DE19530801A1 - Verfahren zum Verfestigen von wasserhaltigem Rotschlamm - Google Patents
Verfahren zum Verfestigen von wasserhaltigem RotschlammInfo
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Description
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Verfestigen von
wasserhaltigem, Aluminium- und Eisenhydroxid und Hydro
xylsodalith enthaltendem Rotschlamm zu einer Festsub
stanz, wobei dem Rotschlamm mindestens ein kalziumhalti
ger Zuschlagstoff und mindestens ein reaktives, anorgani
sches Salz zugesetzt werden und in dem sich bildenden Re
aktionsgemisch das Aluminium- und Eisenhydroxid und der
Hydroxylsodalith chemisch mit dem Kalzium des Zuschlag
stoffs und den Anionen des Salzes zu schwerlöslichen,
kristallinen Hydratphasen reagiert, wobei sich das Reak
tionsgemisch unter Einbindung von enthaltenem Wasser zu
der Festsubstanz verfestigt.
Rotschlamm ist ein unlöslicher Rückstand und entsteht bei
der Herstellung von Aluminiumoxid aus Bauxit. Eine chemi
sche Analyse von typischem, wasserhaltigem Rotschlamm mit
einem Feuchtegehalt von ca. 42%, der bei 105°C getrock
net wurde, ergibt folgende chemische Zusammensetzung:
47% Fe₂O₃, 13% Al₂O₃, 11% TiO₂, 10% SiO₂, 7% Na₂O
und 4% CaO. Daneben enthält er noch geringe Mengen an
verschiedenen anderen Elementen, die von der chemischen
Zusammensetzung des verwendeten Bauxits abhängen, bei
spielsweise 0,38% ZrO₂, 0,25% P₂O₅, 0,14% V₂O₅ und
0,14% Cr₂O₃, bei einem den Glühverlust und weitere Spu
renelemente umfassenden Rest von 7%. Aluminium, Eisen,
Kalzium und Natrium liegen zum größten Teil in hydroxidi
scher Form vor. Die Hauptbestandteile von Rotschlamm sind
Eisen- und Aluminiumhydroxid und Hydroxylsodalith. Im un
getrockneten Zustand sind Eisen- und Aluminiumhydroxid
kristallographisch amorphe Gele.
Bei der Produktion von Aluminiumoxid stellt sich das Pro
blem der Entsorgung des begleitend entstehenden Rot
schlamms. Es ist bekannt, den Rotschlamm auf dafür einge
richteten Deponien zu entsorgen. Der Rotschlamm kann da
bei in einer wasserhaltigen, flüssigen Form deponiert
werden. Eine andere bekannte Möglichkeit besteht darin,
den Rotschlamm mittels Zusatz es von Zement zu verfesti
gen.
Aus der DE-OS 30 37 995 ist ein Verfahren bekannt, bei dem
eine Mischung aus Rotschlamm, Zement, Rauchgasreini
gungsrückständen, Tonen und Kiesen hergestellt und ver
festigt wird. Die Rückstände bestehen in der Hauptsache
aus Kalziumsulfat und enthalten geringe Menge an Kalzium
chlorid. Die Mischung wird ohne Wärmezufuhr zum Erhärten
gebracht. Nachteilig ist die durch den Zementzusatz ver
bundene Mengenvermehrung. Ferner können keine stark kal
ziumchloridhaltigen Rückstände, wie z. B. viele Rauchgas
reinigungsrückstände, verarbeitet werden, da hierbei die
Erhärtung des Zementes zu schnell eintritt, so daß eine
ausreichende Durchmischung und Verarbeitbarkeit nicht
mehr gewährleistet sind.
Aus der DE-OS 41 29 488 ist ferner bekannt, unter Verwen
dung von Rotschlamm, Zement und CaO schadstoffbelastete
Rückstände aus Verbrennungsanlagen in eine feste, unbe
denklich deponierbare Form zu überführen. Auch dieses
Verfahren hat den Nachteil, daß zur Erhärtung die Zugabe
von Zement erforderlich ist, wodurch sich höhere Kosten
und eine nachteilige Massenvermehrung ergeben. Der Er
härtungsprozeß wird dabei durch das Abbindeverhalten des
Zements bestimmt und ist aus diesem Grund empfindlich ge
genüber der jeweiligen stofflichen Zusammensetzung der
Rückstände und des Rotschlamms.
Die DE-PS 34 36 085 offenbart die Einbindung Dioxin enthal
tender Stäube in ein Rotschlamm-Kalk-Gemisch. Die Einbin
dung des Dioxins erfolgt dabei aufgrund einer puzzolanen
Reaktion zwischen Kalk und Rotschlamm, d. h. auf physika
lische Weise infolge einer Minimierung der Wasserdurch
lässigkeit. Es wird ein Trägermaterial gebildet, das
einen dichten Körper um den Flugstaub bildet und diesen
einschließt. Die Erhärtung erfolgt durch die puzzolane
Reaktion nur zwischen Kalk und Rotschlamm. Der Kalk dient
insoweit als Bindemittel zur Verbesserung der mechani
schen Stabilität, reagiert aber nicht chemisch mit dem
Rotschlamm unter Einbeziehung und Einbindung von chemi
schen Bestandteilen der Stäube.
Aus der Veröffentlichung JP 49-69569 A (Abstract, zitiert
bei Derwent Information Ltd., Datenbank "World Patents
Index") sind zwei alternative Verfahren zum Verfestigen
von wasserhaltigem Rotschlamm bekannt. In einer ersten
Alternative wird dort der wasserhaltige Rotschlamm durch
die Zugabe von Kalziumoxid oder Kalziumhydroxid erhärtet.
In einer zweiten Alternative beschreibt die Publikation
die zusätzliche Zugabe spezieller, anorganischer Sulfate
zu dem Kalziumoxid oder Kalziumhydroxid, wobei der Anteil
der zugesetzten, sulfathaltigen Salze an dem Reaktionsge
misch über 0,1% beträgt.
Im Rahmen der Erfindung hat sich herausgestellt, daß das
Verfahren gemäß dieser ersten Alternative im wesentlichen
die gleiche physikalische Verfestigung des Rotschlamms
wie bei dem Verfahren gemäß der DE-PS 34 36 085 bewirkt und
nur Produkte mit geringer Festigkeit gebildet werden. Bei
einem Verfahren gemäß der zweiten Alternative hat sich
herausgestellt, daß zwar Festsubstanzen mit einer anfäng
lich relativ hohen Festigkeit gebildet werden können, daß
aber die gebildeten Produkte bei Einwirkung von Feuchtig
keit, beispielsweise bei der Lagerung unter Wasser, bei
der Beregnung oder bei der Lagerung mit hoher Luftfeuch
tigkeit, wieder zerstört werden können und dabei die Fe
stigkeit verloren geht.
