Zur Herstellung einer guten Rohwurst ist der rasche Entzug des natürlichen Wassergehaltes Voraussetzung,
damit die in der Wurstmasse selbst bei Beachtung aller hygienischen Maßnahmen vorhandenen
Keime ihren Nährboden und ihre günstigen Entwicklungsbedingungen verlieren. Es muß daher ganz besonders
auf geeignete Trocknungs- und Reifungsmaßnahmen Wert gelegt werden.
Es ist nicht möglich, eine Salami od. dgl. in einem Kühlraum mit einer Raumtemperatur knapp über 0° C
zu trocknen bzw. zu reifen, weil die Wurst nur so lange Feuchtigkeit abgibt, solange sie wärmer als die
umgebende Luft ist. Hat die Rohwurst aber in kurzer Zeit die Temperatur der umgebenden Luft angenommen,
so wird die Feuchtigkeitsabgabe derart verringert, daß die Wurst während der nunmehr zur Trocknung
erforderlichen langen Zeitdauer verdirbt. Die Trocknung bzw. Reifung von Rohwurst ist aber auch
in einem geheizten Raum unmöglich, weil dann die Oberfläche und die äußeren Schichten der Wurst zu
rasch austrocknen, hart werden und die sogenannte Atmungsfähigkeit verlieren, wodurch die im Wurstinnern
befindliche Feuchtigkeit nicht mehr entweichen kann, was wiederum den Verderb der Wurst zur Folge
hat. Es müssen also beim Reifungs- bzw. Trocknungsprozeß die Temperatur, die Luftfeuchtigkeit und die
Luftbewegung in einem bestimmten Verhältnis aufeinander abgestimmt sein und auch innerhalb gewisser
Grenzen schwanken.
Rohwurst kann selbstverständlich auch ohne besondere Maßnahmen und Einrichtungen zur Reifung bzw.
Trocknung gebracht werden, jedoch dauert dies wenigstens
6 Wochen, und es sind die natürlichen klimatischen Bedingungen nur selten für den Prozeß voll geeignet,
so daß die Rohwursterzeugung mit gewöhnlichen Mitteln meist nur auf die Wintermonate beschränkt
ist und sich selbst in dieser Zeit Fehlprodukte nicht ausschließen lassen.
Es sind bereits Verfahren und Vorrichtungen bekannt, die das Trocknen bzw. Reifen von Rohwurst in
kürzerer Zeit und unabhängig von den äußeren klimatischen Voraussetzungen ermöglichen sollen. So wird
bei einem bekannten Verfahren der Trockenraum, in dem sich die Rohwurst befindet, durch einen Ventilator
mit Luft versorgt, der Heizgase einer Gasflamme zugeführt werden, wobei die Gasflamme die Luft nicht
nur erwärmen, sondern auch für eine Zumischung sterilen Wasserdampfes sorgen soll. Nun ist aber
rohes Fleisch, mit dem die Wurst ja gefüllt ist, ungemein empfindlich gegen üble Gerüche u. dgl. Wenn
also die Rohwurst tagelang dem Einfluß der Heizgase einer Gasflamme ausgesetzt ist, so kann dies dem Verderb
der Wurst entgegenwirken, wird aber immer eine nachteilige Geschmacksveränderung mit sich
Verfahren zur Reifung
bzw. Trocknung von Rohwurst,
insbesondere von Salami
Anmelder:
Hugo Hierse, Vöcklabruck,
und Josef Kahlert, Wien (Österreich)
Vertreter: Dipl.-Ing. H. Pfister, Patentanwalt,
Memmingen, Buxacher Str. 9
Beanspruchte Priorität:
Österreich vom 14. Mai und 22. November 1957
Hugo Hierse, Vöcklabruck (Österreich),
ist als Erfinder genannt worden
bringen. Nach dem genannten Verfahren getrocknete Rohwürste müssen daher zumindest nachträglich einer
Räucherung unterzogen werden, um die Geschmacksveränderung zu übertönen, jedoch darf beispielsweise
eine echte Salami nicht geräuchert werden.
Es ist ferner bekannt, den Feuchtigkeitsentzug durch Infrarotbestrahlung der Wurst zu bewirken.
Dabei muß die Bestrahlung sehr intensiv sein, zumal es sogar notwendig ist, Feuchtigkeit in das Trockengerät
einzuführen, damit die Wurst nicht verkrustet. Eine solche intensive Bestrahlung, die bis zum Kern
wirkt, führt zu einer so hohen Temperatur, daß die Rohwurst verschmalzt und ebenfalls verdirbt.
