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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Beschichten eines optischen Bauteils, welches eine oder mehrere scharfkantige Strukturen aufweist. Darüber hinaus betrifft die Erfindung ein beschichtetes optisches Bauteil mit einer scharfkantigen Struktur.
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Bei optischen Bauteilen kann es anwendungs- oder fertigungsbedingt notwendig sein, scharfkantige Strukturen vorzusehen. Zum Beispiel kann es von Vorteil sein, Streulichtkanten in ein optisches Bauteil einzuführen, um ungewolltes Streulicht oder Falschlicht in lichtführenden Bauteilbereichen zu unterbinden. Derartige Streulichtkanten und -ecken müssen aufgrund ihrer Funktion unter Umständen scharfkantig ausgebildet sein, d.h. sie dürfen keine oder nur eine sehr kleine Verrundung – also nur einen sehr geringen Krümmungsradius – aufweisen. Scharfe Kanten können darüber hinaus auch prozessbedingt auftreten, bspw. beim Spritzgießen. Die scharfen Kanten können dabei entweder konkav (Öffnungswinkel der die Kante begrenzenden Flächen kleiner als 180°) oder konvex (Öffnungswinkel der die Kante begrenzenden Flächen größer als 180°) ausgebildet sein.
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Des Weiteren müssen optische Bauteile häufig über Beschichtungsprozesse mit Funktionsschichten versehen werden. Beispielhaft seien hier Primer-Schichten, die bspw. der Haftvermittlung dienen, und Hartschichten zur Erhöhung der mechanischen Beständigkeit der Oberfläche des Bauteils genannt. Im Bereich einer konkaven scharfen Kante oder Ecke kann die Aufbringung von Beschichtungen in Nassbeschichtungsprozessen problematisch sein, da es in Folge der Oberflächenspannung zu einer Anhäufung von Beschichtungsmaterial im Bereich der Kante bzw. Ecke kommen kann. Da hierdurch die Beschichtungsdicke an dieser Stelle deutlich höher ist als auf den angrenzenden Flächen, kann dies bei vielen der typischerweise verwendeten Beschichtungen infolge eines Spannungsaufbaus zu Rissbildung oder gar zu einem Abplatzen oder zu einer Ablösung (Delamination) der Beschichtung führen. Hierfür sind insbesondere die häufig eingesetzten Hartschichten auf der Basis von Polysiloxanen anfällig. Aber auch reine polymerbasierte Lacke wie sie als Primer-Schichten eingesetzt werden, können bei zu hoher Schichtdicke ähnliche Phänomene zeigen. Daneben kann es bei einer konvexen scharfen Kante oder Ecke zu einer sog. Kantenflucht des Beschichtungsmaterials, also einem Wegfließen von der Kante bzw. Ecke kommen, was wiederum zur Folge hat, dass im Bereich dieser Kante die Schichtdicke zu gering sein kann.
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Dies ist nicht nur im Hinblick auf die Haltbarkeit der Schichten kritisch, sondern kann auch bei nachfolgenden Prozessen zu Verunreinigungen oder ähnlichem und darüber hinaus zu Beeinträchtigungen und optischen Fehlern führen, bspw. durch eine inhomogene und/oder unvollständige Trocknung. Bei inhomogener Schichtdicke kann es sein, dass bspw. der Primer oder Hartlack die optischen Eigenschaften der Streulichtkante bzw. der angrenzenden Flächen beeinflussen würde (z.B. durch Ausbildung eines Meniskus aus Primerschicht oder Hartschicht, etc.). Andererseits ist es für die Hartlackaufbringung oft von großem Vorteil, wenn das komplette Bauteil beschichtet werden kann.
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Es ist daher eine erste Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Beschichtungsverfahren für das Beschichten eines optischen Bauteils mit einer scharfkantigen Struktur zur Verfügung zu stellen, mit welchem Beschichtungen wie bspw. Primer-Schichten und/oder Hartschichten oder andere funktionelle Schichten mit bspw. photochromen oder reflexmindernden Eigenschaften, ohne die oben beschriebenen Probleme aufgebracht werden können. Darüber hinaus ist es eine zweite Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein vorteilhaftes optisches Bauteil mit einer scharfkantigen Struktur zur Verfügung zu stellen.
