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Die Erderwärmung ist ein bekanntes und viel diskutiertes Phänomen unserer Zeit. Unterschiedliche Geoengineering Verfahren wurden vorgeschlagen, mit denen man der Erderwärmung oder deren negativen Folgen entgegenwirken könnte, darunter auch diverse Ansätze zum Albedo Management. Das erfindungsgemäße Verfahren gehört in die gleiche Kategorie.
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Um einen befürchteten Zusammenbruch des Golfstromes zu verhindern diskutierten Zhou und Flynn unter anderen ebenfalls die Option die Meereisbildung im Winter durch Pumpen von Meerwasser an die Eisoberfläche zu forcieren (Zhou S.; Flynn P. (2005): Geoengineering downwelling ocean currents: A cost assessment, Climatic Change, Jg. 71, S. 203–220). Das Eis sollte im Sommerhalbjahr wieder schmelzen, eine Abwärtsströmung erzeugen und so der Abschwächung des Golfstromes entgegenwirken. Die vorliegende Erfindung unterscheidet sich vom Entwurf von Zhou und Flynn sowohl in der Zielsetzung als auch in der technischen Umsetzung.
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Das Climate Engineering Verfahren nach Anspruch 1) ist im Gegensatz zum Vorschlag von Zhou und Flynn ein Radiation Management Verfahren (RM), das hauptsächlich darauf abzielt die Albedo im Sommerhalbjahr zu erhöhen, aber auch zu einer höheren Wärmeabstrahlung im langwelligen Bereich im Winterhalbjahr führt. Es soll zur Bekämpfung der Erderwärmung in polaren Regionen eingesetzt werden. Durch Wiederherstellung des Packeises auf polaren Gewässern kann das Abschmelzen polarer Eisschilde beendet und ein weiterer Anstieg des Meeresspiegels verhindert werden. Hierzu müssen große Packeisflächen moderat verdickt werden. Der Plan von Zhou und Flynn sah dagegen vor lokal viel Meereis zu erzeugen, um dieses im Sommerhalbjahr wieder zu schmelzen und mit dem dabei anfallenden, kalten Wasser eine Abwärtsströmung zu erzeugen.
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In polaren Regionen spielt das Meereis eine zentrale Rolle für die Strahlungsbilanz und damit die regionale Entwicklung des Klimas. Während Eis ca. 90% des Sonnenlichts reflektiert und nur 10% absorbiert, sind die Verhältnisse bei offener Meeresoberfläche umgekehrt. Die Eisbedeckung wächst im polaren Winter und geht im polaren Sommer wieder zurück. Wie weit sich das Eis im Sommer zurückzieht ist entscheidend dafür, wieviel Wärme das Meer aufnimmt. Die Klimaerwärmung führt aktuell dazu, dass das Eis sich insbesondere in der Arktis immer weiter zurückzieht, wodurch die Erderwärmung lokal beträchtlich verstärkt wird (Eis-Albedo-Rückkopplung). Dies trägt erheblich zum Abschmelzen von Gletschern und damit zum Anstieg des Meeresspiegels bei. Außerdem droht die Gefahr, dass Dauerfrostböden beim Auftauen große Mengen des Treibhausgases Methan freisetzen und damit die Erderwärmung weiter beschleunigen. Dieser Entwicklung soll erfindungsgemäß durch Wiederherstellung des Packeises entgegengewirkt werden.
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Im polaren Winter werden vom Eis überzogene Gewässer durch das Eis vor Wärmeverlust an Atmosphäre und Weltraum geschützt (Iglo-Effekt). Die Wärmeisolierende Wirkung des Eises hat zur Folge, dass sich die Temperaturen oberhalb und unterhalb des Eises erheblich unterscheiden. Eine Differenz von 30°C ist dabei keine Seltenheit. Dieser Iglo-Effekt wird erfindungsgemäß umgangen, indem Wasser von der Unterseite des Eises auf die kältere Oberseite gepumpt wird. Die durch das Wasser verursachte Temperaturerhöhung auf der Eisoberfläche bewirkt eine deutliche (Größenordnung 100 W/m2) Erhöhung der Wärmeabstrahlung in den Weltraum und wirkt damit der Erderwärmung entgegen. Dies ist der erste, kleinere Beitrag der Maßnahme zur Kühlung der für das Klima so wichtigen Polargebiete.
