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Gebiet der Erfindung
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Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Fahrzeugsteuersystem. Ferner bezieht sich die vorliegende Erfindung auf ein entsprechendes Verfahren zum Steuern eines Fahrzeugs.
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Stand der Technik
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Obwohl die vorliegende Erfindung im Folgenden hauptsächlich in Zusammenhang mit Personenkraftwagen beschrieben wird, ist sie darauf nicht beschränkt, sondern kann mit jeder Art von Fahrzeug genutzt werden.
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In modernen Fahrzeugen werden die Fahrer üblicherweise durch unterschiedliche Fahrerassistenzsysteme unterstützt. Solche Fahrerassistenzsysteme können rein passive Warnsysteme, z.B. ein Totwinkel-Assistent oder dergleichen, sein. Solche Fahrerassistenzsysteme können den Fahrer aber auch aktiv bei der Längs- und Querführung des Fahrzeugs unterstützten.
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Fahrerassistenzsysteme hängen häufig direkt von einem einzelnen Sensor ab oder es wird ein spezielles Sensorfusionssystem ausgelegt, wobei ein definierter Sensorverbund für eine spezielle Funktion zuständig ist. Beispielsweise basiert der Abstandsregeltempomat, auch ACC genannt, auf einem Radarsensor, und der Spurhalteassistent, auch Lane-Keeping genannt, basiert auf einer Kamera. Es handelt sich folglich um separate und isolierte Assistenz-Funktionen.
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Ein Ausfall oder eine Nichtverfügbarkeit eines Sensors führt bei einem solchen System dazu, dass auch im Falle eines Sensorverbunds eine Assistenz-Funktion nicht mehr aktivierbar ist, weil keine Kompensation möglich ist.
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Ferner werden in aktuellen Sensor-getriebenen Assistenzfunktionen die Sensor-Hypothesen direkt in eine Umfelddarstellung ohne logische Trennung überführt, also z.B. eine Radar-Objektliste mit entsprechenden Detektionen. Das Fahrzeugumfeld wird dabei über die Art und Werte der Attribute der Objektliste beschrieben.
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Ein bestimmter detektierter Zustand der Umfelderfassung ist dabei zwingende Voraussetzung für die Ausführung und Aktivierung einzelner oder gekoppelter Fahrerassistenz-Funktionen.
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Der Zustand der Umfelderfassung ergibt sich direkt aus den Eingangssignalen des Sensorverbunds, aber es gibt keine situationsabhängigen, funktionsabhängigen oder ortsabhängige Voraussetzungen zur Verfügbarkeit und Qualität.
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Die Erkennung einer Sensordegradierung oder sonstiger Beeinflussung des Sensorsignals und Sensorverfügbarkeit erfolgt funktionsgetrieben basierend auf Kriterien, die für diese Funktion relevant sind. Ist dieser Sensor Bestandteil eines größeren Sensorverbunds, dann würden ggf. andere Assistenz-Funktionen ebenfalls von einer Deaktivierung des Sensors beeinflusst.
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Offenbarung der Erfindung
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Es ist daher eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung eine verbesserte Umfeldbeschreibung für Fahrzeuge zu ermöglichen.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Fahrzeugsteuersystem mit den Merkmalen des unabhängigen Patentanspruchs 1 und ein Verfahren zum Steuern eines Fahrzeugs mit den Merkmalen des unabhängigen Patentanspruchs 8.
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Demgemäß ist vorgesehen:
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Ein Fahrzeugsteuersystem für ein Fahrzeug, mit einer Mehrzahl von Umfeldsensoren, welche unterschiedliche oder überlappende Erfassungsbereiche aufweisen und ausgebildet sind, entsprechende Sensordaten auszugeben, einer Recheneinrichtung, welche ausgebildet ist, basierend auf den ausgegebenen Sensordaten ein zentrales Umfeldmodell und einen dem zentralen Umfeldmodell zugeordneten Wahrnehmungszustand zu berechnen, und einer Anzahl, also einem oder mehreren, von Fahrerassistenzsystemen, welche ausgebildet sind, einem Fahrer des Fahrzeugs Fahrerassistenzfunktionen bereitzustellen, wobei die Fahrerassistenzsysteme ferner ausgebildet sind, die bereitgestellten Fahrerassistenzfunktionen schrittweise basierend auf dem Wahrnehmungszustand freizuschalten, bzw. zu degradieren oder einzuschränken.
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Ferner ist vorgesehen:
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Ein Verfahren zum Steuern eines Fahrzeugs, aufweisend die Schritte Ausgeben von Sensordaten durch eine Mehrzahl von Umfeldsensoren, welche unterschiedliche oder überlappende Erfassungsbereiche aufweisen, Berechnen eines zentralen Umfeldmodells und eines dem zentralen Umfeldmodell zugeordneten Wahrnehmungszustands basierend auf den ausgegebenen Sensordaten, Bereitstellen von Fahrerassistenzfunktionen für einen Fahrer des Fahrzeugs durch eine Anzahl von Fahrerassistenzsystemen, und schrittweises Freischalten der bereitgestellten Fahrerassistenzfunktionen basierend auf dem Wahrnehmungszustand.
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Die vorliegende Erfindung basiert auf der Erkenntnis, dass die bisher durchgeführte Sensorfusion und die starre Bewertung der Sensordaten anhand vorgegebener Konfidenzwerte nur eine geringe Verfügbarkeit der Fahrerassistenzsysteme sicherstellen kann. Wird für jedes Fahrerassistenzsystem ein eigenes Umfeldmodell aus exakt denjenigen Sensordaten erstellt, welche das Fahrerassistenzsystem benötigt, muss das Fahrerassistenzsystem deaktiviert werden, wenn einer der Sensoren keine ausreichend genauen Sensordaten liefern kann.
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Die vorliegende Erfindung sieht dagegen vor, dass alle in einem Fahrzeug vorhandenen Sensoren Sensordaten liefern, welche gemeinsam die Basis für ein zentrales Umfeldmodell des Fahrzeugs bilden.