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Die erste Aufgabe wird durch ein Verfahren zum Beschichten eines optischen Bauteils gemäß Anspruch 1 gelöst, die zweite Aufgabe durch ein optisches Bauteil gemäß Anspruch 10. Die abhängigen Ansprüche enthalten vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung.
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Im erfindungsgemäßen Verfahren zum Beschichten eines optischen Bauteils mit einer scharfkantigen Struktur wird die scharfkantige Struktur mit Hilfe eines fließfähigen Films verrundet. Als scharfkantige Struktur sollen dabei alle Strukturen angesehen werden, die eine scharfe Kante oder eine spitze Ecke aufweisen, wobei die Kanten als scharfkantig und Ecken als spitz angesehen werden sollen, wenn sie einen Krümmungsradius von Null oder nahe Null aufweisen. Insbesondere sollen Kanten als scharf bzw. Ecken als spitz angesehen werden, deren Krümmungsradius kleiner als 1 mm, weiter insbesondere kleiner 0,1 mm ist. Außerdem können bei einer scharfen Kante bzw. einer spitze Ecke die an die Kante bzw. Ecke angrenzenden Flächen insbesondere einen Winkel im Bereich von 0° bis 45° (konkave scharfe Kante bzw. Ecke) oder einen Winkel von 315° bis 360° (konvexe scharfe Kante bzw. Ecke) einschließen.
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Die Verrundung der scharfkantigen Struktur erfolgt im Rahmen der Erfindung dadurch, dass ein fließfähiger Film, der einen Filmmeniskus ausbildet, auf die scharfkantige Struktur aufgebracht und anschließend verfestigt wird, wobei der Filmmeniskus nach dem Verfestigen des fließfähigen Films die Verrundung bildet. Im Falle einer konkaven Kante oder Ecke ist das Material des Films so gewählt, dass der Film einen konkaven Meniskus bildet, und im Falle einer konvexen Kante oder Ecke so, dass der Film einen konvexen Meniskus bildet. Das Verfestigen des fließfähigen Films selbst kann durch Trocknen des Films, also durch ein Verflüchtigen flüssiger Filmbestandteile und/oder durch Aushärten des Films, also ein Vernetzen von Polymerbestandteilen des Films, erfolgen. Wenn sowohl ein Trocknen als auch ein Aushärten erfolgt, können das Trocknen und das Aushärten simultan erfolgen, oder es kann zuerst ein Trocknen und anschließend ein Aushärten erfolgen. Das Aushärten kann auch durch Einwirkung von außen ausgelöst werden. Einwirkungen von außen können hierbei Temperatureinwirkungen sein, beispielsweise indem das mit dem Film versehene optische Bauteil in einem Ofen erwärmt wird, Einwirkungen mittels elektromagnetischer Strahlung, beispielsweise indem das mit dem Film versehende Bauteil ultraviolettem Licht ausgesetzt wird, etc. Als fließfähiger Film kann bspw. ein Lack Verwendung finden, der zumindest während der Filmbildung und des Verfestigens einen geringen Schrumpf und/oder eine hohe Flexibilität besitzt. Insbesondere kann der Lack ein Reaktivlack mit oder ohne Lösungsmittel sein, also ein Ein- oder Mehrkomponentenlack, der durch chem. Reaktion bereits bei Raumtemperatur härtet. Bei einem Reaktivlack mit Lösungsmittel wird zunächst getrocknet und der getrocknete Film dann reaktiv ausgehärtet (z.B. mit UV-Strahlung). Bei einem lösungsmittelfreien Lack erfolgt eine sofortige Aushärtung des nassen Films. Statt eines Lackes kann als fließfähiger Film aber auch eine andere viskose Masse, bspw. ein Harz oder eine Dispersion Verwendung finden.
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Im erfindungsgemäßen Verfahren wird nach der Verrundung eine Beschichtung auf das optische Bauteil aufgebracht, wobei die Beschichtung zumindest auf den Filmmeniskus aufgebracht wird.
