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Die Erfindung betrifft Polyurethanbeschichtungen, die die Stoß- und Biegefestigkeit von Glas- und Glaskeramikformkörpern erhöhen. Die beschichteten Glas- oder Glaskeramikartikel können insbesondere als Kochflächen oder Bedienblenden von Haushaltsgeräten verwendet werden.
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Beschichtungen, die die Festigkeit von Glas oder Glaskeramikscheiben erhöhen, haben den Vorteil, dass sie die Bruchraten der Scheiben bei dem Transport, der Weiterverarbeitung, der Montage und im Gebrauch verringern, wodurch der Anbieter Kosten einspart und der Gebrauchswert für den Endkunden erhöht wird. Festigkeitserhöhende Beschichtungen ermöglichen es auch, die Dicke (und damit das Gewicht) der Scheiben zu verringern, ohne dass die Festigkeit unter das jeweils zulässige Niveau sinkt. Es sind daher bereits zahlreiche Versuche unternommen worden, insbesondere die Festigkeit von Glas- oder Glaskeramikscheiben, die z. B. als Glaskeramik-Kochflächen oder Bedienblenden verwendet werden, durch Beschichtungen zu erhöhen.
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In
DE 199 50 383 A1 ,
US 2008 0 050 529 A1 und
WO 2006 013 296 A1 werden zur Erhöhung der Festigkeit von Glasscheiben oder Glaskeramik-Kochflächen wässrige oder nicht-wäßrige Siloxanlösungen vorgeschlagen, wobei das reaktive Siloxan mit einem Reaktionspartner (Alkohol, Amin o. ä.) vernetzt. Die Erhöhung der Festigkeit beruht darauf, dass die Beschichtung prozessbedingte Kratzer und andere Oberflächenschäden zumindest teilweise ausgleicht. Die Festigkeit des Substrates wird durch diese Schichten nicht über das ursprüngliche Niveau des unversehrten Substrates gehoben. In
DE 199 50 383 A1 werden die Schichten daher als festigkeitserhaltend bezeichnet. In
US 2008 0 050 529 A1 und
WO 2006 013 296 A1 wird keine Aussage darüber gemacht, ob durch die Beschichtung auch die Festigkeit des unbeschädigten (unverkratzten) Substrats erhöht wird oder ob die Festigkeit des beschädigten Substrates durch die Beschichtung über das Niveau des unbeschädigten Substrates gehoben wird. Die beschriebenen Sol-Gel-Beschichtungssysteme haben den gravierenden Nachteil, dass sie nicht lagerstabil sind, also vor der Anwendung frisch hergestellt werden müssen.
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In
WO 2005 092 810 A2 und
WO 2005 092 811 A2 werden Glasscheiben und Glaskeramik-Kochflächen beschrieben, deren Biegefestigkeit durch Siliconbeschichtungen über das Niveau des unversehrten Substrates hinaus erhöht wird. Die Siliconbeschichtungen erhöhen gemäß
WO 2005 092 811 A2 die Festigkeit teils erheblich. In Beispiel 3 aus
WO 2005 092 811 A2 wird in Tabelle II zusammen mit der jeweils erreichten Festigkeit auch die Probenanzahl genannt, so dass eine statistische Auswertung der angegebenen Festigkeiten und Standardabweichungen möglich ist. Die Auswertung auf der Basis eines Vertrauensbereichs von 95% ergibt nur bei den Proben, die 15 h bei 400°C gealtert wurden, eine signifikante Erhöhung der Festigkeit. Die Festigkeitserhöhung durch die Siliconbeschichtung, die bei 250°C vernetzt wurde oder die 9 h bei 510°C gealtert wurde, ist dagegen nicht signifikant. Es ist daher fraglich, ob mit Siliconschichten tatsächlich die Festigkeit von Glaskeramikplatten gesteigert werden kann. Dagegen sprechen die Ergebnisse mit dem Siliconsystem, das in
DE 10 2008 058 318 B3 vorgestellt wird, bei dem keine festigkeitssteigernde Wirkung gefunden wurde. Siliconbeschichtungen haben auch den Nachteil, dass sie die Haltbarkeit der Verklebung der Kochfläche mit der Kochmulde herabsetzen können. Als festigkeitssteigernd werden in
WO 2005 092 811 A2 auch Polyimid-, Polyamid-Beschichtungen und Beschichtungen aus fluorierten organischen Verbindungen genannt, ohne dass die Wirkung mit einem Beispiel belegt wird.
