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Verfahren zur Aufbereitung von verdünnten sauren Thiocyanatlösungen
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Aufbereitung von verdünnten
sauren Thiocyanatlösungen, die bei der Verformung von Polyacrvlnitrillösungen als
Fällbäder anfallen.
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Bei einem der Verfahren zur Herstellung von Polyacrylnitrilfasern
wird eine Spinnlösung verwendet, die ein Polymeres (Homopolymeres oder Copolymeres)
von Acrylnitril, gelöst in einer konzentrierten wäßrigen Lösung eines wasserlöslichen
Salzes, das stark hydräfisierte Ionen in einer wäßrigen Lösung liefert, enthält.
Zu solchen hydratisierten Salzen gehören die Thiocyänate, Chloride, Bromide, Jodide,
Perchlorate und Nitrate.
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Bei der Herstellung von Stapelfasern, endlosen Fäden. Stäben, Rohren,
Filmen, Bändern, Folien und anderen geformten Gegenständen aus einer Lösung eines
Acrylnitrilpolymeren in einer konzentrierten wäßrigen Lösung eines wasserlöslichen
Thiocyanats (in Anwesenheit oder Abwesenheit von einem oder mehreren Zusätzen, wie
einem niedermolekularen einwertigen Alkohol) wird das Fällbad nach einiger Spinndauer
eine verdünnte Thiocyanatlösung darstellen. Für die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens
ist es wesentlich, daß solche verdünnten Lösungen konzentriert werden können und
die konzentrierte Thio-. cyanatlösung dann im Verfahren wieder verwendet werden
kann. Andernfalls sind unter Umständen die Herstellungskosten untragbar.
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Bei flüchtiger Betrachtung kann es scheinen, daß kein Zurückgewinnungsproblem
besteht. Tatsächlich aber ist man auf ein solches Problem gestoßen, das . einesteils
durch den sehr ernstlichen Umstand der Zersetzung des Thiocyanats, insbesondere
Natriumthiocyanats, bedingt ist, der von der Bildung von Schwefelwasserstoff während
des Einengens der verdünnten Lösung, beispielsweise durch Eindampfen in der Hitze,
begleitet wird. Ein weiteres, damit eng verbundenes Problem ist das der Verhütung
oder Herabsetzung dieser Thiocyanatzersetzung, ohne hierbei schädigende Zusätze
einzuführen und ein wirtschaftliches und bequemes Verfahren .zu schaffen, das auch
zu verbesserter Stabilität gegen Verfärbung von beispielsweise Spinnlösungen führt,
die ein Acrylnitrilpolymeres in der wiedergewonnenen konzentrierten wäßrigen Thiocyanatlösung
gelöst enthalten.
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Die erwähnten Schwierigkeiten können überwunden werden, wenn erfindungsgemäß
die aufzubereitende Fälibadlösung auf einen pH-Wert über 7,0 eingestellt und sodann
auf eine gewünschte Konzentration eingeengt wird.
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Die bei der Ausführung des vorliegenden Verfahrens im allgemeinen
verarbeiteten verdünnten Thiocyanatlösungen enthalten gewöhnlich von 2 bis 8 oder
10 Gewichtsprozent Thiocyanat, insbesondere Natrium- oder Calciumthiocyanat, bezogen
auf .eine Netto-Trockenbasis, und weisen einen sauren pH-Wert auf, der z. B, von
4 oder 5 bis 6;9 variieren kann. Sie enthalten auch eine gelöste Eisenverbindung,
wahrscheinlich einen Thiocyanatkomplex des Eisens, der der Lösung eine unerwünschte
Farbe verleiht und deshalb entfernt werden sollte, falls die wiedergewonnene konzentrierte
Lösung bei der Herstellung einer Polyacrylnitrilfaser oder eines anderen geformten
Gegenstandes daraus oder für ähnliche Zwecke wieder verwendet werden soll. Die verdünnte
Thiocyanatlösung ist im allgemeinen blaßgelb gefärbt und manchmal trüb.