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Gleichzeitig sieht die vorliegende Erfindung zusätzlich den Wahrnehmungszustand vor. Der Wahrnehmungszustand gemäß der vorliegenden Erfindung stellt eine qualitative oder quantitative Bewertung unterschiedlicher Kriterien zu dem zentralen Umfeldmodell dar. Der Wahrnehmungszustand kann z.B. als Datenstruktur in einem Speicher der Recheneinrichtung hinterlegt werden.
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Eine beispielhafte Auflistung der Kriterien kann wie folgt lauten:
- - Erfassungsbereich der Eingangs-Informationen, auch Field of view, Entfernungsbereich genannt. Also eine Art Reichweite der einzelnen Sensoren;
- - Erfassungsqualität, also eine Art Konfidenzwert für die Sensordaten;
- - Latenz von Informationen, beschreibt z.B. das Alter der Informationen in dem Umfeldmodell oder der einzelnen Sensoren;
- - welche Informationseinheiten detektiert wurden und verfügbar sind. Solche Informationseinheiten können z.B. betreffen: bewegte Verkehrsteilnehmer, wie z.B. Fahrzeuge, Fahrräder, Personen, Tiere oder dergleichen, Fahrbahn, Fahrbahnverlauf, Schilder, stationäre Umgebung, Fahrbahnrand, Fahrspurmarkierungen, Fahrbahn- und Straßentyp, z.B. Stadt, Autobahn, Spielstraße, Parkplatz.
- - stehen die Informationseinheiten, insbesondere nach der Fusion und Kohärenz, in Konflikt? Gibt es Konflikte, die nicht gelöst werden können? Erkennen also z.B. unterschiedliche Sensoren an der gleichen Stelle unterschiedliche Objekte?
- - Gibt es eine konsistente Klassifikation, z.B. in „Fahrzeug“, „Fußgänger“, „Leitplanke“, „Bordstein“, und dergleichen.
- - Umfeldsituation, z.B. erkannte Baustelle, erkannter Stau, erkannte parkende Fahrzeuge, erkannte rote oder grüne Ampel, erkannte Busspur
- - Wie eindeutig ist die Umgebung bzw. Wahrnehmung? Dies kann z.B. als Konfidenzwert ausgedrückt werden. Beispielsweise kann eine Autobahn häufig viel eindeutiger erkannt werden als eine Stadtstraße, weil es auf Stadtstraßen mehr Vielfalt an Objekten gibt und diese auch ein anderes Verhalten haben könnten, während auf der Autobahn üblicherweise nur Fahrzeuge vorhanden sind und alle in die gleiche Richtung fahren.
- - Umweltbedingungen, wie z.B. Regen, Schnee oder Tag/Nacht
- - Bedeutung und Wichtigkeit von Informationen. Beispielsweise kann ein plötzlich auftauchendes Objekt kurz vor dem Fahrzeug oder ein schnelles Objekt von der Seite querend eine höhere Wichtigkeit aufweisen, als ein hinter dem Fahrzeug fahrendes anderes Fahrzeug.
- - Fahrbahnqualität / Straßenqualität. Beispielsweise kann hinterlegt werden, welcher Fahrbahnbelag vorhanden ist, z.B. Asphalt, Schotter, Kopfsteinpflaster, oder dergleichen. Ferner kann eine Information darüber hinterlegt sein, ob z.B. Fahrbahnmarkierungen, insbesondere Spurmarkierungen, vorhanden und erkennbar sind, oder ob andere Kriterien zur Erkennung des Straßenrands und der Spurbegrenzungen herangezogen werden müssen.
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Es versteht sich, dass die obige Liste lediglich beispielhaft ist und dass je nach Anwendung andere Kriterien in den Wahrnehmungszustand aufgenommen werden können bzw. einige Kriterien entfernt werden können.
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Der Wahrnehmungszustand kann wie oben dargestellt z.B. auch Informationen über Konflikte in der Umfeldbeschreibung aufweisen. Diese Konflikte werden also erkannt und beschrieben, so dass diese entweder vom Umfeldmodell selbst oder einer auf dem Umfeldmodell aufbauenden Fahrerassistenzfunktion gelöst werden können. Das Umfeldmodell oder die Fahrerassistenzfunktion kann also selbst entscheiden, in wie weit und ob möglich auf eine andere Informationsquelle zurückgegriffen werden kann bzw. eine notwendige Information auf andere Wege bestimmt werden kann.
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Die einzelnen Fahrerassistenzsysteme erhalten bei der vorliegenden Erfindung keine separaten Umfeldmodelle bzw. Berechnen diese nicht selbst basierend auf den jeweiligen Sensordaten.
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Vielmehr nutzen die einzelnen Fahrerassistenzsysteme die Informationen des zentralen Umfeldmodells und entscheiden basierend auf dem Inhalt des Wahrnehmungszustands, ob und in welchem Umfang die Funktionen des jeweiligen Fahrerassistenzsystems dem Fahrer des Fahrzeugs bereitgestellt werden.
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Die einzelnen Fahrerassistenzsysteme können folglich unterschiedliche Funktionsumfänge in Abhängigkeit der Qualität des Umfeldmodells bezogen auf ihre eigenen spezifischen Kriterien bereitstellen. Die einzelnen Fahrerassistenzsysteme müssen eine Funktion folglich nicht komplett deaktivieren sondern können diese z.B. lediglich einschränken, wenn sich die Qualität des Umfeldmodells in gewissen Grenzen verschlechtert. Ebenso können die einzelnen Fahrerassistenzsysteme einen Funktionsumfang erweitern, wenn sich die Qualität des Umfeldmodells erhöht.
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Beispielsweise kann ein Fahrerassistenzsystem zur Quer- und Längsregelung des Fahrzeugs auf der Autobahn bei verminderter Sicht nach hinten lediglich die Funktion der Längsregelung freischalten, also z.B. lediglich den Abstand zu dem vorausfahrenden Fahrzeug regeln. Die Spur verlässt das Fahrzeug dann nicht selbständig, um z.B. einen Überholvorgang durchzuführen.
