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Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung eines zweischichtigen Kunststoffes, insbesondere zur Herstellung eines zweischichtigen Kunststoffbehälters, und auf den zweischichtigen Kunststoff bzw. den zweischichtigen Kunststoffbehälter selbst.
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Als Kunststoff bezeichnet man einen Festkörper, der aus Monomeren hergestellt wird, wobei diese Monomere zumeist Moleküle, vorzugsweise organische Moleküle, sind. Die einzelnen Monomere werden in einer Polymerisationsreaktion zu Ketten verbunden, wobei diese Ketten sowohl linear als auch verzweigt oder vernetzt vorliegen können. Vorteilhaft ist es bei den so entstehenden Kunststoffen, dass sich ihre technischen Eigenschaften wie Formbarkeit, Härte, Elastizität, Bruchfestigkeit, Temperaturbeständigkeit und chemische Beständigkeit durch die Wahl der verwendeten Monomere, das Herstellungsverfahren und die Zugabe von Additiven sehr stark variieren lassen.
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So zeichnen sich z. B. Polyamide dadurch aus, dass sie einfach lackierbar sind und minimale Permeationswerte gegenüber Kraftstoffen aufweisen. Als Permeationswert bezeichnet man die Fähigkeit bestimmter Moleküle, eine Schicht aus dem jeweiligen Kunststoff zu durchdringen.
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Aus der
EP 0 180 216 B1 ist ein Lactam-Copolymer bekannt, welches aus einer Copolymerisation eines ω-Lactams und eines Dienpolymers mit einer Amino- oder Iminogruppe an den Molekülenden unter Zugabe eines alkalischen Katalysators und eines polyfunktionellen Cokatalysators hergestellt wird. Dieser Kunststoff zeichnet sich durch eine besonders hohe Schlagzähigkeit aus, worunter man die Fähigkeit eines Werkstoffes versteht, Stoß- und Schlagenergie zu absorbieren, ohne zu brechen.
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Der Einbau von Schlagzähmodifikatoren in Polyamide führt jedoch nicht nur zu erhöhter Schlagzähigkeit, sondern hat gleichzeitig auch Nebeneffekte zur Folge, die insbesondere für Kraftstofftanks unerwünscht sind. Hierzu gehören insbesondere eine Erhöhung der Kraftstoffaufnahme (Quellung) und eine damit einhergehende Erhöhung der Kraftstoffpermeation. Im Vergleich zum nicht modifizierten Polyamid verschlechtert sich durch eine Schlagzähmodifikation zudem häufig auch die Lackierbarkeit.
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Um dennoch einen Kunststoff herzustellen, der eine Vielzahl von Eigenschaften aufweist, die nicht durch einen einzigen Kunststoffwerkstoff abgedeckt werden können, werden vielfach mehrschichtige Verbundwerkstoffe bzw. Bauteile aus mehrschichtigen Verbundwerkstoffen eingesetzt. So beschreibt die
JP 10 181 655 A einen zweischichtigen Kraftstoffbehälter aus Kunststoff, dessen erste Schicht eine hohe Permeationsbarriere und dessen zweite Schicht eine hohe Schlagzähigkeit aufweist. Als Kunststoffe werden dabei Polyamide bzw. modifizierte Polyamide verwendet.
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Auch die
US 3,669,827 beschreibt einen Kraftstoffbehälter, der zweischichtig aufgebaut ist, wobei die Außenschicht aus Polyethylen und die innere Schicht aus Polyamid besteht. Aus der
GB 1 209 530 sind mehrschichtige Kraftstoffbehälter bekannt, die als System Polyamid 6/Polyethylen ausgebildet sind. Zahlreiche Kombinationen unterschiedlichster Werkstoffe beschreibt die
WO 03/045657 A1 .
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Allen diesen zweischichtigen Aufbauten ist gemeinsam, dass eine Verbindung zwischen den beiden Schichten der unterschiedlichen Kunststoffe ausschließlich durch Adhäsion bzw. Verschmelzen erfolgt. Die dadurch hergestellte Schichthaftung ist jedoch nicht so stark, dass über die gesamte Nutzungsdauer sichergestellt werden kann, dass sich die beiden Schichten nicht voneinander lösen.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, einen mehrschichtigen Kunststoff, ein mehrschichtiges Kunststoffbauteil sowie ein Verfahren zu deren Herstellung bereitzustellen, bei dem eine ausreichende Schichthaftung zwischen den einzelnen Schichten dauerhaft sichergestellt werden kann.