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Im erfindungsgemäßen Verfahren weist die verrundete Oberfläche im Vergleich zur scharfkantigen Struktur einen erheblich größeren Krümmungsradius auf. Daher kann eine Beschichtung mit im Vergleich zum Stand der Technik gleichmäßigerer Dicke aufgebracht werden, so dass eine Anhäufung von Beschichtungsmaterial oder ein Abfließen von Beschichtungsmaterial im Bereich der scharfkantigen Struktur (Kante oder Ecke) nicht auftritt und deshalb die eingangs geschilderten Problematiken einer Rissbildung, eines Abplatzens, einer Schichtablösung, einer Ausbildung von Inhomogenitäten, etc. vermieden oder zumindest stark reduziert werden.
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Für den zur Verrundung zu verwendenden fließfähigen Film existiert eine größere Auswahl an möglichen Materialien als z.B. für die Primer-Schichten und insbesondere als für die Hartschichten. Beim Verrunden der scharfkantigen Struktur mit einem fließfähigen Film wie etwa einem Lack kann die Problematik einer Rissbildung, eines Abplatzens, einer Schichtablösung, einer Ausbildung von Inhomogenitäten, etc. daher dadurch vermieden werden, dass ein Filmmaterial Verwendung findet, das während des Verfestigens eine genügend hohe Flexibilität besitzt, um auch bei großen Dickenunterschieden in der Filmschicht keine Risse, Abplatzungen oder Schichtablösungen auszubilden. Hierbei sind insbesondere Filme in Form von Lacken mit einem hohen Feststoffgehalt, d.h. einem Feststoffgehalt von über 50 Gew%, insbesondere über 70 Gew%, geeignet, da dadurch der Schrumpf des Filmes gering gehalten werden kann. Bei der Auswahl eines geeigneten Films kann darüber hinaus auch die Viskosität und die Oberflächenspannung des Films im flüssigen Zustand sowie die Sprödigkeit des verfestigten Films Berücksichtigung finden.
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Als Lack kann insbesondere ein optischer Absorptionslack, der bspw. durch hohen Rußanteil und angepassten Brechungsindex auftreffendes Licht vollständig absorbiert, aufgebracht werden. Diese Variante bietet sich insbesondere an, wenn die scharfkantige Struktur bspw. als Streulichtkante ausgebildet ist, welche als blendenähnliche Struktur das Eindringen ungewollten Streulichtes in lichtführende Bereiche des optischen Bauteils verhindern und Streulicht aus dem internen Strahlengang eliminieren soll.
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Als Lack kann außerdem insbesondere ein Lack auf Polymerbasis Verwendung finden. Derartige Lacke können im Vergleich zu anderen Lacken mit einer hohen Flexibilität bereitgestellt werden. Außerdem liegen Lacke auf Polymerbasis in vielfältigen Zusammensetzungen vor, so dass für eine Vielzahl von Substrat- oder Beschichtungsmaterialien ein geeigneter Lack ausgewählt werden kann. Beispielsweise kann ein geeigneter Lack auf Polymerbasis im Hinblick auf möglichst gute Haftungsbedingungen des Lackes auf dem Substrat, also dem optischen Bauteil, oder der Beschichtung auf dem Lack ausgewählt werden. In einem anderen Beispiel kann der Lack auf Polymerbasis im Hinblick auf die optischen Eigenschaften des Materials des optischen Bauteils oder des Beschichtungsmaterials ausgewählt werden.
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Die aufzubringende Beschichtung kann wenigstens eine Funktionsschicht wie bspw. eine Hartschicht und/oder eine Antireflexschicht umfassen.
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Außerdem kann sie eine Primer-Schicht, also eine Grundierung bzw. Haftvermittlerschicht, umfassen, welche die Haftung der folgenden Funktionsschicht auf dem Film verbessert. Als solche weist die Primer-Schicht sowohl gute Haftungseigenschaften in Bezug auf den verwendeten Film als auch in Bezug auf die folgende Funktionsschicht auf. Die Funktionsschicht kann aber auch direkt auf den Film aufgebracht werden, sofern dieser hinreichende Haftungseigenschaften für die Funktionsschicht bietet.