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Verbessert sich z.B. auf Grund sich ändernder Wetterbedingungen die Sicht der Sensoren hinter das Fahrzeug, kann das Fahrerassistenzsystem z.B. die Querregelung freischalten und einen Überholvorgang durchführen, wenn sich kein Fahrzeug von hinten nähert, um die eingestellte Geschwindigkeit zu halten.
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Mit der vorliegenden Erfindung wird ein umfassendes Umfeldmodell für Fahrerassistenzsysteme für assistiertes bis hin zum autonomen Fahren bereitgestellt, welches die Umgebung nicht nur „detektiert“, sondern mit dem Wahrnehmungszustand auch versteht und in den entsprechenden Kontext setzt.
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Bestehende Fahrerassistenzsysteme werden durch dieses Umfeldmodell verbessert werden, es wird z.B. die Robustheit gegenüber Sensorfehlern erhöht und die Detektion von Objekten verbessert. Ferner werden neue Fahrerassistenzfunktionen ermöglicht, die mit bisherigen Umfeldmodellen nicht abgebildet werden können, da die Qualitätseinordnung durch den Wahrnehmungszustand fehlt.
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Vorteilhafte Ausführungsformen und Weiterbildungen ergeben sich aus den Unteransprüchen sowie aus der Beschreibung unter Bezugnahme auf die Figuren.
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In einer Ausführungsform kann für jedes der Fahrerassistenzsysteme mindestens ein Anforderungsprofil in Bezug auf den Wahrnehmungszustand vorgegeben sein und die Fahrerassistenzsysteme können ausgebildet sein, die schrittweise Freischaltung der Fahrerassistenzfunktionen basierend auf einem Vergleich des entsprechenden Anforderungsprofils mit dem Wahrnehmungszustand durchzuführen.
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Die Anforderungsprofile können Mindestanforderungen für das jeweilige Fahrerassistenzsystem definieren. Sie können also die gleichen Merkmale aufweisen, wie der Wahrnehmungszustand, und für die einzelnen Merkmale Schwellwerte oder erforderliche Inhalte definieren. Beispielsweise könnte ein Fahrerassistenzsystem zur Längs- und Querregelung auf einer Autobahn einen Erfassungsbereich von 150 m und eine hohe Anforderung an die Erfassungsqualität für benachbarte Fahrzeuge stellen.
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Durch Vergleich des Anforderungsprofils und des aktuellen Wahrnehmungszustands wird eine Ableitung der möglichen Funktionalitäten des Systems durchgeführt bzw. eine gezielte Degradierung oder Freischaltung vorgenommen, wenn bestimmte Informationsanteile und Detektionen nicht gegeben sind oder nicht in der vorgegebenen Qualität gegeben sind.
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In einer Ausführungsform können für jedes der Fahrerassistenzsysteme für unterschiedliche Fahrsituationen Anforderungsprofile in Bezug auf den Wahrnehmungszustand vorgegeben sein und die Fahrerassistenzsysteme können ausgebildet sein, die schrittweise Freischaltung der Fahrerassistenzfunktionen in einer entsprechenden Fahrsituation basierend auf einem Vergleich des entsprechenden Anforderungsprofils mit dem Wahrnehmungszustand durchzuführen.
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Die Fahrsituationen können z.B. die Art bzw. Funktion der befahrenen Straße kennzeichnen. Mögliche Fahrsituationen können folglich z.B. „Landstraße“, „Autobahnauffahrt“, „Autobahn“, „Baustelle“, „Stadt-Straße“ bzw. „Orts-Straße“, „Parkplatz“, „Parkhaus“ oder dergleichen sein.
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Die Anforderungsprofile können nun für einzelne Funktion Anforderungen definieren, die für die einzelnen Fahrsituationen spezifisch sind.
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Ein Fahrerassistenzsystem zum autonomen Fahren des Fahrzeugs könnte z.B. für eine Landstraße oder Ortsstraße die Anforderung haben, dass sowohl nach vorne als auch nach hinten die Erfassung von Objekten, also z.B. anderen Fahrzeugen, sichergestellt sein muss. Auf einer Landstraße bzw. Ortsstraße können Fahrzeuge sich in allen Richtungen, also von dem Fahrzeug weg, auf das Fahrzeug zu oder quer zur Fahrtrichtung des Fahrzeugs bewegen. Folglich müssen alle diese Objekte erkannt werden können.
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Bei einer Autobahnfahrt kann das Fahrerassistenzsystem dagegen z.B. auf eine Erkennung querender Fahrzeuge verzichten, da es auf Autobahnen keine Kreuzungen gibt und dies auf Autobahnen daher nicht möglich ist.
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Das Anforderungsprofil kann also auf die spezifischen Details der einzelnen Fahrsituationen zugeschnitten sein und entsprechende Anforderungen definieren.
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In einer Ausführungsform können für jedes der Fahrerassistenzsysteme für unterschiedliche Freigabestufen Anforderungsprofile vorgegeben sein und die Fahrerassistenzsysteme können ausgebildet sein, die schrittweise Freischaltung bis zu einer entsprechenden Freischaltungsstufe vorzunehmen, für welche das entsprechende Anforderungsprofil erfüllt ist.
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Die einzelnen Freigabestufen kennzeichnen den Umfang in welchem eine jeweilige Fahrerassistenzfunktion freigeschaltet wird.
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Bei dem oben bereits genannten Beispiel des Fahrerassistenzsystems zum autonomen Fahren des Fahrzeugs kann z.B. eine Längsregelung, also ein Bremsen bzw. Beschleunigen, des Fahrzeugs durchgeführt werden, wenn ein weiteres vor dem Fahrzeug fahrendes Fahrzeug erkannt werden kann. Dies kann unter Umständen bereits bei Verfügbarkeit eines einzelnen Radarsensors der Fall sein.
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Die Freigabe der Querregelung, also des Lenkens, des Fahrzeugs kann dagegen z.B. erst dann erfolgen, wenn Objekte im gesamten Umfeld, also 360° um das Fahrzeug, erkannt werden können. Zu dem Erfassungswinkel kann ferner ein entsprechender Erfassungsbereich definiert werden.
