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Die Erfindung betrifft ein Pressenwerkzeug zur Umformung eines Blechmaterials, mit einem Werkzeugunterteil und einem Werkzeugoberteil, wobei die Werkzeugwirkfläche des Werkzeugunterteils und/oder des Werkzeugoberteils wenigstens eine Werkzeugkante zur Ausformung einer scharfkantigen Blechformteilkante aufweist.
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Die Erfindung betrifft ferner ein mit einem solchen Pressenwerkzeug hergestelltes Blechformteil, das wenigstens eine scharfkantige Blechformteilkante aufweist, wobei es sich insbesondere um ein Karosserie-Außenhautteil handelt.
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Unter einer scharfkantigen Blechformteilkante wird eine im sichtbaren Bereich eines Blechformteils verlaufende Bauteilkante mit einem markanten, d. h. kleinen Kantenradius verstanden. Der Blechformteilkantenradius an der Kanten- bzw. Krümmungsaußenseite (Außenradius) beträgt insbesondere nur das 1,6-fache bis 2,5-fache der Blechdicke. Eine solche Blechformteilkante verläuft bzw. erstreckt sich typischerweise durch einen Freiformflächenbereich des Blechformteils. Solche Blechformteilkanten haben zum einen eine Designfunktion und zum anderen aber auch technische Funktionen, indem diese bspw. der Versteifung des Blechformteils dienen. Die Herstellung von Blechformteilen, die wenigstens eine solche markante Blechformteilkante aufweisen, erweist sich insbesondere in der Serienproduktion, d. h. unter Presswerksbedingungen, als anspruchsvoll, da kleine Kantenradien mit einem Pressenwerkzeug schwierig herzustellen sind und da sich so genannte Nachlaufkanten am Blechformteil ausbilden können.
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In der
DE 10 2011 115 219 A1 wird ein zweistufiges Tiefziehen vorgeschlagen. Das Blechmaterial wird in einem ersten Ziehwerkzeug im Wesentlichen fertig geformt und dabei die Blechformteilkante positionsgenau mit einem vergrößerten Kantenradius vorgeformt. Anschließend wird das im Wesentlichen fertig geformte Blechformteil in ein zweites im Wesentlichen identisches Ziehwerkzeug eingelegt, worin die Blechformteilkante mit dem endgültigen Kantenradius fertig ausgeformt wird.
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Die Erfindung soll eine weitere Möglichkeit zur Herstellung von Blechformteilen, die wenigstens eine markante Blechformteilkante aufweisen, angeben, um wenigstens einen mit dem Stand der Technik einhergehenden Nachteil zu vermeiden oder zumindest zu verringern.
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Diese Aufgabe wird gelöst mit einem erfindungsgemäßen Pressenwerkzeug entsprechend den Merkmalen des Patentanspruchs 1. Bevorzugte Weiterbildungen und Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Pressenwerkzeugs ergeben sich sowohl aus den abhängigen Patentansprüchen als auch aus den nachfolgenden Erläuterungen.
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Mit einem nebengeordneten Patentanspruch erstreckt sich die Erfindung auch auf ein Blechformteil, das mit einem speziell ausgestalteten erfindungsgemäßen Pressenwerkzeug hergestellt ist. Die nachfolgenden Erläuterungen gelten analog für beide Erfindungsgegenstände.
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Das erfindungsgemäße Pressenwerkzeug umfasst ein Werkzeugunterteil und ein Werkzeugoberteil, wobei die Werkzeugwirkfläche des Werkzeugunterteils und/oder des Werkzeugoberteils wenigstens eine Werkzeugkante zur Ausformung einer scharfkantigen Blechformteilkante aufweist und die Werkzeugwirkfläche des jeweils anderen Werkzeugteils eine der Werkzeugkante gegenüberliegende nutartige Vertiefung aufweist bzw. mit einer solchen nutartigen Vertiefung ausgebildet ist, welche lokal bzw. an dieser Stelle (d. h. in einem der Werkzeugkante gegenüberliegenden lokalen Werkzeugwirkflächenbereich des der Werkzeugkante gegenüberliegenden anderen Werkzeugteils), beim Umformen des Blechmaterials an der Werkzeugkante, einen Berührungskontakt des Blechmaterials mit der der Werkzeugkante gegenüberliegenden Werkzeugwirkfläche verhindert.
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Die vorgeschlagene nutartige Vertiefung verhindert lokal während der Ausformung der Blechformteilkante an der Werkzeugkante bzw. entlang der Werkzeugkante den lokalen Berührungskontakt des Blechmaterials mit der der Werkzeugkante gegenüberliegenden Werkzeugwirkfläche.
