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Mittel zur Milderung der beim Abbau organischer Stoffe auftretenden
Geruchsbelästigung Die Erfindung betrifft Geruchsbekämpfungsmittel aus Cyanamid
und Riechstoffen zur Minderung der Geruchsbelästigung bei biologischen Abbauprozessen
organischer Stoffe.
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Die in den letzten Jahrzehnten einsetzende Konzentration der deutschen
Landwirtschaft, verursacht u. a. durch Verknappung der Arbeitskräfte und durch sinkende
Wirtschaftlichkeit, führte in Abhängigkeit von den Gegebenheiten vielfach zu einer
Spezialisierung und Aufspaltung in viehlose Betriebe und in Massentierhalter.
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Die Ausuferung der Städte bringt diese einst abseits liegenden Tierhalter
in Bedrängnis durch sich gestört fühlende Anlieger. Die intensive Geruchsbelästigung
sowohl beim Lagern als auch beim Ausbringen großer Abfallmengen, insbesondere in
Form von Gülle, führte schon mehrfach zu heftigen Protesten und gerichtlichen Maßnahmen.
Ähnliche Probleme haben kommunale Klärwerke.
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Zahlreiche Formen der Geruchsverbesserung wurden bereits vorgeschlagen,
die vom Desinfektionsmittel bis zum Stallparfum reichen. Ihr praktischer Nutzen
ist meist recht gering.
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Ein wesentlicher Fortschritt (DOS 22 61 124) konnte mit Cyanamid als
Geruchsinhibitor erzielt werden, da dieses sowohl den Abbau organischer Stoffe hemmt
als auch mit den bereits gebildeten Geruchsstoffen reagiert. Allerdings kann durch
die alleinige Anwendung von Cyanamid nur eine fast vollständige Geruchsbelästigung
für längere Zeit erreicht werden.
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Es bestand somit die Aufgabe, die Geruchsbelästigung beim Abbau organischer,
meist biologischer Stoffe möglichst total zu beseitigen, jedenfalls aber die Qualität
der Umgebungsluft, z.B. der Stalluft, deutlich zu verbessern.
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Das Problem war überraschend dadurch zu lösen, daß diese Stoffe mit
Cyanamid-Riechstoff-Kombinationen versetzt werden. Als Riechstoffkomponente eignen
sich: Ester (Ameisen-3äure-isopropyl- bzw. -isobutylester, Essigsäurebutylester,
Amyl-, Hexyl-, Benzylacetat, Geranylformiat), Äther (Diphens äther, Anethol), Aldehyde,
araliphatische Aldehyde (Benzaldehyd, Vanillin), Terpenaldehyde (Citrat, Citronellat),
Ketone aliphatische Ketone (Methyl-n-amylketon), substituierte Pentanone, aromat.
Ketone (Acetophenon), Terpenketone (Menthon, Campher), macrpcyclische Ketone. aromatische
(p-Cymol) und aliphatische (Myrcen) Kohlenwasserstoffe, ferner Lactone.
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Wirksam sind ferner natürliche Riechstoffkomplexe,wie Kiefernnadelöl,
Sandelholzöl, Anis-, Lavendel-, Eucalyptus-, Hopfen-, Geranien- und Rosmarinöl.
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Insbesondere bewährte sich die Kombination mit Pine-Oil, einem kostengünstigen
Riechstoff. Die Mischung Cyanamid1 Pine-Oil und übelriechende organische Zersetzung3pxodukte,
z.B.
tierische Fäkalien, ergibt einen Ocruchskornplex mit erträglichem Geruchseindruck
bzw. eine vollständige Geruchsunterdrückung der Abfallprodukte bei Lagerung und
Feldausbrinaung.
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In Anpassung an den Landschaftscharakter bzw. , den gewünschten Effekt
kann jedoch auch eine andere Geruchskomponente gewählt werden.
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Die erfindungsgemäß gewählte Kombination enthält je 1000 Gew,-Time.
Cyanamid 20bis D0 Gew.-Tle. handelsübliches Pine-Oil und gegebenenfalls noch einen
Emulgator. Cyanamid wird hierbei zweckmäßigerweise als 20 bis 60 %ige wäßrige, stabilisierte
Lösung eingesetzt, die im technischen Maßstab zur Vertügung steht.