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Es versteht sich, dass die Anforderungsprofile für unterschiedliche Freigabestufen und für unterschiedliche Fahrsituationen vorgegeben werden können. Beispielsweise kann für alle möglichen Fahrsituationen jeweils ein Anforderungsprofil für die Freigabe der Längsregelung und eines für die Freigabe der Querregelung vorgegeben werden.
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In einer Ausführungsform kann die Recheneinrichtung ausgebildet sein, eine aktuelle Fahrsituation für das Fahrzeug basierend auf den Sensordaten zu bestimmen und mögliche zukünftig auftretende Fahrsituationen ausgehend von der aktuellen Fahrsituation zu bestimmen, wobei die Fahrerassistenzsysteme ausgebildet sein können, die bereitgestellten Fahrerassistenzfunktionen schrittweise basierend auf dem Wahrnehmungszustand und der aktuellen Fahrsituation sowie den möglichen zukünftig auftretenden Fahrsituationen freizuschalten.
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Bewegt sich das Fahrzeug beispielsweise auf einer Autobahn, kann eine Autobahnausfahrt oder ein Parkplatz eine mögliche zukünftig auftretende Fahrsituation sein.
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Das Fahrerassistenzsystem muss folglich nicht nur die Anforderungen der aktuellen Fahrsituation berücksichtigen. Vielmehr muss das Fahrerassistenzsystem auch Rücksicht darauf nehmen, dass in kürze andere Fahrsituationen eintreten können, welche andere Anforderungen an das Umfeldmodell stellen können.
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In einer Ausführungsform kann die Recheneinrichtung ausgebildet sein, mindestens eine aktuelle Fahrsituation und mögliche zukünftig auftretende Fahrsituationen jeweils mit einer entsprechenden Wahrscheinlichkeit zu erkennen, wobei die Recheneinrichtung ausgebildet sein kann, basierend auf den Anforderungsprofilen der Fahrerassistenzsysteme für die jeweiligen Fahrsituationen und den entsprechenden Wahrscheinlichkeiten ein fusioniertes Anforderungsprofil zu erstellen.
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Es ist möglich, dass die Recheneinrichtung z.B. nicht mit absoluter Sicherheit bestimmen kann, in welcher Fahrsituation sich ein Fahrzeug befindet. Beispielsweise kann sich ein Fahrzeug auf einer mehrspurigen Straße mit baulicher Trennung zwischen den Fahrtrichtungen innerhalb einer Stadt bewegen. In diesem Fall kann z.B. die Wahrscheinlichkeit für die Fahrsituation „Autobahn“ ebenso groß oder ähnlich groß sein, wie für die Fahrsituation „Stadt-Straße“.
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Die Recheneinrichtung kann in solch einer Situation für die einzelnen Kriterien in dem Wahrnehmungszustand jeweils die strengeren Anforderungen aus den einzelnen Anforderungsprofilen zusammenführen.
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Ferner können z.B. die Anforderungen für die möglichen zukünftig auftretenden Fahrsituationen in Abhängigkeit von deren Auftretenswahrscheinlichkeit ebenfalls berücksichtigt werden.
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Bei einer Stadtfahrt ist die Auftretenswahrscheinlichkeit der Fahrsituation „Kreuzung“ oder „Ampel“ z.B. sehr hoch. Folglich kann die Recheneinrichtung auch bei einer Fahrsituation „Stadt-Straße“ die entsprechenden Anforderungen für „Kreuzung“ oder „Ampel“ vorsorglich berücksichtigen. Beispielsweise können Schwellwerte für die Wahrscheinlichkeiten vorgegeben werden, ab deren Überschreiten die jeweiligen Anforderungen berücksichtigt werden.
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Ferner kann z.B. für eine bekannt Route, also eine bekannte Abfolge von Fahrsituationen, oder für eine in Echtzeit, also während der Fahrt, erstellte Abfolge von Fahrsituationen auch eine vorausschauende Abschätzung erfolgen, ob vielleicht eine Funktion binnen einer definierten Zeitspanne nicht mehr angeboten werden kann.
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Die Recheneinrichtung kann z.B. feststellen, dass in 5 Sekunden die notwendige Güte nicht mehr vorhanden ist um eine gewisse Fahrerassistenzfunktion auszuführen. Somit kann eine frühzeitige Planung zum Abwurf der Funktion gestartet werden. Es wäre somit z.B. eine Rückübergabe an den Fahrer möglich oder eine andere Fahrfunktion mit evtl. geringerem Automatisierungsgrad oder Funktionsumfang könnte fließend übernehmen.
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In einer Ausführungsform kann die Recheneinrichtung ausgebildet sein, Ausfälle einzelner Sensoren in dem Umfeldmodell und/oder dem Wahrnehmungszustand zu kompensieren.
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Ein Einzelsensorausfall kann z.B. bzgl. seinem Informationsgehalt in dem beschriebenen Wahrnehmungszustand bzw. im Umfeldmodell kompensiert werden. Innerhalb des Umfeldmodells kann z.B. eine Verschiebung der Konfidenzkurven der anderen Sensoren und Signale stattfinden. Es kann beispielsweise verlangt werden, dass die anderen Sensoren viel zuverlässigere Informationen liefern müssen, damit diese Kompensation durchgeführt werden kann. Mathematisch erläutert kann dies bedeuten, dass die aktuelle Wahrnehmung der Summe der Einzelwahrnehmungen entsprechen muss. Fällt nun eine Einzelwahrnehmung aus, müssen die verbleibenden Wahrnehmungen umfangreicher sein, damit die Summe gleichbleibt.
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Die Anwendungsfälle, die einen bestimmten Wahrnehmungszustand verlangen, können bei der vorliegenden Erfindung z.B. vom Fahrer definiert werden, indem er z.B. eine Assistenzfunktion einschaltet. Ferner können sie auch automatisch ermittelt werden, z.B. beim Übergang von Fahrsituationen, z.B.: „Landstraße -> Autobahn“, „Parkplatzsuche -> Einparken“.