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In
DE 024 37 026 A1 wird erwähnt, dass die Festigkeit einer Glaskeramik-Kochflächedurch beidseitige Beschichtung der Glaskeramik erhöht werden kann, wenn die Beschichtungen eine Druckspannung erzeugen. Beispiele für derartige Schichten werden in
DE 024 37 026 A1 nicht genannt. Aus
US 3,573,072 ,
US 4,755,488 und
DE 10 2006 056 088 A1 ist jedoch bekannt, dass Druckspannungen durch Behandlung von Glaskeramik mit Salzschmelzen oder Salzlösungen, d. h., durch Ionenaustausch, erzeugt werden können. Der Nachteil der Ionenaustauschverfahren besteht neben dem großen fertigungstechnischen Aufwand darin, dass die Oberfläche der Glaskeramik durch die Behandlung unansehnlich oder in ihren Eigenschaften (z. B. bzgl. der Haftung oder Kratzfestigkeit weiterer Beschichtungen) nachteilig verändert werden kann.
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DE 037 39 279 A1 beschreibt ein optisches Filtersystem, das die Festigkeit von Glaskeramikscheiben steigert und aus 21 Lagen Titanoxid und Siliciumoxid besteht. Der Nachteil des Beschichtungssystems ist die aufwendige Herstellung der einzelnen Lagen.
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Eine weitere Möglichkeit, die Festigkeit von Glaskeramikscheiben zu steigern, ist gemäß
EP 1 119 524 B1 und
WO 2009 092 974 A2 die Anwendung spezieller Emailzusammensetzungen für die oberseitige Dekoration. Durch Anpassung der Rezeptur kann die Festigkeit der beschichteten Glaskeramik gemäß
EP 1 119 524 B1 von 70 MPa auf über 120 MPa gesteigert werden. Gemäß
WO 2009 092 974 A2 kann die Festigkeit sogar von 52–88 MPa auf 180–262 MPa gesteigert werden. Versuche mit den beschriebenen Emailzusammensetzungen bestätigten zwar die hohen Festigkeiten, die Emails erwiesen sich aber für die oberseitige Dekoration von Kochflächen als ungeeignet, weil z. B. die Haftung zum Substrat gering oder die Abriebbeständigkeit unzureichend waren.
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In
WO 2006 040 754 A2 wird zur Herstellung von schusssicheren Panzern (für Personen und Fahrzeuge) u. a. vorgeschlagen, Glaskeramik mit einer teilkristallinen Polymerschicht zu verstärken. Um eine optimale Haftung der Polymerschicht auf der Glaskeramik sicherzustellen, werden z. B. Polyurethane als Klebstoffe verwendet. Die erhöhte Schutzwirkung des Panzers besteht darin, dass die Polymerschicht Projektile, die die Glaskeramik durchdrungen haben und Glaskeramiksplitter aufhält.
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WO 2004 016 561 A1 nennt bruchsichere Scheiben, die auf einer Seite mit einer Polyurethanbeschichtung versehen sind. Die Polyurethanbeschichtung wird im geschmolzenen Zustand aufgebracht und dann durch Feuchte oder UV-Licht gehärtet.
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Die Beschichtung verhindert bei dem Bruch der Scheibe, dass Glassplitter umherfliegen. Die verwendete Polyurethanbeschichtung hat keine festigkeitserhöhende Wirkung.
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Polyurethanschichten auf Glas oder Glaskeramik sind aus
DE 041 04 983 C1 ,
DE 10 2006 027 739 B4 und
WO 2007 025 011 A1 bekannt. In diesen Schriften wird jedoch keine festigkeitssteigernde Wirkung der Polyurethanschichten beschrieben. Vielmehr dienen die Polyurethane in den beschriebenen Lacken als klassische Bindemittel zur Fixierung von Pigmenten oder zur Erzeugung ebener Schichten aus Klarlack.
