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Verfahren zur Darstellung von o-Aminoarylthioglykolsäuren. Werden
die im Patent 36o69o beschriebenen Einwirkungsprodukte von Chlorschwefel (SZ
Cl,) auf aromatische Amine mit Wasser oder verdünnten Alkalien behandelt
und die hierbei entstehenden Umsetzungsprodukte in alkalischer Lösung mit Monochloressigsäure
kondensiert, so entstehen neue schwefelhaltige Kondensationsprodukte, welche den
Charakter von Aminocarbonsäuren besitzen.
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Während sich bei den im Patent 36o69o beschriebenenVerbindungen eine
freie Aminogruppe nicht nachweisen läßt, sind die neuen Korndensationsprodukte diazotierbar,
und ihre Diazoverbindungen kuppeln in der üblichen Weise mit Aminen und Phenolen
und liefern hierbei wertvolle neue Azofarbstoffe.
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Eine eingehende Untersuchung hat ergeben, daß die so gewonnenenKondensationsprodukte
die Konstitution von o-Aminoarylthioglykolsäuren der allgemeinen Formel
(R-Aryl) besitzen, und idaß der chemische Vorgang bei ihrer Bildung wahrscheinlich
in der Weise verläuft, daß sich zunächst o-Aininoarylmercaptane bilden, welche sich
dann mit Monochloressigsäure weiter zu o-Aminoarylthioglykolsäuren kondensieren.
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Das vorliegende Verfahren ermöglicht also die Darstellung dieser bisher
nur in wenigen Beispielen bekannten und für die Herstellung schwefelhaltiger Küpenfarbstoffe
vom Typus des Thioindigos so wichtigen Verbindungen in meist quantitativer Ausbeute
und umbeschränkter Auswahl.
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In einzelnen Fällen, in welchen das Einwirkungsprodukt des Chlorschwefels
auf das aromatische Amin eine bemerkenswerte Bestärndigkeit gegen Wasser besitzt,
ist es zur Erzielung einer guten Ausbeute vorteilhaft, dem Alkali ein geeignetes
Reduktionsmittel zuzufügen. Beispiel i. .
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I2o kg des nach Beispiel `i des Patents 36o69o erhaltenen Einwirkungsprodukts
von Chlorschwefel auf Anilin werden mit der ungefähr vierfachen Menge Alkohol angerührt
und allmählich unter gutem Rühren in fooo 1 5oprozentigen Alkohol und 25o kg Natronlauge
von qo° B6 eingetragen. Es ist vorteilhaft, dieser Mischung ungefähr 5o kg Natriumhydrosulfit
zuzusetzen.
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Anfänglich wird gekühlt, so daß die Reaktionstemperatur Nicht über
30° C steigt, nach einiger Zeit wird allmählich bis auf 70° C
angewärmt
und das Rühren bei dieser Temperatur so lange fortgesetzt, bis eine Probe beim Verdünnen
mit Wasser sich nicht mehr trübt. Man gibt dann eine neutrale oder schwach alkalische
Lösung von 75 kg Monochloressigsäure in 3001 Wasser und der erforderlichen Menge
Alkali zu und rührt bei 70° bis 80° C 3 bis q. Stunden. Nach beendeter Kondensation
wird der Alkohol abdestilliert, das in Lösung befindliche Kondensationsprodukt kann
für technische Zwecke unmittelbar iveiterbenutzt werden. Zur Abscheidung des Produkts
in fester Form säuert man an und kocht auf, wobei sich ein weißer, kristallinischer,
in Wasser, Säuren und verdünnten Alkalien unlöslicher Körper, das innere Anhydrid
der neuen Verbindung, ausscheidet. Dieser Körper kristallisiert aus Benzol in weißen
Nadeln vom Schmelzpunkt 2o6° C. Die Ausbeute ist quantitativ. Durch Erwärmen mit
konzentrierten Alkalien wird er wieder zu leichtlöslichen Alkalisalzen der Arylthioglykolsäure
verseift: Verwendet man in diesem Beispiel an Stelle des Einwirkungsprodukts von
Chlorschwefel auf Anilin die gleiche Menge des Produkts aus Benzidinchlorhydrat,
so entsteht die entsprechende o-Thioglykolsäure des Benzidins. Beim Ansäuern und
Aufkochen der Lösungen der letzteren scheidet sich ein weißer, kristallinischer
Niederschlag ab, der in Wasser unlöslich, inAlkohol, Benzol undLigroin schwerlöslich
ist. Erwärmen mit konzentrierten Alkalien verseift ihn wieder zur Thioglykolsäure
des Benzidins, deren Diazoverbindung mit Resorcin zu einem roten, mit m-Toluylendiamin
zu einem blauroten, direkt färbenden Baumwollazofarbstoff kuppelt. Beispiel 2.