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Die vorliegende Erfindung ermöglicht folglich:
- • eine gezielte Funktionsaktivierung von Fahrerassistenzfunktionen;
- • ein automatisches Anbieten von Assistenzfunktionen;
- • ein frühzeitiges Erkennen einer möglichen und notwendigen Rückübergabe an den Fahrer, z.B. durch Bestimmung der Reaktionszeit zur Rückübergabe an den Fahrer, Ableitung des Schweregrades und der Dringlichkeit, die Entsteht, wenn die Funktion nicht mehr verfügbar ist, und Bestimmung der benötigten Hand-over-Zeit;
- • eine Degradierung von Funktionen, also teilweises Abschalten, oder Weiterbetrieb mit Einschränkung oder reduzierter Funktionalität;
- • Kompensation eines (Teil-) Sensorausfalls (oder degradierter Sensor) durch andere Sensoren, sofern der Wahrnehmungszustand gewährleistet ist;
- • der Schweregrad durch einen einzelnen Sensorausfall bzw. eine Degradierung ist direkt bezifferbar und weitere Maßnahmen und differenzierte Systemreaktionen anstatt einem einfachen Abschalten sind möglich;
- • Valet-Parking / Home-Parking: Das Auto kann anhand des aktuellen Wahrnehmungszustands verlangen, dass eine Person den Vorgang von außen stehend überwacht, oder es kann erlauben dass sich die Person/Fahrer bereits vom Fahrzeug entfernt, wenn eine ausreichend sichere Wahrnehmung gegeben ist;
- • Einlernvorgänge wie bei einem Homeparking-Manöver oder andere Lernvorgänge für Assistenzfunktionen werden nur dann angeboten und ermöglicht, wenn eine bestimmte Wahrnehmungsqualität geboten ist. Andernfalls wird das Gelernte nicht abgespeichert bzw. der Vorgang nicht als Anlernvorgang gekennzeichnet. Dem Fahrer kann ferner mitgeteilt werden, weshalb das Anlernen gescheitert ist, welches Kriterium des Wahrnehmungszustands also nicht erfüllt wurde.
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Die obigen Ausgestaltungen und Weiterbildungen lassen sich, sofern sinnvoll, beliebig miteinander kombinieren. Weitere mögliche Ausgestaltungen, Weiterbildungen und Implementierungen der Erfindung umfassen auch nicht explizit genannte Kombinationen von zuvor oder im Folgenden bezüglich der Ausführungsbeispiele beschriebenen Merkmalen der Erfindung. Insbesondere wird dabei der Fachmann auch Einzelaspekte als Verbesse-rungen oder Ergänzungen zu der jeweiligen Grundform der vorliegenden Erfindung hinzufügen.
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Figurenliste
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Die vorliegende Erfindung wird nachfolgend anhand der in den schematischen Figuren der Zeichnungen angegebenen Ausführungsbeispiele näher erläutert. Es zeigen dabei:
- 1 ein Blockschaltbild einer Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Fahrzeugsteuersystems;
- 2 ein Ablaufdiagram einer Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Verfahrens;
- 3 ein Diagramm mit möglichen Fahrsituationen zur Verwendung in einer Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Fahrzeugsteuersystems oder Verfahrens;
- 4 ein weiteres Diagramm mit mögliche Fahrsituationen zur Verwendung in einer Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Fahrzeugsteuersystems oder Verfahrens; und
- 5 ein Diagramm mit mögliche Fahrsituationen und Freigabestufen zur Verwendung in einer Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Fahrzeugsteuersystems oder Verfahrens.
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In allen Figuren sind gleiche bzw. funktionsgleiche Elemente und Vorrichtungen - sofern nichts anderes angegeben ist - mit denselben Bezugszeichen versehen worden.
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Ausführungsformen der Erfindung
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1 zeigt ein Blockschaltbild eines erfindungsgemäßen Fahrzeugsteuersystems 100 in einem Fahrzeug 101. Das Fahrzeugsteuersystem 100 weist lediglich beispielhaft vier Umfeldsensoren 102, 103, 104, 105 auf, welche jeweils Sensordaten 110 für einen entsprechenden Erfassungsbereich 106, 107, 108, 109 erfassen. Das Fahrzeugsteuersystem 100 weist ferner eine Recheneinrichtung 111 auf, die aus den Sensordaten 110 ein Umfeldmodell 112 und einen entsprechenden Wahrnehmungszustand 113 berechnet. Das Umfeldmodell 112 und der Wahrnehmungszustand 113 werden einem Fahrerassistenzsystem 114 zur Verfügung gestellt, welches eine Fahrerassistenzfunktion 115 basierend auf dem Umfeldmodell 112 und dem Wahrnehmungszustand 113 ausführt.
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Der Umfeldsensor 102 kann z.B. ein Radarsensor sein und der Umfeldsensor 103 kann z.B. eine Kamera sein. Die Erfassungsbereiche 106, 107 dieser zwei Umfeldsensoren 102, 103 zeigen in Fahrtrichtung des Fahrzeugs 101 und überschneiden sich.
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Die Umfeldsensoren 104 und 105 können z.B. Radarsensoren sein, von denen jeder eine Seite des Fahrzeugs 101 nach hinten überwacht.
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Die einzelnen Umfeldsensoren 102, 103, 104, 105 können der Recheneinrichtung 111 die Roh-Sensordaten 110 oder bereits vorverarbeitete Sensordaten 110 liefern. Beispielsweise kann der Radarsensor 103 Objektlisten mit entsprechenden Positionsinformationen und einem Konfidenzwert zur den Sensordaten 110 liefern. Die Kamera 102 kann z.B. Informationen zu erkannten Straßenmarkierungen mit einem entsprechenden Konfidenzwert liefern. Eine Funktion der Recheneinrichtung 111 kann aus diesen Informationen dann ein Umfeldmodell 112 berechnen. Das Umfeldmodell 112 weist dabei Informationen über das Umfeld des Fahrzeugs 101 auf, die aus allen Sensordaten 110 der Umfeldsensoren 102, 103, 104, 105 gewonnen werden können. Ferner können Umfeldsensoren auch solche Sensoren sein, die nicht an oder in dem Fahrzeug angeordnet sind. Solche Sensoren können Umfelddaten über eine Kommunikationsschnittstelle an das Fahrzeug 101 übermitteln. Eine solche Kommunikationsschnittstelle kann z.B. eine Car-to-Car oder Car-to-X Schnittstelle sein.