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Die bekannten Möglichkeiten zur Erhöhung der Festigkeit von Glas- oder Glaskeramikkörpern, insbesondere Scheiben, sind entweder fertigungstechnisch sehr aufwendig oder verändern die Eigenschaften des Glases oder der Glaskeramik nachteilig.
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Die Aufgabe bestand daher darin, für Glas- oder Glaskeramikformkörper, insbesondere für Glas- oder Glaskeramikscheiben, ein Beschichtungssystem zu finden, das
- – die Biege- und Stoßfestigkeit des Substrats erhöht
- – fertigungstechnisch einfach umsetzbar ist
- – stabil bei der Lagerung und der Verarbeitung ist bei niedrigen Temperaturen vernetzt (vorzugsweise unter 200°C)
- – eine kratzfeste, haftfeste Beschichtung ergibt, die
- – chemisch beständig gegenüber Wasser und Öl ist und eventuell
- – farbstabil bei thermischer Belastung bis 150°C ist
- – ausreichend opak ist, um betriebslose Leuchtanzeigen und andere Bauteile zu verdecken
- – einfach strukturierbar ist und
- – in zahlreichen Farbtönen erhältlich ist
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In besonderen Fällen soll das Beschichtungssystem auch für kapazitive Berührungsschalter oder Infrarot-Berührungsschalter geeignet sein.
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Die Lösung der Aufgabe gelingt mit einem organischen Lack auf Basis blockierter Polyisocyanate. Der Lack kann klar sein (ohne Pigmente und Farbstoffe) oder mit Farbmitteln eingefärbt sein.
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Derartige Einbrenn-Polyurethansysteme erhöhen die Stoßfestigkeit des unbeschichteten, unversehrten Glas- oder Glaskeramik-Substrats signifikant und haben den Vorteil, dass sie bereits bei sehr niedrigen Vernetzungstemperaturen und sehr kurzen Vernetzungszeiten, die weder bei den erwähnten Sol-Gel-Systemen, noch den bekannten Emailsystemen möglich sind, ausreichende Kratz- und Haftfestigkeiten bei Schichtdicken im Mikrometerbereich erreichen, dass bei geeigneter Pigmentierung oder Einfärbung opake Schichten zugänglich sind, dass sie im Vergleich zu Ionenaustauschverfahren oder mehrlagigen, optischen Filtersystemen die Festigkeit kostengünstig und auf einfache fertigungstechnische Weise erhöhen, dass sie stabil sind bei der Lagerung und der Verarbeitung sowie dass sie mittels Siebdruck in einfacher Weise strukturiert aufgebracht werden können.
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Das blockierte Polyisocyanat spaltet erst bei Wärmezufuhr das Blockierungsmittel ab, so dass die Vernetzungsreaktion durch thermische Behandlung gestartet werden muss. Zum Starten der Vernetzungsreaktion genügen relativ niedrige Temperaturen von nur 100–250°C, vorzugsweise 160–200°C. Oberhalb 250°C zersetzt sich das Polyurethansystem nach längerer Zeit (1–2 Stunden) merklich unter Braunfärbung. Unterhalb von 150°C ist das Polyurethansystem thermisch und chemisch sehr stabil. Die Polyurethanschichten besitzen beispielsweise eine hohe Beständigkeit gegenüber Ölen und Wasser und verfärben sich nicht bei längerer thermischer Belastung (z. B. 12 h 150°C).
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Aufgrund der hohen Transparenz und des geringen Streuvermögens des reinen Polyurethanfilms sind durch geeignete Auswahl, Kombination und Mengenanteile von Farbmitteln beliebig viele Farbtöne einstellbar. Das Polyurethansystem kann siebdruckfähig eingestellt werden, so dass Strukturen wie z. B. großflächige Aussparungen, aber auch Linienbänder, Punkte o. ä. mit geringem technischen Aufwand hergestellt werden können.
