Gebiet der Erfindung
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Befestigung von
Hängen mit lebenden adventiv wurzelbildenden Pflanzen
und/oder Pflanzenteilen, wobei die lebenden Pflanzen
und/oder Pflanzenteile in den Hang eingebracht werden,
sowie einen mit diesem Verfahren erhältlichen befestigten
Hang.
Stand der Technik und Hintergrund der Erfindung
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Aus der Literaturstelle EP 0691437 ist ein Verfahren zur
Befestigung von Hängen mit lebenden, adventiv
wurzelbildenden Pflanzen und/oder Pflanzenteilen bekannt, wobei der
Mindestdurchmesser, die eingebrachte Tiefe und das
Rastermaß der verwendeten Pflanzen und/oder Pflanzenteile
abhängig von Neigung und Materialbeschaffenheit des Hanges
mittels aus der Bodenmechanik bekannter Rechenverfahren
ermittelt werden mit der Maßgabe, dass durch den Einbau der
Pflanzen die bodenmechanischen Brucheigenschaften des
Bodens so gestört werden, dass dieser als Monolith reagiert,
und zwar bereits vor der Wurzelbildung. Das insofern
bekannte Verfahren hat sich sehr gut bewährt und beruht
letztendlich darauf, dass die vor Wurzelbildung erhaltene
Festigkeit des Hanges im Zuge der Wurzelbildung nicht nur
erhalten, sondern auch verstärkt wird. Hierdurch werden
potentielle Festigkeitsverluste durch eventuell nicht
anwachsende Pflanzen und/oder Pflanzenteile zumindest
kompensiert, in der Regel sogar überkompensiert.
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Typischerweise werden im Rahmen der insofern bekannten
Maßnahmen als Pflanzen Weidenarten (Salix) zur Einbringung
in den Hang ausgewählt.
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Die insofern bekannten Maßnahmen erfordern aufgrund des
oberirdischen Wachstums der bislang eingesetzten Pflanzen
regelmäßige Pflege, insbesondere Schnitt der oberirdisch
wachsenden Pflanzenteile. Diese Maßnahmen können Zeit- und
kostenaufwändig sein.
Technisches Problem der Erfindung
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Der Erfindung liegt daher das technische Problem zugrunde,
ein Verfahren zur Befestigung von Hängen mit lebenden,
adventiv wurzelbildenden Pflanzen anzugeben, welches einen
geringeren Pflegeaufwand des erstellten Hanges nach sich
zieht.
Grundzüge der Erfindung und bevorzugte Ausführungsformen
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Zur Lösung dieses technischen Problems lehrt die Erfindung
ein Verfahren zur Befestigung von Hängen mit lebenden,
adventiv wurzelbildenden Pflanzen und/oder Pflanzenteilen,
wobei die lebenden Pflanzen und/oder Pflanzenteile in den
Hang eingebracht werden, wobei die Pflanzen aus zumindest
einer Pflanzensorte ausgewählt sind, welche langsam
wachsend ist, wobei die Pflanzen einer Pflanzensorte langsam
wachsend sind, wenn nach Einpflanzung dieser Pflanzensorte
und Kultivierung unter definierten Bedingungen die
statistisch gemittelte Wachstumsgeschwindigkeit, gemessen in
Längeneinheiten Wuchs der Pflanzenspitzen je Zeiteinheit,
aller angewachsenen Pflanzen maximal 70% der statistisch
gemittelten Wachstumsgeschwindigkeit von Pflanzen der
Pflanzensorte Salix alba beträgt, welche unter identischen
Bedingungen eingepflanzt und kultiviert werden. Typische
Kultivierungsbedingungen werden bestimmt durch die
Bodenart, Pflanzdichte der gesetzten Pflanzen, Bewässerung und
ggf. Nährstoffzufuhr. Wesentlich ist, dass die Auswahl der
Pflanzensorte unter gegenüber der Referenzpflanze Salix
alba identischen Bedingungen erfolgt, insbesondere
hinsichtlich der genannten Bedingungen. Grundsätzlich kann
die Bestimmung der Wachstumsgeschwindigkeit bereits in der
ersten Vegetationsperiode erfolgen, sofern die Pflanzen
bzw. Pflanzenteile vor dieser Vegetationsperiode, oder
zumindest am Beginn dieser Vegetationsperiode eingepflanzt
wurden. Erfolgte die Einpflanzung erst spät innerhalb
einer Vegetationsperiode, so wird es sich empfehlen, die
Wachstumsgeschwindigkeiten erst in der darauf folgenden,
zweiten Vegetationsperiode zu bestimmen. Im Rahmen der
Erfindung können grundsätzlich sämtliche Pflanzensorten
eingesetzt werden und nicht nur langsam wachsende Weiden.
