung gerade von Tonerde legte H. A. Seger besonderes Gewicht, da seiner Auffassung
nach ein Zusatz dieses Stoffes geeignet sei, die Farben besonders beständig zu machen.
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Wenn H. A. S eger auch folgerte, daß das Spinellverhältnis für die
Beständigkeit der Farbkörper gegen den Einfluß der Glasur erforderlich sei, so fand
doch auch. er schon, daß trotz eines derartigen Molekularverhältnisses die Feuerbeständigkeit
der Farben im Hinblick auf die Höhe des Wärmegrades bei der Anwendung recht unterschiedlich
war. Das Porzellanscharffener wird nur von wenigen Farben ohne Zerstörung ertragen,
während die Wärmegrade des Steingutglasurbrandes meist noch ohne schädlichen Einfluß
bleiben, wenn die Farben: auch dort nicht immer den gewünschten Farbton sichern.
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. Der der allgemeinen Verbindungsart A2 B 04 entsprechende Spinell
A12 Mg 04 ist der- Hauptvertreter einer nicht nur einheitlich
regulär
kristallisierenden, sondern auch durch eine ganz bcsorkdere Anordnung der Kristallbausteine
- Spinellgefüge - ausgezeichneten Untergruppe. Mit Spinellgefüge kristallisieren
nun nicht nur die sich vom edlen Spinell ableitenden Glieder A' ' ' B " ' 04, sondern
auch (vgl. Fortschritte der Mineralogie, Kristallographie und Petrographie 15 A931]
973-1O46, insbesondere ioog ioo8/9) die Glieder A..,' ' B'* ' ' 04 und A,' B......
04.
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In der allgemeinen: Verbindungsart A B O4 treten indessen noch zwei
weitere, durch besondere Anordnung der Kristallbausteine gekennzeichnete Arten von
Kristallgefüge auf, die ihre Namen - Oliv in- und Phenakitgefüge - ihren, Hauptvertretern,
nämlich dem rhombisch kristallisierenden Olivin (Forsterit) M92 Si 04 und dem hexagonal
kristallisierenden' Phenakit Be2SiO4 verdanken.
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Das Entstehen des einen oder anderen Kristallgefüges ist, wie Untersuchungen
der letzten Jähre ergeben haben, abhängig von den Größenverhältnissen der den betreffenden
Kristall aufbauenden Ionen.
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Legt man die von V. M. Gold:schmidt durch Erfahrung abgeleiteten Ionenradien
zugrunde, so ergibt sich beispielsweise bei den Aluminaten der Art Ah' ' ' B ' '
0, für B ' -eine obere und eine untere Grenze, innerhalb deren Spinellgefüge entstehen
kann. Die obere Grenze liegt bei etwa o,9 Ä, die untere bei etwa o,7 Ä; in der Tat
bildet Fe' ' mit 0,83 Ä das im Spinellgefüge kristallisierende Aluminat Ale'
' ' Fe' ' 04 nur sehr schwierig. Cd' ' mit 403 Ä bildet überhaupt kein Aluminat
Ale' ' ' Cd' ' 04 .mehr. Andererseits wird beim Unterschreiten der unteren Grenze,
beispielsweise durch Einführung des sehr viel kleineren Berylliumions Be ' ', zwar
ein Aluminat Ale' ' ' Be' ' 04 gebildet, indessen kristallisiert dieses nicht mehr
im Spinell-, sondern im Olivingefüge.
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Überraschenderweisse hat sich nun gezeigt, daß man zu neuen und gegen
die eingangs erwähnten Einflüsse äußerst beständigen keramischen Farbkörpern der
Verbindungsart A2 B04 auf folgendem sehr einfachem Wege gelangt: Man geht zur Herstellung
dieser Farben von einem Kristallgerüst- aus, das vorzugsweise aus Ionen mit so kleinem
Radius besteht, wie er von dem jeweils vorliegenden Kristallgefüge ohne Störung
vertragen wird. Derartige Ionen mit kleinem Radius sind die des Berylliums, Ma,gneslums,
Siliciums, Germanium. Sie dürfen nur in solchen Mengen durch andere Ionen im wesentlichen
farbgebender Elemente ersetzt werden, daß ein einheitliches Kristallgefüge entstehen
kann. Das Brennen der Farben muß dann hinsiehtlich Brenndauer., Wärmegrad und Zusammensetzung
der Brenngase grundsätzlich derart erfolgen, daß einheitliche Mischkristalle gebildet
werden.
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Je nach den Größenverhältnissen der Ionen entstehen Kristalle mit
Spinell-, Olivin- oder Phenakitgefüge. Dabei ist gleichgültig, welches Gefüge man
wählt; es ist nur notwendig, einheitliche Mischkristalle zu erhalten, was durch
Anwendung der verschiedenartigen Ionen in nur solchen 'Mengenverhältnissen erreicht
werden kann, daß das Kristallgefüge der zur Herstellung gewählten Gefügegruppe nicht
gestört wird.