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Die nutartige Vertiefung ist gegenüberliegend der Werkzeugkante angeordnet, womit insbesondere gemeint ist, dass sich die nutartige Vertiefung und die Werkzeugkante bei geschlossenem Pressenwerkzeug überdecken. Bevorzugt ist die nutartige Vertiefung direkt, d. h. geradewegs, gegenüberliegend der Werkzeugkante angeordnet, wobei die nutartige Vertiefung auch etwas versetzt angeordnet sein kann, wie nachfolgend noch näher erläutert.
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Unter einem Pressenwerkzeug wird ein pressengebundenes Blechbearbeitungswerkzeug verstanden, das wenigstens ein Werkzeugunterteil und wenigstens ein Werkzeugoberteil aufweist. Bevorzugt ist das Werkzeugoberteil durch Absenken und Anheben zum Werkzeugunterteil relativbeweglich, wozu dieses bspw. an einem Pressenstößel befestigt ist, wohingegen das Werkzeugunterteil auf einem Pressentisch aufliegt. Die Umformung eines zwischen den Werkzeugteilen befindlichen Blechmaterials erfolgt durch Schließen des Werkzeugs, insbesondere durch Absenken des Werkzeugoberteils. Bevorzugt handelt es sich bei dem erfindungsgemäßen Pressenwerkzeug um ein Tiefziehwerkzeug, das wenigstens einen Stempel, wenigstens eine Matrize und wenigstens einen Niederhalter umfasst, die sowohl zum Werkzeugoberteil als auch zum Werkzeugunterteil gehören können. Die Umformung des Blechmaterials erfolgt demnach insbesondere durch Tiefziehen (Tiefziehumformung).
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Unter einer Werkzeugwirkfläche wird eine während der Blechumformung direkt mit dem umzuformenden Blechmaterial in Berührungskontakt gelangende Werkzeugfläche verstanden. Typischerweise sind die Werkzeugwirkflächen des Werkzeugunterteils und des Werkzeugoberteils mit korrespondierenden Flächenkonturen ausgebildet.
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Unter einer Werkzeugkante wird eine starre, zur Werkzeugwirkfläche gehörendere bzw. die Werkzeugwirkfläche mitbildende und insbesondere vorstehende Kante verstanden (wobei unter einer Kante ganz allgemein eine gerade oder auch nichtgerade Linie verstanden wird, entlang derer zwei benachbarte Flächenabschnitte zusammenstoßen bzw. aneinandergrenzen), mit der eine scharfkantige Blechformteilkante (gemäß eingangs beschriebener Definition) geformt werden kann, indem das Blechmaterial beim Schließen des Pressenwerkzeugs bzw. während der Schließbewegung quasi über diese Werkzeugkante geformt wird. Die Werkzeugkante erstreckt sich bevorzugt durch einen Freiformflächenbereich der Werkzeugwirkfläche und weist insbesondere einen räumlichen bzw. 3-dimensionalen Kantenverlauf auf. Werkzeugkanten können sowohl am Werkzeugunterteil als auch am Werkzeugoberteil vorgesehen sein.
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Bei einer Werkzeugkante handelt es sich bevorzugt um eine scharfkantige Werkzeugkante, worunter insbesondere verstanden wird, dass diese einen Werkzeugkantenradius aufweist, der zwischen dem 0,6-fachen und dem 1,5-fachen der Blechdicke des umzuformenden Blechmaterials liegt und der bevorzugt weniger als das 1,0-fache der Blechdicke beträgt und insbesondere in etwa nur dem 0,8-fachen der Blechdicke entspricht. Die Werkzeugkante kann entlang ihres Kantenverlaufs mit einem konstanten oder auch veränderlichen Werkzeugkantenradius ausgebildet sein.
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Hierzu ist anzumerken, dass ein Pressenwerkzeug betreffender Art für die Umformung eines bestimmten Blechmaterials und/oder einer bestimmten Blechdicke ausgebildet und entsprechend eingearbeitet ist. Das erfindungsgemäße Pressenwerkzeug ist insbesondere zur Umformung eines Stahl- oder Aluminiumblechmaterials mit einer Dicke von 0,6 mm bis 1,5 mm ausgebildet.
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Bevorzugt ist die Werkzeugkante mit einem Werkzeugkantenwinkel zwischen 70° und 130°, bevorzugt zwischen 70° und 110°, ausgebildet. Der Werkzeugkantenwinkel ist der Winkel zwischen den beiden benachbarten Flächenabschnitten, die an der Werkzeugkante schenkelartig aneinandergrenzen. Eine Werkzeugkante kann entlang ihres Kantenverlaufs mit einem konstanten oder auch veränderlichen Werkzeugkantenwinkel ausgebildet sein. Entsprechend ist die korrespondierende nutartige Vertiefung im anderen Werkzeugteil ausgebildet.
