Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Färben von Textilien aus synthetischen Polyamidfasern
bzw. für den Polyamidfaseranteil von Mischungen mit Cellulosefasern nach der Ausziehmethode mit Reaktivfarbstoffen.
Das Färben von Polyamidfasern mit Reaktivfarbsloffen ist indessen bereits in der Zeitschrift «Chemiefasern«
1965, Seiten 450-451 und 525-526 wie auch in der Musterkarte S81221 »®Remazol-Farbstoffe auf
Nylon-®Helanca-Gewirk« vom Jan. 1963 der Farbwerke Hoechst Aktiengesellschaft beschrieben. Hierbei wird
der Reaktivfarbstoff zunächst durch die Einwirkung von Alkalien, besonders Trinatriumphosphat, in seine
reaktive Form übergeführt und dann unter Zusatz von Säure, d. h. wie ein Säurefarbstoff, bei Kochtemperatur
(95° bis 1000C) im Ausziehprozeß auf das Fasermaterial
gefärbt. Es handelt sich also im Grunde um ein zweistufiges Verfahren mit einer alkalischen und einer
sauren Färbestufe. Da die Farbstoffe bei dieser Arbeitsweise sich bezüglich ihres Ziehverhaltens wie
Säurefarbstoffe benehmen, besteht die Gefahr des bekannten Streifigfärbens als Folge von Unregelmäßigkeiten
(Verstreckungsuntersehiede) im Aufbau von synthetischen Polyamidfasern. Dieses unerwünschte
Resultat ist um so gravierender, weil die funktionellen Endaminogruppen der Polyamidfaser mit den Farbstoffen
eine kovalente Bindung eingehen, die das Migrationsvermögen der Farbstoffe auf der Faser herabsetzt
und somit ein Ausegalisieren von aufgrund der vorgenannten Fehlerquelle einmal unegal gewordener
Färbungen unmöglich macht. Als Gegenmaßnahme werden die üblichen Egalisierhilfsmittel empfohlen und
auch in der Praxis angewendet, die den Aufziehvorgang gleichmäßig steuern. Als Färbezeiten für diese herkömmliche
Methode werden 45 Minuten bis eine Stunde genannt Eine Abkürzung dieser langen Färbedauer
wäre also wünschenswert.
Aus der Firmenschrift ICI »Technische Information« D1406 ist auch das Färben von Textilien aus
Polyamidfaser-ZCellulose-Mischungen mit Reaktivfarbstoffen
bekannt, wobei zuerst unterhalb Kochtemperatur sowie unter alkalischen Bedingungen die Baumwollkomponente
und sodann in dem erschöpften Baumwollfärbebad der Polyamidfaseranteil des Textilguts mit der
ίο siedenden Flotte im sauren Milieu gefärbt werden.
Dieses bekannte Zweistufenverfahren, welches 2 bis 3 Stunden Färbezeit in Anspruch nimmt, läßt sich auch in
umgekehrter Reihenfolge durchführen. Zur Echtheitsverbesserung muß in beiden Fällen alkalisch nachgeseift
werden.
Der vorliegenden Erfindung liegt nunmehr die Aufgabe zugrunde, die bekannten Färbeverfahren für
synthetische Polyamidfasern mit Reaktivfarbstoffen zu verbessern, sie nach Möglichkeit einstufig zu gestalten
und dabei die Nachteile dieser bisherigen Arbeitsweisen, wie Egalisierschwierigkeiten und lange Färbezeiten
Zugleich mit einem Wechsel des Bad-pH-Wertes, zu vermeiden. Auch soll natürlich sichergestellt bleiben,
daß der Farbstoff eine kovalente, reaktive Bindung mit der Faser eingeht, damit das hohe Echtheitsniveau der
mit Reaktivfarbstoffen auf übliche Weise hergestellten Färbungen erreicht wird.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß man wäßrige Färbeflotten enthaltend einen oder
mehrere Reaktivfarbstoffe verwendet, deren AusgangspH-Wert im schwach sauren bis neutralen Bereich liegt,
und daß man mit diesen Flotten im Hochtemperaturbereich bei 105° bis 1400C ohne Zusatz von Alkalien oder
Alkalispendern sowie ohne Zusatz von Säuren oder Säurespendern färbt.