Sofern eine ausgewählte Pflanzenart den Kriterien der
Wachstumsgeschwindigkeit genügt, kann diese beliebig
ausgewählt werden aus der Gruppe bestehend aus "Ligustrum
vulgare, Salix cinerea, Salix daphnoides, Salix eleagnos,
Salix fragilis, Salix pentandra, Salix purpurea, Salix
repens, Salix viminalis, Acer campestre, Alnus glutinosa,
Alnus incana, Carpinus betulus, Fraxinus excelsior,
Populus alba, Populus canescens, Populus tremula, Prunu padus,
Quercus robur, Salix caprea, Sorbus aria, Sorbus
aucuparia, Alnus viridis, Cornus alba, Cornus mas, Cornus
sanguinea, Crataegus monogyna, Hippophae rhamniodes,
Ligustrum vulgare, Lonicera xylosteum, Sambucus nigra,
Sambucus racemosa, Viburnum lantana und Viburnum opulus".
Im Zusammenhang mit der Messung der
Wachstumsgeschwindigkeit versteht es sich, dass das vertikale Wachstum der
Pflanzen oberhalb einer horizontalen Bodenoberfläche
gemessen wird. Hierdurch ist eine geradlinige Messung in
einfacher Weise möglich.
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Vorzugsweise beträgt die Wachstumsgeschwindigkeit maximal
50%, insbesondere maximal 20%, höchstvorzugsweise maximal
10% der Wachstumsgeschwindigkeit von Salix alba.
Insbesondere im Falle von sandigen Böden ist es bevorzugt, wenn
die Pflanzen einer Weidensorte in den Hang eingebracht
werden.
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Grundsätzlich eignet sich die Erfindung für alle Arten des
Heckenbuschlagenbaus bzw. Heckenlagenpflanzenbaus, i. e.
eine statische Berechnung der Eigenschaften des in
Lagenbauweise erhaltenen Hanges unmittelbar nach Einpflanzung
bzw. Einbau der Pflanzen und/oder Pflanzenteile ist nicht
notwendigerweise erforderlich. Bevorzugt ist es jedoch,
wenn der Mindestdurchmesser, die eingebrachte Tiefe und
das Rastermaß der verwendeten Pflanzen und/oder
Pflanzenteile abhängig von Neigung und Materialbeschaffenheit des
Hanges mittels aus der Bodenmechanik bekannter
Rechenverfahren ermittelt werden mit der Maßgabe, dass durch den
Einbau der Pflanzen die bodenmechanischen
Brucheigenschaften des Bodens so gestört werden, dass dieser als Monolith
reagiert, insbesondere bereits vor der Wurzelbildung.
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Die Erfindung betrifft weiterhin einen befestigten Hang,
erhältlich durch das erfindungsgemäße Verfahren.