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Geht man beispielsweise vom Gefüge des Phenakits als tragenden Kristallgerüst
aus, so kann zwar im Be2 Si 04 oder Be- Ge 04 ein bestimmter Anteil des Berylliums
durch zweiwertige Ionen des Mangans, Nickels, Kobalts, Kupfers, Eisens einzeln oder
in :Mischung miteinander ersetzt werden, jedoch würde ein vollständiger Ersatz des
Beryllium:ions durch größere Ionen ein Umschlagen des Phenakitgefüges in ein anderes,
weniger beständiges Kristallgefüge bewirken.
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Geht man vom Gefüge des Olivins @@Tg2 Si 04 aus, so kann auch hier
das zweiwertige Jlagnesiumion nur zu einem Teil durch die Ionen der genannten .\Zetalle
ersetzt werden, wie andererseits auch das Ion des Siliciums nur zu einem Teil durch
das des Germaniums ersetzt werden kann.
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Besonders schöne und beständige Farben werden erhalten, wenn man von
der gleichfalls im Olivengefüge kristallisierenden Verbindung A12 Be 04 als Kristallgerüst
ausgebt und das Aluminium ganz oder teilweise durch die dreiwertigen Ionen der Metalle
der dritten Gruppe des von L. Meyer und D. J. Mendelejew 1869 aufgestellten periodischen
Systems der Elemente sowie des Titan, Vana,dins, Niobs, Tantal.s, Chroms, llolybdäns,
Wolframs, Mangans, Eisens, Kobalts, Nickels oder Rhodiams allein oder durch llischungen
derartiger Ionen ersetzt, ohne indessen .das Be' ' zu verändern. So liefert beispielsweise
die Verbindung Cr2Be04 einen leuchtend grünen, die Verbindung FeeBeO4 einen braunrötlichen,
bei den höchsten Wärmegraden beständigen Unterglasurscharffeuerfarbton.
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Selbstverständlich können auch durch Zusammenfassung der Kristallgerüste
des A12Be 04 und des M92 Si 04 besondere Farbtöne gewonnen werden.
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Überraschenderweise gelang es nun auch, bisher unbekannte im Spinellgefüge
kristallisierende Farben der Art A.- ' ' B ' ' 04 dadurch zu gewinnen, daß
B vorwiegend aus Ionen des zweiwertigen Magnesiums, daneben aus zweiwertigen Ionen
der Metalle der
zweiten. Gruppe des periodischen Systems der Elemente
sowie des zweiwertigen Mangans, Nickels, Kobalts, Kupfers und Eisens einzeln öder
in Mischung miteinander, A aus den dreiwertigen Ionen des Titans, Vanadin.s, \iobs,
Tantals, Molybdäns, Wolframs, Urans, Mangans einzeln oder in Mischung miteinander
oder in Mischung mit den dreiwertigen Ionen der Metalle der dritten Gruppe des periodischen
Systems der Elemente sowie in Mischung mit den Ionen .des dreiwertigen Chroms, Eisens,
Kobalts gebildet wird, wobei die Nichtmagnesi:um:ionen nur in solchen Mengen verwendet
werden, daß beim Brennen des Gemisches einheitliche Mischkristalle mit Spinell:gefü:ge
entstehen.
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Weitere Farben mit Spinellgefüge der Art A2' ' B ' ' ' ' 04 werden
erhalten, wenn B aus den vierwertigen Ionen des Titans, Germaniums, Zinns, Van.adins,
N iobs, Tantals, Molybdäns, Wolframs, Urans, Selens, Teilurs, Rutheniums, Osmiums,
Iridiums, Therbiu:ms einzeln oder in Mischung miteinander, A vorwiegend aus Ionen
des zweiwertigen M iagnesiurns, daneben aus. zweiwertigen Ionen der Metalle der
zweiten Gruppe des periodischen Systems der Elemente sowie des Mangans, Nickels,
Kobalts, Kupfers, Eisens einzeln oder in Mischung miteinander zu einem einheitlichen
Mäschkristall mit Spinellgefüge vereinigt werden.. Es entstehen ganz eigenartige
Farben, die offenbar mit der Stellung im periodischen System der Elemente zusammenhängen.
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Bei diesen Farben handelt es sich. um oxydische Farben. Für die eigentliche
Herstellung ist es nun gleichgültig, ob die ein.-zelnen Oxyde miteinander gemischt
und dann erhitzt werden oder oh man wässerige Lösungen leicht zersetzlicher Metallsalze
zusammengibt, eindampft und glüht oder. ob man etwa kristallwasserhaltige Salze
in ihrem Kristallwasser schan:ilzt und dann glüht. Das Wesentliche ist, daß Misch-
und Brennverfahren so eingestellt werden, daß eine Bildung einheitlicher Mischkristalle
erfolgt.
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Die ruf diese Weise erzeugten Farben: sänd hinsichtlich ihrer Farbtönung
von bisher unbekannter Beständigkeit und lassen die Einstellung der verschiedenartigsten
Farbtönungen zu. Mit ihnen wird eine wesentliche Bereicherung der keramischen_Farbverzi:erungstechnik
erreicht, die bisher beispielsweise an Unterglasurfarben im wesentlichen nur Braun.,
Grün und Blau in wenig ansprechender Farbtönung kannte.