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Ein solcher zweischichtiger Kunststoff wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 hergestellt.
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Dazu wird zuerst, bevorzugt unter Schutzgasatmosphäre, besonders bevorzugt unter Stickstoffatmosphäre, eine aktivierte anionische Polymerisation mit einem ersten Gemisch durchgeführt, welches als Polymerisationskomponenten wenigstens eine zyklische Polyamidvorläuferverbindung sowie wenigstens einen Katalysator und wenigstens einen Aktivator enthält. Auf wenigstens eine Grenzfläche der bei der anionischen Polymerisation des ersten Gemisches entstandenen Polymer-Schicht wird ein zweites Gemisch aufgebracht und polymerisiert, wobei das zweite Gemisch als Polymerisationskomponenten wenigstens eine zyklische Polyamidvorläuferverbindung und wenigstens einen copolymerisierbaren Schlagzähmodifikator aufweist. Ferner enthält das zweite Gemisch wenigstens einen Katalysator und einen Aktivator. Die Funktion des Aktivators kann auch von dem Schlagzähmodifikator selbst übernommen werden. Es findet eine Substanzpolymerisation statt, in deren Verlauf sich ein Werkstoff oder ein fertiges Werkstück bzw. Bauteil bildet.
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Die Bedingungen der anionischen Polymerisation werden dabei über die Dauer des Einbringens des ersten Gemisches, der ersten Polymerisation, des Einbringens des zweiten Gemisches und der zweiten Polymerisation aufrecht erhalten.
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Die gilt insbesondere für die Steuerung/Regelung der Temperatur und die Reaktionsführung in einer Intergasatmosphäre, z. B. unter Stickstoff.
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Das erste Gemisch kann dabei in einer ersten Variante so ausgestaltet sein, dass es keinen copolymerisierbaren Schlagzähmodifikator enthält.
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In einer zweiten Variante ist es möglich, dass beide Schichten aus modifiziertem Polyamid bestehen, insbesondere entweder mit unterschiedlichen Modifikatoren und/oder mit unterschiedlichem Modifikatorgehalt. Die erste/äußere Schicht weist dabei vorzugsweise einen Modifikator und/oder einen (geringeren) Modifikatorgehalt auf, der die Schlagzähigkeit erhöht, jedoch so gewählt ist, dass die geforderten Permeationseigenschaften und die Lackierbarkeit des Endprodukts noch gewährleistet sind, während die zweite/innere Schicht einen höheren Modifikatorgehalt aufweist, da hier auf Permeation und Lackierbarkeit keine Rücksicht genommen werden muss.
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Zum Zeitpunkt des Aufbringens des zweiten Gemisches ist die anionische Polymerisation des ersten Gemisches mindestens teilweise abgeschlossen. Die meisten der durch die Polymerisation des ersten Gemisches gebildeten Ketten weisen bei Einsatz eines monofunktionellen Aktivators an mindestens einem ihrer Kettenenden eine Acyllactamgruppe auf. Diese endständigen Acyllactamgruppen stehen nach Zusatz des zweiten Gemisches als Ausgangspunkt für weiteres Kettenwachstum zur Verfügung, insbesondere sofern sie im Bereich der Grenzfläche für die Polymerisationskomponenten des zweiten Gemisches räumlich zugänglich sind. Es haben zu diesem Zeitpunkt folglich keine oder nur wenige Übertragungs- oder Abbruchreaktionen stattgefunden. Dazu ist es erforderlich, die Bedingungen der anionischen Polymerisation vom Beginn der Reaktion des ersten Gemisches über die Zugabe des zweiten Gemisches bis zum Abschluss der Polymerisation des zweiten Gemisches durchgehend aufrechtzuerhalten. Um dies zu erreichen, wird unter Inertgasatmosphäre gearbeitet, um sowohl die Anwesenheit von Reaktionsstoppern, d. h. Fängern der negativen Ladung, wie etwa H+-Ionen, wie auch das Ausmaß von unerwünschten Nebenreaktionen, auf ein Minimum zu begrenzen. Solche Reaktionen sind insbesondere bei Temperaturen oberhalb von 100°C begünstigt. Ein Abbruch der anionischen Polymerisation tritt zudem auch durch Anlagerung eines Protons auf, das z. B. aus einem Lösungsmittelmolekül oder aus im Reaktionsgemisch enthaltenem Wasser stammen kann.
