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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Liftanlage nach dem Oberbegriff von Anspruch 1. Insbesondere betrifft die Erfindung eine Liftanlage, insbesondere Personen- oder Lastenaufzugsanlage, mit einem Beförderungsmittel zur Aufnahme von Personen oder Lasten, einer Antriebsvorrichtung, die mit dem Beförderungsmittel gekoppelt und dazu ausgebildet ist, das Beförderungsmittel wahlweise aufwärts oder abwärts zu verfahren, einem Tragseil, an welchem die Antriebsvorrichtung angreift, einem Fangseil, und einer Fangvorrichtung, welche mit dem Förderungsmittel gekoppelt, zur Erfassung einer Relativgeschwindigkeit zwischen dem Beförderungsmittel und dem Fangseil eingerichtet und dazu ausgebildet ist, mittels Angreifen des Fangseils das Beförderungsmittel zu stoppen, sobald ein vorbestimmter Wert der Relativgeschwindigkeit erreicht oder überschritten wird.
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Liftanlagen der vorbezeichneten Art kommen beispielsweise in Bauwerken wie Windenergieanlagen oder anderen hohen Gebäuden zum Einsatz, um Personen oder Lasten zu bewegen. Beim Betrieb solcher Liftanlagen sind teils hohe Höhendifferenzen von bis zu über 100 Metern zu überbrücken. Entsprechend lang sind die in den Liftanlagen zum Einsatz kommenden Tragseile. Als Antriebsvorrichtung werden bei solchen Liftanlagen, die häufig auch nachträglich erst im Gebäude oder am Bauwerk nachgerüstet werden, Seildurchlaufwinden eingesetzt. Diese Seildurchlaufwinden sind mittels eines oder mehrerer Elektromotoren antreibbar, und greifen kraftschlüssig an dem Tragseil an. Diese Art von Antriebsvorrichtung ermöglicht das freie Aufhängen der Liftanlagen. Alternativ zu den sogenannten Seildurchlaufwinden werden bisweilen auch Trommelwinden eingesetzt.
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Um für den Fall eines Versagens der Antriebsvorrichtung oder eines Defekts im Bereich des Tragseils ein Abstürzen der Liftanlage und insbesondere des Personenbeförderungsmittels zu verhindern, weisen die bekannten Liftanlagen häufig eine Fangvorrichtung auf, die mit dem Fangseil zusammenwirkt und dazu eingerichtet ist, das Beförderungsmittel bei einem Erreichen oder Überschreiten einer vorbestimmten Maximalgeschwindigkeit abzufangen. Derartige Fangvorrichtungen werden auch als Übergeschwindigkeits-Fangvorrichtungen bezeichnet. Sie sind in der Regel am Beförderungsmittel montiert und zum Messen einer Relativgeschwindigkeit zwischen dem Fangseil und dem Beförderungsmittel ausgebildet, wobei das Fangseil häufig im Wesentlichen parallel neben dem Tragseil angeordnet ist. Beim Erreichen oder Überschreiten der vorbestimmten Maximalgeschwindigkeit wird die Fangvorrichtung das Beförderungsmittel abfangen, indem beispielsweise Klemmbacken auslösen und kraft- oder reibschlüssig an dem Fangseil angreifen.
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Üblicherweise ist eine reguläre Fahrgeschwindigkeit im Personenbetrieb von 18 Meter pro Minute angesetzt. Die von der Norm EN 1808 vorgeschriebene Geschwindigkeit bei welcher eine Fangvorrichtung spätestens auslöst, beträgt üblicherweise 30 Meter pro Minute.
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Bekannte Liftanlagen zeigen prinzipbedingt bei großen Seillängen in Extremsituationen eine Neigung zum Aufschwingen, da sich Beschleunigungen, die auf das Beförderungsmittel einwirken, aufgrund der Massenträgheit in einer elastischen Längenänderung des Tragseils auswirken. Aufgrund dieser Beschleunigungen und Schwingungen kann es dazu kommen, dass kurzfristig die vorbestimmte Maximalgeschwindigkeit zwischen Fangseil und Beförderungsmittel überschritten wird, obgleich noch kein Sicherheitsversagen der Liftanlage aufgetreten ist. In diesen Situationen löst die Fangvorrichtung ungewollt aus und stört den Betrieb.