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Die Recheneinrichtung 111 kann ferner den Wahrnehmungszustand 113 berechnen, der die oben bereits erwähnten Informationen enthalten kann.
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Dem Fahrerassistenzsystem 114 werden sowohl das Umfeldmodell 112 als auch der Wahrnehmungszustand 113 übermittelt. Das Fahrerassistenzsystem 114 entscheidet dann basierend auf dem Umfeldmodell 112 und dem Wahrnehmungszustand 113, bis zu welchem Grad es die von ihm bereitgestellte Fahrerassistenzfunktion 115 freigibt bzw. ausgehend von dem vollen Funktionsumfang degradiert.
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Auch wenn in 1 nur ein Fahrerassistenzsystem 114 dargestellt ist, versteht sich, dass mehrere Fahrerassistenzsysteme 114 vorhanden sein können.
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Zur Entscheidung über die Freigabe bzw. Degradierung kann für jedes der Fahrerassistenzsysteme 114 mindestens ein Anforderungsprofil in Bezug auf den Wahrnehmungszustand 113 vorgegeben sein. Das jeweilige Fahrerassistenzsystem 114 nimmt die schrittweise Freischaltung der Fahrerassistenzfunktionen 115 dann basierend auf einem Vergleich des entsprechenden Anforderungsprofils mit dem Wahrnehmungszustand 113 vor. Ferner können für jedes der Fahrerassistenzsysteme 114 für unterschiedliche Fahrsituationen Anforderungsprofile in Bezug auf den Wahrnehmungszustand 113 vorgegeben sein. Ferner können die Anforderungsprofile für unterschiedliche Freigabestufen vorgegeben sein.
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Die Recheneinrichtung 111 kann eine aktuelle Fahrsituation für das Fahrzeug 101 z.B. basierend auf den Sensordaten 110 oder auch Daten eines Navigationssystems bestimmen und mögliche zukünftig auftretende Fahrsituationen ausgehend von der aktuellen Fahrsituation bestimmen. Für die Bestimmung zukünftiger Fahrsituationen kann ferner eine Car-to-Car, Car-to-Infrastructure oder Car-to-X Kommunikation bzw. die so erhaltenen Daten genutzt werden.
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Die Fahrerassistenzsysteme 114 können dann die bereitgestellten Fahrerassistenzfunktionen 115 schrittweise basierend auf dem Wahrnehmungszustand 113 und der aktuellen Fahrsituation sowie den möglichen zukünftig auftretenden Fahrsituationen freischalten. Beispielsweise können sie die Anforderungsprofile der einzelnen Fahrsituationen fusionieren und dieses fusionierte Anforderungsprofil mit dem Wahrnehmungszustand 113 vergleichen.
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Die Recheneinrichtung 111 kann ferner Ausfälle einzelner Sensoren in dem Umfeldmodell 112 und/oder dem Wahrnehmungszustand 113 kompensieren bzw. kennzeichnen. Es wird also für die Fahrerassistenzsysteme 114 entweder ersichtlich, ob und welcher Sensor ausgefallen ist und sie können selbst entscheiden, z.B. mit Unterstützung der Daten aus dem Umfeldmodell 112 und dem Wahrnehmungszustand 113, ob die Daten ihren Anforderungen genügen. Alternativ kann die Recheneinrichtung den Ausfall eines der Umfeldsensoren 102, 103, 104, 105 kompensieren, indem sie die Daten der verbleibenden Umfeldsensoren 102, 103, 104, 105 weiterhin nutzt, die Anforderung an deren Qualität aber erhöht.
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2 zeigt ein Ablaufdiagram einer Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Verfahrens. Zum besseren Verständnis werden die Bezugszeichen der 1 auch zur Beschreibung der 2 genutzt.
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Das Verfahren zum Steuern eines Fahrzeugs 101 sieht das Ausgeben S1 von Sensordaten 110 durch eine Mehrzahl von Umfeldsensoren 102, 103, 104, 105 vor, welche unterschiedliche oder überlappende Erfassungsbereiche 106, 107, 108, 109 aufweisen. Ferner werden ein zentrales Umfeldmodell 112 und ein dem zentralen Umfeldmodell 112 zugeordneter Wahrnehmungszustand 113 basierend auf den ausgegebenen Sensordaten 110 berechnet S2.
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In dem Fahrzeug 101 werden Fahrerassistenzfunktionen 115 für einen Fahrer des Fahrzeugs 101 durch eine Anzahl von Fahrerassistenzsystemen 114 bereitgestellt S3. Die Fahrerassistenzfunktionen 115 werden gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren schrittweises freischaltet S4 und zwar basierend auf dem Wahrnehmungszustand 113.
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Für jedes der Fahrerassistenzsysteme 114 kann mindestens ein Anforderungsprofil in Bezug auf den Wahrnehmungszustand 113 bereitgestellt werden und das schrittweise Freischalten der Fahrerassistenzfunktionen 115 kann basierend auf einem Vergleich des entsprechenden Anforderungsprofils mit dem Wahrnehmungszustand 113 durchgeführt werden. Ferner können für jedes der Fahrerassistenzsysteme 114 für unterschiedliche Fahrsituationen Anforderungsprofile in Bezug auf den Wahrnehmungszustand 113 vorgegeben werden und/oder es können für jedes der Fahrerassistenzsysteme 114 für unterschiedliche Freigabestufen Anforderungsprofile vorgegeben werden.