Der Erfindung liegt unter Berücksichtigung dieses Standes
der Technik die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Ver
festigen von wasserhaltigem Rotschlamm zu einer festen,
unbedenklich deponierbaren Festsubstanz zu schaffen, das
die Nachteile der bekannten Verfahren vermeidet. Dies be
deutet zum einen, daß auf den Zusatz hydraulischer oder
latent hydraulischer Bindemittel weitgehend verzichtet
werden kann. Hydraulische Bindemittel sind Bindemittel,
die durch Einwirkung von Wasser auch unter Wasser aushär
ten. Zu diesen Bindemitteln gehört zum Beispiel Zement.
Latent hydraulische Bindemittel sind Bindemittel, die
nicht durch bloße Zugabe von Wasser reagieren, sondern im
alkalischen oder sauren Milieu angeregt werden müssen.
Ferner soll auch die Zugabe hoher Mengen an Chlorid, bei
spielsweise Kalziumchlorid, möglich sein, ohne daß, wie
bei den bekannten Verfahren, die Erhärtung zu schnell
eintritt und eine ausreichende Durchmischung und Verar
beitbarkeit gewährleistet ist. Schließlich soll der ver
festigte Rotschlamm auch unter Wasser oder unter Einwir
kung von Wasser beständig sein.
Im Rahmen der Erfindung wurde tiberraschenderweise gefun
den, daß diese Aufgabe bei einem eingangs genannten Ver
fahren dadurch gelöst wird, daß die Verfestigung des Rot
schlamms durch geeignete anorganische Anionen eines
Salzes unterstützt wird, das Salz aber nur sehr geringe
Mengen Sulfat enthalten darf. Es wurde gefunden, daß dem
Rotschlamm insgesamt weniger als 0,2 Mol% Sulfat, bezogen
auf die Summe des in dem Rotschlamm enthaltenen Alumi
niums und Eisens, zugesetzt werden muß, um insbesondere
die langfristige Festigkeit auch unter Einwirkung von
Wasser zu gewährleisten.
Nach dem gegenwärtigen Stand der Erkenntnis über die Wir
kungsweise des erfindungsgemäßen Verfahrens können die
überraschend hohe Festigkeit der erfindungsgemäßen Fest
substanz, sowie deren Stabilität gegenüber Wassereinflüs
sen folgendermaßen erklärt werden. Die amorphen Eisen-
und Aluminiumhydroxide des Rotschlamms weisen aufgrund
ihres amorphen Zustandes und ihrer großen Oberfläche eine
hohe Reaktionsbereitschaft auf. Der Hydroxylsodalith ist
fein verteilt und besitzt ebenfalls eine hohe Reaktions
bereitschaft. Bei der Zugabe geeigneter Reaktionspartner
können sie daher innerhalb weniger Minuten bis Stunden
zusammen mit Wasser kristalline aluminium- und eisenhal
tige Produkte bilden.
In der Natur kommen solche aluminat- und ferrathaltigen
Minerale in einer großen Vielfalt vor, zum Beispiel
Ettringit, Hydrocalumit, Pyroaurit, Sjögrenit und Hydro
talkit. Ein Großteil dieser Minerale entsteht sekundär
durch Verwitterungsprozesse. Das bedeutet zum einen, daß
sie in den meisten Fällen durch einfaches Ausfällen her
stellbar sind und zum anderen, daß sie unter Umgebungsbe
dingungen stabil sind. Auch bei der Erstarrung von Port
landzement bilden sich aluminat- und ferrathaltige Hy
dratphasen. Tonerdezement erhärtet ausschließlich durch
Bildung aluminatischer Hydratationsprodukte. Viele
Estrichmörtel reagieren durch das Zusammenwirken von Kal
zium, Aluminium, Sulfat und Wasser. Aus der Zementchemie
sind folgende Verbindungen unter den jeweiligen Trivial
namen bekannt:
Monosulfat: 3CaO·Al₂O₃·CaSO₄·nH₂O
Monocarbonat: 3CaO·Al₂O₃·CaCO₃·nH₂O
Monochlorid 3CaO·Al₂O₃·CaCl₂·nH₂O
(Friedelsches Salz).
Monosulfat: 3CaO·Al₂O₃·CaSO₄·nH₂O
Monocarbonat: 3CaO·Al₂O₃·CaCO₃·nH₂O
Monochlorid 3CaO·Al₂O₃·CaCl₂·nH₂O
(Friedelsches Salz).
Die bekannten aluminat- und ferrathaltigen Minerale be
sitzen eine breite chemische Variabilität und können eine
große Anzahl von Substanzen, darunter auch Schadstoffe,
einbauen. Die wichtigsten sind Schwermetall-Kationen wie
Nickel, Kupfer, Zink, Zinn, Chrom, Cadmium, Blei, Mangan,
Arsen, Antimon und Wismut; Anionen wie Chlorid, Bromid,
Iodid, Nitrat, Nitrit, Sulfat, Sulfit, Sulfid, Selenat,
Selenit, Chromat, Arsenat, Wolframat, Vanadat, Permanga
nat, Borat, Cyanid, Fluorid; organische Anionen wie For
miat, Acetat, Sulfonate, Phenole. Die gebildeten Minerale
sind sowohl im alkalischen Milieu von Rotschlamm und Ze
ment als auch unter normalatmosphärischen Bedingungen
stabil. Manche der gebildeten Verbindungen sind sogar im
leicht sauren Medium bis ca. pH 5 stabil. Sie können
durch einfaches Ausfällen aus den Hydroxiden oder aus
löslichen Salzen gebildet werden.