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Weiterhin können sowohl dem ersten als auch dem zweiten Gemisch verstärkende Füllstoffe (z. B. Glasfasern, Kohlefasern und Polymerfasern), nicht-verstärkende Füllstoffe (z. B. Kalziumsulfat, Kalziumcarbonat, Bariumsulfat, Silikate, wie Wollastonit, Kaolin, Glimmer, Hornblende, Quarz, Glaskugeln und PTFE), Flammschutzmittel (z. B. Phosphorverbindungen, wie organische Phosphonate, Phosphate, Ammoniumpolyphosphate und halogenierte organische Verbindungen), Entformungsmittel (z. B. Silikonöle und hochschmelzende Wachse), Gleit- und Schmiermittel (z. B. paraffinische Öle), Antistatikmittel (z. B. quarternäre Ammoniumsalze), Mittel zur Erhöhung der thermischen und elektrischen Leitfähigkeit (Ruß, Metalle, Metalloxide und Carbon-Nanotubes), Farbstoffe, Pigmente, Stabilisatoren (z. B. UV-Stabilisatoren, wie Benzophenon-Derivate, Hydrolyseschutzmittel, wie Carbodiimide, Polycarbodiimide, Anti-Oxidantien, wie etwa sterisch gehinderte Amine und Phenole), Weichmacher (z. B. Adipate und Phthalate), Anti-Blockmittel (z. B. Paraffin-, Polyethylen- und Montanwachse), Verdickungsmittel (z. B. Vinylaromat-Dien-Copolymere) und Verarbeitungsadditive, wie z. B. Reaktivverzögerer, und Nukleierungsmittel, wie Molybdänsulfid, zugegeben werden.
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Als Katalysator für eine solche anionische Polymerisation können starke Basen, wie etwa Natron- oder Kalilaugen, verwendet werden; in der Praxis werden häufig auch Basen auf Basis von metallorganischen Verbindungen, wie z. B. Natriumalkoholate und Natriumamide, angewendet. Günstig ist insbesondere auch die Verwendung von Alkalimetallen, Alkalimetallsalzen von Lactamen, Alkalimetallalkoholaten, Alkalimetallhydroxiden und insbesondere bevorzugt von Alkalimetallhydriden. Weiterhin eignet sich die Verwendung von Alanaten gemäß der Formal M[AlHx(OR)4-x]n wobei gilt
M = Metall der Gruppe Ia oder IIa des Periodensystems,
R = CH2CH2OR' mit R' = C1-C4-alkyl,
x = 1 bis 4
n = Wertigkeit von M;
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Beispiele dafür sind Na-bis-(2-methoxy-ethoxy)dihydridalanat oder Na-tetra-(ε-Caprolactam)alanat.
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Als Aktivatoren können prinzipiell alle acylierenden Verbindungen entweder direkt oder nach Umsetzung mit dem jeweiligen Monomer der Polyamid-Vorläuferverbindung in Betracht kommen, dies sind u. a. Säureanhydride und Säurehalogenide (insbesondere Säurechloride), organische Peroxide, Ester, Lactone, Harnstoffe und Thioharnstoffe sowie lineare oder zyklische Isocyanate und Allophanate bzw. Mischungen aus diesen Stoffen. Auch niedermolekulare Polymere, oft als Präpolymere bezeichnet, mit N-Acyllactam-Endgruppen können verwendet werden. Besonders günstig ist die Verwendung von Acylcaprolactam, Polycarbodiimiden und Mono- und Polyisocyanaten und deren Derivaten. In Abhängigkeit von den Endgruppen des copolymerisierbaren Schlagzähmodifikators wird für das betreffende Gemisch bevorzugt ein bi- oder mehrfunktioneller Aktivator eingesetzt, z. B. Diisocyanate oder deren Derivate, wie beispielsweise das Hexamethylen-1,6-bis-carbamido-caprolactam.