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In Übereinstimmung mit einer Ausführungsform der Erfindung wird der
verdünnten Thiocyanatlösung ein- feinverteiltes Adsorbens, insbesondere Entfärbungsmittel,
z. B. feinpulvrige Aktivkohle, Knochenkohle, gewisse natürliche oder aktivierte
Bleicherden, und auch ein alkalisches Material, z. B. Natrium- oder Kaliumhydroxyd,
Natrium- oder Kaliumearbonat, Calciumhydroxyd oder Ammoniumhydroxyd, zugesetzt.
Ebenso -kann eine Filterhilfe, z. B. feinverteilte Diatomeenerde, vorteilhafterweise
zu der verdünnten Thiocyanatlösung gegeben werden, um das Filtrieren zu erleichtern.
Vorzugsweise wird als Entfärbungsmittel feinpulvrige Aktivkohle und als
alkalisches
Material Ammoniumhydroxyd verwendet. Einer der Vorteile von letzterem ist, daß bei
seiner Verwendung und falls ein kontinuierlicher Verdampfungs- oder Einengungsprozeß
angewandt wird, eine konzentrierte Thiocyanatlösung erhalten wird, die wenig (manchmal
gar keine) pH-Einstellung erfordert. um die üblichen Erfordernisse für eine Thiocyanatlösung
zu erfüllen, die als ein Lösungsmittel für ein Acrylnitrilpolymeres verwendet werden
soll, das zur Herstellung von Fasern oder anderen Formlingen bestimmt ist.
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Falls es erwünscht ist, die verdünnte Thiocyanatlösung vor dem Einengen
zu entfärben oder die konzentrierte Lösung zu entfärben, ist es nicht erforderlich,
daß ein feingepulvertes Adsorbens oder Entfärbungsmittel verwendet wird. Beispielsweise
kann das gleiche Ergebnis erzielt werden, indem die neutrale oder vorzugsweise schwach
alkalische Lösung durch eine Schicht oder eine Säule des granulierten adsorbierenden
oder entfärbenden Materials, z. B. granulierte Knochenkohle, geführt wird.
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Wird die konzentrierte Thiocy anatlösung auf einen sauren p11-Wert
eingestellt, so besitzen Spinnlösungen, die aus ihr hergestellt wurden und die ein
Acrylnitrilpolymeres enthalten, bessere Stabilität gegen Verfärbung während der
Lagerung.
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Der pH-Wert der konzentrierten Thiocyanatlösung kann mit oder ohne
(je nach Wunsch oder wie die Bedingungen es erfordern) einer vorhergehenden Behandlung
mit Aktivkohle oder einem anderen Entfärbungsmittel der oben beispielsweise genannten
Art (wenn die Lösung sich nicht bereits bei dem gewünschten p11-Wert befindet) auf
einen Wert unter 7,0 herabgesetzt werden. Jedes geeignete Mittel kann zur Einstellung
der konzentrierten Thiocyanatlösung auf den gewünschten sauren p11-Wert verwendet
werden, beispielsweise indem man der Lösung eine Säure oder eine andere saure oder
säurebildende Substanz zusetzt oder die Lösung durch eine Schicht eines kationischen
Austauschharzes leitet.
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Das in der Zeichnung angegebene Fließschema zeigt die wesentlichen
Merkmale eines bevorzugten Verfahrens der Erfindung und wird durch nachfolgende,
mehr ins einzelne gehende Beschreibung noch erläutert.
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Wie in dem Fließschema gezeigt, wird das Fällbad, das eine verdünnte
Thiocyanatlösung darstellt, beispielsweise eine verdünnte Katriumthiocyanatlösung,
in einem der zwei Speichertanks gesammelt und von da zu einem anderen Tank geführt,
in dem a) ein Entfärbungsmittel, z. B. feingepulverte Aktivkohle, b1 eine Filterhilfe,
z. B. feingepulverte Diatomeenerde, und c) ein alkalisches Material, z. B. eine
schwache (beispielsweise 2- oder 3gewichtsprozentige) Lösung von Ammoniumhydroxy
d oder eine schwache (beispielsweise 8- oder 10gewichtsprozentige) Lösung von Natriumhydroxyd
jeweils gewöhnlich kontinuierlich zugeleitet werden.