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Unter einer nutartigen Vertiefung wird eine mit dem Kantenverlauf der Werkzeugkante korrespondierende Ausnehmung bzw. Freimachung in der der Werkzeugkante gegenüberliegenden Werkzeugwirkfläche des anderen Werkzeugteils verstanden. Die nutartige Vertiefung weist einen dem Kantenverlauf der Werkzeugkante (im anderen Werkzeugteil) folgenden länglichen Nutverlauf auf und kann bspw. einen eckigen (bspw. rechteckigen) oder runden (bspw. halbkreisförmigen) Querschnitt aufweisen. In der Schließendstellung des Pressenwerkzeugs (Werkzeugoberteil in UT) überdeckt die nutartigen Vertiefung die Werkzeugkante, was nachfolgend auch als Überdeckung bezeichnet wird. Eine nutartige Vertiefung kann entlang ihres Nutverlaufs mit einem konstanten oder auch veränderlichen Querschnitt ausgebildet sein.
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Bevorzugt weist die nutartige Vertiefung eine Öffnungsbreite (damit ist die Einlassbreite quer zur Längserstreckungsrichtung gemeint, was nachfolgend auch als nominale Breite bezeichnet wird) auf, die dem 1,2-fachen bis 5,0-fachen und insbesondere dem 1,5-fachen bis 3,0-fachen der Blechdicke des umzuformenden Blechmaterials entspricht.
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Die der Werkzeugkante gegenüberliegende nutartige Vertiefung verhindert während der Ausformung der zu erzeugenden Blechformteilkante (durch die Werkzeugkante) einen Berührungskontakt des Blechmaterials mit der der Werkzeugkante gegenüberliegenden Werkzeugwirkfläche (des anderen Werkzeugteils), und zwar nur lokal im Bereich der Werkzeugkante, wodurch das Blechmaterial beim Umformen zwischen den Werkzeugteilen bis zur Schließendstellung des Pressenwerkzeugs weitgehend ohne einen Gegendruck an der Werkzeugkante über die Werkzeugkante geformt werden kann. Dadurch kann eine Ausdünnung des Blechmaterials an der Werkzeugkante (wobei eine solche Ausdünnung zwangsläufig zu einer außenseitigen Abflachung und einem vergrößerten Außenradius führen würde) verhindert werden. Die nutartige Vertiefung ermöglicht zudem einen Blechmaterialfluss zur Werkzeugkante (von einer Seite bzw. aus einer Richtung und insbesondere von beiden Seiten bzw. aus beiden Richtungen), was auch als „Beidrücken” bezeichnet werden kann, wodurch die Ausformung einer scharfkantigen Blechformteilkante unterstützt und die Ausbildung von Nachlaufkanten verhindert wird.
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Das erfindungsgemäße Pressenwerkzeug ermöglicht somit die einstufige und nachlaufkantenfreie Erzeugung bzw. Ausformung scharfkantiger Blechformteilkanten bei der Herstellung von Blechformteilen, insbesondere auch aus Aluminiumblechmaterialien (bislang gilt für Aluminiumblechmaterial die Faustformel, dass der minimale Kantenradius wenigstens dem Dreifachen der Blechdicke entsprechen muss), wobei es sich vorrangig um Karosserie-Außenhautteile handelt. Damit werden, insbesondere auch für Blechformteile aus Aluminiumblechmaterial, neue Formensprachen und neue Maßnahmen technischer Bauteilverbesserung (bspw. zur Bauteilversteifung und zum Energieaufnahmevermögen) ermöglicht.
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Besonders bevorzugt ist vorgesehen, dass die die Werkzeugkante aufweisende Werkzeugwirkfläche (direkt) neben der Werkzeugkante bzw. seitlich der Werkzeugkante mit wenigstens einem Flächenaufmaßbereich ausgebildet ist. Bevorzugt befinden sich beiderseits der Werkzeugkante (d. h. zu beiden Seiten) solche Flächenaufmaßbereiche. Der Flächenaufmaßbereich bzw. die Flächenaufmaßbereiche erstrecken sich bandförmig entlang der Werkzeugkante. Ausgehend vom Radiusauslauf der Werkzeugkante kann ein solcher Flächenaufmaßbereich eine Breite bzw. Flächenbreite (damit ist die Ausdehnung quer zur Längserstreckungsrichtung gemeint) von 6 mm bis 10 mm aufweisen, wobei entlang des Werkzeugkantenverlaufs eine konstante oder auch veränderliche Breite vorgesehen sein kann. Bevorzugt sind die Flächenaufmaßbereiche durchgängig oder gegebenenfalls auch mit Unterbrechungen ausgebildet.
