DE4329246A1 - Computer-gestützte Messung akustischer Absorptionseigenschaften von Wandmaterialien - Google Patents
Computer-gestützte Messung akustischer Absorptionseigenschaften von WandmaterialienInfo
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Description
Die "Akustik" eines Raumes wird maßgeblich von den akustischen Eigenschaften
der Raumbegrenzungsflächen, also Wände, Decken und Boden bestimmt. Insbe
sondere kennzeichnet der frequenzabhängige Absorptionsgrad der Begrenzungs
flächen, unter dem man das Verhältnis von nicht wiederkehrender zu auffallender
Schallintensität versteht, diese Eigenschaften. Für die raumakustische Planung ist
die Kenntnis des Absorptionsgrads eine wichtige Voraussetzung. Um diesen meß
technisch zu bestimmen, existieren im wesentlichen zwei Verfahren, nämlich das
Hallraumverfahren und die Bestimmung des Absorptionsgrades im Kundtschen Rohr
(siehe z. B. DIN 52 212 bzw. DIN 52 215). Im erstgenannten Fall wird die Schall
energieabnahme nach Abschalten einer definierten Schallquelle bestimmt, im zwei
ten Fall ein Stehwellenmuster vor dem zu messenden Material analysiert. Diese
Meßmethoden liefern entweder nur über bestimmte Frequenzbereiche und über alle
Raumwinkel gemittelte Ergebnisse (Hallraum) oder aber es müssen sehr kleine
Materialproben ausgemessen werden (Kundtsche Rohr). Zudem müssen Proben des
auszumessenden Materials vorliegen, was bei der Überprüfung der Absorptions
eigenschaften von Wandflächen in einem existierendem Raum nicht immer möglich
ist. Hier ließe sich beispielsweise ein in der Offenlegungsschrift DE 34 19 515 A1
beschriebenes Verfahren anwenden. Eine neuere Methode besteht in der In-Situ
Messung von Absorptionsgraden [1]. Die in [1] beschriebene Methode erlaubt zwar
die breitbandige Bestimmung der komplexen akustischen Reflexionsfaktoren von
Wandflächen vor Ort, weist jedoch einige Nachteile auf. Da sowohl der Direktschall
impuls als auch die Störreflexionen aus der Impulsantwort herausgeschnitten wer
den müssen, ist das resultierende Zeitfenster verhältnismäßig kurz und somit die
Aussagekraft der Meßergebnisse für tiefere Frequenzen eingeschränkt (siehe (1]).
Des weiteren verursacht die nicht fest definierte Geometrie der Lautsprecher -
Mikrophon Anordnung Meßfehler.
Auch die Erfassung von anderen Schalleinfalls
winkeln als den senkrechten ist nicht ohne weiteres möglich. Zusätzlich ist die nach
trägliche softwaremäßige Bearbeitung der Meßsignale verhältnismäßig aufwendig
und erfordert vom Benutzer viel Know-How, was eine kommerzielle Nutzung ein
schränkt. Diese Nachteile werden durch die Erfindung beseitigt.
Bei dem zu patentierenden Verfahren befinden sich ein Lautsprecher und ein Mikro
phon gemäß Fig. 1 vor der auszumessenden Fläche, die eine Wand in einem
geschlossenen Raum sein kann. Für die dargestellte Geometrie wird nach der
Theorie für lineare zeitinvariante Systeme [2] die Impulsantwort hM2(t) gemessen.
Die über einen AD-Wandler diskretisierten und digitalisierten Signale werden über
einen Computer auf einem geeigneten Speichermedium (Festplatte) abgespeichert
und später weiterverarbeitet. Der schematische Meßaufbau ist in Fig. 2 dargestellt.
Als Meßsignale bieten sich Pseudorauschsignale, insbesondere sogenanntes
Maximalfolgenrauschen [3] an, das ein sehr günstiges Verhältnis von Nutz- zu Stör
signal liefert. Diese Meßsignale erfordern eine Kreuzkorrelationsbildung des gemes
senen Signals mit der anregenden Maximalfolge (Korrelationsfilter, matched filter),
was softwaremäßig mit der effizienten "Schnellen Hadamard Transformation" erfol
gen kann [4]. Das Ergebnis ist die Impuls- oder Stoßantwort des Systems.