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Die Thiocyanatlösung und die vorerwähnten Zusätze werden in diesem
Tank gerührt und dann in einen zweiten Tank der Reihe übergeführt. Der alkalische
Zusatz verursacht das Ausfällen von Eisenhydroxyd, welches zusammen mit dem anderen
suspendierten Material (einschließlich Entfärbungsmittel und Filterhilfe) durch
Filtrieren der Lösung durch eine geeignete Filterpresse entfernt wird. Die filtrierte
(geklärte und entfärbte) Lösung geht dann zu einem Lagerungstank und hierauf zu
einem Verdampfer mit doppelter Wirkung, in dem die Lösung unter vermindertem Druck
und bei erhöhter Temperatur bis zu der gewünschten Konzentration eingeengt wird.
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Es wird Gegenstrombeschickung in dem Doppeleffektverdampfer verwendet,
wodurch die verdünnte Beschickung in die zweite Stufe eintritt, wo sie durch das
Destillat der ersten Stufe erhitzt wird. Die Beschickung für die zwei Stufen wird
durch einen Schreib-Flüssigkeitsstandregler gesteuert, während ein Registrier-Dichtemesser
den Übertritt der konzentrierten Thiocyanatlösung in den in dem Fließschema angezeigten
Tank steuert. In diesem ersten Aufnahmetank wird die konzentrierte Thiocyanatlösung
beispielsweise auf 40 oder 50° C abgekühlt, bevor sie, wie angegeben, in den zweiten
Aufnahmetank übergeführt wird.
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Die konzentrierte Lösung kann in dieser Form verwendet werden, wenn
sie nicht unerwünscht verfärbt ist oder wenn die Farbe keinen wichtigen Faktor für
den beabsichtigten Zweck darstellt und sich die konzentrierte Lösung bei dem erwünschten
Wert befindet.
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Falls die konzentrierte Lösung eine weitere Behandlung zur Farbverbesserung
erfordern sollte, so kann dies, wie auf dem Schema angegeben, erfolgen oder durch
eine Reihe von Entfärbungsbehandlungen. Im allgemeinen ist es wünschenswert, daß
die Farbe der konzentrierten wiedergewonnenen Lösung unter der APHA-Color Nr. 20
liegt [Standard Methods for the Examination of Water and Sewage, 9. Ausgabe, S.
14 (1946), herausgegeben von der American Publie Health Association New York]. Falls
die Lösung eine Einstellung auf den bevorzugten sauren p11-Wert erfordert, so kann
dies ebenfalls nach der in dem Schema angegebenen Weise erfolgen oder wie vorher
ausgeführt wurde. Ein zu dem auf dem Schema angegebenen Verfahren alternatives Verfahren
umfaßt die gleichzeitige Zugabe des sauren Zusatzes und des Entfärbungsmittels mit
oder ohne Zugabe einer Filterhilfe (je nach Wunsch oder wie die Bedingungen es erfordern),
um die Filtriereigenschaften der Mischung zu verbessern. Bei einer anderen Ausführungsform
des Verfahrens erfolgt die Einstellung auf den gewünschten p$-Wert vor der Entfärbungsbehandlung.
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Tabelle I enthält die Daten der Ergebnisse einiger Laboratoriumsuntersuchungen
und zeigt unter anderem, wie die Zersetzung des Thiocyanats durch die Ausführung
des Einengens der verdünnten Thiocyanatlösung unter nicht sauren Bedingungen, insbesondere
unter alkalischen Bedingungen, und ganz besonders durch Einstellung der verdünnten
Thiocyanatlösung auf einen p$ Wert von 10, vor dem Konzentrieren vermieden wird,
was aus der Freisetzung oder Nichtfreisetzung von H2 S hervorgeht.