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Der zweite, wesentlich größere Beitrag ergibt sich daraus, dass das Wasser bei der Wärmeabgabe gefriert, wodurch die Dicke des Eises wesentlich schneller zunimmt, als es unter natürlichen Umständen der Fall wäre. Dickeres Eis kann gezielt dazu genutzt werden Packeis im Sommerhalbjahr vor dem Schmelzen zu schützen. Durch die längere Verweildauer des Eises, das ca. 9-mal mehr Sonnenlicht reflektiert als eine offene Wasseroberfläche erhöht sich die Albedo. In polaren Regionen können damit kostengünstig klimatische Verhältnisse wieder hergestellt werden, wie sie vor dem Klimawandel vorherrschten. Einem Anstieg des Meeresspiegels lässt sich damit ebenso entgegenwirken, wie dem Auftauen von Dauerfrostböden und dem damit verbundenen Entweichen des Treibhausgases Methan in die Atmosphäre.
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Bei einer durchschnittlichen Förderhöhe von geschätzten 30 cm muss dem Wasser eine Pumpenergie von 3 J/l zugeführt werden. Bei einem Gesamtwirkungsgrad von Verbrennungsmotor + Pumpe von 25% wird hierfür Treibstoff mit einem Brennwert von 12 J benötigt. Dem stehen 333000 J/l latente Wärme gegenüber, die dieses Wasser beim Gefrieren abgibt, und fühlbare Wärme in der Größenordnung von 30000 J/l. Der enorme Hebel jenseits von 1:30000 (Brennwert des eingesetzten Treibstoffs zu Strahlungsbilanzkorrektur der Erde) macht das Verfahren bereits ohne Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Albedo wirtschaftlich hochinteressant.
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Die Erhöhung des Albedo-Effekts im Sommerhalbjahr birgt ein noch erheblich höheres Einflusspotential. Durch Solareinstrahlung allein würde Schnee im Sommer gar nicht tauen – noch nicht einmal am Äquator. Von Schnee bedecktes Eis, das 90% des Sonnenlichts reflektiert kann max. 100 W/m2 an Sonnenenergie aufnehmen (in polaren Regionen aufgrund des niedrigeren Einfallswinkels des Sonnenlichts sogar noch weniger), würde aber bei Erreichen der Schmelztemperatur mehr als das Doppelte an Wärmestrahlung abgeben. Das Strahlungsgleichgewicht stellt sich daher unterhalb des Gefrierpunktes ein und das Eis bleibt intakt. Die Situation ändert sich, wenn zusätzliche Wärme über Luft- oder Wasserströmungen zugeführt wird oder die geschlossene Eisoberfläche aufgebrochen wird. im letzteren Fall nimmt das offene Wasser ca. 9mal mehr Sonnenenergie auf, als das umgebende Eis und leitet damit die Schmelze ein.
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Diese Verhältnisse sorgen dafür, dass man durch Verstärkung des Eises den Prozess der Eisschmelze verlangsamen und große Eisflächen vom Schmelzen bewahren kann, ohne sie selbst zu manipulieren. So wie man durch Schneisen im Wald der Ausbreitung von Waldbränden entgegenwirken kann, kann ein erfindungsgemäß erzeugter Gürtel dickeren Meereises den Vormarsch der Schmelzfront verlangsamen und das dahinter liegende Packeis vor dem Schmelzen bewahren. Packeis, das einen Sommer überstanden hat kann im nächsten Winter an Dicke gewinnen und hat damit im darauffolgenden Sommer der Schmelzfront mehr entgegenzusetzten.