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In einem solchen Flächenaufmassbereich ist die Werkzeugwirkfläche gegenüber den angrenzenden Werkzeugwirkflächebereichen mit einem so genannten Offset ausgebildet (vorzugsweise im Bereich weniger Hunderstel Millimeter bis zu wenigen Zehntel Millimeter und insbesondere bis zu einem Zehntel Millimeter), was dazu führt, dass das Blechmaterial beim Schließen des Pressenwerkzeugs und insbesondere bei Erreichen der Schließendstellung (Enddruck) gegen die Werkzeugwirkfläche des anderen Werkzeugteils gedrückt und dadurch eine Schubkraft und insbesondere auch ein Blechmaterialfluss in Richtung der Werkzeugkante und der gegenüberliegenden nutartige Vertiefung erzeugt wird. In der Schließendstellung des Pressenwerkzeugs entspricht der Werkzeugspalt (Abstand zwischen den Werkzeugwirkflächen) innerhalb eines solchen Flächenaufmassbereiches in etwa der Blechdicke, bevorzugt exakt der Blechdicke und beträgt insbesondere etwas weniger (im Bereich von Hunderstel Millimeter) als die Blechdicke. In den übrigen Werkzeugbereichen ist der Werkzeugspalt größer als die Blechdicke (Bleckdicke + Offset, bspw. 0,1 mm).
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Wie bereits oben erwähnt, wird dieses so genannte Beidrücken des Blechmaterials durch die der Werkzeugkante gegenüberliegende nutartige Vertiefung ermöglicht oder zumindest begünstigt.
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Falls beidseitig bzw. zu beiden Seiten einer Werkzeugkante Flächenaufmaßbereiche vorgesehen sind, können diese symmetrisch oder unsymmetrisch, d. h. mit verschiedenen Offsets (d. h. unterschiedlich hoch) und/oder mit verschiedenen Breiten, ausgebildet sein, um hierüber auf die Ausformung der Blechformteilkante (durch angepasstes Beidrücken) gezielt Einfluss zu nehmen. Weiteren Einfluss auf das Beidrücken können die Breite, die Querschnittsform und/oder die Lage bzw. Ausrichtung der nutartigen Vertiefung (wie nachfolgend noch näher erläutert) haben.
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Die nutartige Vertiefung kann bezüglich der Werkzeugkante und insbesondere bezüglich einer Winkelhalbierenden durch die Werkzeugkante symmetrisch ausgebildet sein. Die nutartige Vertiefung kann aber auch unsymmetrisch ausgebildet sein, worunter zu verstehen ist, dass (im Querschnitt längs des Werkzeugkanten- und Nutverlaufs betrachtet) bei gegebener Überdeckung die nutartige Vertiefung bezüglich der Werkzeugkante bzw. deren Winkelhalbierenden unsymmetrisch ist und bspw. in seitlicher Richtung versetzt und/oder geneigt ist. Durch eine derart angepasste Lage bzw. Ausrichtung der nutartigen Vertiefung kann das Beidrücken und die Ausformung der zu erzeugenden Blechformteilkante, insbesondere in Abhängigkeit von der Blechformteilgeometrie, gezielt beeinflusst werden. Eine unsymmetrische Ausgestaltung der nutartigen Vertiefung ist insbesondere in Kombination mit wenigstens einem auszuformenden Gegenkrümmungsbereich (wie nachfolgend noch näher erläutert) vorteilhaft, weil hierdurch auf die speziellen Umformbedingungen Einfluss genommen werden kann.
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Eine Unsymmetrie kann nur längenabschnittsweise bestehen und/oder sich entlang des Werkzeugkanten- und Nutverlaufs verändern.
