-
Verfahren zur Herstellung von Radierungen oder Stichen Zur Herstellung
von Radierungen oder Stichen werden seit langer Zeit Kupferplatten verwendet, von
denen die Drucke im Tiefdruckverfahren hergestellt werden. Der Kupfertiefdruck hat
den Nachteil, daß einerseits das Material, nämlich die polierten Kupferplatten,
teuer ist und anderseits sich von einer unverstählten Kupferplatte nur eine beschränkte
Anzahl Abdrucke herstellen lassen. Beim Stahlstich ist zwar eine sehr hohe Zahl
von Abdrucken möglich, doch ist dieses Verfahren sehr teuer.
-
Es ist bekannt, bei der Herstellung gerasterter Druckformen Kunststoffolien
zu verwenden, in deren Oberfläche mittels einer Klischiermaschine die Rasterpunkte
eingeschnitten werden. Bei diesem Verfahren ist es wesentlich, daß das spanabhebende
Werkzeug saubere Schnittfiguren ergibt, und solche sauberen Schnittfiguren sind
nur zu erzielen, wenn die Oberfläche der Folie hart genug ist, daß der Span beim
Herausführen des Schneidwerkzeuges abreißt. Um dies sicherzustellen, ist es bekannt,
bei derarti-en Rasterfolien eine mehrschichtige Folie zu verwenden, bei der die
Grundschicht aus gut spanbildendem Material, die Oberschicht aus hartem, nicht spanbildendem
Material besteht.
-
Bei der Herstellung von Radierungen oder Stichen dagegen handelt es
sich darum, daß beim Einritzen der Zeichnun- in die Druckplatte die Späne nicht
abreißen, sondern als scharfe Ränder oder als abgerundete Aufwölbungen
je nach Art der Nadelführung erhalten bleiben. Gegenstand der Erfindung ist
ein Verfahren zur Herstellung von Radierungen oder Stichen, das darin besteht, daß
an Stelle der teuren Kupferplatten als Platte, in die die Zeichnung eingeritzt wird,
eine Folie aus Polyvinylchlorid, insbesondere aus Hartpolyvinylchlorid verwendet
wird. Es hat sich überraschenderweise ergeben, daß dieses Material nicht nur mit
der Radiernadel, Roulette oder Molette in den verschiedenen Techniken gut bearbeitbar
ist, sondern daß dieses Material auch als Tiefdruckplatte sehr gut verwendbar ist
und sich beim Druck nicht abnutzt, so daß eine große Anzahl Abdrucke hergestellt
werden kann. Es war insbesondere unerwartet, daß bei diesem Material in ähnlicher
Weise wie bei Kupferplatten eine Gratbildung eintritt, die von der individuell verschiedenen
Art der Nadelführung abhängt, und daß die so gebildeten Grate, die für künstlerisch
wertvolle und die Eigenart des Künstlers wiedergebende Radierungen von großer Bedeutung
sind, auch beim Abdruck nicht abbrechen oder abgenutzt werden. Durch diese Eigenschaft
unterscheidet sich das neue Material vorteilhaft von den Kupferplatten, Ibei denen
nur eine beschränkte Anzahl Abdrucke möglich war, weil die Grate sich verhältnismäßig
rasch abnutzten. Es handelt sich beim Gegenstand der Erfindung also nicht um einen
billigen und qualitativ schlechteren, sondem um einen besseren Ersatz für die bisher
verwendeten Kupferplatten. Als weiterer Vorteil kommt hinzu, daß dieses Material
wesentlich billiger ist als Kupfer. Für junge Künstler und Kunstschüler bestand
bisher eine erhebliche Schwierigkeit bei der Herstellung der Radierungen darin,
daß die Kupferplatten sehr teuer waren und es deshalb den jungen Künstlern und Kunststudenten
nicht bzw. nur unter verhältnismäßig hohen finanziellen Opfern möglich war, sich
in der Radiertechnik die notwendige Fertigkeit anzueignen. Durch das erfindungsgemäße
Verfahren eröffnet sich hier die Möglichkeit, ohne hohe finanzielle Opfer technisch
einwandfreie und hochwertige Radierungen herzustellen.
-
Für das erfindungsgemäße Verfahren gut geeignet sind Platten aus Polyvinylchlorid,
das keinen Weichmacher oder wenig Weichmacher enthält und das im Handel als Hartpolyvinylchlorid
bezeichnet wird, mit einer Dicke von etwa 0,25 bis 0,50
mm. Die Oberfläche kann je nach dem gewünschten Charakter der Zeichnung
glatt oder gekörnt sein. Bei der Herstellung der Radierung oder des Stiches kann
die Oberfläche der Polyvinylchloridplatte mit einem Lösungsmittel, beispielsweise
Aceton, erweicht werden. So ist es beispielsweise möglich, mit einer mit Aceton
beschickten Feder direkt in die Oberfläche der Plattte eine Federzeichnung einzuritzen
oder die
Oberfläche mittels eines Pinsels mit Aceton zu erweichen
und dann in die erweichte Oberfläche zu zeichnen. Die Zeichnung kann aber auch direkt
mit der Nadel in das nicht erweichte Polyvinylchlorid eingeritzt werden. Auf diese
Weise ergeben sich für den Künstler viele Möglichkeiten, künstlerische Effekte zu
erzielen. Ein besonderer Vorteil der Polyvinylchloridplatten ist auch, daß die Oberfläche
weiß ist, so daß die in die Oberfläche eingeritzte Zeichnung gut erkennbar ist,
während anderseits die unangenehme Blendung, die die Herstellung von Kupferstichen
für die Augen bekanntlich sehr anstrengend macht, wegfällt. Die Polyvinylehloridplatten
können aber auch mit leicht getönter Oberfläche hergestellt werden. Ein weiterer
Vorteil der hellen Oberfläche ist, daß beim Druck schon beim Einfärben der Platte
die Druckwirkung gut sichtbar ist. Gegenüber den Kupferplatten haben die Platten
aus Polyvinylehlorid noch den weiteren Vorzug, daß sie nicht oxydieren und daher
ohne besondere Schutzmaßnahmen beliebig lange aufgehoben werden können, so daß jederzeit
auch nach längerer Zeit noch einwandfreie und vollwertige Nachdrucke angefertigt
werden können. Zudem haben die Platten nur ein geringes Gewicht, und die Aufbewahrung
selbst einer größeren Anzahl von Platten macht keinerlei Schwierigkeiten.
-
Dem Künstler gibt dieses Material viele Möglichkeiten, insbesondere
können auch bei Verwendung von Polyvinylchloridplatten die bekannten Techniken der
Kaltnadelradierung, des Stiches und des Schabblattes angewandt werden, wobei sich
aus der bereits erwähnten Möglichkeit, die Oberfläche zu erweichen, auch noch völlig
neue, bei der Verwendung von Kupferplatten unbekannte Techniken ergeben.