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Ein erfindungsgemäßes optisches Bauteil mit einer scharfkantigen Struktur weist einen Film auf, der über der scharfkantigen Struktur aufgebracht ist und im Bereich der scharfkantigen Struktur einen über der scharfkantigen Struktur ausgebildeten Filmmeniskus aufweist. Zumindest auf dem Filmmeniskus ist eine Beschichtung vorhanden. Diese Beschichtung kann eine Funktionsschicht wie beispielsweise eine Hartschicht und/oder eine Antireflexschicht umfassen. Zudem kann unter der Funktionsschicht eine Primer-Schicht vorhanden sein. Die scharfkantige Struktur im erfindungsgemäßen Bauteil kann hierbei bspw. eine Streulichtkante sein. Als erfindungsgemäßes optisches Bauteil mit einer scharfkantigen Struktur kommt bspw. ein Brillenglas für eine Datenbrille oder eine Einkopplungsvorrichtung zum Einkoppeln eines Abbildungsstrahlengang in das Brillenglas einer Datenbrille in Betracht.
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Das erfindungsgemäße Bauteil ist insofern vorteilhaft, als dass die Beschichtung aufgrund des im Film über der scharfkantigen Struktur ausgebildeten Meniskus – und damit aufgrund des im Vergleich zur scharfkantigen Struktur vergrößerten Krümmungsradius – mit einer gleichmäßigen Dicke auf das optische Bauteil aufgebracht werden kann. Risse, Delaminationen, Abplatzungen der Beschichtung, Inhomogenitäten in der Beschichtung, etc. können dadurch zuverlässig vermieden werden. Insbesondere kann die Beschichtung überall dort, wo sie auf dem Bauteil vorhanden ist, eine gleichmäßige Dicke aufweisen.
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Wenn die scharfkantige Struktur im optischen Bauteil eine Streulichtkante ist, kann der Film insbesondere ein optischer Absorptionslack sein. Darüber hinaus ist es vorteilhaft, wenn der Film ein Lack auf Polymerbasis ist, wie bereits weiter oben erläutert worden ist.
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Weitere Merkmale, Eigenschaften und Vorteile der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme auf die beiliegenden Figuren.
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1 zeigt ein Ausführungsbeispiel für ein erfindungsgemäßes Verfahren zum Beschichten eines optischen Bauteils in Form eines Ablaufdiagramms.
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2 bis 5 zeigen ein erfindungsgemäßes optisches Bauteil in verschiedenen Stadien seines Herstellungsprozesses.
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6 zeigt ein Brillenglas für eine Datenbrille zusammen mit einem Prisma zum Einkoppeln eines Abbildungsstrahlenganges in das Brillenglas.
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Nachfolgend wird ein Ausführungsbeispiel für das erfindungsgemäße Verfahren zum Beschichten eines optischen Bauteils unter Bezugnahme auf die beiliegenden Figuren beschrieben. Die 1 beschreibt dabei den Ablauf des Verfahrens anhand eines Ablaufdiagramms, die 2 bis 5 ein erfindungsgemäßes optisches Bauteil während verschiedener Stadien des Beschichtungsverfahrens.
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Zu Beginn des Verfahrens zum Beschichten eines optischen Bauteils wird in Schritt S1 ein optisches Bauteil 1 mit einer in seiner Oberfläche 5 vorhandenen scharfen Kante 3 bereitgestellt. Unter einer scharfen Kante soll hierbei eine Kante zu verstehen sein, die im Kantenbereich im Wesentlichen keine Verrundung aufweist. Die Kante kann als keine Verrundung aufweisend angesehen werden, wenn der Krümmungsradius einer Verrundung < 1 mm ist, insbesondere < 0,1 mm. Außerdem können bei einer scharfen Kante die an die Kante angrenzenden Flächen insbesondere einen Winkel im Bereich von 0° bis 45° (konkave scharfe Kante) oder einen Winkel von 315° bis 360° (konvexe scharfe Kante) einschließen. Derartige scharfe Kanten können beispielsweise als Streulichtkanten in optischen Bauteilen zum Einsatz kommen oder fertigungsbedingt auftreten. Eine schematische Darstellung eines optischen Bauteils 1 mit der scharfen Kante 3, wie es in Schritt S1 des Verfahrens bereitgestellt wird, ist in 2 gezeigt. In diesem optischen Bauteil ist die scharfe Kante eine konkave Kante.
