DE19911626A1 - Induktion antiinflammatorisch wirkender Proteine durch Ammoniumionen bzw. Amino-Reste - Google Patents
Induktion antiinflammatorisch wirkender Proteine durch Ammoniumionen bzw. Amino-ResteInfo
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Abstract
Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung mindestens einer physiologisch annehmbaren Ammoniumionen bildenden oder einen Amino-Rest tragenden Verbindung zur Induktion antiinflammatorisch wirkender Proteine bzw. zur Behandlung von entzündlichen Erkrankungen.
Description
Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung mindestens einer physiologisch
annehmbaren, Ammoniumionen bildenden oder einen Amino-Rest tragenden Verbindung
zur Behandlung von entzündlichen Erkrankungen sowie ein Verfahren zur Herstellung
antünflammatorisch wirkender Proteine.
Therapeutisch wirksame Proteine wie beispielsweise Insulin oder Interferone sind seit
langem bekannt und werden zur Behandlung verschiedener Erkrankungen in großem
Umfang eingesetzt. Wegen ihrer guten Körperverträglichkeit sind dabei autologe, d. h.
körpereigene Proteine von besonderer Bedeutung.
Es ist bekannt, daß proinflammatorische Cytokine von Bedeutung bei entzündlichen
Erkrankungen sind. So wird beispielsweise in Springer Semin. Immunopathol. 1998, 20
(1-2), 229-246 und Int. J. Tissue React. 1992, 14(2), 65-75 darüber berichtet, daß die
protinflammatorischen Cytokine Interleukin-1 (IL-1) und Tumor-Nekrose-Faktoren (TNF)
eine wesentliche Rolle bei der fortschreitenden Gelenkzerstörung bei entzündlichen
Erkrankungen spielen. IL-1 und TNF sind Proteine, die durch Bindung an ihre
spezifischen Rezeptoren auf der Oberfläche von beispielsweise Monocyten/Makrophagen
die Ausschüttung von weiteren Entzündungsmediatoren und von gelenkzerstörenden
Enzymen induzieren. Eine Blockade dieser Bindung würde den Fortschritt der
entzündlichen Erkrankung unterbrechen. Die natürlichen Antagonisten von IL-1 und TNF
sind die Proteine Interleukin-1-Rezeptorantagonist (IL-1RA) und/oder lösliche Tumor-
Nekrose-Faktoren Rezeptor I und II (sTNF RI/RII). Somit wirken IL-1RA und sTNF
(RI/RII) potentiell antünflammatorisch. Die Proteine IL-10 und IL-4 verschieben das
Gleichgewicht zwischen den Gegenspielern IL-1 und IL-1RA zu Gunsten des
Antagonisten und wirken auf diese Weise ebenfalls antiinflammatorisch; siehe
beispielsweise J. Immuniol. 1995, 154(3), 1432-1439 sowie Rheum. Dis. Clin. North Am.
1998, 24(3), 629-639.
In Adv. Immuno1.1993, 54, 167-227 und Immunol. Today 1991, 12(11), 404-410 wird
über vorläufige Ergebnisse klinischer Studien berichtet, die mit rekombinant hergestelltem
IL-1RA durchgeführt worden sind. Gemäß diesen Studien wurden Probanden mit
entzündlicher Arthritis, Sepsis und anderen entzündlichen oder Autoimmunerkrankungen
erfolgreich mit dem synthetischen Antagonisten behandelt.
Die rekombinante bzw. synthetische Herstellung der zuvorgenannten therapeutisch
wirksamen Proteine ist aufwendig und kostenintensiv. Es besteht daher ein Bedarf nach
vereinfachten Verfahren zur Herstellung dieser therapeutisch wirksamen Proteine.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es somit, ein vereinfachtes Verfahren zur
Herstellung antünflammatorisch wirkender Proteine anzugeben. Eine weitere Aufgabe
liegt darin, Mittel zur Behandlung von entzündlichen Erkrankungen zur Verfügung zu
stellen.