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Eine Liftanlage der eingangs bezeichneten Art ist beispielsweise aus der Veröffentlichung
DE 20 2011 106995 U1 bekannt. Dort wird der Ansatz verfolgt, ein Aufschwingen durch Begrenzen der Anfahrbeschleunigung des Beförderungsmittels gar nicht erst entstehen zu lassen. Wenngleich der dort verfolgte Ansatz durchaus zufriedenstellend funktioniert, besteht demnach ein Bedarf daran, eine einfachere und mindestens genauso zuverlässige Möglichkeit bereitzustellen, das ungewollte Auslösen der Fangvorrichtung einzudämmen. Der Erfindung lag somit die Aufgabe zugrunde, bei einer Liftanlage der eingangs bezeichneten Art die vorstehend beschriebenen Nachteile möglichst zu beheben.
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Die Erfindung löst die ihr zugrundeliegende Aufgabe bei einer Liftanlage der eingangs bezeichneten Art, indem das Fangseil relativ zu dem Tragseil in der Aufwärts-/Abwärtsrichtung des Beförderungsmittels derart beweglich ist, dass das Fangseil bei einer Beschleunigung des Beförderungsmittels in Richtung der Beschleunigung ausgelenkt wird. Die Erfindung macht sich hierbei die Erkenntnis zunutze, dass durch das gleichsinnige (bezogen auf die Richtung der Beschleunigung) Bewegen des Fangseils relativ zum Beförderungsmittel die Gesamtrelativgeschwindigkeit zwischen Fangseil und Beschleunigungsmittel reduziert wird. Analog wird die von der Fangvorrichtung relativ zum Fangseil erfasste Beschleunigung geringer sein als die tatsächliche Beschleunigung des Beförderungsmittels. Dies wiederum hat zur Folge, dass trotz eines gelegentlich auftretenden Überschreitens der Maximalgeschwindigkeit des Beförderungsmittels für kurze Zeiträume die Fangvorrichtung noch nicht auslöst, eben weil die von der Fangvorrichtung erfasste Relativgeschwindigkeit zwischen Beförderungsmittel und Fangseil geringer ist als die absolute Geschwindigkeit des Beförderungsmittels, welches entlang des Tragseils bewegt wird. Erfindungsgemäß funktioniert dies sowohl für Beschleunigungen in aufsteigender als auch in sinkender Richtung.
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In einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung sind das Fangseil und das Tragseil an einer gemeinsamen Aufhängung angebracht. Die Aufhängung ist vorzugsweise ortsfest an einem Bauwerk befestigbar bzw. befestigt. Weiter vorzugsweise weist die Aufhängung einen Festlagerabschnitt zur ortsfesten Anbringung der Aufhängung auf, und das Fangseil sowie das Tragseil sind in unterschiedlichen horizontalen Abständen zu dem Festlagerabschnitt mit der Aufhängung gekoppelt.
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Bevorzugt ist das Tragseil in einem ersten horizontalen Abstand zu den Festlagerabschnitt angeordnet, während das Fangseil in einem zweiten horizontalen Abstand zu dem Festlagerabschnitt angeordnet ist, der größer ist als der erste horizontale Abstand. Das Tragseil und das Fangseil sind vorzugsweise auf der gleichen Seite des Festlagerabschnitts angeordnet.
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Gemäß einer ersten bevorzugten Alternative sind das Tragseil und das Fangseil an einem mit dem Festlagerabschnitt verbundenen Kragbalken befestigt. Gemäß einer zweiten bevorzugten Alternative weist der Festlagerabschnitt ein Schwenklager auf, an welchem schwenkbar ein Koppelglied gelagert ist, wobei das Tragseil und das Fangseil an dem Koppelglied befestigt sind. Beide alternativen Ausgestaltungen haben gemein, dass aufgrund der Anordnung des Tragseils und des Fangseils relativ zu dem Festlagerabschnitt in unterschiedlichen Abständen bei einer Auslenkung des Kragbalkens oder des Koppelglieds um einen bestimmten Winkel α, die Kopplungspunkte des Tragseils und des Fangseils um einen unterschiedlichen Betrag nach oben bzw. unten, entsprechend dem Winkel α ausgelenkt werden. Dieser Betrag ist zumindest bei der Ausführung mit Koppelglied und Schwenklager proportional zu dem ersten und zweiten horizontalen Abstand zwischen Tragseil bzw. Fangseil und dem Festlagerabschnitt. Wenn also aufgrund einer beispielsweise ruckartigen Beschleunigung des Beförderungsmittels (plötzliche Laständerung oder Fahrtbeginn/Fahrtende) der Kragbalken bzw. das Koppelglied von dem Tragseil ausgelenkt werden, wird das Fangseil mit ausgelenkt, und zwar aufgrund der Anordnung von Tragseil und Fangseil in die gleiche Richtung. Aufgrund des größeren horizontalen Abstandes des Fangseils zum Festlagerabschnitt im Vergleich zum Tragseil wird die Auslenkung des Fangseils in die Richtung der Beschleunigung betragsmäßig größer sein als die des Tragseils. Auf diese Weise wird von der Erfindung eine rein mechanische Lösung aufgezeigt, mit der verhindert wird, dass die Fangvorrichtung bei eigentlich noch unproblematischen Beschleunigungsvorgängen ungewollt auslöst.