Die Färbebäder sind beim Färben nach dem neuen Verfahren innerhalb von 5 bis 30 Minuten, vorzugsweise
10 bis 20 Minuten, vollkommen ausgezogen, so daß eine gute Farbstoffausnutzung sichergestellt ist.
■ίο Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens
wird der Reaktivfarbstoff bzw. die Reaktivfarbstoffmischung in herkömmlicher Weise in Wasser gelöst
und dem Färbebad bei ca. 80° bis 900C zugesetzt. Eine
Voraktivierung des Reaktivfarbstoffes mittels Alkalien wie beim bekannten Verfahren gemäß »Chemiefasern«
(loc. cit.) findet hier nicht statt. Der pH-Wert dieser Flotten (bei 200C gemessen) muß dabei im schwach
sauren bis neutralen Bereich liegen. Das bedeutet, daß pH-Werte von ungefähr 4,0'bis 7,0, vorzugsweise 6,0 bis
7,0 eingehalten werden sollten. Eine pH-Einstellung ist zumeist nicht erforderlich, da wäßrige Lösungen von
Reaktivfarbstoffen (in handelsüblicher Form und Beschaffenheit) an sich schwach sauer sind. Betriebswässer,
die mit Kationenaustauschern enthärtet worden sind, sind häufig schwach alkalisch und bedürfen deshalb
der pH-Korrektur in den genannten Bereich, zweckmäßig mittels Essigsäure. Eventuelle Zusätze von Netzmitteln
oder Elektrolyten werden dem Färbebad vor dem Farbstoff gegeben.
bo Sofort nach Eingehen mit der Polyamidware, die keinerlei Vorbehandlung unter Zusatz von Alkalien
oder Alkalispendern unterzogen worden ist, wird die Färbeflotte — so rasch als möglich — auf Färbetemperatur
aufgeheizt und bei 105° bis 1400C, vorzugsweise
120° bis 1300C, in 5 bis 30 Minuten, bevorzugt 10 bis 20
Minuten, gefärbt. Es ist auch möglich, das Färbegut mit der Flotte, die eventuell nur Netzmittel oder/und
Elektrolyt enthält, auf die Färbetemperatur aufzuheizen
und dann den gelösten Farbstoff dieser Flotte zuzusetzen. Die Färbezeit bei Färbetemperatur beträgt
bei dieser Variante des Verfahrens ebenfalls 5 bis 30 Minuten.
Die vorliegende Erfindung kommt auch in Betracht für das einbadige Färben von Mischungen aus
synthetischen Polyamidfasern und Cellulosefasern, wobei die Vorteile der neuartigen Applikationstechnik für
die Reaktivfarbstoffe besonders deutlich hervortreten. In solchen Fällen enthalten die zur Anwendung
gelangenden Färbeflotten zusätzlich mindestens einen neutralen Elektrolyten. Im allgemeinen werden für
diesen Zweck den Lösungen der Reaktivfarbstoffe 50 bis 80 g/l Natriumchlorid oder Natriumsulfat zugesetzt
Im Rahmen dieser Variante ziehen die Reaktivfarbstoffe sowohl auf die Polyamidkomponente als auch auf den
Celluloseanteil der Fasermischung auf, was im allgemeinen praktisch gleichzeitig vor sich geht
Für die Durchführung des neuen Verfahrens sind alle Färbeapparate bzw. Färbemaschinen geeignet, die eine
HT-Behandlung des Färbegutes erlauben. Damit können synthetische Polyamidfasern in praktisch allen
Verarbeitungsstadien gefärbt werden. Schwierigkeiten mit streifigfärbendem Material sind nicht aufgetreten.