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Mit der Siebdrucktechnik kann die Polyurethanschicht im Heißbereich von Kochflächen, wo über 150°C erreicht werden auf einfache Weise ausgespart werden, während in demselben Druckschritt im Kaltbereich dekorative Elemente und großflächig beschichtete Bereiche erzeugt werden können. Wenn die Polyurethanschicht opak pigmentiert ist, kann sie bei Kochflächen aus translucenter Glaskeramik (z. B. CERAN HIGHTRANS
®) als Streulichtabdeckung verwendet werden, die im Gegensatz zu den aktuell verwendeten Polymerschichten (gemäß
DE 35 03 576 C2 ,
DE 101 22 718 C2 ) den Vorteil hat, nicht nur die Ausbreitung von Streulicht zu verhindern, sondern auch die Festigkeit der beschichteten Bereiche signifikant zu erhöhen.
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Insbesondere bei farblosen (nicht eingefärbten) Substraten ist die Möglichkeit zum strukturierten Auftrag einer oder mehrerer Polyurethanfarben ein großer Vorteil. Um eine maximale festigkeitserhöhende Wirkung zu erreichen, sollte ein hoher Belegungsgrad (50–80%), idealerweise ein Belegungsgrad von 100% der verfügbaren Substratfläche, angestrebt werden.
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Aus der großen Anzahl verfügbarer Polyisocyanate, also mehrfunktionellen Isocyanaten mit mehreren freien Isocyanatgruppen wie
- – aromatischen Polyisocyanaten, z. B. 2,4-Toluylendiisocyanat (TDI), 4,4'-Diphenylmethandiisocyanat (MDI)
- – cycloaliphatischen und araliphatischen Polyisocyanaten, z. B. Isophorondiisocyanat (IPDI), 2,4-Methylcyclohexyldiisocyanat (HTDI), Xylylendiisocyanat (XDI)
- – aliphatischen Polyisocyanaten, z. B. Hexamethylendiisocyanat (HDI) oder Trimethylhexylmethylendiisocyanat (TMDI)
werden aliphatische Isocyanate bevorzugt verwendet, weil sie die thermisch stabilsten Polyurethane bilden und die aus ihnen formulierten Beschichtungen daher auch für Bedienblenden oder Kochflächenbereiche, die sich kurzzeitig auf 150°C–250°C erwärmen können, geeignet sind. Insbesondere mit HDI können Lacke erhalten werden mit ausgezeichneter thermischer Stabilität und Vergilbungsresistenz. In den Lacken werden i. d. R. nicht die monomeren Isocyanate eingesetzt, sondern Oligomere oder Polymerisate der Monomeren, z. B. ihre Dimere, Trimere oder höhere Polymerisate sowie Biurete, Isocyanurate oder Addukte an Trimethylolopropan oder andere mehrwertige Alkohole, weil durch die Molekülvergrößerung schwerflüchtige, leichter zu handhabende Komponenten erhalten werden.
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Mit aliphatischen Isocyanaten können Urethane erzeugt werden, die sich erst bei 200–250°C zersetzen. Die thermische Stabilität von Polyurethanschichten aus aliphatischen Polyisocyanaten ist daher ausreichend für die Anwendung in denjenigen Bereichen von Kochflächen, die sich normalerweise nicht über 150–200°C erhitzen oder nur kurzzeitig (1–5 min) auf höchstens 200–250°C erwärmt werden, wenn z. B. ein äußerst heißer Kochtopf von der Kochstelle auf den Kaltbereich gelangt.
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Insbesondere bei den klassischen, schwarz eingefärbten Glaskeramik-Kochflächen aus CERAN HIGHTRANS® oder den opaken, weißen Glaskeramik-Kochflächen aus CERAN ARCTICFIRE® können Polyurethanschichten zur Steigerung der Festigkeit angewendet werden, indem sie im Kaltbereich auf der Unterseite, die dem Benutzer abgewandt ist, aufgebracht werden. Bei Kochflächen aus eingefärbter Glaskeramik werden Farbänderungen der Polyurethanschicht, die durch thermische Zersetzung nach jahrelangem Gebrauch auftreten können, vom Benutzer nicht wahrgenommen, weil die Farbe der unterseitig aufgebrachten Polyurethanschicht von der gefärbten Glaskeramik verdeckt wird. Bei Kochflächen aus farblosem Glas oder nicht eingefärbter Glaskeramik muss sichergestellt sein, dass die Polyurethanschicht nicht über 150°C erhitzt wird. Die Temperaturregelung des Kochgeräts kann z. B. über hochwertige Sensoren, deren Signale die Steuerungseinheit der Kochmulde auswertet, erfolgen. Das Kochgerät kann aber auch Träger aufweisen, auf die die Kochtöpfe oder Pfannen aufgestellt werden, so dass ein direkter Kontakt des heißen Kochguts mit der Kochfläche nicht möglich ist und die Kochfläche auch im Betrieb kalt (Temperatur unter 150°C) bleibt.