Diese Aufgaben werden gelöst durch die Merkmale der unabhängigen Ansprüche.
Die abhängigen Ansprüche definieren vorteilhafte Ausführungsformen der vorliegenden
Erfindung.
In den der vorliegenden Erfindung zugrundeliegenden Untersuchungen wurde
überraschend gefunden, daß sich die Bildung antiinflammatorischer Proteine in
Körperflüssigkeiten, insbesondere Blutproben, induzieren läßt, indem man der
Körperflüssigkeit eine Ammoniumionen bildende oder einen Amino-Rest tragende
Verbindung zusetzt. Die auf diese Weise in vitro gebildeten antiinflammatorischen
Proteine können zur Behandlung entzündlicher Erkrankungen verwendet werden. Hierzu
wird dem zu behandelnden Patienten eine Körperflüssigkeit, wie beispielsweise Blut,
Synovialflüssigkeit oder Lymphflüssigkeit entnommen. Anschließend wird die
Körperflüssigkeit mit der Ammoniumionen bildenden oder einen Amino-Rest tragenden
Verbindung versetzt und inkubiert. Infolge der Inkubation werden die antiinflammatorisch
wirkenden Proteine gebildet. Anschließend wird die auf diese Weise angereicherte
Körperflüssigkeit dem Patienten wieder zugeführt.
Bei der entnommenen Körperflüssigkeit handelt es sich vorzugsweise um Blut, das
erfindungsgemäß mit der Ammoniumionen bildenden oder einen Amino-Rest tragenden
Verbindung versetzt und anschließend inkubiert wird, beispielsweise über einen Zeitraum
von 24 Stunden. Dann läßt man die Blutzellen sedimentieren und entnimmt den Überstand
(Blutplasma), das dann durch einen Sterilfilter z. B. in Gelenke des Patienten reinjiziert
wird.
Erfindungsgemäß kann jede Ammoniumionen bildende oder einen Amino-Rest tragende
Verbindung zur Induktion und damit auch zur Herstellung der antiinflammatorisch
wirksamen Proteine verwendet werden. Wenn die Körperflüssigkeit, in der die
antiinflammatorischen Proteine angereichert worden sind, dem Patienten wieder zugeführt
wird, muß die Ammoniumionen bildende oder einen Amino-Rest tragende Verbindung
physiologisch annehmbar sein. Bevorzugt werden gemäß der vorliegenden Erfindung
Ammoniumchlorid und/oder Ammonium-Heparin verwendet; ebenfalls geeignet sind
beispielsweise Aminosäuren, insbesondere Glycin, sowie Peptide und dergleichen. Das
Ammoniumchlorid und/oder Ammonium-Heparin können der Körperflüssigkeit in fester
oder gelöster Form zugesetzt werden. Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der
Erfindung enthält das Gefäß, in das die Körperflüssigkeit überführt wird, Ammonium
chlorid und/oder Ammonium-Heparin. Gemäß einer besonders bevorzugten Ausführungs
form handelt es sich bei dem Gefäß um eine Spritze. Zusätzlich kann in dem Gefäß, z. B.
einer Spritze, ein mit den vorgenannten Verbindungen beschichtetes Füllmaterial wie
beispielsweise Kugeln, Gele, Glaswolle und dergleichen enthalten sein. Die Beschichtung
des erfindungsgemäß verwendeten Füllmaterials kann erfolgen, indem die Ammonium
ionen bildende oder einen Amino-Rest tragende Verbindung in Lösung gebracht, das
Füllmaterial mit dieser Lösung benetzt wird und das Lösungsmittel anschließend
verdampft wird.
Die Inkubation der mit der Ammoniumionen bildenden oder einen Amino-Rest tragenden
Verbindung versetzten Körperflüssigkeit ist an sich unproblematisch und kann bei
Temperaturen zwischen Raumtemperatur und um 37°C erfolgen. Die Dauer der
Inkubation kann zwischen 10 und 48 Stunden liegen und kann ggf. unter leichtem
Schwenken erfolgen.