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Die Verwendung von Caprolactam, Laurinlactam oder einer Mischung aus diesen beiden Verbindungen bietet den Vorteil, dass gut bekannte und auf dem Markt verhältnismäßig günstig verfügbare Polyamid-Vorläuferverbindungen eingesetzt werden. Zudem zeichnet sich das aus ε-Caprolactam entstehende Polyamid PA6 durch eine hohe Schmelztemperatur und eine gute Zugfestigkeit aus. Das aus Laurinlactam hergestellte Polyamid PA12 weist hingegen eine besonders hohe Zähigkeit aus und zeigt außerdem im Vergleich mit anderen Polyamiden eine besonders geringe Feuchtigkeitsaufnahme und damit eine gegenüber PA6 minimierte Permeabilität insbesondere in Bezug auf polare Medien.
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Es hat sich als vorteilhaft herausgestellt, das zweite Gemisch auf wenigstens einer Grenz- bzw. Oberfläche der bei der Polymerisation des ersten Gemisches entstandenen Schicht nach einer Polymerisationszeit des ersten Gemisches von 30 bis 600 Sekunden, bevorzugt 80 bis 300 Sekunden, besonders bevorzugt 100 Sekunden bis 200, aufzugeben. So kann sichergestellt werden, dass sich bei einer ausreichenden Menge an (deprotonierten) Lactammonomeren und aktiven Kettenenden an der Grenz- bzw. Oberfläche der ersten Schicht die Polymerisation fortsetzt. Diese Fortsetzung des Kettenwachstums ist einer von zwei wichtigen Mechanismen zur erwünschten chemischen Verknüpfung der beiden Schichten.
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Der Reaktionsablauf erfolgt zudem besonders gut, wenn das zweite Gemisch auf wenigstens einer Grenzfläche des ersten Gemisches bei einer Temperatur der ersten Schicht in einem Bereich von wenigstens 100°C, bevorzugt 140°C, und der Schmelztemperatur der entstandenen ersten Schicht aufgebracht wird. So kann sichergestellt werden, dass bei Aufgabe des zweiten Gemisches eine Temperatur vorliegt, die für einen vollständigen Reaktionsablauf ausreichend, jedoch in keinem der beiden Gemische so hoch ist, dass es zu unerwünschten Nebenreaktionen oder Aufschmelzen kommt.
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Unter einem copolymerisierbaren Schlagzähmodifikator versteht man ein Monomer, ein Oligomer, ein Präpolymer oder ein Polymer, welches unter den für die Polymerisation der jeweiligen Polyamid-Vorläuferverbindung benötigten Bedingungen ebenfalls copolymerisiert. Indem die so entstehenden Polymerketten nicht mehr nur aus dem eigentlichen Monomer der Polyamid-Vorläuferverbindung aufgebaut sind, sondern auch Einheiten des Schlagzähmodifikators aufweisen, lassen sich die Eigenschaften des resultierenden Polymers in gewünschter Weise beeinflussen. Als copolymerisierbare Schlagzähmodifikatoren eignen sich insbesondere Polyether, Dienpolymere oder Butadien-Acrylnitril-Copolymere mit einem Molekulargewicht von 800 g/mol bis 15000 g/mol, bevorzugt 1500 g/mol bis 10000 g/mol, die an mindestens einem ihrer Kettenenden entweder primäre oder sekundäre Amingruppen, beispielsweis auch in Form eines Heterocyclus mit einer N-H-Funktionalität (z. B. Pyrrolidin, Piperidin oder Piperazin) oder Acyllactamendgruppen oder Carbamidolactamendgruppen aufweisen. Auch der Einsatz von endständigen Hydroxygruppen (R-OH) ist möglich. Insvesondere bei Einsatz copolymerisierbarer Schlagzähmodifikatoren mit Aminendgruppen werden als bi- oder mehrfunktionelle Aktivatoren eingesetzt, die mit einem ihrer aktiven Enden mit der bzw. einer Endgruppe des Modifikators reagieren und mit ihrem zweiten bzw. den weiteren aktiven Enden als Ausgangspunkt für das Anwachsen einer bzw. mehrerer Polyamidketten an den Schlagzähmodifikator dienen.