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Erfindungsgemäße Hänge können in den verschiedensten
Zusammenhängen eingesetzt werden. Zunächst ist es mit der
Erfindung möglich, natürliche Hanglagen mit der Erfindung
gegen Abrutschen zu sichern. Erfindungsgemäße Hänge können
aber auch die Flanken von Dämmen, beispielsweise
Bahndämmen oder Straßendämmen, sowie von Wällen, beispielsweise
Lärmschutzwällen, bilden. Insofern handelt es sich um ein
insgesamt künstliches Bauwerk.
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Mit der Erfindung wird ein allen statischen Erfordernissen
genügender Hang bzw. ein einen solchen Hang aufweisendes
Bauwerk zur Verfügung gestellt, bei welchem der
Pflegeaufwand reduziert ist. Denn es wurde erkannt, dass für den
Erhalt der statischen Eigenschaften eines Hanges es
lediglich erforderlich ist, dass die eingebrachten Pflanzen
und/oder Pflanzenteile nicht absterben. Insbesondere, wenn
die statischen Eigenschaften des Hanges bereits den
Erfordernissen genügen vor der Wurzelbildung, kommt es auf eine
zusätzliche Wurzelbildung in statischer Hinsicht nicht
mehr an. Daher kann eine Pflanzensorte mit der Maßgabe
ausgewählt werden, dass sie unter den definierten
Bedingungen des Einsatzes des erfindungsgemäßen Verfahrens
vergleichsweise sehr langsam wächst. Dieses langsame Wachstum
bewirkt letztendlich nicht eine Verschlechterung der
statischen Eigenschaften, diese werden allenfalls langsamer
(noch) besser als ohnehin schon eingerichtet. Demgegenüber
wird aber eine beachtliche Reduktion des Pflegeaufwandes,
insbesondere des Schnittaufwandes erreicht, da die
Zeitperioden zwischen zwei subsequenten Schnitten beträchtlich
verlängert werden können.
Ausführungsbeispiele
Beispiel 1
Auswahl einer langsam wachsenden Pflanzensorte
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Aus einem Boden, welcher zur Herstellung eines
Lärmschutzwalles bestimmt ist, werden zwei horizontale Probenfelder
einer Fläche von jeweils 10 m2 und einer Tiefe von 2 m
hergestellt. In das erste Probenfeld werden Weidenruten aus
Salix alba der Längen 1,5 m vertikal in den Boden
eingebracht, wobei jeweils 20 cm einer Rute aus dem Boden
herausragt. Die Einbringung erfolgt in einer Setzdichte von
25 Pflanzen je Quadratmeter in gleichmäßiger Verteilung.
In dem zweiten Probenfeld werden Ruten aus Salix aurita in
gleicher Weise eingebracht. Die vorstehend beschriebenen
Maßnahmen erfolgen vor Beginn einer Vegetationsperiode,
beispielsweise im Februar eines Jahres.
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Die beiden Probenfelder sind in gleicher Weise den
natürlichen klimatischen Bedingungen ausgesetzt. Eine Düngung
erfolgt nicht. Sofern innerhalb einer Vegetationsperiode
eine Bewässerung notwendig ist, erfolgt diese für beide
Probenfelder in identischer Weise. In der Mitte oder zum
Ende der Vegetationsperiode, beispielsweise im August,
werden die Wachstumsgeschwindigkeiten von Salix alba und
Salix aurita in den jeweiligen Probenfeldern bestimmt.
Hierzu werden zumindest 100 Pflanzen in jeweils gleichen
Referenzbereichen (beispielsweise Feldmitte) evaluiert.
Berücksichtigt werden nur solche Pflanzen, welche Triebe
gebildet haben, i. e. angewachsen sind. Für jede Pflanze
wird der höchste Punkt des höchsten Triebes bestimmt
gegenüber der Feldoberfläche. Von diesem Wert abgezogen wird
der Betrag, um welchen die Pflanzenruten bei der
Einbringung die Feldoberfläche überragten. Aus dem so erhaltenen
Differenzwert kann entweder durch absoluten Vergleich oder
nach Normierung auf die Kultivierungszeit geprüft werden,
ob Salix aurita als langsam wachsend im Sinne der
Erfindung qualifiziert. Der absolute Vergleich ist dann
zweckmäßig, wenn die Zeitpunkte der Einbringung sowie der
Messung identisch sind.