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Damit ein verarbeitungs- und lagerstabiler Lack erhalten wird, sollten blockierte Polyisocyanate (sogenannte Einbrennurethanharze, EBU-Harze) eingesetzt werden. Mit Feuchtigkeit abbindende Polyurethanlacke würden beispielsweise während des Siebdrucks aushärten und das Siebgewebe zusetzen, wenn nicht konsequent in kontinuierlicher Arbeitsweise fortlaufend gedruckt und frische Farbe zugeführt wird. Als Blockierungsmittel eignen sich neben Alkoholen und Phenolen auch andere Brönstedsäuren (Protonendonatoren, Verbindungen mit acidem Wasserstoff) wie Thioalkohole, Thiophenole, Oxime, Hydroxamsäureester, Amine, Amide, Imide, Lactame oder Dicarbonylverbindungen und insbesondere ε-Caprolactam, Butanonoxim, Dimethylpyrazol, Diisopropylamin und Malonsäureester wie z. B. Diethylmalonat. Während mit Butanonoximblockiertem HDI Lacke formuliert werden können, die bereits bei 140–180°C (5–60 min) aushärten, sind bei ε-Caprolactam blockiertem HDI etwas höhere Temperaturen zur Vernetzung notwendig (160–240°C, 5–60 min). Mit Diethylmalonat blockierte HDI-Lacke härten sogar schon bei 100–120°C aus. Da bei der Vernetzung das Blockierungsmittel freigesetzt wird und Malonsäureester oder ε-Caprolactam im Vergleich zu Butanonoxim weniger giftig sind, werden mit Malonsäureester oder (trotz der höheren Vernetzungstemperatur) mit ε-Caprolactam blockierte, aliphatische Polyisocyanate bevorzugt. Butanonoxim, ε-Caprolactam und die meisten anderen Blockierungsmittel entweichen bei der Vernetzung aus dem Lackfilm und werden mit dem Abluftstrom des Trockners aus dem Lack entfernt. Dadurch verschiebt sich das Reaktionsgleichgewicht von der Seite der Ausgangskomponenten auf die Seite des Polyurethans.
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Beispiele für geeignete, blockierte Polyisocyanate sind z. B. die Desmodur®-Typen von Bayer MaterialScience Desmodur® BL 3175 SN, Desmodur® BL 3272 MPA, Desmodur® BL 3575/1 MPA-SN, Desmodur® BL3370 MPA und Desmodur® BL3475 BA-SN. Tabelle 1 gibt einen Überblick der Eigenschaften dieser Harze. Aus dem Gehalt blockierter Isocyanatgruppen und dem Äquivalentgewicht kann das mittlere Molekulargewicht berechnet werden. Das Molekulargewicht bevorzugter, blockierter Polyisocyanate liegt bei 2500–5000 g/mol. Harze mit Molekulargewichten von 2000–10000 g/mol können aber ebenfalls geeignet sein. Aus dem Äquivalentgewicht und der Masse einer Isocyanatgruppe (MNCO = 42 g/mol) lässt sich abschätzen, dass bei den aufgeführten, bevorzugten EBU-Harzen pro Molekül im Mittel 3–10 Isocyanatgruppen vorhanden sind. Es handelt sich also um trimere oder oligomere, blockierte Polyisocyanate. Aber auch dimere oder hochpolymere Harze mit 2–50 oder noch mehr blockierten Isocyanatgruppen pro Molekül sind geeignet.
