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Verwendung von steinkohlenteerpechähnlichen Substanzen als Binde-
und Imprägniermittel Die Kunstkohlenindustrie bedient sich auch heute noch hauptsächlich
der Peche (hergestellt aus Steinkohlenteer, Braunkohlenteer, Erdölrückständen usw.)
als Bindemittel und zu Imprägnierzwecken. Diese Peche stellen ein höchst komplexes
Gemisch verschiedenartigster Kohlenwasserstoffe und Heterozyklen, vornehmlich aromatischen
Charakters, dar. Die Gesamtzahl aller Pechinhaltsstoffe wird auf etwa 10 000 geschätzt;
nur über einen geringen Bruchteil dieser Stoffe ist man chemisch vollständig orientiert.
Auf Grund dieser Komplexität der Peche ist es nicht erstaunlich, daß diese nicht
für alle Verwendungszwecke optimal sein können. Man hat zwar die Möglichkeit, durch
entsprechende analytische Untersuchungen (Erweichungspunkt, Lösungsmittelauftei-Jung,
Viskositätsmessungen, Technikums versuche, Koksausbeutebestimmungen usw.) besonders
günstige Pechsorten auszuwählen. Aber auch diese genügen nicht allen Ansprüchen.
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Um Binde- und Imprägniermittel für die Kunstkohlenindustrie in besonders
günstiger Qualität zu gewinnen, kann man durch Lösungsmittelextraktion Pechextrakte
mit besonders günstigen Eigenschaften herstellen. Ferner können die Pecheigenschaften
auch durch Zugabe verschiedener organischer Stoffe variiert werden, z. B. durch
Nitrokörper, halogenierte Verbindungen, Furfural und viele andere. Da auch damit
nicht alle gewünschten Effekte erreichbar sind, wurden Stoffe untersucht, die aus
einer oder nur wenigen chemisch einheitlichen oder nahe verwandten Molekülarten
bestehen. In diese Kategorie fallen alle Binde- und Imprägniermittel, die auf Kunststoffbasis
(z. B. Bakelite oder andere) stehen. Letztere Gruppe hat viele Anwendungszwecke
gefunden. Allerdings sind die aus Kunstharz entstehenden Kokse nicht für alle Zwecke
geeignet. So geben die dreidimensional vernetzten Duroplaste zwar gute Koksausbeuten,
aber harte und schlecht graphitierbare Kokse, die nicht immer erwünscht sind. Bei
thermoplastischen Kunststoffen muß man oft mit geringen Koksausbeuten rechnen, da
während des Verkokungsvorganges eine gewisse Remonomerisierung nicht vermeidbar
ist.
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Mit der vorliegenden Erfindung wird nun ein gänzlich neuer Weg auf
dem Gebiet der Binde- und Imprägniermittel für die Kunstkohleindustrie beschritten.
Erfindungsgemäß wird ein steinkohlenteerpechähnlicher thermoplastischer Stoff, hergestellt
durch derhydrierende thermische Kondensation monomerer ringförmiger Kohlenwasserstoffe
mit mindestens einer nichtaromatischen ungesättigten Bindung, als Binde-und Imprägniermittel
in der Kunstkohleindustrie verwendet. Als monomere ringförmige Kohlenwasserstoffe
eignen sich vornehmlich Inden oder dessen. Homologe. Unter den Namen Gebagan-Harz
und Cumaron-Harz sind technische Polymerimte von Inden bzw. indenreichen Kohlenwasserstoffgemischen
bekannt. Die daraus erhältliche Koksausbeute ist jedoch häufig zu niedrig (etwa
30 bis 35 Gewichtsprozent Koksrückstand bei Ringofenverkokung).
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Man kann auch durch dehydrierende Maßnahmen bei der Pechverkokung
eine Erhöhung der Koksausbeute herbeifuhren. Die Dehydrierung wird technisch mit
Hilfe von Sauerstoff (Luft), gelegentlich auch mit Schwefel durchgeführt. Mau läßt
zu diesem Zweck das Dehydrierungsmittel direkt auf das Pech oder den pechähnlichen
hochmolekularen Körper einwirken. Das Ergebnis solcher Dehydrierungen ist jedoch
nicht immer erfreulich, vor allem nicht einheitlich und kaum reproduzierbar.
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Die vorliegende Erfindung basiert demgegenüber auf dem Gedanken, hochmolekulare
Kohlenwasserstoffkondensate, hergestellt aus den oben näher definierten Kohlenwasserstoffen
unter gleichzeitiger Dehydrierung und Kondensation, zu verwenden. Als Dehydrierungsmittel
wird beispielsweise elementarer Schwefel verwendet.
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Beispiel Man geht von einer entsäuerten und entbasten, aber sonst
nicht weiter raffinierten Schwerbenzolfraktion mit den ungefähren Siedegrenzen 170
bis 190° C aus. In solchen Fraktionen sind Inden sowie einige seiner Homologen und
andere kondensierbare Verbindungen (z. B. Cumaron) zu etwa 50 bis 90 % angereichert.