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Bei Einsatz von Schlagzähmodifikatoren mit Acyllactamendgruppen und/oder Carbamidolactamendgruppen, die als Aktivator der anionischen Polymerisation wirken, kann auf den Zusatz eines separaten Aktivators zu dem den Schlagzähmodifikator enthaltenden Polymerisationsgemisch verzichtet werden kann.
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Es hat sich weiterhin als vorteilhaft herausgestellt, wenigstens eine der Polymerisationen der jeweiligen Gemische bei einer Temperatur unterhalb des Schmelzpunktes des jeweiligen Polyamids zu aktivieren und durchzuführen, da so unerwünschtes Schmelzen innerhalb des entstehenden Polymeren bzw. der schon vorhandenen Schicht verhindert werden kann. Dies empfiehlt sich insbesondere bei der Verwendung von Caprolactam oder Laurinlactam, da deren Polymerisationsreaktionen exotherm verlaufen.
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Die Erfindung umfasst weiterhin die Durchführung des beschriebenen Verfahrens als Rotationsverfahren. Dazu wird zunächst ein Formwerkzeug aufgeheizt, bevor es dann in einen Polymerisationsofen überführt wird. Vorwärm- und Polymerisationsofen können dabei als zwei getrennte Komponenten konzipiert oder direkt hintereinander angeordnet werden. Auch die Nutzung ein und derselben Vorrichtung sowohl zum Vorwärmen als auch zum Polymerisieren ist möglich. In das so vorgewärmte Formwerkzeug wird, vorzugsweise nach Spülen mit Inertgas, anschließend ein Gemisch eingebracht, welches wenigstens eine Polyamid-Vorläuferverbindung, wenigstens einen Aktivator und einen Katalysator enthält. Auch die Zugabe von anderen Stoffen in dieses Gemisch ist möglich. Es hat sich dabei als besonders günstig herausgestellt, wenn alle Polymerisationskomponenten unmittelbar vor dem Einbringen des Gemisches in das vorgewärmte Formwerkzeug bereits miteinander vermischt und als eine Zubereitung eingebracht werden. Nachdem dieses erste Gemisch in der Form mindestens teilweise polymerisiert ist, bevorzugt bei Temperaturen oberhalb von 100°C und nach einer Zeit von wenigstens 30 Sekunden, wird das zweite Gemisch in die Form eingebracht, wobei die Schutzgasatmosphäre weiterhin aufrecht erhalten wird. Das zweite Gemisch enthält wenigstens eine Polyamid-Vorläuferverbindung, wenigstens einen Katalysator und wenigstens einen Aktivator und zudem wenigstens einen copolymerisierbaren Schlagzähmodifikator. Anschließend werden das erste Gemisch im Bereich wenigstens einer Grenzfläche mit dem zweiten Gemisch und das zweite Gemisch gemeinsam einer weiteren Polymerisationsreaktion unterworfen. Danach wird das Formwerkzeug auf eine Temperatur abgekühlt, bei der das entstandene Kunststoffprodukt entformt werden kann.
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Dieses Verfahren hat den grundsätzlichen Vorteil, dass der so entstehende Kunststoff zur Formgebung nicht aufgeschmolzen werden muss. Dadurch wird der Phasenübergang zwischen Schmelze und Feststoff nicht durchlaufen, und das Verfahren ergibt Produkte mit geringerer Formschwindung und besserer Dimensionsstabilität. Die entstehenden Schichten bestehen jeweils aus einem hochmolekularen und sehr kristallinen Polyamid, das sich auf Grund des Fertigungsverfahrens durch ein niedriges spezifisches Gewicht, eine hohe mechanische Belastbarkeit, sehr gute Gleiteigenschaften und eine hervorragende Chemikalienbeständigkeit auszeichnet und – da die Formen nicht unter Druck gefüllt werden – nur geringe innere Spannungen aufweist.
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In gleicher Weise ist es möglich, Kunststoffbauteile aus einem Kunststoff herzustellen, der nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erzeugt wurde. Dazu wird der zweischichtige Kunststoff nach seiner Herstellung in weiteren Schritten, beispielsweise durch spanende oder verformende Verfahren, z. B. Tiefziehen, bearbeitet.