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Als Reaktionspartner für das deblockierte Polyisocyanat können prinzipiell alle Verbindungen, die ein reaktives (acides) Wasserstoffatom enthalten, dienen. Polyole, insbesondere Polyesterpolyole und Polyetherpolyole sind hervorragend geeignet, da mit diesen Komponenten mechanisch und chemisch sehr stabile Beschichtungen erhalten werden können. Aber auch Amine, Polyamine, Umesterungsprodukte von Rizinusöl, Leinöl und Sojaöl mit Triolen, Alkyd-, Epoxid, Silicon-, Phenol- oder Polyacrylatharze, Vinylpolymere, Celluloseester wie Ethylcellulosen können als Reaktionspartner dienen.
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Durch die Reaktion der deblockierten, freien Isocyanatgruppen mit Verbindungen, die reaktive Wasserstoffatome enthalten, bildet sich durch Polyaddition das Polyurethan. Die Eigenschaften des Polyurethans hängen nicht nur von der Isocyanat-Komponente ab, sondern auch ganz wesentlich von der gewählten H-aciden Verbindung. Natürlich können auch verschiedene H-acide Verbindungen kombiniert werden, z. B. Polyesterpolyole mit Silicon- oder Epoxydharzen, insbesondere, um die Filmeigenschaften speziellen Anforderungen anzupassen.
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Als besonders geeignet für Beschichtungen, die die Festigkeit steigern, haben sich Polyesterpolyole, insbesondere verzweigte Polyesterpolyole mit einem hohen Hydroxylgruppenanteil (3 und mehr Hydroxylgruppen pro Molekül, entsprechend einem OH-Anteil von 2–8%, insbesondere 3–6%) und einem mittleren Molekulargewicht im Bereich von 3000–40000 g/mol erwiesen. Denn mit diesen Polyolen, die über ihre Hydroxygruppen zu stark vernetzten Polyurethanfilmen führen, können besonders harte, kratzfeste sowie chemisch beständige Schichten erzeugt werden, die aber überraschender Weise dennoch flexibel genug sind, dass sie selbst von Glaskeramik (einem Substrat mit extrem niedriger thermischer Ausdehnung) nicht abplatzen.
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Je stärker die Polyesterpolyole verzweigt sind und je mehr Hydroxylgruppen sie aufweisen, um so stärker vernetzt ist das gebildete Polyurethan.
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Beispiele für geeignete Polyesterpolyole sind die Desmophen®-Typen von Bayer MaterialScience Desmophen® 651, Desmophen® 680 und Desmophen® 670. Nicht geeignet sind z. B. das wenig verzweigte Desmophen® 1800 und Desmophen® C 1200 mit geringem OH-Anteil, weil sie nur einen schwach vernetzten, vorwiegend linear aufgebauten Polyurethanfilm ergeben, der entsprechend weich ist. In Tabelle 2 sind einige charakteristische Eigenschaften der Harze aufgeführt.
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Die Molekülstruktur der meisten handelsüblichen Polyesterpolyole und auch der oben genannten Desmophen®-Typen kann nicht exakt angegeben werden, da bei der Herstellung i. d. R. ein Polymergemisch erhalten wird. Die Eigenschaften der Polyesterpolyole können jedoch durch die Reaktionsführung reproduzierbar eingestellt werden, wobei die Produkte durch ihren Hydroxylgehalt, das Molekulargewicht (das aus dem Äquivalentgewicht berechnet werden kann), ihre Dichte und die Viskosität charakterisierbar sind.