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In einer bevorzugten Weiterbildlung der Erfindung ist mit der Aufhängung ein Rückstellelement verbunden, welches dazu ausgelegt ist, einer Auslenkung des Fangseils entgegenzuwirken, vorzugsweise in Abwärtsrichtung. Das Rückstellelement kann beispielsweise als Federelement ausgebildet sein, dessen eines Ende ortsfest mit dem Gebäude gekoppelt ist, und dessen anderes Ende an dem Koppelglied oder Kragbalken angelenkt ist. Nach Beendigung des Beschleunigungsvorganges wird mittels des Rückstellelements vorzugsweise die Aufhängung in eine Gleichgewichtslage zurückgestellt.
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Alternativ oder zusätzlich ist bevorzugt, mit der Aufhängung ein Dämpferelement zu verbinden, welches dazu ausgelegt ist, einer Auslenkung des Fangseils in Abwärtsrichtung und/oder in Aufwärtsrichtung entgegenzuwirken. Hierdurch kann ein weiteres Aufschwingen des Systems verhindert werden.
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In einer besonders bevorzugten Ausgestaltung weist die Aufhängung einen Anschlag zur Begrenzung der Auslenkung des Fangseils in Abwärts- und/oder Aufwärtsrichtung auf. Durch die Positionierung des Anschlags wird der Winkel der maximalen Auslenkung des Kragbalkens bzw. Koppelglieds bestimmt, der gewissermaßen den Arbeitsraum für die Fangseilauslenkung definiert. Je größer der durch den Anschlag noch ermöglichte Auslenkungswinkel gewählt wird, desto größer können die auf das Beförderungsmittel einwirkenden Beschleunigungen sein, bevor die Fangvorrichtung auslöst. Vorzugsweise wird der Anschlag so positioniert und begrenzt, dass eine maximale Seilauslenkung des Fangseils im Bereich von ca. 200–300 mm möglich ist. Erst beim Überschreiten dieser Beschleunigung wird der Kragbalken bzw. das Koppelglied gegen den Anschlag gestoßen, und ab dann die Relativgeschwindigkeit zwischen Fangvorrichtung und Fangseil gleich der Absolutgeschwindigkeit des Beförderungsmittels sein.
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Vorzugsweise ist der Anschlag auf einer dem Festlagerabschnitt gegenüberliegenden Seite der Aufhängung angeordnet.
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Ferner wird bevorzugt, wenn der Anschlag relativ zu dem Festlagerabschnitt ortsfest angeordnet ist.
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Die Erfindung wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die beigefügten Figuren anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels näher beschrieben. Hierbei zeigen
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1 eine schematische Seitenansicht der erfindungsgemäßen Liftanlage gemäß dem bevorzugten Ausführungsbeispiel, und
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2 eine Detailansicht der Liftanlage aus 1.
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1 gibt die schematische Darstellung einer Liftanlage 1 wieder. Die Liftanlage 1 weist ein Beförderungsmittel 3 auf, im vorliegenden Beispiel als Kabine für Personen oder Lasten abgebildet. An dem Beförderungsmittel 3 ist dachseitig eine Antriebsvorrichtung 5 angebracht. Die Antriebsvorrichtung 5 ist im vorliegenden Beispiel als Seildurchlaufwinde ausgebildet.