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Eine besonders bevorzugte Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Pressenwerkzeugs sieht vor, dass wenigstens eines der wenigstens eine nutartige Vertiefung aufweisenden Werkzeugteile (d. h. das Werkzeugoberteil und/oder das Werkzeugunterteil) segmentiert ausgebildet ist und wenigstens zwei die Werkzeugwirkfläche mitbildende Werkzeugsegmente aufweist, die entlang wenigstens einer nutartigen Vertiefung getrennt bzw. unterteilt und zueinander, insbesondere in Vertikalrichtung, relativbeweglich sind, wobei diese Werkzeugsegmente beim Schließen des Pressenwerkzeugs derart bewegt werden, dass das (umzuformende) Blechmaterial zunächst auf einer Seite neben der Werkzeugkante umgeformt und dabei (zwischen Werkzeugsegment und gegenüberliegendem Werkzeugteil) eingespannt bzw. fixiert wird und dann erst während der weiteren Schließbewegung auf der anderen Seite neben der Werkzeugkante (zwischen dem anderen Werkzeugsegment und dem gegenüberliegenden Werkzeugteil) umgeformt wird. Ergänzend zu den vorausgehend erläuterten Maßnahmen kann das Blechmaterial durch diese vorauseilende einseitige Einspannung entlang der Werkzeugkante im Wesentlichen ohne Relativbewegung um die Werkzeugkante herumgeformt werden. Dadurch werden die Entstehung von Nachlaufkanten unterbunden, die Belastung und der Verschleiß der Werkzeugkante reduziert und die Ausdünnung des Blechmaterials an der Werkzeugkante weitgehend verhindert.
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Die Relativbewegung der Werkzeugsegmente kann in an und für sich bekannter Weise durch im Pressenwerkzeug eingebaute hydraulische oder pneumatische Stellantriebe und insbesondere mittels eingebauter Federn, vorzugsweise Gasdruckfedern (oder dergleichen), gesteuert werden. Die Relativbewegung der Werkzeugsegmente kann ebenso durch eine mehrfachwirkende Presse gesteuert werden.
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Die Werkzeugwirkflächen der zum erfindungsgemäßen Pressenwerkzeug gehörenden Werkzeugteile können zur Ausformung wenigstens eines Gegenkrümmungsbereichs neben einer scharfkantigen Blechformteilkante ausgebildet sein, wozu an den (korrespondierenden) Werkzeugwirkflächen entsprechende (d. h. einen Gegenkrümmungsbereich formende bzw. ausformende) Flächenabschnitte bzw. Wirkflächenbereiche (am Werkzeugunter- und Werkzeugoberteil) vorgesehen sind, die sich direkt an den Radiusauslauf der Werkzeugkante anschließen oder die in einem maximalen Abstand von bis zu 15 mm, bevorzugt von bis zu 20 mm und insbesondere von bis zu 25 mm von dieser Werkzeugkante oder in einem Abstand von höchstens dem 10-fachen der Blechdicke von dieser Werkzeugkante beginnen.
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Unter einem Gegenkrümmungsbereich wird ein Formteil- bzw. Bauteilbereich, wobei es sich insbesondere um einen Freiformflächenbereich handelt, des herzustellenden Blechformteils verstanden, der sich neben einer Blechformteilkante oder zumindest einen Blechformteilkantenabschnitt befindet und der eine bezüglich der Blechformteilkante entgegengesetzte Krümmungsrichtung (Krümmungssinn) aufweist. Der Flächenkrümmungsradius entspricht bevorzugt wenigstens dem 10-fachen, besonders bevorzugt wenigstens dem 15-fachen und insbesondere wenigstens dem 20-fachen der Blechdicke, wobei auch ein über dem Krümmungsverlauf veränderlicher Radius vorgesehen sein kann. Solche Gegenkrümmungsbereiche können sich auf einer Seite oder auf beiden Seiten der Blechformteilkante erstrecken, wobei bei letzterem insbesondere eine unterschiedliche bzw. unsymmetrische Ausgestaltung der beidseitigen Gegenkrümmungsbereiche vorgesehen ist.
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Das Vorsehen wenigstens eines solchen Gegenkrümmungsbereichs führt zu einer zusätzlichen Versteifung und Stabilisierung des Blechformteils. Ferner kann während der Umformung des Blechmaterials das oben beschriebene Beidrücken zur Blechformteilkante begünstigt werden. Zudem ergeben sich Vorteile bei der Ausformung des Blechmaterials an Werkzeugkanten mit kleinem Werkzeugkantenwinkel, worunter vorzugsweise ein Werkzeugkantenwinkel von <110° und insbesondere <90° verstanden wird. Ein weiterer Vorteil ergibt sich auch hinsichtlich der Ästhetik, da eine scharfkantige Blechformteilkante aufgrund wenigstens eines direkt oder in geringem Abstand angrenzenden Gegenkrümmungsbereichs hervorgehoben wird und dadurch optisch noch markanter erscheint.