Bei allen bisherigen Verfahren geht das Betreben dahin, dem Trockenraum Frischluft zuzuführen, um
den Bakteriengehalt der die Rohwurst umgebenden Luft herabzumindern. Mit der Frischluft wird aber
auch immer neue Feuchtigkeit zugeführt, was die Reifung verlängert und das Risiko des Verderbs erhöht.
Ebenso sind die Temperaturschwankungen, die durch die Frischluftzufuhr verursacht werden, nachteilig für
die Wurstqualität.
Das erfindungsgemäße Verfahren gibt nun unter Vermeidung aller dieser Mangel die Möglichkeit,
Rohwurst mit verhältnismäßig einfachen Mitteln in kurzer Zeit unabhängig von äußeren klimatischen Be-
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dingungen ohne Geschmacksveränderung und bei völliger Sicherheit gegen Verderb zu reifen bzw. zu
trocknen.
Das erfindungsgemäße Verfahren besteht darin, daß der in einem dicht verschlossenen Kasten gelagerten
Wurst durch gleichzeitige Kühlung und Heizung sowie die dadurch bewirkte Umwälzung der im Kasten
befindlichen Luft bei einer Temperatur von etwa 8 bis 10° C laufend Feuchtigkeit entzogen und an den Kühlkörper
abgegeben wird, von dem sie dann als Kondenswasser nach außen fließt, wobei die relative
Feuchtigkeit der Umwälzluft wenigstens zeitweise auf einen Wert, beispielsweise etwa 70 bis 85°/o, gebracht
wird, der eine Oberflächentrocknung der Wurst verhindert. Dabei hat es sich als vorteilhaft erwiesen,
wenn die Kältezufuhr jeweils bei einer Temperatur der Umwälzluft von etwa 8 bis 9° C abgeschaltet und
dann nach einer kurzen Lufterwärmungsperiode, während der ein Teil der vorher der Rohwurst entzogenen
Feuchtigkeit als Kondenswasser abfließt, bei erfolgter Temperaturerhöhung um etwa 1° C wieder
eingeschaltet wird, wobei die relative Luftfeuchtigkeit um etwa 20 bis 25 °/o schwankt.
Der ganze Vorgang spielt sich etwa folgendermaßen ab: Wenn die Rohwurst in den Kasten eingebracht
ist, wird dieser dicht verschlossen und eine Kühlmaschine, eine Heizeinrichtung und ein Ventilator in
Tätigkeit gesetzt. Ein Thermostat wird so eingestellt, daß er die Kühlmaschine etwa bei 10° C einschaltet
und bei 9° C wieder ausschaltet. Die verhältnismäßig große Kühlplatte absorbiert nun aus der durch den
Ventilator rasch bewegten Kastenluft in kurzer Zeit (etwa 10 Minuten) einen beträchtlichen Teil der
Feuchtigkeit, und zwar dadurch, daß sich die Feuchtigkeit in Form von Eiskristallen an der Kühlplatte
niederschlägt. Die relative Luftfeuchtigkeit im Kasten sinkt daher um etwa 20°/». Würde nun dieser jetzt
rasch trocknende Zustand länger anhalten, käme es zu der unerwünschten Oberflächentrocknung. Dies wird
aber dadurch vermieden, daß der Thermostat die Kühlmaschine bei 9° C wieder ausschaltet. Die Kondenswasserkristalle
schmelzen nun durch die bleibend eingeschaltete Heizeinwirkung während einer Zeit von
etwa 2 Minuten rasch ab. Ein Teil des entstehenden Kondenswassers wird nach außen abgeleitet, der
andere Teil aber von der sich rasch bewegenden und wieder erwärmenden Luft aufgenommen und der
Oberfläche der Rohwurst zugeführt. Die Oberfläche der Wurst wird wieder feuchter und bleibt feuchtigkeitsdurchlässig,
also atmungsfähig, zumal ja die relative Luftfeuchtigkeit im Kasten neuerlich um etwa
20% ansteigt. Während dieser Feuchtigkeitszufuhr an die Kastenluft und die Rohwurst ist die Temperatur
im Kasten wieder auf etwa 10° C gestiegen. Nun setzt
durch die Thermostatsteuerung neuerlich die Kältezufuhr ein, und die Periode des raschen Feuchtigkeitsentzuges wiederholt sich. So lösen sich die Periode des
Feuchtigkeitsentzuges aus dem Kern der Rohwurst und die Periode der Feuchtigkeitszufuhr an die äußeren
Wurstschichten laufend ab. Auf diese Weise wird es möglich, daß nur die Feuchtigkeit, die aus dem Inneren
der Wurst stammt, als Kondenswasser nach außen abgeleitet wird. Wesentlich ist dabei, daß es sich um
eine im Verhältnis zum Wurstvolumen verhältnismäßig geringe Luftmenge handelt, die nicht laufend
durch Frischluft ersetzt wird, weil nur dann der verhältnismäßig rasche Wechsel der Perioden des Feuchtigkeitsentzuges
und der Feuchtigkeitszufuhr sowie die erforderlichen Schwankungen der relativen Luftfeuchtigkeit
erreichbar sind.