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Um eine vorausschauende Planung der Fahrzeugsteuerung zu ermöglichen, kann eine aktuelle Fahrsituation für das Fahrzeug 101 basierend auf den Sensordaten 110 und mögliche zukünftig auftretende Fahrsituationen ausgehend von der aktuellen Fahrsituation bestimmt werden. Es kann ferner mindestens eine aktuelle Fahrsituation und mögliche zukünftig auftretende Fahrsituationen jeweils mit einer entsprechenden Wahrscheinlichkeit erkannt werden. Basierend auf den Anforderungsprofilen der Fahrerassistenzsysteme 114 für die jeweiligen Fahrsituationen und den entsprechenden Wahrscheinlichkeiten kann dann ein fusioniertes Anforderungsprofil erstellt werden und mit dem aktuellen Wahrnehmungszustand 113 verglichen werden.
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Ferner können Ausfälle einzelner Sensoren 102-105 in dem Umfeldmodell 112 und/oder dem Wahrnehmungszustand 113 gekennzeichnet und/oder kompensiert werden.
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3 zeigt ein Diagramm mit möglichen Fahrsituationen zur Verwendung in einer Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Fahrzeugsteuersystems oder Verfahrens.
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Die dargestellte Folge von Fahrsituationen kann z.B. mit Hilfe eines Navigationssystems oder Kartendienstes erstellt werden. Zusätzlich oder alternativ kann die Folge von Fahrsituationen auch in Echtzeit z.B. durch die Recheneinrichtung erstellt bzw. modifiziert oder ergänzt werden.
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Die dargestellte Folge von Fahrsituationen kann z.B. für eine geplante Fahrt gelten und beginnt mit der Fahrsituation „Landstraße“. Die Fahrsituation „Landstraße“ kann die Fahrsituation „Kreuzung“ bzw. eine oder mehrere „Kreuzungen“ aufweisen. Die Fahrsituation „Landstraße“ mündet in die Fahrsituation „Autobahn“. Die Fahrsituation „Autobahn“ wird ferner von der Fahrsituation „Autobahnkreuz“ und der Fahrsituation „Baustelle“ begleitet. Insbesondere die „Baustelle“ kann z.B. in Echtzeit mit Hilfe von Kameras und Bilderkennungssystemen erfasst werden. Der „Autobahn“ schließt sich die Fahrsituation „Autobahnausfahrt“ an, welche erneut in einer Fahrsituation „Landstraße“ mündet, die in eine Fahrsituation „Stadt-Straße“ übergeht, bis die Fahrt beendet ist.
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Wie oben bereits erläutert, können einzelne Fahrerassistenzsysteme für unterschiedliche Fahrsituationen auch unterschiedliche Anforderungsprofile stellen.
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Bei der vorliegenden Erfindung werden verschiedene Fahrsituationen und Fahrmodi in eine Beziehung gesetzt. Es können darin auch Schleifen auftreten, z.B. „Autobahn“ -> „Autobahn-Kreuz“ -> „Autobahn“ oder mehrere Fahrmodi gleichzeitig gelten, z.B. mit einer jeweiligen Wahrscheinlichkeitsverteilung, wenn z.B. bei einer „Stadtautobahn“ mehrere Kriterien gleichzeitig erfüllt sein könnten. Die Zuordnung ist also „unscharf“ und basiert auf Wahrscheinlichkeiten.
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Die gestrichelten Übergänge stellen aus jedem jeweiligen Fahrmodus eine mögliche Rückübergabe an ein manuelles System bzw. eine Arbitrierung innerhalb der Fahrerassistenzfunktionen, mit FCT gekennzeichnet, dar. Für jeden dieser Übergänge können unterschiedliche Kriterien und „benötigte Vorlaufzeiten zur Reaktion“ definiert sein.
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In dem in 4 dargestellten Diagramm sind einzelne Fahrsituationen durch Wahrscheinlichkeiten miteinander verknüpft.
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Ausgehend von der Fahrsituation „Autobahn“ tritt eine Fahrsituation Baustelle z.B. mit der Wahrscheinlichkeit P3 auf. Die Fahrsituation „Parken“ tritt mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit, hier P1, auf. Die Fahrsituation „Autobahn-Ausfahrt“ tritt mit der Wahrscheinlichkeit P2 auf. Ausgehend von der Fahrsituation „Autobahn-Ausfahrt“ tritt die Fahrsituation „Parken“ mit der Wahrscheinlichkeit P5 und die Fahrsituation „Landstraße“ mit der Wahrscheinlichkeit P4 auf.
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Das dargestellte Diagramm berücksichtigt folglich, dass es für verschiedene Übergänge unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten und Kriterien geben kann.
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Die gezeigten Wahrscheinlichkeiten bzw. Bedingungen können als Basis für die Auswahl der notwendigen Anforderungsprofile durch die Fahrerassistenzsysteme dienen. Beispielsweise können bei einer Autobahnfahrt alle Anforderungsprofile fusioniert werden, für deren Fahrsituation ausgehend von „Autobahn“ die Wahrscheinlichkeit über einem vorgegebenen Schwellwert liegt.
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Es versteht sich, dass die Wahrscheinlichkeiten auch dynamisch variieren können. Beispielsweise kann die Recheneinrichtung die Wahrscheinlichkeiten je nach erkannter Situation anpassen. Erkennt die Recheneinrichtung z.B. ein Schild, welches eine Baustelle ankündigt, kann sie die Wahrscheinlichkeit für Baustelle entsprechend erhöhen.
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Beispielsweise könnten also die Anforderungsprofile für „Autobahn“, „Autobahn-Ausfahrt“ und „Baustelle“ fusioniert werden und so sichergestellt werden, dass alle Anforderungen der drei Fahrsituationen erfüllt werden.
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5 zeigt ein Diagramm mit mögliche Fahrsituationen und Freigabestufen bzw. Degradierungsstufen. Das Diagramm der 5 stellt lediglich als Beispiel die Fahrt auf einer Autobahn und einer Landstraße dar, wobei auf der Autobahn auch eine Baustelle vorhanden sein kann.