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Durch Zusatz von etwa 20 bis 100 Gew.-Tle. Emulgator je 100 Gew.-Tle.
Pine-Oil werden milchige Emulsionen bis klare Lösungen erhalten, die mit Wasser
beliebig verdünnt werden können. Pine-Oil zeigt dabei in wäßrigen Cyanamidlösungen
bessere Emulgierbarkeit als in reinem Wasser.
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Beispielsweise stellt die Formulierung aus 1000 Gew.-Tln.
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50 thiger wäßriger Cyanamidlösuna, 30 Gew.-Tln. Pine-Oil und 20 Gew.-Tln.
"Steinapal HV 14" (Nonylphenolpolyglykoläther der Firma Rewo) eine klare Lösung
dar, die selbst nach Monaten keine Trübung zeigt und mit Wasser in jedem Verhältnis
gemischt werden kann.
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Grundsätzlich ist für die erfindungsgemäß kombinierte Anwendung von
Cyanamid mit Pine-Oil eine spezielle Zubereitungsform nicht erforderlich, da beide
Wirkstoffe auch direkt ohne vorhergehende Vermischung den flüssigen tierischen Abfallstoffen
zur Geruchsverminderung zugesetzt werden können.
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In der Regel wird man 2 bis 4 kg 50 %ige wäßrige Cyanamid-Lösung zusammen
mit 40 bis 160 g handelsüblichem Pine-Oil
(beispielsweise von den
Firmen Weissmeer Baltischew und WHercules je 1 m3 flüssigen Abfalls anwenden.
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Pine-Oil (. Römpp/Chemie Lexikon, Bd. III, 4949 (1966)3 zeichnet sich
durch einen angenehmen Fichtennadelgeruch aus und wirkt sowohl desodorierend als
auch desinfizierend.
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Es ist völlig untoxisch und findet auch kosmetische und medizinische
Anwendung. Die Desinfektionswirkung ist u.a. auf den Gehalt an Terpenalkoholen zurückzuführen.
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Die geruchshemmende und desinfizierende Wirksamkeit von Cyanamid wird
in Kombination mit Pine-Oil durch synergistische Effekte verstärkt. Die geruchshemmende
Wirkung der Mischung bleibt bei der Zersetzung organischer Stoffe über einen Zeitraum
von wenigstens 6 Wochen erhalten.
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Die Verwendung von Cyanamid in Kombination mit Pine-Oil in Mengen
von 0,025 bis 0,5 % Cyanamid und 0,001 bis 0,1 % Pine-Oil (10 bis 1000 ppm), bezogen
auf die Gesamtmenge an Abfallstoffen, erlaubt die wirkungsvolle und langandauernde
Geruchsbekänipfung und beinhaltet zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten, von denen
das Geruchslosmachen tierischer Exkremente bei der Massentierhaltung beispielhaft
aufgeführt wurde.
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Ohne Einschränkung aller weiteren Anwendungsmöglichkeiten sei auf
Anwendung der erfindungsgemäßen Kombination zur desodorierenden Behandlung von Schlachthausabfällen
und kommunalen Abwässern in Kläranlagen verwiesen.
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Ein wesentlicher Vorteil des Mittels besteht neben wirtschaftlichen
Aspekten darin, daß die Kombination beim Ausbringen der behandelten organischen
Stoffe auf das Land keine für den Boden schädliche oder unangenehme Eigenschaften
entfaltet.
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Durch die kombinierte Anwendung von Cyanamid mit Pine-Oil gelingt
es, die durch tierische Abfallstoffe bedingte Umweltbelästigung der Massentierhaltung
auf ökonomisch tragbare Weise praktisch vollständig zu unterbinden und damit die
Existenz von Landwirtschaftsbetrieben in der Nähe von Wohnsiedlungen, insbesondere
von Ballungsräumen und in Erholungsgebieten zu sichern.
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Versuchsbeispiele: 1. Versuchsdurchführung: 100 Liter Schweinegülle
(Alter 2 bis 3 Tage) wurden mit folgender Kombination versetzt: 1 000 Gew.-Tle.
50 %ige wäßrige Cyanamid-Lösung (stabilisierte, technische Lösung) 20 Gew.-Tle.