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Besonders vorteilhaft ist es dabei, wenn während der Dauer der ersten Polymerisation, des Aufbringens des zweiten Gemisches und der zweiten Polymerisation die Temperatur des Formwerkzeugs konstant gehalten wird oder aber ein Temperaturprogramm abgefahren wird. So können Aufschmelzen des Kunststoffes und unerwünschte Nebenreaktionen, insbesondere der Abbruch der Polymerisation, verhindert werden. Dies ist insbesondere auch deshalb vorteilhaft, weil bei Verwendung von Caprolactam und Laurinlactam aufgrund des exothermen Charakters der Reaktion die Temperatur im Formwerkzeug ansteigen kann. Auch durch das Einbringen des zweiten Gemisches kann es anderenfalls innerhalb der Form zu schnellen Temperaturänderungen kommen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren lässt sich gleichermaßen erfolgreich mit anderen Gussverfahren, wie etwa Standguss- oder Schleudergussverfahren durchführen.
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Die Erfindung umfasst weiterhin einen zweischichtigen Kunststoff mit den Merkmalen des Anspruchs 7. Die erste Schicht dieses Kunststoffs besteht aus Polyamid, die zweite Schicht aus einem wenigstens einen chemisch eingebauten Schlagzähmodifikator enthaltenden Polyamid, wobei die Polymerketten der ersten Schicht mit Polymerketten der zweiten Schicht chemisch verknüpft sind. Dies wird dadurch ermöglicht, dass die Kettenenden der gebildeten Polymerketten nach der ersten Polymerisation aus N-Acyllactam bestehen, woran weiteres Lactamat nach Aufbringen des zweiten Gemisches unter geeigneten Bedingungen erneut angreifen kann. Dadurch setzen diejenigen Polyamid-Ketten, deren aktive Enden sich im Bereich der Grenzfläche befinden, ihr Wachstum in der zweiten Schicht fort.
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Insbesondere erstreckt sich der erfindungsgemäße Gedanke auch auf einen zweischichtigen Kunststoffbehälter nach Anspruch 9, dessen Wand eine erste/äußere Schicht aus Polyamid und eine zweite/innere Schicht aus einem schlagzähmodifizierten Polyamid aufweist, wobei die zweite/innere und die erste/äußere Wandschicht an ihren jeweiligen Grenzflächen chemisch miteinander verknüpft sind.
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Bevorzugt hat die erste/äußere Wandschicht eines solchen zweischichtigen Kunststoffbehälters eine Dicke von 0,5 bis 15 mm, ganz besonders bevorzugt von 1 bis 10 mm, und die zweite/innere Wandschicht eine Dicke von 0,5 bis 15 mm, insbesondere bevorzugt 1 bis 10 mm.
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Ein solcher zweischichtiger Kunststoffbehälter eignet sich in besonderer Weise als Kraftstofftank für Kraftfahrzeuge, insbesondere für Motorradtanks, da an diese besondere und von einem einzigen Kunststoffwerkstoff nicht gleichzeitig erfüllbare Anforderungen gestellt werden. So darf die Permeation von Kraftstoff oder Kraftstoffbestandteilen bestimmte Grenzwerte nicht übersteigen. Der Tank muss außerdem mechanisch stabil sein, um Schlag- und Stoßbeanspruchungen auch bei tiefen Temperaturen unbeschadet zu überstehen. Außerdem sollte insbesondere bei Motorrädern der Tank lackierbar sein.
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Die Permeationswerte von reinen Polyamidschichten, insbesondere von reinem Polyamid 6 und reinem Polyamid 12 gelten als sehr gut. Mit einem gemäß der vorliegenden Erfindung hergestellten Kraftstofftank werden die strengen Permeationsrichtlinien nach EPA 40 CFR (insbesondere § 1051.515) ebenso erfüllt wie die Anforderungen nach SAE J1241 bezüglich der Schlagfestigkeit, was die Verwendung solcher Kraftstofftanks auch in den Märkten in den USA und Kanada erlaubt.
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Neben diesem beschriebenen Kunststoff bzw. dem zweischichtigen Kunststoffbehälter können diese zwei Schichten, welche chemisch miteinander verknüpft sind, sich auch in mehrschichtigen (dreischichtig, vierschichtig, etc.) Produkten mit beliebiger Schichtung finden.