Für die Erstarrung, Erhärtung und Verfestigung des Rot
schlammes sind das in dem Rotschlamm vorhandene
Aluminium- und Eisenhydroxid sowie der Hydroxylsodalith
(Na₈[(AlSiO₄)₆/(OH)₂]) von zentraler Bedeutung. Das Alu
minium- und Eisenhydroxid kann mit einem kalziumhaltigen
Zuschlagstoff und einem einwertigen Anion X, beispiels
weise Chlorid, Nitrat, Nitrit, gemäß der Reaktions
gleichung
3CaO+2[(Al,Fe)(OH)₃]+CaX₂+nH₂O →
3CaO·(Al,Fe)₂O₃·CaX₂·(n+3)H₂O
bzw. mit einem zweiwertigen Anion Y, beispielsweise Sul
fat, Carbonat, Sulfit, gemäß der Gleichung
3CaO+2[(Al,Fe)(OH)₃]+CaY+nH₂O →
3CaO·(Al,Fe)₂O₃·CaY·(n+3)H₂O
mit n = 6 bis 15 zu laminaren Kalziumaluminathydraten
oder Kalziumferrathydraten vom Typ TCAH reagieren. Dabei
steht TCAH für Tetrakalziumaluminathydrat
(3CaO·Al₂O₃·Ca(OH)₂·nH₂O, oxidische Schreibweise).
Die Erhärtung und Verfestigung erfolgt dabei aus zwei
Gründen, nämlich einerseits durch den Verbrauch des Was
sers aus dem Rotschlamm bei der Bildung der Hydratphasen
und andererseits dadurch, daß sich die gebildeten Kal
ziumaluminat- oder Kalziumferrat- Plättchen untereinander
verfilzen. Die Hydroxisalze vom Typ TCAH bilden komplexe
Doppelschichtstrukturen, die aus einer positiv geladenen
Hauptschicht
[Ca₂Al(OH)₆]⁺ bzw. [Ca₂Fe(OH)₆]⁺
und einer negativ geladenen Zwischenschicht
[X·nH₂O]⁻ bzw. [1/2Y·nH₂O]⁻
zusammengesetzt sind. Morphologisch bilden diese Phasen
hexagonale oder pseudehexagonale Plättchen von wenigen µm
Durchmesser. Der plättchenförmige Habitus der Hydratpha
sen bewirkt eine vorteilhafte mechanische Festigkeit des
gebildeten Festkörpers. Die Hydroxisalze zeichnen sich
durch eine gute chemische Stabilität in einem breiten
chemischen Milieu aus.
Befindet sich Aluminium in der Hauptschicht, ist der Ein
bau nahezu aller ein- oder zweiwertigen anorganischen
oder organischen Anionen in die Zwischenschicht möglich.
Wenn sich dagegen Eisen in der Hauptschicht befindet,
werden nur bei Anwesenheit bestimmter anorganischer Anio
nen kristalline Doppelschichtstrukturen gebildet. Bekannt
sind Kalziumferrathydrate mit Chlorid, Bromid, Iodid, Ni
trat, Nitrit, Sulfat, Sulfit, Selenat, Selenit, Chromat,
Borat, Cyanid, Fluorid. Sulfid, Arsenat, Wolframat, Vana
dat und Permanganat reagieren nur zu Kalziumaluminathy
draten und nicht zu Kalziumferrathydraten. Ihre Konzen
tration sollte deshalb 100 Mol% bezogen auf das sich im
Rotschlamm befindende Aluminium nicht übersteigen. Wenn
sich Eisen in der Hauptschicht und Hydroxid in der Zwi
schenschicht befindet, bildet sich eine zu TCAH analoge
Phase nur bei Temperaturen unter 5°C; bei höheren Tempe
raturen ist diese Phase instabil.
Sind außer Aluminium und Eisen weitere dreiwertige Katio
nen wie z. B. Chrom (III) vorhanden, so können diese das
Aluminium oder Eisen in den gebildeten Hydratphasen er
setzen.
Wenn Magnesium oder die Schwermetallkationen Kobalt,
Nickel, Kupfer oder Zink vorhanden sind, können sich au
ßerdem Hydratphasen vom Typ Hydrotalkit oder Sjögre
nit/Pyroaurit (Mg₆Fe₂[(OH)₁₆/CO₃]·4H₂O) bilden. Dabei
kann Magnesium durch die genannten Schwermetalle ersetzt
werden. Diese Phasen bilden ebenfalls laminare Doppel
schichtstrukturen.
Damit wird erklärbar, warum bei der ersten Verfahrensal
ternative gemäß der JP 49-69569, bei der nur Kalziumoxid
oder Kalziumhydroxid zugesetzt wird, Produkte von nur ge
ringer Festigkeit gebildet werden. Die Erhärtung erfolgt
nur durch Wasseraufnahme des Kalziumoxid zu Kalziumhydro
xid und durch Bildung von TCAH oder ähnlichen Hydroxisal
zen. Es reagiert aber nur der Sodalith und das Aluminium
hydroxid, das den größten Teil des Rotschlammes bildende
Eisenhydroxid kann jedoch durch Fehlen der erforderlichen
Anionen nicht zu Hydratphasen reagieren. Bei der zweiten
Verfahrensalternative gemäß der JP 49-69569, bei der zu
sätzlich Sulfat zugesetzt wird, kann sich Monosulfat oder
Ettringit bilden. In beiden Fällen reagiert auch das Ei
senhydroxid in dem Rotschlamm zu eisenhaltigem Monosulfat
bzw. Ettringit. Bei geringem Sulfatzusatz bildet sich Mo
nosulfat, bei höherem Sulfatanteil Ettringit. Die Hydro
xisalze des Typs Ettringit 3CaO·Al₂O₃·3CaSO₄·32H₂O besit
zen nadeligen Habitus. Von Ettringit gebildete Festkörper
erreichen erfahrungsgemäß nicht so hohe Festigkeiten wie
Festkörper, die aus plättchenförmigen Bestandteilen be
stehen.
Die Zugabe von Sulfat bewirkt zwei entscheidende Nach
teile, die sich bei der Anwesenheit von Wasser, bei
spielsweise aus der Luftfeuchtigkeit oder durch Bereg
nung, zeigen.
Der erste Nachteil ist die Erscheinung des sogenannten
"Salztreibens". Darunter versteht man die Bildung von Na
triumsulfatdecahydrat (Glaubersalz Na₂SO₄·10H₂O) aus Na
triumsulfat (Tenardit). Das Natrium ist dabei aufgrund
des Natriumgehaltes in dem Rotschlamm in gelöster Form
vorhanden, da Natriumhydroxid bzw. Natriumsulfat lösliche
Salze sind, und das Sulfat ist in zumindest geringem Maße
in gelöster Form in der gebildeten Festsubstanz vorhan
den. Die Reaktion von Tenardit mit Wasser zu Glaubersalz
erfolgt unter 37°C und führt zu einer Volumenerhöhung,
nahezu einer Volumenverdoppelung, und damit zu einer Zer
störung des bereits verfestigten Gefüges der Festsub
stanz.