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Das mit dem nebengeordneten Patentanspruch beanspruchte erfindungsgemäße Blechformteil, wobei es sich insbesondere um ein durch Tiefziehen hergestelltes Blechform- bzw. Blechbauteil (Tiefziehteil) handelt, weist wenigstens eine Blechformteilkante und wenigstens einen daneben bzw. seitlich davon befindlichen Gegenkrümmungsbereich, der sich an den Radiusauslauf der Blechformteilkante oder zumindest eines Blechformteilkantenabschnitts anschließt oder in einem maximalen Abstand von bis zu 25 mm oder in einem Abstand von höchstens dem 10-fachen der Blechdicke von dieser Blechformteilkante beginnt, auf. Bevorzugt weist das Blechformteil wenigstens zwei beidseitig der Blechformteilkante befindliche, insbesondere unsymmetrisch ausgebildete, Gegenkrümmungsbereiche auf. Im Übrigen gelten analog die vorausgehenden Erläuterungen.
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Der Blechformteilkantenradius an der Kanten- bzw. Krümmungsaußenseite (Außenradius) entspricht insbesondere nur dem 1,6-fachen bis 2,5-fachen der Blechdicke, bei einer bevorzugten Blechdicke von 0,6 mm bis 1,5 mm.
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Bei einem mit einem erfindungsgemäßen Pressenwerkzeug herzustellenden Blechformteil und insbesondere bei dem erfindungsgemäßen Blechformteil handelt es sich bevorzugt um ein Karosserie-Außenhautteil (Außenhautbauteil), wie bspw. eine Front- oder Heckklappe, eine Türe, ein Kotflügel oder dergleichen. Insbesondere handelt es sich um ein Stahlblech- oder Aluminiumblechteil.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand der schematischen und nicht maßstabsgerechten Figuren beispielhaft und in nicht einschränkender Weise näher erläutert, wobei die in den Figuren gezeigten und/oder nachfolgend erläuterten Merkmale einzeln oder in Kombination, auch unabhängig von konkreten Merkmalskombinationen, die Erfindungsgegenstände weiterbilden können.
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1 zeigt in einer Schnittansicht einen Ausschnitt aus einem erfindungsgemäßen Pressenwerkzeug.
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2 zeigt in einer Schnittansicht ein erfindungsgemäßes Pressenwerkzeug während eines Tiefziehvorgangs.
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Das in 1 gezeigte Pressenwerkzeug 100 weist ein Werkzeugoberteil 110 mit einer oberen Werkzeugwirkfläche 113 und ein Werkzeugunterteil 120 mit einer unteren Werkzeugwirkfläche 123 auf. Durch Absenken des Werkzeugoberteils 110 kann ein sich zwischen den Werkzeugteilen 110/120 bzw. Werkzeugwirkflächen 113/123 befindendes Blechmaterial M umgeformt werden. Die Darstellung in 1 zeigt einen Umformvorgang kurz vor Enddruck, d. h. kurz bevor das Werkzeugoberteil 110 seine Schließendstellung (UT) erreicht hat.
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Im dargestellten Werkzeugausschnitt weist das Werkzeugunterteil 120 eine zur unteren Werkzeugwirkfläche 123 gehörende Werkzeugkante 125 auf, mit der eine scharfkantige Blechformteilkante erzeugt werden kann. Der Werkzeugkantenradius R entspricht dem 0,6-fachen bis 1,5-fachen der Blechdicke s des umzuformenden Blechmaterials M. Der Werkzeugkantenwinkel W liegt zwischen 70° und 130° und ist im gezeigten Beispiel größer 90°.
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Die Werkzeugwirkfläche 113 des Werkzeugoberteils 110 ist gegenüberliegend der Werkzeugkante 125 mit einer nutartigen Vertiefung 115 ausgebildet, welche die durch die Radiusausläufe RA begrenzte Werkzeugkante 125 nach beiden Seiten bzw. in beide Richtungen überragt oder (in der Schließendstellung) zumindest bis an die Radiusausläufe RA heranreicht. Die gezeigte Querschnittsform und Tiefe der nutartigen Vertiefung 115 sind nur beispielhaft. Durch die nutartige Vertiefung 115 ist ein der Werkzeugkante 125 gegenüberliegender und sich in Schließendstellung mit der Werkzeugkante 125 überdeckender Freibereich (bzw. eine Freimachung) geschaffen, der lokal einen Berührungskontakt des Blechmaterials M mit der oberen Werkzeugwirkfläche 113 verhindert, so dass sich quasi ungestört von der oberen Werkzeugwirkfläche 113 eine scharfkantige Blechformteilkante an der Werkzeugkante 125 ausformen kann.