Nachdem man durch entsprechende analytische Maßnahmen. den Gehalt an leicht kondensierbaren
Anteilen dieser Fraktion bestimmt hat, setzt man pro Mol dieser Verbindungen 0,5
bis 1,5
Grammatom Schwefel zu. Nun wird bis zum Sieden unter Atmosphärendruck
erhitzt, wobei der Schwefel in der Flüssigkeit zunächst völlig in Lösung geht. Wenn
man diese über mehrere Stunden, eventuell mehrere Tage, fortgesetzt im Sieden erhält,
so entweicht daraus die überwiegende Menge des zugesetzten Schwefels in Form von
Schwefelwasserstoff, der zur weiteren Verwendung gewonnen werden kann. Gleichzeitig
tritt neben der Dehydrierung eine thermische Kondensation des Indens und seiner
ebenso reaktionsfreudigen Begleitstoffe ein, so daß bei Beendigung der Schwefelwasserstoffentwicklung
(diese zeigt auch das Ende der Reaktion an) eine pechähnliche Schmelze vorliegt,
deren Erweichungspunkt nach Kraemer-Sarnow etwa im Bereich zwischen 30 und 60° C
liegt. Dieses Produkt ist grundsätzlich verschieden von jenem, welches man erhält,
wenn man im Schmelzfluß ein Cumaronharz mit Schwefel dehydriert. Je nach der Menge
des eingesetzten Schwefels kann der Schwefelgehalt des fertigen Rohproduktes beeinflußt
werden. Im allgemeinen wird man danach streben, Schwefelgehalte zwischen 0,1 bis
maximal 3 %, vorzugsweise 0,5 bis 1,5 % im Rohprodukt zu erhalten, was nach den
obigen Angaben der Fall ist. Das Rohprodukt kann entweder als solches verwendet
werden, oder aber man entfernt aus ihm durch Vakuumdestillation (5 bis 2 mm Hg Druck,
Sumpftemperatur maximal 200°C) alle flüchtigen Anteile. Diese bestehen aus reaktionsträgen
Polyalkylbenzolen bzw. aus niedrigpolymeren Verbindungen und schließlich auch aus
schwefelhaltigen Kohlenwasserstoffan. Durch diese Maßnahme kann der Erweichungspunkt
des hinterbleibenden Synthesepeches fast beliebig eingestellt werden.
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Ein nach dem vorstehenden Beispiel hergestelltes Synthesepech dieser
Art hat etwa folgende Analysendaten: EP.-; 120° C, Schwefelgehalt.-; 1,8%, keinerlei
flüchtige Anteile unterhalb 400° C (bei - Atmosphärendruck) sowie eine Anzahl weiterer
höchst bemerkenswerter Eigenschaften, die für manche Zwecke außerordentlich günstig
sind: 1. Hohe Koksausbeute (60 bis 65 % Koks im Ringofen). Der Koks ist auffallend
fest und porenarm und macht einen »geschmolzenen« Eindruck.
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2. Vollständige Löslichkeit im Benzol und dessen Homologen. Das Synthesepech
besteht also nach der Terminologie Mallisons im wesentlichen aus N-Harzen und ölen.
H-Harze und M-Harze fehlen vollständig.
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3. Das Fehlen von H-harzartigen Substanzen macht das Synthesepech
besonders für die Imprägnierung von Kunstkohlekörpern, insbesondere solchen großer
Ausmaße, geeignet.
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4. Das Synthesepech zeigt eine starke Temperaturabhängigkeit der Viskosität,
die insbesondere für Imprägnierzwecke recht vorteilhaft erscheint.
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5. Die niedere Viskosität führt bei der Imprägnierung von Kunstkohleformkörpern
zu einer Steigerung des Raumgewichtes.
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6. Infolge seines geringen Gehaltes an chemisch gebundenem Schwefel
besitzt das Synthesepech ein auffallend gutes Benetzungsvermögen für Kohlenstoff
jeder Art (insbesondere für Koks und Graphit, die in der Kunstkohleindustrie die
Hauptrolle spielen) und ist deshalb als Bindemittel in der Kunstkohleindustrie besonders
gut geeignet. Auffallenderweise entweicht der Schwefelgehalt des Synthesepeches
beim Verkoken bis auf geringe Reste mit den Pyrolyseprodukten, so daß der hinterbleibende
Koks meist nur weniger als 0,6% Schwefel enthält und deswegen bei einem allfälligen
Graphitierungsvorgang keinerlei Schwierigkeiten bereitet.
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Die Vorteile bei der Verwendung der beschriebenen steinkohlenteerpechähnlichen
Substanz als Binde- und Imprägniermittel sollen im folgenden näher erläutert werden.