Normalerweise würde sich die geringe Luftmenge im verschlossenen Trockenkasten, besonders bei Verwendung
von Naturdärmen, in einigen Stunden derart mit Bakterien anreichern, daß die Rohwurst schmierig
und schleimig und in kurzer Zeit verderben würde. Erfindungsgemäß wird jedoch die Freihaltung der geringen Luftmenge von Bakterien dadurch erreicht, daß
die Bakterien, laufend aus der Luft bzw. der Wurstoberfläche von der Kühlplatte mit dem Kondenswasser
ίο vermischt, abgefangen und mit dem abfließenden Kondenswasser
nach außen abgeleitet werden. Während der Zeitspanne, in der sich die Bakterien in den Eiskristallen bzw. im kalten abfließenden Schmelzwasser
befinden, sind sie völlig wirkungslos und können die Luft und die Rohwurst nicht nachteilig beeinflussen.
Da sich alle Vorgänge in einem geschlossenen, gleichzeitig beheizten und gekühlten Kasten mit verhältnismäßig
geringem Luftvolumen abspielen, ist das erfindungsgemäße Verfahren von den äußeren klimatischen
Bedingungen völlig unabhängig. Da keine Frischluftzufuhr erfolgt, können die Temperatur- und
Feuchtigkeitswerte genau eingehalten werden, und es wird eine im Hinblick auf Fehlprodukte risikolose
Reifung und Trocknung von Rohwurst erreicht, ohne daß hierfür besonderes fachmännisches Können notwendig
oder eine nachträgliche Räucherung od. dgl. erforderlich wäre.
In der Zeichnung ist eine zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens verwendbare Vorrichtung
beispielsweise schematisch dargestellt.
Ein Trockenkasten 1 weist eine dicht verschließbare Tür 2 und ein Schiebefenster 3 auf. Das Fenster 3
dient zur Beobachtung der Instrumente und sonstiger Kastenvorrichtungen. Der Kasten ist mit Aufhängevorrichtungen
oder Drahtgittereinlagen 4 zum Aufhängen bzw. Einlegen der Rohwürste ausgestattet.
Ferner sind ein nicht dargestellter Thermostat, ein * Ventilator 5, eine Kohlenfadenlampe 6 als Heizung,
eine Kühlschlange 9 mit Kühlplatte 9 α und eine Auffangpfanne
11 für das Kondenswasser vorgesehen.
Letzteres wird durch das Rohr 12 luftdicht in den Kondenswasserbehälter 13 nach außen abgeleitet. Mit
14 ist der Raum für das Kühlaggregat bezeichnet.
Der Ventilator 5 drückt die Luft durch eine Öffnung 10 unmittelbar über dem Kastenboden in den Trockenraum,
wobei sich die Heizlampe 6 im Druckluftstrom befindet. Die Luftansaugung erfolgt über einen Luftschacht
7 außerhalb des Kastens, der mit dem Trokkenraum durch eine Ansaugöffnung 8 in Verbindung
steht.
Die Trocknung bzw. Reifung erfolgt in einem sehr kleinen Raum, so daß sich hinsichtlich der Vorrichtung
geringe Anschaffungskosten, geringe Betriebskosten und ein geringer Platzbedarf zur Aufstellung ergeben.
Dabei ist die Reifungsanlage leicht transportabel, erfordert keinen Kaminanschluß, arbeitet unabhängig
von den jahreszeitlichen Klimabedingungen und erfordert keine besondere Auswahl des zu verarbeitenden
Fleischgutes. Die Reifung erfolgt in kurzer Zeit, und es ergibt sich bei Erreichung hoher Qualität kein
Risiko, da ein Verderb nicht möglich ist. Da die Reifung im günstigsten Temperaturbereich erfolgt, ist
eine gute Durchpökelung gewährleistet. Die geringe Temperaturschwankung sichert guten Geschmack und
gutes Aroma, und es entfällt ein Waschen der Rohwurst während der Reifung, da eine Bakterienentwicklung
ausgeschlossen ist. Es hat sich gezeigt, daß sich das erfindungsgemäße Verfahren auch zum Trocknen
von Kunstdärmen eignet, die mit tierischem Eiweiß (Gelatine, Kasein, Hausenblase) hergestellt werden,
da die Trocknung bei einer so niederen Temperatur und in einer so kurzen Zeit erfolgt, daß keine Veränderung
des tierischen Eiweißes stattfindet.