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Ferner ist die untere Werkzeugwirkfläche 123 beidseitig (oder gegebenenfalls auch nur einseitig) der Werkzeugkante 125 mit Flächenaufmassbereichen 117a und 117b ausgebildet, wodurch das Blechmaterial M beim Erreichen der Schließendstellung (UT) des Werkzeugoberteils 110 in Richtung der Werkzeugkante 125 gedrückt wird, was die Ausformung einer scharfkantigen Blechformteilkante begünstigt. Das Blechmaterial M wird quasi zur Werkzeugkante 125 geschoben. Dieser als „Beidrücken” bezeichnete Vorgang ist durch die Pfeile D veranschaulicht, wobei dieses Beidrücken durch die nutartige Vertiefung 115 ermöglicht oder zumindest begünstigt wird. Die Flächenaufmaßbereiche 117a und 117b beginnen an den Radiusausläufen RA und überragen (in der Schließendstellung) die der Werkzeugkante 125 gegenüberliegende nutartige Vertiefung 115.
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Die nutartige Vertiefung 115 ist so ausgebildet, dass diese (bei Überdeckung) wenigstens bis zu den Radiusausläufen (siehe Bezugszeichen RA) der Werkzeugkante 125 heranreicht, so dass sich der aufgrund der nutartigen Vertiefung 115 nicht eintretende Berührungskontakt zwischen dem Blechmaterial M und der der Werkzeugkante 125 gegenüberliegenden oberen Werkzeugwirkfläche 113 im Wesentlichen nur auf den Krümmungsbereich (Radienbereich) an der Krümmungsaußenseite der zu formenden Blechformteilkante beschränkt. Die nutartige Vertiefung 115 kann jedoch auch die Werkzeugkante 125 zu einer Seite oder zu beiden Seiten überragen, d. h. über deren Radiusausläufe (RA) hinausreichen.
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Die nutartige Vertiefung 115 weist eine nominale Breite bzw. Öffnungsbreite x auf, die bevorzugt dem 1,5-fachen bis 3,0-fachen der Blechdicke s des umzuformenden Blechmaterials M entspricht. Die sich direkt an die Radiusausläufe (RA) der Werkzeugkante 125 anschließenden Flächenaufmaßbereiche 117a/117b der unteren Werkzeugwirkfläche 113 können eine Breite von 6 mm bis 10 mm aufweisen und sowohl symmetrisch als auch unsymmetrisch ausgebildet sein. Die Übergänge zwischen der nutartigen Vertiefung 115 und den angrenzenden Wirkflächenbereichen sind verrundet ausgebildet, damit sich die nutartige Vertiefung 115 nicht auf der Blechoberfläche abzeichnet und ein Beschädigen der Blechoberfläche verhindert wird.
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Die in 1 gezeigte nutartige Vertiefung 115 ist direkt gegenüberliegend der Werkzeugkante 125 angeordnet, womit gemeint ist, dass diese bezüglich einer Winkelhalbierenden H durch die Werkzeugkante 125 im Wesentlichen symmetrisch ausgebildet ist. Die nutartige Vertiefung kann jedoch auch unsymmetrisch ausgebildet bzw. etwas versetzt angeordnet sein, wie beispielhaft anhand der gepunkteten Linie 115' veranschaulicht. Durch eine unsymmetrische Ausgestaltung der Flächenaufmaßbereiche 117a/117b und/oder der nutartigen Vertiefung 115' kann die Ausformung der zu erzeugenden Blechformteilkante gezielt eingestellt und bspw. an die Blechformteilgeometrie angepasst werden.
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Bei symmetrischer und insbesondere auch bei unsymmetrischer Ausgestaltung der nutartigen Vertiefung 115 befindet sich diese bevorzugt in einem Sektor, der durch zwei Grenzlinien, die sich in einem Winkel von +25° und –25° zur Winkelhalbierenden H aufspannen, definiert ist.
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Die korrespondierenden Werkzeugwirkflächen 113/123 der Werkzeugteile 110/120 sind ferner zur Ausformung unterschiedlicher Gegenkrümmungsbereiche A und B ausgebildet, wozu diese entsprechende Flächenabschnitte A1/A2 und B1/B2 aufweisen, die sich direkt an die Radiusausläufe (RA) der Werkzeugkante 125 anschließen oder in einem geringen Abstand (z. B. höchstens 25 mm) von der Werkzeugkante 125 bzw. deren Radiusausläufe (RA) beginnen (siehe auch 2). Die Flächenaufmaßbereiche 117a/117b können, zumindest teilweise, Bestandteile der Flächenabschnitte A2 und B2 sein.