Der zweite Nachteil ist auf die Erscheinung zurückzufüh
ren, die "Ettringittreiben" genannt wird. Dabei reagiert
das Monosulfat zusammen mit Kohlendioxid, das beispiels
weise aus der Luft oder dem Wasser stammen kann, und Was
ser nach der folgenden Reaktionsgleichung zu Monocarbonat
und Ettringit:
3[3CaO·Al₂O₃·CaSO₄·16H₂O] + 2CaCO₃ + 6H₂O →
2[3CaO·Al₂O₃·CaCO₃·11H₂O) + 3CaO·Al₂O₃·3CaSO₄·32H₂O
Die Carbonatisierung bewirkt also einen Ionenaustausch in
der Zwischenschicht und die Bildung von Ettringit, und da
der Ettringit wegen des höheren Wasseranteils gegenüber
Monosulfat ein größeres Volumen aufweist, führt dies zur
Zerstörung des bereits verfestigten Gefüges der Festsub
stanz.
Die Zeitdauer, innerhalb der das Salztreiben und das
Ettringittreiben zur Zerstörung der gebildeten Festsub
stanz führen, hängt einerseits von dem Sulfatgehalt und
andererseits von den Umgebungsbedingungen, insbesondere
der Feuchte, ab. Sie liegt möglicherweise im Bereich meh
rerer Jahre, kann unter ungünstigen Bedingungen aber auch
im Bereich von Stunden liegen.
Im Rahmen der Erfindung erscheint es demzufolge wesent
lich, daß dem Rotschlamm einerseits geeignete anorgani
sche Anionen eines Salzes zugesetzt werden, so daß auch
das Eisenhydroxid zu Hydratphasen reagieren kann, daß
aber andererseits die Menge an zugesetztem Sulfat sehr
gering gehalten wird, um die ungünstigen Begleiterschei
nungen des Salztreibens und Ettringittreibens auf ein un
bedenkliches Maß zu beschränken. Im Rahmen der Erfindung
wurde gefunden, daß sich das Salztreiben und das Ettrin
gittreiben in tolerierbaren Grenzen hält, wenn insgesamt
weniger als 0,2 Mol% Sulfat, bezogen auf die Summe des in
dem Rotschlamm enthaltenen Aluminiums und Eisens, zuge
setzt wird. Bevorzugte Ausführungsformen bestehen darin,
daß weniger als 0,15 Mol%, bevorzugt weniger als 0,1 Mol%
und besonders bevorzugt weniger als 0,05 Mol% Sulfat zu
gesetzt wird. In einer besonders bevorzugten Ausführungs
form wird das Sulfat gänzlich durch andere Anionen sub
stituiert, beispielsweise in Form von Chlorid, insbeson
dere als Kalziumchlorid, Bromid, Carbonat, Jodid, Nitrat,
Nitrit, Sulfit, Selenat, Selenit, Chromat, Borat, Cyanid,
Fluorid.
Zur Erzielung einer ausreichenden Verfestigung wird vor
geschlagen, daß mehr als 10·A Mol% einwertige und mehr
als 5·B Mol% zweiwertige Anionen, bezogen auf die Summe
des in dem Rotschlamm enthaltenen Aluminiums und Eisens,
zugesetzt werden, wobei A den Anteil der einwertigen und
B den Anteil der zweiwertigen Anionen bezeichnet und A
und B jeweils zwischen 0 und 100% betragen und in der
Summe 100% ergeben.
Ein weiteres vorteilhaftes Merkmal besteht darin, daß we
niger als 100·A Mol% einwertige und weniger als 50·B Mol%
zweiwertige Anionen, bezogen auf die Summe des in dem
Rotschlamm enthaltenen Aluminiums und Eisens, zugesetzt
werden, wobei A den Anteil der einwertigen und B den An
teil der zweiwertigen Anionen bezeichnet und A und B je
weils zwischen 0 und 100% betragen und in der Summe
100% ergeben.
Im Rahmen der Erfindung können, ergänzend zu den anorga
nischen Salzen oder diese teilweise substituierend, orga
nische Salze zugesetzt werden. Dabei kann das organische
Salz vorteilhafterweise eines oder mehrere der folgenden
Anionen enthalten: Formiat, Acetat, Sulfonate, Phenole.
Vorteilhafterweise werden weniger als 100 Mol% organische
Salze bezogen auf die Summe des in dem Rotschlamm enthal
tenen Aluminiums zugesetzt.
Erfindungsgemäß wird weiter vorgeschlagen, den Rotschlamm
nicht oder nicht im wesentlichen durch die Zugabe eines
selbständig abbindenden hydraulischen oder latent hydrau
lischen Bindemittels zu verfestigen, sondern durch die
Reaktion mit einem kalziumhaltigen Zuschlagstoff und den
Anionen eines geeigneten anorganischen Salzes. Der Zu
schlagstoff kann CaO oder Ca(OH)₂ sein oder das Kalzium
in Form eines Kalziumsalzes enthalten. Insbesondere kom
men in Betracht CaCl₂ oder CaCO₃. Besonders geeignet ist
Kalziumchlorid aus dem Solvay-Verfahren (Darstellung von
Soda aus Kalziumcarbonat und Kochsalz). Hierbei kommt ge
gebenenfalls auch Kalksteinmehl (CaCO₃) in Betracht, das
jedoch im allgemeinen zu grobkörnig und daher nicht hin
reichend reaktiv sein dürfte, da reaktives Kalziumcarbo
nat in der Regel nur aus Fällungsprozessen gewonnen wird.
Aus dem Beispiel des Kalziumchlorids wird deutlich, daß
der kalziumhaltige Zuschlagstoff und das reaktive, anor
ganische Anionen enthaltende Salz ganz oder teilweise die
selbe Substanz sein können.
Gemäß einem vorteilhaften Merkmal der Erfindung wird vor
geschlagen, daß durch den kalziumhaltigen Zuschlagstoff
mehr als 10 Mol% Kalzium, bezogen auf die Summe des in
dem Rotschlamm enthaltenen Aluminiums und Eisens, zuge
setzt wird. Nach einem weiteren vorteilhaften Merkmal
wird vorgeschlagen, daß dabei die Menge des Kalziums we
niger als 200 Mol%, bezogen auf die Summe des in dem Rot
schlamm enthaltenen Aluminiums und Eisens, beträgt.