Das erfindungsgemäße Verfahren zeichnet sich gegenüber den bekannten, herkömmlichen Methoden
zum Ausziehfärben von synthetischen Polyamidfasern durch seine Einfachheit und durch eine beträchtliche
Verkürzung der Färbezeiten aus. Die erzielbaren Echtheitseigenschaften entsprechen in allen Prüfungen
denen von Färbungen, die man nach den bisher üblichen zweistufigen Verfahren hergestellt hat. Überraschenderweise
ist sogar beobachtet worden, daß solche Färbungen eine sonst nur beim Färben mit Dispersionsfarbstoffen angewandte reduktive Nachbehandlung
aushalten, wodurch deren überragende Echtheit demonstriert wird. Im Einklang mit dem charakteristischen
Merkmal der Erfindung ist eine Nachbehandlung der verfahrensgemäß erzeugten Färbungen im Anschluß an
die HT-Färbeoperation unter Zusatz von Alkalien oder Alkalispendern sowie unter Zusatz von Säuren oder
Säurespendern nicht vorgesehen. In den meisten Fällen braucht nur mit Wasser warm bei 60° bis 70°C und kalt
gespült zu werden.
Für das Färben von synthetischen Polyamidfasern bzw. von Mischungen aus Polyamid- und Cellulosefasern
nach dem vorliegenden Verfahren kommen als Reaktivfarbstoffe die unter diesem Begriff bekannten
organischen Farbstoffe — unabhängig von der Art ihrer reaktiven Gruppe — in Betracht. Diese Farbstoffklasse
wird im Colour Index, 3. Auflage 1971 als »Reactive Dyes« bezeichnet. Es handelt sich hierbei vorwiegend
um solche Farbstoffe, die mindestens eine mit Polyhydroxylfasern oder den Aminogruppen von
Polyamidfasern reaktionsfähige Gruppe, eine Vorstufe hierfür oder einen mit der Polyhydroxylfaser oder den
Aminogruppen von Polyamidfasern reaktionsfähigen
COCH3 OCH, !
I NH- CO — CH N=N Substituenten enthalten. Als Grundkörper der organischen
Farbstoffe eignen sich besonders solche aus der Reihe der Azo-, Anthrachinon- und Phthalocyaninfarbstoffe,
wobei die Azo- und Phthalocyaninfarbstoffe sowohl metallfrei als auch metallhaltig sein können. Als
reaktionsfähige Gruppen und Vorstufen, die solche reaktionsfähige Gruppen bilden, seien beispielsv/eise
Epoxygruppen, die Athylenimidgruppe, die Vinylgruppierung im Vinylsulfon- oder im Acrylsäurerest ferner
die j3-Sulfatoäthylsulfongruppe, die ß-Chloräthylsulfongruppe
oder die jS-Dialkylaminoäthylsulfongruppe genannt
Außerdem kommen für dieses Verfahren Derivate der Tetrafluorcyclobutyl-Reihe, z. B. der
Tetrafluorcyclobutylacrylsäure in Frage. Als reaktionsfähige Substituenten in Reaktivfarbstoffen dienen
solche, die leicht abspaltbar sind und einen elektrophilen Rest hinterlassen. Als Substituenten kommen beispielsweise
1 bis 3 Halogenatome an folgenden Ringsystemen in Betracht: Chinoxalin, Triazin, Pyrimidin, Phthalazin,
Pyridazin und Pyridazon. Es können auch Farbstoffe mit mehreren gleich- oder verschiedenartigen Reaktivgruppen
verwendet werden.
Beispiel 1
Auf einem HT-Baumfärbeapparat wird bei einem Flottenverhältnis von 1 :20 ein Gewirke aus Polyamid-6,6-Fasern
mit einer wäßrigen Flotte behandelt, die — bezogen auf das Gewicht der trockenen Ware —
2% des Farbstoffes Reactive Blue 19 mit der CI.-Nr. 61 200
(in handelsüblicher Form und Beschaffenheit) enthält. Dazu löst man den Farbstoff in Wasser, setzt diese
Lösung der 80° C warmen Färbeflotte zu, deren pH-Wert ohne den Farbstoffzusatz 6,3 beträgt. Sofort
nach dem Eingehen mit dem Färbegut erhöht man die Temperatur des Bades rasch auf 130°C und färbt die
Ware 15 Minuten bei 130°C. Sodann wird die Flotte abgekühlt und die erzeugte Färbung mit Wasser klar
gespült.
Man erhält eine volle, klare Blaufärbung des Gewirks mit sehr guten Echtheitseigenschaften.