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Es ist bekannt, in der Kunstkohletechnik Steinkohlenteerpeche als
Imprägniermittel zu verwenden. Die Imprägnierung wird entweder an graphitierten
oder an nur gebrannten Kunstkohlekörpern durchgeführt. Bekannterweise werden die
Probekörper nach dem Vakuum-Druckverfahren mit Pech imprägniert und dann neuerlich
gebrannt oder graphitiert. Dadurch erzielt man - wie allgemein bekannt -eine Steigerung
des Raumgewichtes etwa um ein Zehntel und eine Erhöhung der Biege- und Druckfestigkeit
etwa um 50 0/0. Es ist auch bekannt, diesen Imprägnierschritt nach der Verkokung
oder Graphitierung zu wiederholen. Die Wirkung der Imprägnierung ist dann etwas
geringer, weil nur mehr ein geringerer Porenraum vorhanden ist. Nach drei Imprägnierungen
wird praktisch keine weitere Steigerung des Raumgewichtes und der Festigkeit erzielt.
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Überraschenderweise konnte festgestellt werden, daß sich diese ungünstigen
Gesetzmäßigkeiten bei der erfindungsgemäßen Verwendung des steinkohlenteerpechähnlichen
thermoplastischen Stoffes, hergestellt durch dehydrierende thermische Kondensation
monomerer ringförmiger Kohlenwasserstoffe mit mindestens einer nichtaromatischen
ungesättigten Bindung als Imprägniermittel, nicht in gleicher Weise zeigen. Vielmehr
konnte festgestellt werden, daß die erste Imprägnierung bereits eine weit größere
Steigerung des Raumgewichtes und der Festigkeit bringt. Es konnte gefunden werden,
daß ein Kohiekörper mit einer Körnung bis maximal 1 mm bei der normalen Pechimprägnierung
bei 190° C etwa 14% Imprägniermittel aufgenommen hat. Mit dem erfindungsgemäß zur
Imprägnierung verwendeten Stoff zeigte er dagegen eine Aufnahme von 17 Gewichtsprozent.
Noch augenscheinlicher tritt der Unterschied bei der Gewichtszunahme der Kohlekörper
nach dem Brennen auf. Während die normale Pechimprägnierung nur zu einer Gewichtserhöhung
des Ausgangskörpers um 6 % geführt hat, erhält man jetzt eine Gewichtszunahme nach
dem Brennen von 9 %. Daraus sieht man, daß von dem neuen Imprägniermittel nicht
nur mehr aufgenommen wird, sondern auch die relative Koksausbeutee erhöht wird.
Es kann etwa eine 50%ige Steigerung der Raumgewichtszunahme bereits bei der ersten
Imprägnierung erzielt werden.
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Die hohe Imprägniermittelaufnahme ist auf die niedere Viskosität und
praktische Freiheit von sogenannten H-Harzen oder sogenanntem freiem Kohlenstoff
des Imprägniermittels zurückzuführen. Des weiteren ergibt sich durch den Schwefelgehalt
eine überraschende Benetzungsverbesserung. Die pechartige Substanz dringt in die
feinsten Kapillarporen ein, die sonst nicht ausgefüllt werden. Diese Eigenschaft
des Imprägniermittels führt auch nach einem bzw. zwei vorhergehenden Imprägnierschritten
noch zu einer Steigerung des Raumgewichtes und der Festigkeit. Normales Pech vermag
dabei nicht mehr in die Restporen einzudringen. Es konnte gefunden
werden,
daß nach zweimaliger Imprägnierung eines Kohlekörpers mit einer Korngröße von 0,75
man mit Weichpech, EP 50°C, ein Raumgewicht von 1,78 erreicht wurde. Eine dritte
Pechimprägnierung ergab nur eine Verkrustung der Randzonen, jedoch keine Raumgewichtssteigerung.
Eine dritte Imprägnierung mit dem erfindungsgemäß verwendeten Pech brachte jedoch
eine Raumgewichtssteigerung von 1,78 auf 1,83 g/m3. Verwendet man von allem Anfang
an die obenerwähnten Kondensate, so wird das Raumgewicht von 1,83 bereits nach zwei
Imprägnierschritten nicht nur erreicht, sondern sogar überschritten. Die Ursache
hierfür ist das bereits erwähnte Fehlen von sogenannten H-harzartigen Substanzen.
Diese H-Harze (freier Kohlenstoff) verstopfen bei der normalen Imprägnierung die
Poren des Kohlekörpers in den Außenzonen und erschweren das Eintreten des flüssigen
Imprägniermittels in. das Körperinnere. Der besondere Vorteil bei der erfindungsgemäßen
Verwendung der oben näher beschriebenen Kondensate tritt dann besonders stark in
Erscheinung, wenn Kunstkohlekörper großer Dimensionen (Durchmesser über 300 mm)
imprägniert werden. Hier wird durch die gute Benetzungsfähigkeit und das Fehlen
kapillarblockierender Bestandteile auch bei dicken Körpern eine durchgehende Imprägnierung
erreicht. Die sonst oft so störende unterschiedliche Imprägnierung in den Rand-
und Kernpartien fällt bei Verwendung des synthetischen Peches weitestgehend fort.