Pine-Oil (der Firma Weissmeer Baltische) 20 Gew.-Tle. biologisch abbaubarer Emulgator
(Steinapal TA 11 der Firma Rewo).
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Als Vergleich diente Schweinegülle - die nur mit dem Wirkstoff Cyanamid
bzw. nur mit Pine-Oil versetzt war -und völlig unbehandelte Schweinegülle. Versuchsort
war ein klimatisierter Raum mit einer Temperatur von ca.
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15° C. Als Versuchsgefäße waren Kunststoffbehälter eingesetzt, die
mit jeweils 100 Liter Schweinegülle gefüllt wurden.
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2. Versuchsauswertung und Resultate: In regelmäßigen Zeitabschnitten,
bis zu 60 Tage nach Behandlung, wurde der Geruch bonitiert. Die Auswertung erfolgte
mit Hilfe eines sogenannten Olfaktometers (Tab. 1) sowie durch sensorischen Test
mit 6 - 13 Testpersonen (Tab. 2 und 3). Bei der Olfaktometer-Auswertung wird die
über der Schweinegülle stehende, mit Geruchsstoffen beladene
Luft
angesaugt und durch die jeweilige Testperson mit steigenden Mengen reinen Sauerstoffgases
gemischt, bis die Testperson keinen Geruch mehr wahrnehmen konnte Die Menge des
zugemischten Sauerstoffs diente als Maß für die Geruchsintensität.
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Die nachstehende Tabelle zeigt, daß trotz Verwendung der an sich sehr
intensiv riechenden Komponente Pine-Oil die Gesamtintensität des Geruchs noch etwas
geringer ist als bei alleiniger Behandlung der Gülle mit Cyanamid.
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Tabelle 1
Behandlung mit erforderliche Menge an Sauer- |
stoff, um keinen Geruch mehr |
wahrnehmen zu können |
unbehandelt 189 Liter 02/Liter geruchs- |
beladene Luft |
3 |
Pine-Oil: 0,03 kg/m Gülle 180 Liter 02/Liter geruchs- |
beladene Luft |
Cyanamid: 0,75 kg/m3 Gülle 59 Liter 02/Liter geruchs- |
beladene Luft |
Cyanamid: 0,75 kg/m3 Gülle 50 Liter 02/Liter geruchs- |
+ Pine-Oil: 0,03 kg/m3 ' beladene Luft |
Die in Tabelle 1 dargestellten Werte geben jedoch nur Auskunft über die Intensität
des Geruchs. Die Testpersonen mußten deshalb den Geruch auch qualitativ bewerten.
Diese Bewertungen sind in den Tabellen 2 und 3 zusammengestellt.
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Tabelle 2 Testfraqe: Beurteilen Sie den Geruch relativ schlecht oder
relativ gut? Bewertung in 4 Stufen: 1 = schlecht, 4 = gut
Anzahl Aufteilung der Bewertungen |
Behandlung Bewertungen in die Stufen 1 - 4 |
insgesamt 1 2 3 4 |
unbehandelt 337 86 % 8 % 5 % 1 % |
3.. |
Pine-Oil: 0,03 kg/m Gülle 284 60 % 20 % 15 % 5 % |
Cyanamid: 0,75 kg/m³ Gülle 284 38 % 28 % 20 % 14 % |
Cyanamid: 0,75 kg/m³ Gülle |
+ Pine-0i1: 0,03 kg/m³ Gülle 284 18 % 24 % 38 % 20 % |
Tabelle 3 Testfraqe: Beurteilen Sie den Geruch als zumutbar, bedingt zumutbar oder
unzumutbar?
Anzahl Aufteilung der Bewertungen |
Behandlung Bewertungen zumutbar bedingt un- |
insgesamt zumutbar zumutbar |
unbehandelt 340 5 % 4 % 91 % |
Pine-Oil: 0,03 kg/m³ Gülle 286 20 % 15 % 65 % |
Cyanamid: 0,75 kg/m³ Gülle 286 37 % 9 % 54 % |
Cyanamid: 0,75 kg/m³ Gülle |
+ Pine-Oil: 0,03 kg/m³ Gülle 286 56 % 10 % 34 % |