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Das Diagramm zeigt die Fahrsituation „Autobahn“ in vier Freigabestufen L1 - L4, wobei L1 bedeuten kann, dass der Fahrer lediglich unterstützt wird, aber die Kontrolle über das Fahrzeug behält, L2 kann bedeuten, dass der Fahrer bei der Längs- und Querführung des Fahrzeugs unterstützt wird. L3 kann bedeuten, dass das Fahrzeug autonom bewegt wird, der Fahrer aber mit der Aufforderung zum Eingreifen rechnen muss. L4 kann schließlich bedeuten, dass eine automatisierte Führung des Fahrzeugs mit der Erwartung durchgeführt wird, dass der Fahrer auf eine Anforderung zum Eingreifen reagiert. Ohne menschliche Reaktion steuert das Fahrzeug weiterhin autonom.
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Folgende Situationen bzw. Use-Cases können mit Hilfe der gezeigten Diagramme ausgelöst bzw. kontrolliert werden:
- • Aktivieren einer Fahrsituation („Landstraße“/„Autobahn“/ etc.) nur dann, wenn der geforderte Wahrnehmungszustand vorhanden ist.
- • Aktivierung und Freischaltung höherer Automatisierungsgrade (z.B. „T1“, „T2“, „T3“), sofern der für den gewünschten Automatisierungsgrad bzw. die gewünschte Freigabestufe erforderliche Wahrnehmungszustand gegeben ist.
- • Ableiten einer „Überbrückungszeit“ und „Rückübergabezeit“, z.B. basierend auf der gewünschten Freigabestufe. Für „R1“, also aus Automatisierungsgrad L1 heraus, kann bspw. eine wesentlich geringere Zeitdauer angesetzt werden, als diese für „R4“, also aus Automatisierungsgrad L4 heraus, notwendig ist. Wenn gemäß obiger Ausführung gleichzeitig mehrere Fahrsituationen vorhanden sein können, dann erfolgt die Auslegung nach dem sichersten Zustand.
- • Wenn der Wahrnehmungszustand (z.B. für „Autobahn L1“) nicht ausreichend ist, z.B. weil ein Long-Range-Radar nicht verfügbar ist, also der Erfassungsbereich vor dem Fahrzeug nicht weit genug ist, kann auf eine Funktionalität von „Landstraße L1“ umgeschaltet, da diese geringere Anforderungen an den vorausliegenden Sichtbereich hat.
- • Eine Degradierung, z.B. von „Autobahn L4“ zu „Autobahn L3“ über „D3“, ist ebenfalls über den Wahrnehmungszustand möglich. Ferner kann hier ein zeitliches Verhalten, z.B. eine Überbrückungszeit für kurzzeitiges Nichterfassen bzw. einen kurzzeitig reduzierten Wahrnehmungszustand berücksichtigt werden.
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Es kann insbesondere auch vorgesehen sein, dass die Kaskade D3 -> D2 -> D1 -> R1 nicht länger dauert, als dies R4 erfordern würde. Lediglich der Übergang wird dadurch weniger abrupt.
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Der aktuelle Wahrnehmungszustand bedingt somit, welche Fahrerassistenzfunktionen angeboten werden können.
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Obwohl die vorliegende Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele vorstehend beschrieben wurde, ist sie darauf nicht beschränkt, sondern auf vielfältige Art und Weise modifizierbar. Insbesondere lässt sich die Erfindung in mannigfaltiger Weise verändern oder modifizieren, ohne vom Kern der Erfindung abzuweichen.
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In einem Ausführungsbeispiel kann ein Fahrzeug eine Vielzahl unterschiedlicher Sensoren, z.B. Kamera, Radar, Ultraschall und dergleichen aufweisen, die verschiedene oder überlappende Abdeckungsbereiche aufweisen. Ein Steuergerät, an welches die Sensoren direkt oder indirekt angeschlossen sind bzw. an welches die Informationen geleitet werden, kann das Umfeldmodell ausführen und Wahrnehmungszustand berechnen. Ein weiteres Steuergerät kann die Assistenzfunktionen ausführen. Der mindestens vorausgesetzte Wahrnehmungszustand ist dabei durch die Assistenzfunktion definiert, z.B. kodiert auf dem gleichen Steuergerät. Eine Fahrzeug-Aktorik setzt die Assistenzfunktionen um. Ferner ist ein HMI, Human Machine Interface, zur Fahrerkommunikation, z.B. zur Ankündigung der Rückübergabe oder dem Anbieten von Assistenzfunktionen, vorgesehen.
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In solch einem Fahrzeug kann der Fahrer z.B. die Assistenzfunktion „Automatisches Einparken“ aktivieren. Das System überprüft die Voraussetzungen für die Teilfunktionalitäten: „Parklückendektion“ und „Überwachung des Umfelds während dem Parkvorgang“. Ein Ultraschall-Sensor auf der linken Fahrzeugseite funktioniert aktuell nicht, trotzdem wird dem Fahrer angeboten, automatisiert in Parklücken auf der rechten Fahrzeugseite einzuparken. Weil es draußen dunkel ist, wird festgestellt, dass die Überwachung des Parkvorganges nur mittels Radar und Ultra-Schall-Sensorik erfolgen kann, aber keine Kamera genutzt werden kann. Damit ist bloß ein niedriges ASIL-Level gewährleistet. Also wird die Einparkfunktion im eingeschränkten Modus „Semi-automatisch mit Fahrerüberwachung“ anstelle eines vollautomatisierten Einparkens angeboten.
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Bezugszeichenliste
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- 100
- Fahrzeugsteuersystem
- 101
- Fahrzeug
- 102, 103, 104, 105
- Umfeldsensoren
- 106, 107, 108, 109
- Erfassungsbereiche
- 110
- Sensordaten
- 111
- Recheneinrichtung
- 112
- Umfeldmodell
- 113
- Wahrnehmungszustand
- 114
- Fahrerassistenzsystem
- 115
- Fahrerassistenzfunktion
- S1 - S4
- Verfahrensschritte