Die folgenden Beispiele verdeutlichen die Erfindung ohne sie zu beschränken.
In einem Versuch wurden 22 Probanden jeweils 10 ml Blut mit Hilfe einer handels
üblichen Heparin-Monovette, erhältlich beispielsweise von der Firma Sarstedt,
entnommen. Diese Monovette enthält Ammonium-Heparin, entsprechend einer
Konzentration von 30 I. E. Ammonium-Heparin/ml Blut. Das so entnommene Vollblut
wurde direkt in dem Entnahmegefäß unter Schwenken bei 37°C 24 Stunden inkubiert.
Nach dem Sedimentieren der Blutzellen wird das Blutplasma entnommen. Die
Konzentration von IL-1RA wurde vor der Inkubation und nach der Inkubation bestimmt,
wobei die in Tabelle 1 aufgeführten Werte gemessen wurden.
Diese Zahlenwerte zeigen, daß die Konzentration des antünflammatorisch wirkenden
IL-1RA im Blutplasma nach Inkubation mit Ammonium-Heparin sprunghaft ansteigt. Das so
mit IL-1RA angereicherte Blutplasma kann unter Entzündungserkrankungen leidenden
Patienten als Entzündungshemmer reinjiziert werden.
In einer weiteren Studie wurden 6 Probanden jeweils 5 Blutproben entnommen. Von
diesen Blutproben wurden jeweils 4 mit unterschiedlichen Mengen Ammoniumchlorid
versetzt und über 24 Stunden unter leichtem Schwenken bei 37°C inkubiert; die jeweils
fünfte Blutprobe wurde ohne Zusatz von Ammoniumchlorid unter den selben
Bedingungen inkubiert. Nach der Inkubation wurden die Proben zur Sedimentation
stehengelassen und das Blutplasma entnommen. Dann wurden die Konzentrationen an
dem antünflammatorisch wirkenden Protein IL-1RA sowie dem proinflammatorisch
wirkenden Protein IL-1ß in den jeweiligen Plasmaproben bestimmt. Aus den erhaltenen
Meßergebnissen, die unten in Tabelle 2 zusammengefaßt sind, wurde auch das molare
Verhältnis zwischen IL-1RA und IL-1ß in den jeweiligen Proben berechnet, diese
berechneten Werte sind ebenfalls in Tabelle 2 aufgeführt.
Aus den tabellierten Daten wird deutlich, daß direkt nach der Blutentnahme ex vivo eine
spontane Sezernierung von IL-1RA und IL-1ß erfolgen kann. Die Konzentration an
IL-1RA im Blutplasma nimmt nach Inkubation mit Ammoniumchlorid leicht zu, wobei ein
Konzentrationsmaximum nach Inkubation mit 0,25 bzw. 0,75 mmol/l Ammoniumchlorid
beobachtet wird. Aus den tabellierten Daten geht auch hervor, daß die spontane
Sezernierung des proinflammatorisch wirkenden IL-1β durch Inkubation mit
Ammoniumchlorid deutlich gehemmt wird, wobei die maximale Hemmwirkung bei
Zusatz von 0,75 mmol/l Ammoniumchlorid beobachtet wird.
Schließlich wird aus den tabellierten Daten deutlich, daß das Verhältnis zwischen dem
antiinflammatorisch wirkenden IL-1RA und dem protinflammatorisch wirkenden IL-1ß
bei Zusatz deutlich zu Gunsten von IL-1RA verschoben wird. Da IL-1RA und IL-1ß an
den selben Rezeptor binden, beruht die antünflammatorische Wirkung von IL-1RA auf der
Blockade dieses Rezeptors. Nach erfolgter Bindung löst IL-1RA im Gegensatz zu IL-1ß
keine physiologische Zellantwort aus, es wird somit eine antagonistische Wirkung erzielt.