Die so bestimmte Impulsantwort hM2(t) besteht aus der Überlagerung von einfallen
dem (Direktschall) und reflektiertem Impuls und weiteren unerwünschten Rückwürfen
(Bodenreflexion, Rückwürfen von anderen Wänden)
hierbei beschreibt hM1(t) die Impulsantwort vom Lautsprecher zum Mikrophon, es
wird vorausgesetzt daß das Mikrophon eine kugelförmige Richtcharakteristik auf
weist),
die Summe der Störreflexionen inclusive Nachhall und r(t) ist die
inverse Fouriertransformierte des frequenzabhängigen Reflexionsfaktors R(f). In
Fig. 3 ist der Ausschnitt inclusive der ersten Störreflexion aus einer solchen Impuls
antwort dagestellt.
Um den frequenzabhängigen Reflexionsfaktor zu bestimmen, muß der Schalldruck
der reflektierten Welle zu dem Schalldruck der einfallenden Schallwelle ins Verhält
nis gesetzt werden. Dies erfordert die getrennte Kenntnis der beiden komplexen
Schalldrücke. Zu diesem Zweck wird vor der Wandmessung die einfallende Schall
welle in Form der Impulsantwort hM1(t) durch eine Quasi-Freifeld-Referenzmessung
bestimmt. Diese kann vor Ort vorgenommen werden, wenn durch die Meßgeometrie
sichergestellt ist, daß die Störreflexionen ausgeblendet werden können, ohne den
Direktschallimpuls maßgeblich zu beeinflussen (deshalb Quasi-Freifeld), also reflek
tierende Flächen weit entfernt sind (mindestens ≈ 3 m). Das Ausblenden geschieht
durch Multiplikation der gemessenen Impulsantwort mit einer auf diese zugeschnit
tenen Fensterfunktion (z. B. Rechteckfenster).
Nach dieser für jede Meßreihe nur einmal durchzuführenden Referenzmessung wird
die Anordnung gemäß Fig. 1 vor der auszumessenden Wand positioniert. Bei der
Wandmessung setzt sich, wie erwähnt, der Schalldruck aus einfallender und reflek
tierter Welle zusammen. Nur die Störreflexionen (letzter Term in Formel 1) werden
herausgefenstert. Der reflektierte Schallanteil wird durch laufzeitrichtige Subtraktion
der beiden im Rechner vorliegenden Meßsignale erhalten.
h M3(t) = hM1(t)+hM1(t) * r(t)-hM1(t) = hM1(t) * r(t) (2)
Die korrekte Subtraktion setzt bei der Freifeldmessung die gleichen Übertragungs
verhältnisse, einschließlich der exakten Laufzeit vom Lautsprecher zum Mikrophon
voraus wie bei der eigentlichen Wandmessung. Um dies zu erreichen, kann man
sich gemäß der Erfindung und wie in Fig. 1 angedeutet, einer Anordnung bedienen,
bei der das Mikrophon und der Meßlautsprecher während der Messungen starr ver
bunden sind. Starr bedeutet in diesem Zusammenhang, daß etwaige Positionie
rungsungenaugkeiten, welche beim Umstellen der Meßanordnung entstehen könn
ten, nur einen Bruchteil der minimal betrachteten Wellenlänge betragen. Die
mechanische Verbindung ist derart zu gestalten, daß sie die Schallausbreitung vom
Lautsprecher zum Mikrophon im betrachteten Frequenzbereich nicht störend beein
flußt (im Verhältnis zur Wellenlänge dünnes Gestänge).
Nach Transformation in den Frequenzbereich über eine "Schnelle Fourier Transfor
mation" (FFT) erhält man
H M2(f) = H M1(f) R(f) (3)
Die Übertragungseigenschaften der Lautsprecher - Mikrophon Anordnung, welche in
HM1(f) enthalten sind, werden durch Division eliminiert und man erhält den
frequenzabhängigen Reflexionsfaktor R(f) (siehe auch Fig. 4).