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Ferner ist ein Beförderungsmittel 3 eine Fangvorrichtung 7 befestigt. Die Fangvorrichtung 7 greift an ein Fangseil 11 an, welches parallel zu einem Tragseil 9 geführt ist. An dem Tragseil 9 greift die Antriebsvorrichtung 5 an.
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Die Fangvorrichtung 7 ist dazu eingerichtet, die Relativgeschwindigkeit zwischen ihr und dem Fangseil 11 zu erfassen, und bei Erreichen oder Überschreiten einer vorbestimmten Maximalgeschwindigkeit, beispielsweise 30 Meter pro Minute, das Beförderungsmittel 3 zu stoppen und am Fangseil 11 aufzufangen. Die Fangvorrichtung 7 kann eine allgemein bekannte Fangvorrichtung beispielsweise der Dual Lift GmbH sein. Gleiches gilt für die Antriebsvorrichtung 5.
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An dem Tragseil 9 ist unterhalb des Beförderungsmittels 3 ein Spanngewicht 13 befestigt, welches das Tragseil spannt und in senkrechter Richtung hält.
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Das Tragseil 9 und das Fangseil 11 sind gemeinsam an einer Aufhängung 15 befestigt. Die Aufhängung 15 ist in 2 näher dargestellt.
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Das Tragseil 9 ist in einem ersten Koppelabschnitt 17 mit der Aufnahme 15 verbunden, und des Fangseil 11 ist in einem zweiten Koppelabschnitt 9 mit der Aufhängung 15 verbunden. Die Aufhängung 19 weist ein Koppelglied 21 auf, an welchem das Tragseil 9 und Fangseil 11 befestigt werden.
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Das Koppelglied 21 ist in Richtung des Pfeils 25 schwenkbar an einem Festlagerabschnitt 23 gelagert, der ein Schwenklager aufweist. An einer dem Festlagerabschnitt 23 gegenüberliegenden Seite des Koppelglieds 21 ist ein als Feder ausgebildetes Rückstellmittel 27 angeordnet, welches an dem Koppelglied 21 angreift, und einer Abwärtsbewegung des Fangseils 11 bzw. einer Schwenkbewegung des Koppelglieds 21 (in 2 in mathematisch positivem Sinn) entgegenwirkt.
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Die Aufhängung 15 weist einen Anschlag 29 auf. Der Anschlag 29 ist ebenfalls in einem dem Festlagerabschnitt 23 gegenüberliegenden Abschnitt der Aufhängung angeordnet und weist eine untere Anschlagkante 31, sowie eine obere Anschlagkante 33 auf. Des Koppelglied 21 ist zwischen den beiden Anschlagkanten 31, 33 bewegbar. Sobald das Koppelglied 21 an der oberen oder unteren Anschlagkante 31, 33 anliegt, ist eine Relativbewegung zwischen Tragseil 9 und Fangseil 11 nicht möglich.
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Der Anschlag 29 und der Festlagerabschnitt 23 sind mittels einer starren Rahmenkonstruktion 35 zueinander ortsfest gekoppelt. Die Aufhängung 15 wird vorzugsweise in einem Gebäude, wie beispielsweise einem Turmschacht einer Windenergieanlage befestigt.
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Beim Schwenken des Koppelglieds 21 in Richtung der Zeile 25 werden immer das Tragseil 9 und das Fangseil 11 in die gleiche Richtung ausgelenkt. Aufgrund des höheren horizontalen Abstands A2 des Fangseils 11 zu dem Festlagerabschnitt 23 im Vergleich zu dem horizontalen Abstand A1 des Tragseils 9 zu dem Festlagerabschnitt wird das Fangseil 11 herbei jeweils um einen größeren Betrag nach oben oder unten ausgelenkt als das Tragseil 9. Als Folge hiervon ist eine Relativbewegung zwischen dem Fangseil 11 und dem mit dem Tragseil 9 verbundenen Beförderungsmittel 3 verbunden.
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Die gezeigte Anordnung ist hinsichtlich der Auffangvorrichtung 15 ein im Wesentlichen konservatives System. Es wäre aber gemäß einer bevorzugten Ausführungsform denkbar, zusätzlich zu dem Rückstellelement 27 ein Dämpfungselement anzubringen, auf dessen bildliche Darstellung zugunsten der Übersichtlichkeit hier verzichtet wird.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 202011106995 U1 [0006]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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