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung
wird dem Rotschlamm in der Summe weniger als 10 Gewichts
prozent, bezogen auf das Reaktionsgemisch, an hydrauli
schen oder latent hydraulischen Bindemitteln zugesetzt.
Die zugesetzten Bindemittel wie Zemente oder Puzzolane
dienen der Verbesserung der mechanischen Stabilität der
Festsubstanz. Sie reagieren nicht wie der Zuschlagstoff
und das Salz chemisch mit dem Aluminium- und Eisenhydro
xid. In vielen Fällen kann der Bindemittelanteil kleiner
als 1% sein. Eine bevorzugte Ausbildung des Verfahrens
besteht darin, daß dem Reaktionsgemisch kein hydrauli
sches und kein latent hydraulisches Bindemittel zugesetzt
wird.
Überraschenderweise hat sich im Rahmen der Erfindung her
ausgestellt, daß aufgrund der chemischen Reaktion des in
dem Rotschlamm enthaltenen Aluminium- und Eisenhydroxids
mit Kalzium, Anionen und Wasser zu Hydratphasen, die na
türlichen Mineralien oder Erstarrungsprodukten von Zement
ähnlich sind, hydraulische Bindemittel entfallen können
oder ihre Menge mindestens sehr gering gehalten werden
kann. Durch die Erfindung wird eine gute mechanische Fe
stigkeit erzielt, so daß der Einsatz der verfestigten
Festsubstanz für bauliche Maßnahmen möglich ist.
Da die Verwendung hydraulischer Bindemittel ganz oder zu
mindest weitgehend entfällt, ist die Verfestigung zement
beschleunigender Stoffe, wie zum Beispiel Kalziumchlorid,
oder zementverzögernder Stoffe, wie zum Beispiel Zinkver
bindungen, problemlos möglich. Das Mischungsverhältnis
des Rotschlamms und der Zuschlagstoffe bzw. des Wassers
wird vorteilhafterweise so eingestellt, daß die Ausgangs
stoffe möglichst quantitativ umgesetzt werden. Als vor
teilhaft hat sich erwiesen, wenn in dem Reaktionsgemisch
das Gewichtsverhältnis des auf Trockenrückstand bezogenen
Rotschlamms zu dem Wasser zwischen 0,3 und 1,2 beträgt.
Rotschlamm enthält bei seiner Entstehung bereits Wasser
zu einem Anteil von 40% bis 50%. Bei der Trocknung des
Rotschlamms geht ein Teil dieses Wassers verloren. Dabei
wandeln sich die reaktiven Hydroxide in inerte Oxide um.
Das erfindungsgemäße Verfahren ist deshalb insbesondere
für ungetrockneten und weniger für getrockneten Rot
schlamm geeignet.
Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht das Verfestigen
des Rotschlamms bzw. des Reaktionsgemisches ohne vorher
gehende Trocknung, da das Wasser in die entstehenden Hy
dratphasen eingebunden wird. Die Abbindezeit und die Kon
sistenz des Reaktionsgemisches können durch die Zuschlag
stoffe in weiten Bereichen eingestellt werden. Die Konsi
stenz des Reaktionsgemisches kann darüber hinaus durch
Zugabe aus der Betontechnik bekannter Verflüssiger beein
flußt werden. Bei der Verwendung eines Zwangsmischers
kann die Mischzeit gering gehalten werden. In diesem Fall
kann auch das Gewichtsverhältnis des Rotschlamms zu dem
Wasser auf Werte bis 1,5 erhöht werden, wodurch sich die
Porosität der Festsubstanz verringert. Ein Zwangsmischer
ist eine bekannte Vorrichtung zur Durchmischung insbeson
dere pastöser oder zäher Substanzen, bei der in Folge ei
ner Zwangsmischung das von Freifallmischern bekannte Kle
ben an Wandteilen vermieden und dadurch eine bessere
Durchmischung erreicht wird.
Eine weitere vorteilhafte Besonderheit des erfindungsge
mäßen Verfahrens kann darin bestehen, daß dem Reaktions
gemisch als kalziumhaltiger Zuschlagstoff, als Salz oder
als weiterer Zusatzstoff ein schadstoffhaltiger Rückstand
eines industriellen Verfahrens zugesetzt wird und dieser
beim Verfestigen des Reaktionsgemisches durch Einbindung
der Schadstoffe in das Kristallgitter der Hydratphasen
immobilisiert wird.
In industriellen Verfahren, beispielsweise bei der Ver
brennung von Müll, bei der Metallveredelung oder beim Be
trieb von Kohlekraftwerken, fallen erhebliche Mengen
schadstoffbelasteter Rückstände an. Dies können bei
spielsweise Chloride oder Nitrate, insbesondere in Form
von Kalziumsalzen, oder auch Schwermetalle in aufkonzen
trierter Form sein. Weitere Rückstände sind primäre
Schlacken und Aschen, die ebenfalls mit Schadstoffen an
gereichert sind. Die Rückstände fallen oft in feiner Form
mit großer Oberfläche an, weshalb die darin enthaltenen
Schadstoffe, insbesondere die Schwermetalle und auch die
Kalziumverbindungen, in hohem Maße mit Wasser eluierbar
sind. Derartige Rückstände müssen deshalb als Sondermüll
auf entsprechend geeigneten Sonderdeponien gelagert wer
den.
Das erfindungsgemäße Verfahren ist dafür geeignet, die
genannten Rückstände auf unter- oder oberirdischen De
ponien unbedenklich zu lagern, da die Eluierbarkeit der
Schadstoffe erheblich reduziert wird. Die Eluateigen
schaften können durch die Erfindung so verbessert werden,
daß dennoch eine obertägige Deponierung bedenkenlos mög
lich ist. Dabei können sowohl trockene als auch wasser
haltige Rückstände verarbeitet werden. Bei der Verfesti
gung kalziumhaltiger Rückstände kann die Zugabe an Zu
schlagstoff reduziert werden oder ganz entfallen. Beson
ders vorteilhaft ist es, wenn die Schadstoffe mit dem Re
aktionsgemisch chemisch reagieren, weil dadurch schwer
lösliche kristalline Verbindungen gebildet werden. Die
Zugabe an schadstoffhaltigen Rückständen wird vorteilhaf
terweise so bemessen, daß der Anteil der schadstoffhalti
gen Rückstände zwischen 5 und 60 Gewichtsprozent, bezogen
auf das Reaktionsgemisch, beträgt.
Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich zum Deponieren
von Rotschlamm, wenn dem Rotschlamm zur Bildung des Reak
tionsgemisches der Zuschlagstoff, das Salz und gegebenen
falls der schadstoffhaltige Rückstand beigemischt und das
Reaktionsgemisch vor der vollständigen Erhärtung auf ei
ner Deponie gelagert wird. Eine andere vorteilhafte An
wendung kann darin bestehen, daß eine bestehende Rot
schlammdeponie verfestigt wird, indem dem in der Deponie
gelagerten Rotschlamm zur Bildung des Reaktionsgemisches
der Zuschlagstoff, das Salz und gegebenenfalls der
schadstoffhaltige Rückstand beigemengt werden. Dies ist
möglich, da relativ große Mengen an Kristallwasser in die
bei der Reaktion entstehenden Verbindungen aufgenommen
werden können. Eine solche Verfestigung einer Rotschlamm
deponie kann insbesondere durch eine sogenannte "Mixed
in-place" Mischtechnik erfolgen, wobei der Zuschlagstoff,
das Salz und gegebenenfalls der schadstoffhaltige Rück
stand mittels eines Bohr- oder Fräswerkzeuges in die be
stehende Deponie eingebracht werden. Mit dem erfindungs
gemäßen Verfahren können sowohl trockene als auch feuchte
Rückstände verarbeitet werden. Wegen des Vorteils des
Verfahrens, daß Schadstoffe zuverlässig in das Kristall
gitter der gebildeten Hydratphasen eingebaut und damit
dauerhaft fixiert werden, eignet es sich insbesondere
auch für die Verfestigung einer Rotschlammdeponie unter
Einbringung von schadstoffbelasteten Rückständen.
Aufgrund der erreichbaren hohen Festigkeiten der Festsub
stanz, die in der Regel über 10 N/mm² liegen, wobei Werte
von 27 N/mm² und mehr erreichbar sind, ist auch mittels
Gieß- oder Preßformen die Herstellung von Bausteinen oder
Formteilen möglich. Eine weitere Erhöhung der Druckfe
stigkeit ist durch Zuschläge mit geeigneter Korngrößen
verteilung zu dem Reaktionsgemisch möglich. Solche Zu
schläge sind vorteilhafterweise feste, harte, körnige
Stoffe, wie z. B. Sand, Kies oder Gesteinsbruchstücke. Die
theoretisch optimale Korngrößenverteilung für kugelför
mige Körner ist durch die Fuller-Kurve gegeben. Einzel
heiten zu dieser Kurve sind in W. Scholz, Baustoffkennt
nis, 11. Aufl., Werner Verlag, Düsseldorf 1987, S. 208
beschrieben. In realen Fällen wird man versuchen, diese
theoretisch optimale Verteilung soweit möglich und unter
praktischen Gesichtspunkten vernünftig anzunähern, bei
spielsweise mit einem Sand-Kies-Gemisch, dessen Korngrö
ßenverteilung Körner von 0,5 bis 50 mm umfaßt. Als vor
teilhaft hat sich herausgestellt, wenn dem Rotschlamm 25
bis 70 Volumenprozent an Zuschlag, bezogen auf das Reak
tionsgemisch, zugesetzt wird.
Die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren durch Verfestigen
von Rotschlamm hergestellten festen Bausteine oder Form
körper zeichnen sich durch eine hohe mechanische Festig
keit und eine gute Stabilität gegenüber Umwelteinflüssen,
insbesondere gegenüber Feuchtigkeit, aus, so daß sie ohne
weiteres im Bauwesen sowohl im Hoch- als auch im Tiefbau
verwendet werden können.
Die erfindungsgemäßen Bausteine und Formkörper sind, wie
Versuche zeigen, auch unter Wasser vollkommen beständig.
Darüberhinaus ist die Einstellung beliebiger Konsistenzen
für die Verarbeitung (z. B. Gießen, Pressen, Ziehen) und
die Einstellung unterschiedlicher Erstarrungs- und Erhär
tungszeiten möglich, da die verschiedenen Kalziumsalze
verschieden schnell mit Rotschlamm reagieren und dabei
unterschiedliche Mengen Wasser aufnehmen.
Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ist demzufolge die
Herstellung von Bausteinen und Formkörpern möglich, die
aufgrund der hohen mechanischen Festigkeit und der guten
Stabilität gegenüber Umwelteinflüssen eine Verwendung im
Baubereich zugeführt werden können, da auch gewährleistet
ist, daß sowohl bei Feuchtigkeit als auch bei mechani
schem Abtrag eventuell enthaltene Schadstoffe zuverlässig
immobilisiert sind.
Nachfolgend wird das erfindungsgemäße Verfahren anhand
ausgewählter Verfahrensbeispiele erläutert.
Es wurden Vergleichsversuche mit Rotschlamm durchgeführt,
der durch Kalziumoxid- und Sulfatzusatz verfestigt wurde.
Die Zugabe an Sulfat betrug dabei 2%. Dabei wurden fol
gende Effekte beobachtet:
Ein nach diesem bekannten Verfahren gebildeter Formkör per, nämlich ein Prisma von 4×4×16 cm nach DIN 1164, zerbrach bei der Lagerung unter Wasser innerhalb von 12 Stunden in mehrere Stücke und begann gleichzeitig, von außen her aufzuweichen.
Ein nach diesem bekannten Verfahren gebildeter Formkör per, nämlich ein Prisma von 4×4×16 cm nach DIN 1164, zerbrach bei der Lagerung unter Wasser innerhalb von 12 Stunden in mehrere Stücke und begann gleichzeitig, von außen her aufzuweichen.
Ein solches Prisma, das nach DIN 1045 in einem Feuchtraum
bei 90% relativer Luftfeuchte gelagert wurde, begann
nach 8 Tagen in 0,5 bis 2 mm dicken Scheiben abzublät
tern.
Ein Prisma, das einen weiter erhöhten Sulfatanteil von
5%, bezogen auf die Trockenmasse Rotschlamm, enthielt,
war bei Lagerung unter Wasser nach 12 Stunden vollständig
zerfallen.