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Im Ausführungsbeispiel ergibt sich, dass Salix aurita ca.
60% der Wachstumsgeschwindigkeit von Salix alba unter den
gegebenen Bedingungen aufweist. Somit ist Salix aurita
unter diesen Bedingungen als langsam wachsende
Pflanzensorte geeignet.
Beispiel 2
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Salix aurita wird in der folgend beschriebenen
Weise zur Befestigung eines abzusichernden Hanges
eingesetzt.
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In der Fig. 1 ist ein abzusichernder Hang der Höhe H
dargestellt. Ohne Befestigung ergibt sich aufgrund der
auftretenden Zug- und Scherkräfte eine maximale Bruchfläche 1
mit einer an der Hangoberkante auftretenden maximalen
Breite B. Durch das gezielte Einbringen von Zweigen und
Ästen 2 in die Tiefe b des Hanges, werden die
bodenmechanischen Brucheigenschaften des Hanges derart gestört, dass
der Hang wie ein Verbundkörper oder Monolith reagiert. Die
Tiefe b der Zweige und Äste sowie der Abstand h der
Einbaubermen ist abhängig vom Neigungswinkel, der Höhe und
Materialeigenschaften des Hanges. Anhand eines
Zahlenbeispieles sollen die Relationen verdeutlicht werden.
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Gegeben sei ein Hang der Höhe H (H = 10 m) und einem
Neigungswinkel von 45°. Die Materialeigenschaften des Hanges
seien bestimmt durch die Wichte 19 kN/m3 m einer scheinbaren
Kohäsion von 1 kN/m2, eines Reibungswinkels des Bodens von
32,5° und einer inneren Standsicherheit von 1,4. Als
Parameter zur Variation der Güte der Hangfestigkeit stehen der
Abstand der Einbaubermen, die Eindringtiefe b, die
mittlere Dicke, die Neigung und die Anzahl pro laufenden Meter
Einbauberme der Zweige und Äste 2 zur Verfügung. Dabei
sind jedoch die biologischen Grenzen der einzelnen
Parameter zu beachten. Bei einer Einbringtiefe b von 2 m, einer
mittleren Dicke von 0,05 m und einer Neigung von 10° der
Zweige und Äste 2, sowie einem Abstand h der Einbaubermen
von 0,5 m errechnet sich die Anzahl der zu verwendenden
Zweige und Äste 2 auf 11 pro laufenden Meter Einbauberme,
d. h. 220 Zweige und Äste 2 pro laufenden Meter Hang um
eine Neigung der maßgebenden Bruchfläche von 42° zu
erreichen, also keiner als der Neigungswinkel von 45° des
Hanges. Die 3° Differenz sind notwendig, um die von den DIN-
Vorschriften vorgegebenen Sicherheitsmargen einzuhalten.
Der Abstand paralleler einzelner Zweige und Äste 2
zueinander in einer Einbauberme sollte mindestens 0,02 m
betragen, damit keine negativen Beeinflussungen stattfinden.
Damit ist auch die Anzahl der Zweige und Äste pro
laufenden Meter Einbauberme begrenzt.
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Das Verfahren wird vorzugsweise für erst durch Schüttungen
entstehende Hänge verwendet, da dadurch das Einbringen der
Pflanzen und/oder Pflanzenteilen besonders einfach
gehandhabt werden kann. Es ist aber auch für bereits bestehende
Hänge geeignet.
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Mit dem Verfahren können Hänge bis zu einer Neigung von
70° befestigt werden, so dass es neben der Befestigung von
Hängen und Böschungen auch zur Befestigung von
Schallschutzwällen geeignet ist.