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52 kg des nach Patent 36o69o erhaltenen Reaktionsprodukts aus o-Chloranilin
und Chlorschwefel werden unter gutem Rühren in die ungefähr zehnfache Menge Wasser
eingefragen. Der Körper geht anfänglich in Lösung, nach einiger Zeit kristallisiert
ein neues Umsetzungsprodukt in schwach bläulich gefärbten Blättchen aus. Sobald
dessen Abscheidung beendet ist, was an der Entfärbung der Lösung erkannt werden
kann, wird abfiltriert und der Niederschlag durch Erwärmen mit verdünnter Nätronlauge
(36 kg Natronlauge von q0° B6 in Zoo 1 Wasser) gelöst. Zu dieser Lösung gibt man
alsdann zur Herstellung der Thioglykolsäure eine Lösung von 30 kg Monochloressigsäure
in Zoo 1 Wasser und der äquivalenten Menge Alkali und erwärmt das Ganze einige Stunden
auf 70° bis 9o° C. Nach beendeter Kondensation wird nötigenfalls von geringen Mengen
ausgeschiedener Verunreinigungen abfiltriert. Diese Lösung kann für technische Zwecke
unmittelbar weiterverarbeitet werden. Beim Ansäuern und Anwärmen dieser Lösung scheidet
sich das innere Anhydrid der neuen Verbindung als weißer, kristallinischer Niederschlag
rein und in nahezu theoretischer Ausbeute ab. Der Körper ist unlöslich in Wasser
und verdünnten Alkalien und Säuren, löslich inBenzol,Ligroin,Naphtha und Alkohol.
Aus Benzol kristallisiert er in farblosen Säulen vom F. 16q.°. Erwärmen mit konzentrierten
Alkalien verseift ihn leicht zu den entsprechenden Alkalisalzen.
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Verwendet man in diesem Beispiel statt des Einwirkungsprodukts von
Chlorschwefel auf o-Chloranilin das analoge Derivat des ß-Naphthylamins und arbeitet
in der oben angegebenen Weise, so erhält man die o-Thioglykolsäure des ß-Naphthylamins.
Letztere scheidet sich beim Ansäuern und Erwärmen der alkalischen Kondensationslösung
als Anhydrid in weißen Nadeln aus, welches, aus Benzol umkristallisiert, in glänzenden
farblosen Nadeln vom Schmelzpunkt 215° C erhalten wird. Beispiel 3.
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25 kg des Einwirkungsprodukts von Chlorschwefel auf o-Toluidin werden
fein gemahlen in die ungefähr lofache Menge Wasser eingerührt und das Gemisch mehrere
Stunden bei gewöhnlicher Temperatur im Rühren gehalten, bis die Umsetzung beendet
ist. Der neue Körper ist dann als schwach rötlich gefärbter kristallinischer Niederschlag
ausgeschieden, und die Mutterlaugen sind nahezu farblos. Der ausgeschiedene Niederschlag
wird abfiltriert, mit warmer, verdünnter Natronlauge oder Kalkmilch behandelt und,
wie im Beispiel e beschrieben, mit einer neutralen Lösung von 1o kg Monochloressigsäure
kondensiert. Man erhält die entsprechende Thioglykolsäure in quantitativer Ausbeute.
Das Abscheiden des Wasserumsetzungsprodukts kann aber auch, unterbleiben, man kann,
ohne zu filtrieren, nach beendeter Reaktion das Ganze alkalisch stellen, auf 50°
bis 7o° C anwärmen und hierauf die Kondensation durch Zugabe der nötigen Menge Monochloressigsäure
zu Ende führen. In allen Fällen ist darauf ,zu achten, daß während der Kondensation
die Lösung stets schwach alkalisch reagiert. Auch hier können, wie in den übrigen
Beispielen, die so erhaltenen Reaktionslösungen unmittelbar weiterverarbeitet oder
das neue Kondensationsprodukt kann durch Ansäuern der warmen Lösungen als inneres
Anhydrid abgeschieden werden.
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Aus Benzol kristallisiert das letztere in weißen Nadeln vom F. 183°
C.
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In gleicher Weise kann aus dem Einwirkungsprodukt von Chlorschwefel
auf p-Xylidin
die entsprechende o-Thioglykolsäure dargestellt werden,
ihr inneres Anhydrid schmilzt in reinem Zustand bei 2r2° C.
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Die Einwirkungsprodukte von Chlorschwefel auf m-Toluidin, o-Anisidin,
p-Anisndin und p-Aminoacetanilid löst man hingegen zweckmäßiger in 6oprozentiger
bis 75prozentiger Essigsäure, vermischt diese Lösungen mit Wasser bis zur beginnenden
Trübung und rührt sie ungefähr 1o bis 2o Stunden. Die Umsetzungsprodukte kristallisieren
dann in reiner Form aus, werden abfiltriert und zur Gewinnung der entsprechenden
Thioglykolsäuren, wie oben beschrieben, mitAlkalienund Monochloressigsäure, gegebenenfalls
unter Zusatz eines geeigneten Reduktionsmittels behandelt.
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Die Schmelzpunkte der inneren Anhydride wurden wie folgt gefunden:
Inneres Anhydrid der Thioglyolsäure aus dein Einwirkungsprodukt von Chlorschwefel
auf F. |
m-Toluidin 235-236> |
o-Anisidin 183-i84° |
p-Anisidin 179 °. |