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Bei dem in 2 gezeigten Pressenwerkzeug 100 handelt es sich um ein Tiefziehwerkzeug, dessen Werkzeugunterteil 120 einen Stempel 121 und einen Niederhalter 122 und dessen Werkzeugoberteil 110 eine segmentierte Matrize 111/112 aufweist. Im Bereich der am Stempel 121 ausgebildeten Werkzeugkante 125 ist das Pressenwerkzeug 100 wie in 1 gezeigt ausgebildet, wobei jedoch die Matrize zwei entlang der Werkzeugkante 125 getrennte und zueinander relativbewegliche Werkzeugsegmente 111 und 112 aufweist, die beim Schließen des Pressenwerkzeugs 100 derart bewegt werden, dass das Blechmaterial M zunächst auf einer Seite (gemäß Darstellung links) der Werkzeugkante 125 umgeformt und dabei eingespannt bzw. festgeklemmt wird (wie gezeigt) und dann erst auf der anderen Seite (gemäß Darstellung rechts) der Werkzeugkante 125 umgeformt wird.
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Bei der Schließbewegung des Werkzeugoberteils 110 eilt das gegen Gasdruckfedern 130 abgestützte Matrizensegment 112 gegenüber dem anderen Matrizensegment 111 voraus, wodurch die Klemmung des Blechmaterials M gegen den Stempel 121 bewirkt wird. Das Blechmaterial M überspannt nun die Werkzeugkante 125, ohne dass diese aufgrund des geringen Kontakts zu stark belastet wird. Während der weiteren Schließbewegung wird das Blechmaterial M vom Matrizensegment 111 mit wanderndem Kontaktpunkt (bzw. Kontaktlinie) und im Wesentlichen ohne Relativbewegung um die Werkzeugkante 125 am Stempel 121 herumgeformt. Hierbei hat der durch die unterteilte nutartige Vertiefung 115a/115b geschaffene Freibereich positiven Einfluss, da zunächst eine ungehinderte Blechumformung um die Werkzeugkante 125 herum ermöglicht wird, bevor zum Ende der Schließbewegung ein Beidrücken des Blechmaterials M zur Werkzeugkante 125 (wie oben beschrieben) erfolgen kann. Die Trennfuge zwischen den Matrizensegmenten 111/112 kann sich wegen der nutartigen Vertiefung 115a/115b nicht auf der Blechoberfläche abzeichnen.
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Aufgrund des Gegenkrümmungsbereichs A weist das herzustellende Blechformteil eine Stufe bzw. einen Absatz K auf, der sich einerseits vorteilhaft auf die Versteifung und das Energieaufnahmevermögen des Blechformteils auswirkt und der andererseits die optische Markanz der an der Werkzeugkante 125 ausgeformten Blechformteilkante verbessert. Die Stufe bzw. der Absatz K weist bspw. eine Tiefe von 50 mm bis 100 mm auf.
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Das Pressenwerkzeug 100 ermöglicht das Herstellen eines wenigstens eine scharfkantige Blechformteilkante aufweisenden Blechformteils durch Tiefziehen, insbesondere auch aus Aluminiumblechmaterial, und ermöglicht insbesondere eine serienmäßige Herstellung unter Presswerksbedingungen.
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Bezugszeichenliste
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- 100
- Pressenwerkzeug
- 110
- Werkzeugoberteil (Oberwerkzeug)
- 111
- Matrizensegment (Werkzeugsegment)
- 112
- Matrizensegment (Werkzeugsegment)
- 113
- obere Werkzeugwirkfläche
- 115
- nutartige Vertiefung
- 117
- Flächenaufmassbereich
- 120
- Werkzeugunterteil (Unterwerkzeug)
- 121
- Werkzeugstempel
- 122
- Niederhalter
- 123
- untere Werkzeugwirkfläche
- 125
- Werkzeugkante
- 130
- Gasdruckfeder
- A
- Gegenkrümmungsbereich
- A1/A2
- Flächenabschnitt (der Werkzeugwirkfläche)
- B
- Gegenkrümmungsbereich
- B1/B2
- Flächenabschnitt (der Werkzeugwirkfläche)
- D
- Blechmaterialfluss (Beidrücken)
- H
- Winkelhalbierende (an der Werkzeugkante)
- K
- Stufe, Absatz
- M
- Blechmaterial
- R
- Werkzeugkantenradius
- RA
- Radiusauslauf (an der Werkzeugkante)
- W
- Werkzeugkantenwinkel
- s
- Blechdicke (Blechstärke)
- x
- nominale Breite
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102011115219 A1 [0004]
- DE 102005016647 A1 [0005]
- DE 10324244 A1 [0005]