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Geografisch günstige Bedingungen können die gezielte Stimulation der Eisbildung noch effizienter machen. Untersuchungen weisen z. B. darauf hin, dass sich die Eis Drift in den Nordatlantik durch die Wasserstraße zwischen Grönland und Svalbard deutlich erhöht hat, weil das dünnere Packeis sich nicht mehr so effektiv zwischen diesen Inseln verkeilt. Hier kann man durch erfindungsgemäße Verstärkung des Eises auf einer Fläche von weniger als 1000 km2 mehrere hunderttausend km2 Packeis vor dem Schmelzen bewahren.
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Das RM Verfahren nach Anspruch 1) hat entscheidende Vorteile zu bisher gemachten RM Vorschlägen. Es wirkt gezielt dem wohl folgenreichsten Phänomen des Klimawandels entgegen, dem Schwund des Packeises. Es wirkt lokal und restaurativ in einer für das Erdklima hochsignifikanten Region und es kann auf kleinstem Raum praktisch risikofrei erprobt werden.
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Beispiel einer technischen Umsetzung:
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Autonome Tauchroboter nach Anspruch 4) bewegen sich unter dem Eis mittels Elektromotor zum nächsten Einsatzort, bohren ein Loch und fahren durch das Loch ein Multifunktionswerkzeug an die Eisoberseite. Dieses beinhaltet einen Lufteinlass, eine Abgasöffnung und eine Vorrichtung zur Ortsbestimmung (z. B. GPS) und Kommunikation gemäß den Ansprüchen 5–8. Es folgt eine Ortsbestimmung und eine Kontaktaufnahme mit dem Kontrollzentrum. Der Verbrennungsmotor wird aktiviert und Auftriebskörper nach Anspruch 9) mit Luft gefüllt, die den Tauchroboter von unten gegen das Eis drücken und dieses lokal geringfügig anheben. Als nächstes wird die Pumpe aktiviert, die Wasser an die Eisoberfläche befördert. Die Auftriebskörper sorgen nun dafür, dass das Eis um das Wasserloch nicht unter der Last des Wassers absackt, so dass sich letzteres in der Umgebung verteilt. Da das Wasser die Temperatur an der Eisoberfläche deutlich erhöht, erzeugt es eine Wärmebildsignatur, die sich mit Wärmebildkameras nach Anspruch 3) beobachten lässt. Das Kontrollzentrum oder der Bordrechner entscheidet dann auf der Grundlage dieser Daten, wie lange an einem Wasserloch gepumpt wird. Anschließend werden dem Tauchroboter die Koordinaten des nächsten Einsatzortes übermittelt, der angesteuert werden soll. Zurück bleibt eine Wasserlache, die in der Folgezeit gefriert. Sobald der Standort im Wärmebild keine Hinweise mehr auf flüssiges Wasser in den oberen Eisschichten aufweist, kann er erneut angesteuert werden. Mobilität und geringe Förderhöhe des Wassers sind entscheidende Vorteile von Tauchrobotern im Vergleich zu den von Zhou und Flynn vorgeschlagenen Schuten. Die Förderhöhe bestimmt den Energiebedarf und ist daher ein entscheidender Kostenfaktor. Daher sind Tauchroboter auch für den von Zhou und Flynn untersuchten Verwendungszweck die bessere Wahl.
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Forcierte Eisbildung durch das Pumpen von Wasser an die Eisoberfläche im Winter kann auch genutzt werden um kostengünstig sehr große Bilder nach Anspruch 10) zu erzeugen. Dabei erzeugt das nach oben gepumpte Wasser einen Bildpunkt aus dickerem Eis um das jeweilige Eisloch. Eine Vielzahl gezielt gesetzter Bildpunkte ergibt das Gesamtbild. Im Sommerhalbjahr von Flugzeugen oder gar aus dem Weltraum mit bloßem Auge sichtbare Firmenlogos wären ein Beispiel für die Möglichkeit diese Erfindung kommerziell zu verwerten. Besonders geeignet sind hierfür Gewässer mit saisonaler Eisbedeckung, bei denen sichergestellt ist, dass das nicht manipulierte Eis um das Bild herum im Sommerhalbjahr wegschmilzt.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Zhou S.; Flynn P. (2005): Geoengineering downwelling ocean currents: A cost assessment, Climatic Change, Jg. 71, S. 203–220 [0002]