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Optische Bauteile, in denen Streulichtkanten zur Anwendung kommen, finden beispielsweise im Bereich der Datenbrillen Verwendung. Eine Datenbrille umfasst u.a. in der Regel ein Brillenglas, durch welches ein ursprünglich von einer Anzeigevorrichtung ausgehender Abbildungsstrahlengang unter mehrfacher Reflektion an den Brillenglasflächen zu einer Auskopplungsstruktur geleitet wird, von der es in Richtung auf das Auge eines Benutzers aus dem Brillenglas ausgekoppelt wird. Ein Beispiel für ein derartiges Brillenglas 100 ist in 6 dargestellt. Das Brillenglas 100 kann wie in 6 gezeigt, einen Randverdickungsbereich 106 aufweisen, in dem die Dicke des Brillenglases 100 erhöht ist, um ein optimales Leiten des Abbildungsstrahlengangs zur Auskopplungsstruktur 104 zu erreichen. Das Einkoppeln des Abbildungsstrahlengangs 102 in das Brillenglas 100 erfolgt mit Hilfe eines Prismas 108, welches als Einkopplungsvorrichtung dient. Mittels des Prismas 108, das gelegentlich auch Tubus genannt wird, wird der vom Display (nicht dargestellt) ausgehende Abbildungsstrahlengang 102 unter einem derartigen Winkel in das Brillenglas 100 eingekoppelt, dass er unter mehrfacher Reflexion an der Außenfläche 101 und der Innenfläche 103 des Brillenglases 100 zur Auskopplungsstruktur 104 gelangen kann. Eine Streulichtkante kann hierbei im Brillenglas 100 oder im Prisma 108 vorhanden sein. Diese Streulichtkante dient dazu, zu verhindern, dass Streulicht zur Auskopplungsstruktur 104 gelangt, von wo es in Richtung auf das Auge des Benutzers ausgekoppelt würde. Das ausgekoppelte Streulicht würde dann zu unerwünschten Effekten in dem vom Benutzer wahrgenommenen Bild führen.
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Im Schritt S2 erfolgt ein Aufbringen eines fließfähigen Films 7 auf die Oberfläche 5 des optischen Bauteils 1. Im vorliegenden Ausführungsbeispiel wird als fließfähiger Film ein Lack 7 aufgebracht. Der Lack 7 wird zumindest in demjenigen Bereich der Oberfläche 5 aufgebracht, in dem sich die konkave scharfe Kante 3 befindet. Dort bildet er einen konkaven Lackmeniskus 8 mit einem im Vergleich zum Krümmungsradius der scharfen Kante 3 großen Krümmungsradius aus. Das optische Bauteil 1 mit dem aufgebrachten Lack 7 ist in 3 dargestellt.
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Als Lack kommt im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens ein Lack zur Anwendung, der beim Trocknen und/oder Aushärten auch dann keine Risse bildet, wenn die Lackschicht 7 Bereiche mit unterschiedlichen Dicken aufweist, wie dies in 3 der Fall ist. In 3 ist zu erkennen, dass die Dicke der Lackschicht 7 im Bereich der scharfen Kante 3 durch die Ausbildung des Meniskus 8 deutlich größer als in den angrenzenden Bereichen der Oberfläche 5 ist. Risse im Lack können dadurch vermieden werden, dass der verwendete Lack einen möglichst geringen Schrumpf und/oder eine hohe Flexibilität aufweist, was wiederum insbesondere dadurch erreicht werden kann, dass der Lack einen hohen Feststoffgehalt aufweist. Von einem hohen Feststoffgehalt kann hierbei ausgegangen werden, wenn der Gewichtsanteil der Feststoffe mindestens 50 Gew.-%, insbesondere mindestens 70 Gew.-% beträgt. Falls als Lack ein Reaktivlack (mit oder ohne Lösungsmittel) Verwendung findet, sind Feststoffgehalte bis nahe 100 Gew.-% (mehr als 90 Gew.-%) möglich. Die Dicke des Lackes 7 und der Krümmungsradius des Lackmeniskus 8 im Bereich der scharfen Kante 3 werden unter anderem von der Viskosität des flüssigen Lackes, der Oberflächenspannung des flüssigen Lackes und der Grenzflächenspannung zwischen dem flüssigen Lack und dem Material, aus dem das optische Bauteil besteht, beeinflusst. Für die Auswahl eines geeigneten Lackes sind daher insbesondere die folgenden Parameter des Lackes von Bedeutung: Feststoffgehalt, Viskosität und Oberflächenspannung. Als weiterer Parameter, der für die Auswahl von Bedeutung ist, kommt die Grenzflächenspannung zwischen dem flüssigen Lack und dem Material, aus dem das optische Bauteil besteht, hinzu. Wenn die scharfkantige Struktur 3 bspw. eine Streulichtkante bildet, kann als Lack 7 insbesondere ein Absorptionslack Verwendung finden, welcher Streulicht absorbiert.