Bei Anwesenheit anorganischer Anionen reagieren sowohl
Eisenhydroxid als auch Aluminiumhydroxid und Sodalith mit
Kalziumoxid bzw. Kalziumhydroxid unter Einbindung von
Wasser zu Kalziumaluminat- oder Kalziumferrathydraten vom
Typ TCAH. Die Konsistenz des frisch angemachten Gemenges
und die Erstarrungszeit können durch die Menge der Zu
schlagstoffe und die Art des Anions in weiten Bereichen
variiert werden. Im Anschluß an die Erstarrung erfolgt
innerhalb weniger Stunden die Erhärtung. Das Erhärtungs
verhalten eines Gemisches ohne Sulfatzusatz der Zusammen
setzung 1500 g Rotschlamm (42% Feuchte), 100 g CaO und
150 g CaCl₂ zeigt die Fig. 1.
Eine Mischung der gleichen Zusammensetzung, die jedoch
zusätzlich 30 g REA-Gips (Rauchgasentschwefelungsanlagen-
Gips, CaSO₄·2H₂O) enthielt, zeigte ein ähnliches Ver
halten. Nach 14 Tagen Aushärtezeit wurden beide Proben in
Wasser eingetaucht. Die Fig. 2 zeigt den Verlauf der
Druckfestigkeit dieser Proben (durchgezogene Linie ohne
Sulfat, strichpunktierte Linie mit Sulfat). Es wird deut
lich, daß die erfindungsgemäße, sulfatarme bzw. sulfat
freie Verfestigung des Rotschlammes für die praktische
Anwendung, bei der Einflüsse durch Feuchtigkeit nicht
ausgeschlossen werden können, überlegene Eigenschaften
aufweist.
Zu 1500 g Rotschlamm (42% Feuchte) wurden 100 g CaO und
130 g CaCO₃ (gefällt) gegeben. Die Erstarrung trat nach
ca. 2 Stunden ein. Nach 12 Stunden war das Gemisch erhär
tet und konnte ausgeschalt werden. Die Druckfestigkeit
nach 7 Tagen betrug 15 N/mm².
Galvanikschlamm, der mehrere Prozente Schwermetalle und
organische Verunreinigungen (ca. 5% TOC total organic
carbon) enthält, wurde mit Rotschlamm, CaO und CaCl₂ ge
mischt. Das Mischungsverhältnis betrug 1400 g Galvanik
schlamm, 1000 g Rotschlamm, 400 g CaO und 200 g CaCl₂.
Der Mischung wurden 300 ml Wasser zugegeben. Die Erhär
tung trat nach ca. zehn Stunden ein.
Wie röntgenographische Untersuchungen zeigen, sind in
vielen Fällen bereits nach wenigen Minuten kristalline
Produkte vorhanden. Die Dauer der gesamten Reaktion hängt
ab von der sich bildenden Verbindung und den Ausgangsma
terialien. Bei der Reaktion mit ungetrocknetem Rotschlamm
ist mit einer quantitativen Umsetzung innerhalb eines Ta
ges zu rechnen. Danach erfolgt Kristallwachstum. In den
meisten Fällen sind bereits nach zwei Tagen Kristalle mit
2 µm bis 5 µm Durchmesser im Mikroskop erkennbar. Im
Idealfall kann durch Einbindung des Eisens in das
Kristallgitter der Ferrathydratphasen eine teilweise
Entfärbung des Produktes erreicht werden.
Beim Elutionstest nach dem Schweizer Verfahren konnten
die Eluatwerte für die Deponieklasse I nach der TA
(technische Anleitung) Siedlungsabfall eingehalten wer
den. Die Messung der einaxialen Druckfestigkeit lieferte
einen Wert von 10 N/mm².
1000 g Rotschlamm wurden mit 50 g CaO und 500 g Galvanik
schlamm und 20 g CaCl₂ vermischt. Dabei wurde der
Galvanikschlamm in 50 ml Salzsäure gelöst. Die nach dem
Schweizer Verfahren ermittelten Eluatwerte erfüllen die
Anforderungen der Deponieklasse II der TA Siedlungsfall.
Claims (30)
1. Verfahren zum Verfestigen von wasserhaltigem, Alumi
nium- und Eisenhydroxid und Hydroxylsodalith enthal
tendem Rotschlamm zu einer Festsubstanz, wobei dem
Rotschlamm mindestens ein kalziumhaltiger Zuschlag
stoff und mindestens ein reaktives, anorganisches
Salz zugesetzt werden und in dem sich bildenden Reak
tionsgemisch das Aluminium- und Eisenhydroxid und der
Hydroxylsodalith chemisch mit dem Kalzium des
Zuschlagstoffs und den Anionen des Salzes zu schwer
löslichen, kristallinen Hydratphasen reagiert, wobei
sich das Reaktionsgemisch unter Einbindung von ent
haltenem Wasser zu der Festsubstanz verfestigt,
dadurch gekennzeichnet, daß
insgesamt weniger als 0,2 Mol% Sulfat, bezogen auf
die Summe des in dem Rotschlamm enthaltenen Alumini
ums und Eisens, zugesetzt wird und sich das Reak
tionsgemisch zu einer unbedenklich deponierbaren
Festsubstanz verfestigt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß weniger als 0,15 Mol% Sulfat, bezogen auf die
Summe des in dem Rotschlamm enthaltenen Aluminiums
und Eisens, bevorzugt weniger als 0,1 Mol% und beson
ders bevorzugt weniger als 0,05 Mol% zugesetzt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß kein Sulfat zugesetzt wird.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß dem Rotschlamm in der Summe weniger als
10 Gewichtsprozent, bezogen auf das Reaktionsgemisch,
an hydraulischen oder latent hydraulischen Bindemit
teln zugesetzt wird.
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet,
daß dem Reaktionsgemisch kein hydraulisches oder la
tent hydraulisches Bindemittel zugesetzt wird.
6. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß kalziumhaltiger Zuschlagstoff in Form eines Kal
ziumsalzes zugesetzt wird.
7. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß kalziumhaltiger Zuschlagstoff in Form von CaO,
Ca(OH)₂, CaCl₂ oder CaCO₃ zugesetzt wird.
8. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß durch den kalziumhaltigen Zuschlagstoff mehr als
10 Mol% Kalzium, bezogen auf die Summe des in dem
Rotschlamm enthaltenen Aluminiums und Eisens, zuge
setzt wird.
9. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß durch den kalziumhaltigen Zuschlagstoff weniger
als 200 Mol% Kalzium, bezogen auf die Summe des in
dem Rotschlamm enthaltenen Aluminiums und Eisens, zu
gesetzt wird.
10. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß in dem Reaktionsgemisch das Gewichtsverhältnis
des auf Trockenrückstand bezogenen Rotschlamms zu dem
Wasser zwischen 0,3 und 1,2 beträgt.
11. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß der Rotschlamm vor der Beimengung des Zuschlag
stoffes und des Salzes nicht getrocknet wird.
12. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß das Reaktiozisgemisch mittels eines Zwangsmischers
gemischt wird.
13. Verfahren nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet,
daß in dem Reaktionsgemisch das Gewichtsverhältnis
des auf Trockenrückstand bezogenen Rotschlamms zu dem
Wasser zwischen 0,3 und 1,5 beträgt.
14. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß ein Salz zugesetzt wird, das eines oder mehrere
der folgenden, mit dem Rotschlamm reagierenden anor
ganischen Anionen enthält: Chlorid, insbesondere als
Kalziumchlorid, Bromid, Carbonat, Jodid, Nitrat, Ni
trit, Sulfit, Selenat, Selenit, Chromat, Borat, Cya
nid, Fluorid, Sulfid, Arsenat, Wolframat, Vanadat,
Permanganat.
15. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß ein weiteres, organische Anionen enthaltendes
Salz zugesetzt wird.
16. Verfahren nach Anspruch 15, dadurch gekennzeichnet,
daß ein weiteres Salz zugesetzt wird, das eines oder
mehrere der folgenden Anionen enthält: Formiat, Ace
tat, Sulfonate, Phenole.
17. Verfahren nach Anspruch 15, dadurch gekennzeichnet,
daß insgesamt weniger als 100 Mol% organische Anionen
enthaltendes Salz, bezogen auf die Summe des in dem
Rotschlamm enthaltenen Aluminiums und Eisens, zuge
setzt wird.
18. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß mehr als 10·A Mol% einwertige und mehr als
5·B Mol% zweiwertige Anionen, bezogen auf die Summe
des in dem Rotschlamm enthaltenen Aluminiums und Ei
sens, zugesetzt werden, wobei A den Anteil der ein
wertigen und B den Anteil der zweiwertigen Anionen
bezeichnet und A und B jeweils zwischen 0 und 100%
betragen und in der Summe 100% ergeben.
19. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß weniger als 100·A Mol% einwertige und weniger als
50·B Mol% zweiwertige Anionen, bezogen auf die Summe
des in dem Rotschlamm enthaltenen Aluminiums und Ei
sens, zugesetzt werden, wobei A den Anteil der ein
wertigen und B den Anteil der zweiwertigen Anionen
bezeichnet und A und B jeweils zwischen 0 und 100%
betragen und in der Summe 100% ergeben.
20. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß als Zuschlagstoff, als Salz oder als weiterer Zu
satzstoff ein schadstoffhaltiger Rückstand eines in
dustriellen Verfahrens zugesetzt wird und dieser beim
Verfestigen des Reaktionsgemisches durch Einbindung
der Schadstoffe in das Kristallgitter der Hydratpha
sen immobilisiert wird.
21. Verfahren nach Anspruch 1, insbesondere nach An
spruch 20, dadurch gekennzeichnet, daß eine oder meh
rere der folgenden Schwermetall-Kationen zugesetzt
und diese in der Festsubstanz immobilisiert werden:
Kobalt, Nickel, Kupfer, Zink, Zinn, Chrom, Cadmium, Blei, Mangan, Arsen, Antimon, Wismut.
Kobalt, Nickel, Kupfer, Zink, Zinn, Chrom, Cadmium, Blei, Mangan, Arsen, Antimon, Wismut.
22. Verfahren nach Anspruch 20, dadurch gekennzeichnet,
daß dem Rotschlamm zwischen 5 und 60 Gewichtsprozent,
bezogen auf das Reaktionsgemisch, schadstoffhaltiger
Rückstand zugesetzt wird.
23. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß dem Reaktionsgemisch ein fester, harter, körniger
Zuschlag mit unterschiedlichen Korngrößen zugesetzt
wird.
24. Verfahren nach Anspruch 23, dadurch gekennzeichnet,
daß der Zuschlag einen oder mehrere der folgenden
Stoffe enthält: Sand, Kies, Gesteinsbruchstücke.
25. Verfahren nach Anspruch 23, dadurch gekennzeichnet,
daß dem Rotschlamm 25 bis 70 Volumenprozent an Zu
schlag, bezogen auf das Reaktionsgemisch, zugesetzt
wird.
26. Verfahren nach Anspruch 23, dadurch gekennzeichnet,
daß bei mehr als 90 Volumenprozent des Zuschlags die
Korngröße zwischen 0,5 und 50 mm beträgt.
27. Verfahren zum Deponieren von Rotschlamm, bei welchem
der Rotschlamm nach einem oder mehreren der Ansprüche
1 bis 26 verfestigt wird, dadurch gekennzeichnet, daß
dem Rotschlamm zur Bildung des Reaktionsgemisches der
Zuschlagstoff, das Salz und gegebenenfalls der
schadstoffhaltige Rückstand beigemengt werden und das
Reaktionsgemisch vor der vollständigen Erhärtung auf
einer Deponie gelagert wird.
28. Verfahren zum Verfestigen von in einer Deponie ge
lagertem wasserhaltigem Rotschlamm, bei welchem der
Rotschlamm nach einem oder mehreren der Ansprüche 1
bis 26 verfestigt wird, dadurch gekennzeichnet, daß
dem in der Deponie gelagerten Rotschlamm zur Bildung
des Reaktionsgemisches der Zuschlagstoff, das Salz
und gegebenenfalls der schadstoffhaltige Rückstand
beigemengt werden.
29. Verfahren nach Anspruch 28, dadurch gekennzeichnet,
daß der Zuschlagstoff, das Salz und gegebenenfalls
der schadstoffhaltige Rückstand mittels eines Bohr-
oder Fräswerkzeuges dem in der Deponie gelagerten
Rotschlamm beigemengt werden.
30. Verfahren zum Herstellen von festen Bausteinen oder
Formkörpern mit hoher mechanischer Festigkeit und
guter Stabilität gegenüber Umwelteinflüssen, insbe
sondere zur Verwendung im Bauwesen, durch Verfestigen
von Rotschlamm nach einem oder mehreren der Ansprüche
1 bis 26, dadurch gekennzeichnet, daß das Reaktions
gemisch und gegebenenfalls der Zuschlag in eine Gieß-
oder Preßform verbracht und der Formkörper darin zu
einem festen Körper ausgehärtet wird.
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