Behandelt man die so erhaltene Färbung bei 70°C mit einem wäßrigen Bad unter Zusatz von
0,5 g/I des Umsetzungsprodukts von 1 Mol Nonylphenol
mit 8 Mol Äthylenoxid
10 Minuten nach, dann werden zusätzlich ausgezeichnete Naßechtheitseigenschaften erzielt.
Beispiele 2bis5
Bei der Durchführung der Färbungen verfährt man wie in Beispiel 1, jedoch im Flotten verhältnis von 1:15,
und hält die unten angegebenen Färbezeiten ein:
2) 1,4% des Reaktivfarbstoffs der Formel
HO3S
CH3
Färbezeit 20 Minuten
Klare Gelbfärbung mit guten Echtheitseigenschaften.
SO2-CH2-CH2-O-SO3H
3) 8% des Farbstoffes Reactive Black 5 mit der C. L-Nr. 20 505
Färbezeit 25 Minuten
Echte Schwarzfärbung des Gewirkes.
4) 1,23% des Farbstoffes Reactive Orange 16 mit der
SO3H
Färbezeit 20 Minuten
Sehr echte stumpfgelbe Färbung.
CL-Nr. 17 757
10 Minuten Färbezeit
Echte ScharJachfärbung des Gewirkes.
5) 1 % des Reaktivfarbstoffes der Formel
J IfV-SO2- CH2-CH2-O-SO3H
Beispiele 6 und 7
Bei der Durchführung der Färbungen verfährt man wie in Beispiel 1, jedoch im Flottenverhältnis von 1 :12,
und verwendet in diesen beiden Fällen ein poröses Gewirke aus Polyamid-6-Fasern:
6) 1,3% des Reaktivfarbstoffes der Formel O NH2
Reaktivfarbstoffes der Formel
SO3H
Cl
Klare Blaufärbung des Gewirkes. 7) 1,3% des Reaktivfarbstoffs der Formel
O NH2
Br
II I J~\
'
O NH-<f V-NH-CO-C=CH2
SO3H
Ähnliche Blaufärbung wie in Beispiel 6.
25
30 H3C-C
35
^-SO2-CH2-CH3
SO3H
(in handelsüblicher Form und Beschaffenheit) aufweist. Färbezeit 10 Minuten.
Man erhält eine Gelbfärbung der Polyamidumspinnung.
45
Beispiel 9
Man färbt Kreuzspulen aus Polyamid-6-Endlosfäden
bei einem Flottenverhältnis von 1:10 mit einer wäßrigen Flotte, weiche — bezogen auf das Gewicht
der trockenen Ware — mit 0,84% des Reaktivfarbstoffes der Formel
SO3H
55 HO3S
N1H-{ N
H3C
60
Beispiel 8
Entsprechend der Vorschrift in Beispiel 1 färbt man bei einem Flottenverhältnis von 1 :12 ein Elastik-Gewirke
aus mit Polyamid-6-Fäden umsponnener Polyurethanfaser mit einer wäßrigen Flotte, die — bezogen
auf das Gewicht der trockenen Ware — 0,4% des (in handelsüblicher Form und Beschaffenheit) beschickt
ist. Der Farbstoff wird mit heißem Wasser gelöst und diese Lösung wird dem das Textilgut aufweisenden,
700C warmen Färbebad zugesetzt. Man erhitzt nunmehr die Flotte so rasch als möglich auf 125°C und färbt
die Ware 8 Minuten bei dieser Temperatur. Nach dem Abkühlen des Bades und Spülen der Spulen mit Wasser
erhält man eine Gelbfärbung der Polyamid-Fäden.
J:
Beispiel 10
Auf einer HT-Jetanlage wird bei einem Flottenverhältnis von 1 :8 ein Mischgewebe aus 50% synthetischen
Polyamidfasern und 50% Baumwolle entsprechend den Angaben aus Beispiel 1 mit einer wäßrigen
Flotte gefärbt, die — bezogen auf das Gewicht der trockenen Ware — 2% des Reaktivfarbstoffes der
Formel
Λ
CuPc
[SO3H]2 CuPc = Kupferphlhalocyanin
(in handelsüblicher Form und Beschaffenheit) sowie einen Zusatz von 60 g/l Glaubersalz kalz. enthält. Die
Färbezeit beträgt in diesem Fall 20 Minuten.
Man erhält auf beiden Faserkomponenten eine gleichmäßige türkisblaue Färbung des Gewebes mit
guten Echtheitseigenschaften.
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