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In einer weiteren Abwandlung des Erfindungsgedankens kann mindestens eines der beiden Gemische zusätzlich auch einen Vernetzungsinitiator enthalten, der, entweder thermisch oder strahleninduziert, eine zusätzliche Vernetzung innerhalb des Kunststoffs bewirkt. Hierfür kommen beispielsweise organische Peroxide oder Triallylisocyanurat (TAIC) in Betracht.
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Weitere Ziele, Merkmale, Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung eines Ausführungsbeispiels und der Zeichnung. Dabei bilden alle beschriebenen Merkmale für sich oder in beliebiger Kombination den Gegenstand der Erfindung, unabhängig von ihrer Zusammenfassung in den Ansprüchen oder deren Rückbezügen.
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Es zeigen:
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1 Strukturformeln möglicher Ausgangsstoffe,
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2 Strukturformeln möglicher Endgruppen der Schlagzähmodifikatoren,
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3 Mechanismus des Kettenwachstums und der Schichtverknüpfung und
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4 Mechanismus der Ketten- und Schichtverknüpfung.
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1 zeigt die Strukturformeln möglicher Edukte, die sowohl für das erste als auch für das zweite Gemisch verwendet werden. Im Einzelnen sind dies Caprolactam als Beispiel einer zyklischen Polyamidvorläuferverbindung, Natriumlactamat als Katalysator und zwei verschiedene Aktivatoren.
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2 zeigt als mögliche Endruppen der Schlagzähmodifikatoren allgemein die Strukturen eines primären und eines sekundären Amins sowie beispielhaft Endgruppen auf Basis der zyklischen Stickstoffverbindungen Piperazin, Piperidin und Pyrrolidin, wobei die Reste R jeweils den Schlagzähmodifkator darstellen, also einen Polyether, ein Dienpolymer oder ein Acrylnitril-Budatien-Copolymer. In 2 sind nominell monofunktionelle Schlagzähmodifikatoren dargestellt. Es können jedoch auch nominell bi-, tri, oder mehrfunktionelle Schlagzähmodifikatoren eingesetz werden, wobei die tatsächliche Endgruppenfunktionalität aufgrund der prä-polymeren bzw. polymeren Natur des Schlagzähmodifikators geringer sein kann als die nominelle Funktionalität.
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Das in 3 gezeigte Kettenwachstum entsteht nach dem Prinzip der anionischen Polymerisation am Beispiel eines Lactam-Moleküls als Vertreter für zyklische Polyamide. Die als Katalysator eingesetzte starke Base deprotoniert ein Lactam-Monomer, wodurch ein Lactamat-Anion entsteht, das mit seinem negativ geladenen Stickstoffatom das positiv polarisierte C-Atom eines aktivierten Lactams bzw. der Acyllactam-Endgruppe eines wachsenden Polymeren unter Ringöffnung angreift. Dadurch entsteht ein um eine Monomereinheit verlängertes Anion, das durch Protonenaustausch mit einem weiteren Lactam-Molekül ein Lactamat-Anion regeneriert, welches dann seinerseits wieder in der oben beschriebenen Weise die Reaktionskette fortsetzt. Reaktive Anionen können auch innerhalb bestehender Polymerketten neu entstehen, da prinzipiell jede NH-Gruppe im Rahmen des Säure-Base-Gleichgewichts durch den Katalysator oder eine sonstige anwesende Base deprotoniert werden kann. Der deprotonierte Stickstoff kann dabei jede Carbonylgruppe angreifen, so dass es nicht nur zu Kettenverlängerungen, sondern auch zu Kettenverzweigungen kommt.