Ist der Rezeptor durch IL-1RA besetzt, kann IL-1ß nicht mehr an diesen Rezeptor binden,
so daß die Entzündungskaskade unterbrochen wird. Je größer also das molare Verhältnis
von IL-1RA zu IL-1ß ist, desto ausgeprägter ist der antientzündliche Effekt des
erfindungsgemäß angereicherten Blutplasmas. Erfindungsgemäß wurde gefunden, daß
dieser antientzündliche Effekt bei Zugabe von 0,75 mmol Ammoniumchlorid/l maximal
ist.
In diesem Beispiel wird der Einfluß von Ammoniumchlorid auf die Sezernierung von
Interleukin-6 (IL-6) untersucht. IL-6 wird wie alle hier diskutierten Proteine von
Monocyten sekretiert und führt unter anderem lokal zu einer vermehrten Antikörper-
Produktion der Lymphozyten und systemisch zu Fieber.
Gemäß der in Beispiel 2 beschriebenen Studie wurde die Konzentration an IL-6 im
Blutplasma von 6 Probanden in Abhängigkeit der zugesetzten Menge an Ammonium
chlorid bestimmt. Die dabei erhaltenen Ergebnisse sind in Tabelle 3 zusammengefaßt.
Die tabellierten Daten zeigen, daß sich durch Zugabe von Ammoniumchlorid die
Sezernierung des proinflammatorisch wirkenden IL-6 zurückdrängen läßt, wobei die
Hemmwirkung bei einem Zusatz von 0,75 mmol Ammoniumchlorid ihr Maximum
erreicht.
Claims (13)
1. Verwendung mindestens einer physiologisch annehmbaren, Ammoniumionen
bildenden oder einen Amino-Rest tragenden Verbindung zur Behandlung von
entzündlichen Erkrankungen.
2. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
die entzündliche Erkrankung entzündliche Arthritis, Sepsis, eine entzündliche
Autoimmunerkrankung und/oder eine rheumatoide Gelenkerkrankung ist.
3. Verwendung nach Anspruch 1 oder Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß
die physiologisch annehmbare, Ammoniumionen bildende Verbindung Ammoniumchlorid
und/oder Ammonium-Heparin ist.
4. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß
durch die Ammoniumionen bildende oder einen Amino-Rest tragende Verbindung die
Bildung mindestens eines antünflammatorischen Proteins in vitro in einer
Körperflüssigkeit des Menschen oder eines anderen Säugetiers induziert wird.
5. Verwendung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß
die Körperflüssigkeit Blut ist.
6. Verwendung nach den Ansprüchen 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, daß
das antiinflammatorische Protein Interleukin-1-Rezeptorantagonist, Tumor-Nekrose-
Faktor-Rezeptor Typ I oder Typ II, Interleukin-4 und/oder Interleukin-10 ist.
7. Verfahren zur Herstellung antünflammatorisch wirkender Proteine, dadurch
gekennzeichnet, daß
eine Körperflüssigkeit eines Menschen oder eines anderen Säugetiers mit mindestens einer
Ammoniumionen bildenden oder einen Amino-Rest tragenden Verbindung versetzt wird,
wobei das antünflammatorisch wirkende Protein in der Körperflüssigkeit gebildet wird.
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß
die Körperflüssigkeit Blut ist.
9. Verfahren nach Anspruch 7 oder Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß
die Ammoniumionen bildende Substanz Ammoniumchlorid und/oder Ammonium-
Heparin ist.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß
das antünflammatorisch wirkende Protein Interleukin-1-Rezeptorantagonist, Tumor-
Nekrose-Faktor-Rezeptor Typ I oder Typ II, Interleukin-4 und/oder Interleukin-10 ist.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß
es in einem Gefäß durchgeführt wird, das die die Ammoniumionen bildende oder einen
Amino-Rest tragende Verbindung enthält und/oder mit dieser beschichtet ist.
12. Verfahren nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, daß
das Gefäß aus Glas oder einem Kunststoff besteht.
13. Verfahren nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, daß
das Gefäß eine Spritze ist.
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- 1999-03-16 DE DE1999111626 patent/DE19911626A1/de not_active Ceased
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