H M3(f)/H M1(f) = R(f) (4)
Daraus lassen sich des weiteren die relevanten Größen Absorptionsgrad und die
akustische Impedanz ableiten. Die Division bewirkt unmittelbar eine Kalibrierung und
eine Laufzeitkompensation.
Der Vorteil der Erfindung nach Anspruch 1 gegenüber [1] liegt in der Tatsache, daß
die Subtraktion eine Plazierung des Mikrophons unmittelbar vor der Wand erlaubt.
Zum einen werden dabei die als erstes eintreffende störende Reflexion und die
Wandreflexion relativ zueinander zeitlich auseinander geschoben. Dies vergrößert
das Zeitfenster zum Herausfenstern der Störreflexionen, was sich durch verbesserte
Meßergebnisse im tieffrequenten Bereich äußert. Weiterhin ermöglicht die Plazie
rung des Mikrophons unmittelbar vor der Wand, auch von 90° verschiedene Ein
fallswinkel unter Beibehaltung der Lautsprecher-Mikrophon Anordnung zu erfassen.
Der fest definierte Abstand zwischen Lautsprecher und Mikrophon erlaubt eine weit
gehende Automatisierung der Auswertung.
Bei Wandflächen mit inhomogener Oberfläche ist es hingegen zwecks einer ge
wissen Flächenmittelung der Meßergebnisse sinnvoll, das Mikrophon nicht unmittel
bar vor der Wand zu positionieren. In diesem Fall läßt sich weiterhin die Subtrak
tionsmethode anwenden. Jedoch muß die 1/r-Schalldruckdivergenz und der
Phasengang des Reflexionsfaktors über die entsprechenden Laufzeiten korrigiert
werden.
Eine zusätzliche Verbesserung des Meßverfahrens nach Anspruch 2 bieten Meß
signale (z. B. Pseudorauschsignale), die exakt die inversen Übertragungseigen
schaften des Lautsprechers, des Mikrophons und anderer beteiligter Systemkompo
nenten (z. B. Filter) enthalten. Diese Meßsignale können durch eine softwaremäßige
digitale Filterung generiert werden. Durch diese Maßnahme erreicht man, daß der
Direktschallimpuls ein linearphasiges Bandpaßverhalten aufweist (siehe Fig. 5).
Durch die nur durch ein digitales Filter zu erreichende Korrektur des Phasenverhal
tens des Lautsprechers (insbesondere Ausschwingen bei tiefen Frequenzen) ist die
resultierende Impulsantwort zeitlich schneller hinreichend abgeklungen und stören
de Reflexionen können früher eintreffen, um noch fehlerfrei ausgeblendet zu wer
den.
Bei Positionierung des Mikrophons in einigen Zentimetern Abstand vor der Wand
und gleichzeitiger Verwendung von Pseudo-Rauschsignalen, die die exakten inver
sen Übertragungseigenschaften von Lautsprecher und Mikrophon besitzen (dies
setzt eine starre Verbindung zwischen Lautsprecher und Mikrophon voraus), ist wie
beschrieben der Direktschallimpuls zeitlich sehr kurz. In diesem Fall kann nach
Anspruch 3 der Direktschall ebenfalls herausgefenstert werden. Der Vorteil gegen
über dem in [1] beschriebenen Verfahren besteht in der Vorentzerrung der Meß
signale und der zueinander starren Lautsprecher - Mikrophon Anordnung, welches
die genaue Vorentzerrung erst ermöglicht.
Nach Anspruch 4 läßt sich das Verfahren nach Anspruch 1 und 2 gemäß Fig. 6. auch
als Rohrmessung anwenden, wobei eine Probe eines bestimmten Materials vermes
sen wird. In diesem Fall ist ein Rohrende reflexionsfrei abgeschlossen; der Rohr
durchmesser darf nur die Ausbreitung ebener Wellen im betrachteten Frequenz
bereich erlauben. Bei der Referenzmessung wird an das zweite Ende des Rohres
ein fest definierter Abschluß (z. B. schallhart) angebracht. Noch günstiger ist es, das
Rohr durch einen Rohraufsatz mit gleichem Innendurchmesser zu verlängern und
die Reflexion "abzusumpfen" (Fig. 4 b) oder zeitlich gegenüber dem Direktschall
impuls (Referenzsignal) nach hinten zu schieben. So ist ein Ausblenden der stören
den Reflexion möglich.