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Eine zusätzliche chemische Verknüpfung zwischen den Schichten – und auch zwischen nicht-modifizierten und schlagzähmodifizierten Polymermolekülen – wird durch weitere, in 4 gezeigte Reaktionen bewirkt, die unter den erfindungsgemäßen Verfahrensbedingungen parallel zur anionischen Polymerisation stattfinden. Dabei greift ein deprotoniertes, negativ geladenes Stickstoffatom einer Polymerkette A das aktive Kettenende einer zweiten Polymerkette B am Carbonyl-Kohlenstoffatom der Acylgruppe an. Dies führt im Endergebnis zu einer Verzweigung durch Pfropfung der Polymerkette B auf die Polymerkette A. Da die Polymerketten A und B jeweils nicht-modifizierte wie auch schlagzähmodifizierte Polymerketten sein können, sind in dem resultierenden zweischichtigen Kunststoff sowohl die beiden Schichten wie auch die beiden unterschiedlichen Kunststoffe (Polyamid und schlagzähmodifiziertes Polyamid) chemisch miteinander verknüpft sowie leicht vernetzt. In 4 ist der negativ geladene und nukleophil angreifende Stickstoff beispielhaft als im Verlauf der anionischen Lactampolymerisation unmittelbar nach Ringöffnung vorliegende Spezies dargestellt. Ebensogut können jedoch im Rahmen des allgemeinen Säure-Base-Gleichgewichts auch NH-Gruppen der Polymerkette A deprotoniert werden, die weiter vom Kettenende entfernt sind. Die Reaktion zwischen den Ketten A und B verläuft dann analog.
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Beispiel
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Ein Formwerkzeug für ein Rotationsformverfahren, welches die Form eines Kraftstoffbehälters eines Kraftfahrzeuges hat, wird mittels einer Temperaturrampe innerhalb einer Aufheizzeit von 12 Minuten auf eine Temperatur von 200°C gebracht. Beim Rotationsformen wird ein Formwerkzeug langsam biaxial rotiert, so dass sich das in das Formwerkzeug eingebrachte Material im Wesentlichen gleichmäßig entlang der Innenfläche der Form verteilt und an der Wandung ablagert.
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Bevor dieses Formwerkzeug gleichmäßig um die Achsen seiner Einspannung rotiert, wird das erste Gemisch eingefüllt. Dieses erste Gemisch besteht bei dem dargestellten Ausführungsbeispiel aus 950 g ε-Caprolactam, 3 g Natrium-Caprolactamat als Katalysator und 4,25 g Hexamethylen-1,6-bis-carbamido-caprolactam als Aktivator. Katalysator und Aktivator werden separat jeweils zusammen mit einer Teilmenge des Caprolactams aufgeschmolzen. Die Schmelzen werden unmittelbar vor dem Einbringen in das Formwerkzeug vereinigt und dann in das aufgeheizte Formwerkzeug eingespritzt. Durch die Rotationsbewegung verteilt sich das Gemisch im Wesentlichen gleichmäßig über die gesamte innere Oberfläche des Formwerkzeuges und polymerisiert dort bei einer Temperatur unterhalb von 220°C für 240 Sekunden.
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Anschließend wird das zweite Gemisch in das Innere des Formwerkzeuges eingebracht. Dieses zweite Gemisch besteht aus 905 g ε-Caprolactam, 4,5 g Natrium-Caprolactamat und 3 g 1,6-Diisocyanatohexan, O=C=N-(CH2)6-N=C=O als Aktivator. Als Schlagzähmodifikator werden 50 g eines modifizierten Polyethers eingesetzt (Firma Rhein-Chemie, Typbezeichnung 2-8112). Während des Einbringens des zweiten Gemisches wird die Temperatur des Formwerkzeuges weiterhin unterhalb von 220°C gehalten. Auch hier erfolgt das Einbringen durch getrenntes Vorschmelzen des Katalysators mit einer Teilmenge Caprolactam sowie des Aktivators und Schlagzähmodifikators mit einer Teilmenge Caprolactam und anschließendes Einspritzen. Unter fortgesetzter Rotation des Formwerkzeuges wird die Temperatur für weitere 220 Sekunden auf einem Wert von unter 220°C gehalten, wobei das zweite Gemisch im Formwerkzeug an der Grenz- bzw. (Innen-)Oberfläche der ersten/äußeren Schicht polymerisiert.
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Anschließend wird das Formwerkzeug mittels einer Temperaturrampe binnen 12 Minuten auf Zimmertemperatur abgekühlt, so dass der fertige Behälter entnommen werden kann.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 0180216 B1 [0004]
- JP 10181655 A [0006]
- US 3669827 [0007]
- GB 1209530 [0007]
- WO 03/045657 A1 [0007]