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In dem auf das Aufbringen des Lackes 7 folgenden Schritt S3 wird eine Trocknung des Lackes 7 herbeigeführt. Dies kann beispielsweise dadurch erfolgen, dass das mit dem flüssigen Lack versehene optische Bauteil 1 solange bei Zimmertemperatur verweilt, bis der Lack durchgetrocknet ist.
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Alternativ kann eine Trocknung auch bei erhöhten Temperaturen stattfinden, um die Trocknung zu beschleunigen, bspw. indem das mit dem flüssigen Lack versehene optische Bauteil in einem Ofen erwärmt wird. Beim Trocknen des Lackes verflüchtigen sich die flüssigen Lackbestandteile, wobei sich die Feststoffpartikel aufgrund des Kapillareffektes, der bei der Verflüchtigung der Flüssigkeitsmenge im Lack auftritt, aufeinander zubewegen. Die damit verbundene Verringerung des Lackvolumens kann zu Spannungszunahme und dadurch zu Rissen führen, wenn der Feststoffgehalt im Lack zu niedrig ist. Außerdem kann ein zu schnelles Trocknen ebenfalls zu Rissen führen. Das Trocknen erfolgt daher im vorliegenden Verfahren langsam genug, dass die Feststoffpartikel während des Trocknens genügend Zeit haben, sich neu zu ordnen, ohne dabei Risse zu bilden.
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Nachdem der Lack in Schritt S3 getrocknet worden ist, erfolgt in einem optionalen Schritt S4 ein Aushärten des Lackes, wobei eine Vernetzung von Polymerbestandteilen des Lackes erfolgt. Falls dieser optionale Schritt S4 ausgeführt wird, findet als Lack 7 daher ein aushärtbarer Lack, bspw. ein Lack auf Polymerbasis, Verwendung. Das Aushärten des Lackes kann durch Energiezufuhr von außen herbeigeführt werden, beispielsweise durch Wärme oder ultraviolette Strahlung. Hierzu kann das lackierte optische Bauteil 1 in einen Ofen eingebracht werden, oder mit UV-Licht bestrahlt werden. Es sei an dieser Stelle jedoch darauf hingewiesen, dass das Trocknen und das Aushärten nicht notwendiger Weise nacheinander zu erfolgen braucht. Das Aushärten kann je nach verwendeten Lack auch simultan mit dem Trocknen erfolgen, insbesondere dann, wenn auch das Trocknen bei erhöhter Temperatur stattfindet. Außerdem gibt es auch polymerbasierte Lacke, die an Luft aushärten, so dass kein Einbringen von Energie in den Lack notwendig ist.
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In dem auf das Trocknen und ggf. das Aushärten folgenden Schritt S5 wird im vorliegenden Ausführungsbeispiel als erste Schicht einer Beschichtung eine Primer-Schicht 9 auf den Lack 7 aufgebracht. Aufgrund des im Lack 7 über der scharfen Kante 3 ausgebildeten Meniskus 8 liegt im Bereich der scharfen Kante 3 für die Primer-Schicht 9 ein großer Krümmungsradius vor, welcher dazu führt, dass die Primer-Schicht 9 mit einer weitgehend gleichmäßigen Dicke auf die gesamte Lackschicht 7 aufgebracht werden kann. Da keine Dickenunterschiede in der Primer-Schicht 9 vorhanden sind, ist das Risiko einer Rissbildung beim Verfestigen der Primer-Schicht 9 stark reduziert. An das Material der Primer-Schicht 9 sind daher erheblich geringere Anforderungen im Hinblick auf die Vermeidung von Rissen beim Verfestigen der Schicht zu stellen, als an den Lack 7. Es können daher gängige Primer-Schichten Verwendung finden, die zu Rissbildung neigen würden, wenn in der Schicht Bereiche mit unterschiedlichen Schichtdicken vorhanden wären. Das optische Bauteil 1 mit der auf die Lackschicht 7 aufgebrachten Primer-Schicht 9 ist in 4 dargestellt.