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Bei diesen Laboratoriumsarbeiten wurde ein mit einem Wasserkühler,
Thermometer und Wassersaugapparat ausgestatteter 2-1-Destillationskolben verwendet.
Die Beschickung bestand aus einer 10°/oaigen Na S C N-Lösung aus einem Spinnbadreservoir.
Bei den Ansätzen 1 und 2 wurde diese Lösung ohne p$ Einstellung verwendet, d. h.
bei p$ 5,3, wie sie anfällt. Bei den Ansätzen 3 bis 5 wurde die Beschickung auf
einen p$ Wert von 10 eingestellt und, wie in der Tabelle angegeben, mit Aktivkohle
behandelt. Die verdünnte Lösung wurde mit oder ohne Behandlung, wie es angegeben
ist, in den Kolben eingefüllt und auf 57 bis 58 Gewichtsprozent Na S C N eingeengt,
was durch den Kochpunkt und die Menge des Destillats ermittelt wurde.
Tabelle I |
Konzentration der 10o/oigen NaS CN-Lösung aus dem Spinnbadreservoir |
Ansatz Nr. |
1 I 2 3 i 4 I 5 |
Herstellung der Beschickung |
pH eingestellt *) auf . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . 5,3 5,3 10 10 10 |
Fe (OH)" abfiltriert ....................... nein nein
ja ja ja |
Aktivkohlebehandlung (eine Portion) .......... nein ja ja ja
nein |
Verarbeitungsbedingungen |
Druck ....................................... 1 Atm. 1 Atm.
1 Atm. 110 mm 1 Atm. |
Maximale Temperatur ........................ 128 128 128 78
128 |
Entwicklung von H2 S ........................ ja ja nein nein
nein |
Behandlung des Konzentrats |
Zahl der Aktivkohleportionen .......... . ....... 3
2 1 I 1 2 |
End-PI, ...................................... 5,3 5 9 bis
10 10 8 |
APHA Color Nr. ............................ gelb 11 15 19 17 |
Eisen, Teile je Million . . . . . . . . . . . .. . . . . ..
. . . . . - 2 3 2 - |
- 3s |
Ansätze 3, 4, 5: Zur Einstellung des pH-Wertes der Beschickung
wurde NaOH verwendet. Alle Zugaben der Aktivkohle be- |
*) |
trugen 0,75 % des Na S C N-GebaltS. |
Tabelle II zeigt typische Daten bezüglich der px Einstellung der verdünnten Beschickung
der Thiocyanatlösung und des konzentrierten Produkts (wäßrige Lösung mit 57,5 ±
0,2 Gewichtsprozent Na S C N). Es wurde gefunden, daß, falls .die verdünnte Thiocyanatiösung
auf einen pH-Wert von 7,5 gebracht wurde, der pH-Wert der Lösung im allgemeinen
nach Einengen herabgesetzt wurde, wenn der Alkalizusatz aus Ammoniumhydroxyd bestand;
und ebenso daß die Menge des Säurezusatzes, z. B. Essigsäure, wenn überhaupt zur
End-pg Einstellung erforderlich, herabgesetzt war.
Tabelle II |
Einstellung der verdünnten Beschickung und des konzentrierten
Produkts |
pH der ver- |
dünnten pg des Zugesetzter |
Beschickung Konzen- Eisessig End-pH |
für den Reagens trau in ccm/2271 1 (Mittel- |
Verdampfer (Mittel- Konzentrat wert) |
(Mittelwert) wert) (Mittelwert) |
8,6 10"/o Na O H 6,4 0 6,4 |
9,0 10o/oNa0 H 7,1 46 6,4 |
8,5 10o/o-NaOH 7,1 51 6,3 |
8,1 10o/aNaOH 7,0 48 6,3 |
7,4 2o/oNH40H 6,8 17 6,3 |
- 2%-NH40H 6,8 16 6,2 |
7,6 2o/oNH40H 6,3 2 6,2 |