Bei der Probenmessung wird die Probe eingebracht und die entsprechende Impuls
antwort gemessen. Die weiteren Schritte Subtraktion, Transformation in den
Frequenzbereich und Kalibrierung erfolgen wie beschrieben.
Literatur
[1] Wilms, U., Heinz, R., In-Situ Messung komplexer Reflexionsfaktoren.
Acustica 75 [1991].
[2] Lüke, H. D., Signalverarbeitung, Springer-Verlag, 3. Auflg. 1985.
[3] Williams, F., Sloane, N., Pseudo-Random Sequences and Arrays. Proc. IEEE, Vol. 64, 1976, p. 1715-1729
[4] Borish, J., Angell, J., An Efficient Algorithm for Measuring the Impulse Response Using Pseudorandom Noise. J. Audio Eng. Soc., Vol. 31, No. 7, 1983
[2] Lüke, H. D., Signalverarbeitung, Springer-Verlag, 3. Auflg. 1985.
[3] Williams, F., Sloane, N., Pseudo-Random Sequences and Arrays. Proc. IEEE, Vol. 64, 1976, p. 1715-1729
[4] Borish, J., Angell, J., An Efficient Algorithm for Measuring the Impulse Response Using Pseudorandom Noise. J. Audio Eng. Soc., Vol. 31, No. 7, 1983
Claims (4)
1. Verfahren zur Bestimmung der frequenzabhängigen Reflexionseigenschaften
von Wandmaterialien mit Hilfe einer vor der auszumessenden Wandfläche
positionierten Lautsprecher - Mikrophon Anordnung, dadurch
gekennzeichnet,
- - daß sich die Position des Mikrophons relativ zum Lautsprecher während der unten beschiebenen Verfahrensschritte unverändert bleibt (z. B. starre Verbindung),
- - daß Meßsignale verwendet werden, die impulsförmige Signale sind, sich aus impulsförmigen Signalen zusammensetzen oder auf impulsförmige Signale zurückgeführt werden können.
- - und daß die folgenden Schritte durchgeführt werden:
- a) Ermittlung des einfallenden Schallsignals durch eine Quasi-Freifeld- Referenzmessung
- b) Positionieren der Meßanordnung vor der auszumessenden Wandfläche, Beschallen der Fläche mit o.g. Meßsignal, Aufnahme des Schalls und Bestimmung des Schallsignals bestehend aus einfallendem Schall und an der auszumessenden Fläche reflektiertem Schall
- c) Bestimmung des reflektierten Schallanteils durch Subtraktion des unter a) erhaltenen digitalisierten Meßsignals von dem unter b) erhaltenen und ebenfalls digitalisierten Meßsignals.
- d) Energetische und phasenmäßige Korrektur des unter c) erhaltenen Signal mit dem unter a) bestimmten Signal.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei spektral gewichtete Meßsignale verwendet
werden, die die inversen komplexen Übertragungseigenschaften (nach Betrag
und Phase) des Lautsprechers, des Mikrophons und eventuell anderer
beteiligter Systemkomponenten beinhalten.
3. Verfahren nach Anspruch 2, wobei jedoch anstelle der Subtraktion nach
Anspruch 1 ein zeitliches Herausfenstern des Direktschallimpulses tritt.
4. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei die Meßanordnung derart gestaltet
ist, daß eine Materialprobe in einen Wellenleiter (Rohr) gebracht wird.
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DE102004029714B3 (de) * | 2004-06-21 | 2006-02-02 | Carcoustics Tech Center Gmbh | Prüfstand und Verfahren zur Messung der Schalldämmung oder Einfügungsdämmung an einem Prüfobjekt |
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1993
- 1993-08-31 DE DE19934329246 patent/DE4329246C2/de not_active Expired - Fee Related
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