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Im letzten Schritt S6 des erfindungsgemäßen Verfahrens wird auf die Primer-Schicht 9 im vorliegenden Ausführungsbeispiel eine Hartschicht 11 aufgebracht. Auch hier gilt wieder, dass aufgrund des Meniskus 8 vorhandenen großen Krümmungsradius im Bereich der scharfen Kante 3 die Hartschicht 11 mit einer gleichmäßigen Dicke aufgebracht werden kann, so dass eine Rissbildung zuverlässig vermieden werden kann, selbst dann, wenn das verwendete Beschichtungsmaterial im Falle von Bereichen mit unterschiedlichen Schichtdicken zu Rissen neigen würde. Das fertig beschichtete optische Bauteil 1 ist in 5 dargestellt.
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Mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens ist es möglich, die bisher verwendeten Primer- und Hartschichten bei einem Bauteil mit einer scharfen Kante auch im Bereich der scharfen Kante aufzubringen, ohne dass diese Schichten beim Verfestigen Risse ausbilden. Maßgeblich hierfür ist, dass zumindest im Bereich der scharfen Kante 3 unter der Beschichtung eine Film 7 aufgebracht wird, welche im Bereich der scharfen Kante 3 einen Meniskus 8 ausbildet und so den Krümmungsradius im Bereich der scharfen Kante 3 erhöht, so dass die eigentliche Beschichtung mit Schichten gleichmäßiger Dicke erfolgen kann.
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Die vorliegende Erfindung wurde anhand eines konkreten Ausführungsbeispiels zu Erläuterungszwecken ausführlich beschrieben. Es versteht sich jedoch, dass das Ausführungsbeispiel nicht alle möglichen Ausführungsvarianten der Erfindung abdeckt, sondern diese auch Abweichungen vom Ausführungsbeispiel umfassen kann. So beinhaltet die Beschichtung im vorliegenden Ausführungsbeispiel eine Primer-Schicht als Haftvermittlerschicht und eine darüber aufgebrachte Hartschicht. Die Beschichtung kann jedoch auch anders aufgebaut sein. Beispielsweise kann sie zusätzlich zur Hartschicht oder alternativ zur Hartschicht auch eine Antireflexschicht (AR-Schicht) aufweisen. Darüber hinaus kann auch die Primer-Schicht verzichtet werden, wenn die Haftungseigenschafften der Hartschicht oder der AR-Schicht auf dem Lack dies zulassen. Zudem kann statt eines Lackes auch ein Harz oder eine Dispersion als fließfähiger Film aufgebracht werden. Weitere mögliche Abweichungen vom konkreten Ausführungsbeispiel wurden bereits im Rahmen der einzelnen Verfahrensschritte beschreibe. Der Umfang der Erfindung soll daher nicht alleine auf das beschriebene Ausführungsbeispiel beschränkt sein, sondern lediglich durch die beigefügten Ansprüche.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- optisches Bauteil
- 3
- scharfe Kante
- 5
- Oberfläche
- 7
- Lack
- 8
- Lackmeniskus
- 9
- Primer-Schicht
- 11
- Hartschicht
- 100
- Brillenglas
- 101
- Außenfläche
- 102
- Abbildungsstrahlengang
- 103
- Innenfläche
- 104
- Auskopplungsstruktur
- 106
- Verdickungsbereich
- 108
- Prisma
- S1
- Bereitstellen eines optischen Bauteils mit einer scharfen Kante
- S2
- Aufbringen eines Lackes
- S3
- Trocknen des Lackes
- S4
- Aushärten des Lackes
- S5
- Aufbringen einer Primer-Schicht
- S6
- Aufbringen einer Hartschicht