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Die Kontrolle und die Kenntnis des Hydroxylgehalts (OH-Gehalts) der Polyol-Komponente (H-acide Komponente, auch „Binder” genannt) und die Kenntnis des Gehalts an blockierten Isocyanatgruppen (NCO-Gehalt) der Polyisocyanat-Komponente, die auch als „Härter” bezeichnet wird, sind deshalb wichtig, weil theoretisch eine maximale Vernetzung der Beschichtung nur bei dem Einsatz gleicher stöchiometrischer Mengen an Härter und Binder erfolgt, wenn das stöchiometrische Verhältnis von Härter zu Binder also 1:1 beträgt gemäß folgender Reaktionsgleichung:
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Die bei dem stöchiometrischen Verhältnis von 1:1 theoretisch erreichbare, maximale Vernetzungsdichte ist entscheidend für die Eigenschaften der Beschichtung (Haftung, Kratzfestigkeit, Flexibilität, chemische und thermische Beständigkeit). Härter und Binder sollten daher in dem Polyurethansystem in dem stöchiometrischen Verhältnis 1:1 vorliegen. Die hierzu notwendigen Mengen können über das Äquivalentgewicht berechnet werden.
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Die Reduzierung des Härteranteils (Untervernetzung) führt zu flexibleren Beschichtungen mit geringerer mechanischer und chemischer Stabilität und sollte daher vermieden werden. Die Erhöhung des Härteranteils (Übervernetzung) erhöht die Vernetzungsdichte, weil die überschüssigen Isocyanatgruppen mit Luftfeuchte unter Bildung von Harnstoffgruppen reagieren. Der Einsatz von Härter zu Binder in den stöchiometrischen Verhältnissen 1,1:1 bis 2:1 kann daher sinnvoll sein, um über die Härte der Beschichtung die Kratzfestigkeit oder die Haftfestigkeit auf dem Substrat zu erhöhen. Da die Nebenreaktion mit Wasser auch durch andere Faktoren wie den Wassergehalt des Lösungsmittels oder die Restfeuchtigkeit des Substrats ermöglicht wird, wodurch dem System Isocyanatgruppen entzogen werden, die dann nicht mehr für eine Reaktion mit den Hydroxygruppen der Polyol-Komponente zur Verfügung stehen, werden stöchiometrische Verhältnisse von Härter zu Binder in der Größenordnung von 1,1:1 bis 2:1, insbesondere von 1,3:1 bis 1,6:1, bevorzugt.
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Das bis hierher beschriebene, unpigmentierte, farblose und durchsichtige Polyurethansystem ist geeignet, um die Festigkeit von Glas oder Glaskeramik zu steigern. Um mit dem beschriebenen Bindemittelsystem einen farbigen Lack zu erhalten, der beispielsweise ausreichend opak ist, um den Blick in eine Kochmulde oder hinter eine Bedienblende zu verhindern, muss das Polyurethansystem aus geblocktem Polyisocyanat und H-acider Komponente (z. B. Polyhydroxy-Harz) eingefärbt werden, so dass die Transmission für sichtbares Licht, T
vis, im Bereich von 0 bis 2%, insbesondere zwischen 0,1 und 1% liegt.
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Geeignet sind Farbmittel, die kurzzeitig Temperaturbelastungen von 150°C bis zu 250°C standhalten. Höheren Temperaturen sind die Farbmittel normalerweise bei der Vernetzung des Bindemittelsystems und im späteren Gebrauch nicht ausgesetzt.
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Neben den thermisch sehr stabilen anorganischen Farbmitteln sind daher auch organische Farbmittel geeignet. Unter Farbmitteln werden gemäß DIN 55943 alle farbgebenden Substanzen verstanden. Die Farbmittel sollten wegen der gesetzlichen Bestimmungen für Elektro- und Elektronikgeräte kein Blei, sechswertiges Chrom (Cr + VI), Cadmium oder Quecksilber enthalten. Geeignet sind anorganische Buntpigmente und Schwarzpigmente wie Eisenoxidpigmente, Chromoxidpigmente oder oxidische Mischphasenpigmente mit Rutil- oder Spinellstruktur und anorganische Weißpigmente (Oxide, Carbonate, Sulfide). Als Beispiele für geeignete Pigmente seien die Eisenoxidrot-Pigmente aus Hämatit (α-Fe2O3), Eisenoxidschwarz-Pigmente mit der ungefähren Zusammensetzung Fe3O4 sowie die Mischphasenpigmente Cobaltblau CoAlO4, Zinkeisenbraun (Zn,Fe)FeO4, Chromeisenbraun (Fe,Cr)2O4, Eisenmanganschwarz (Fe,Mn)(Fe,Mn)2O4, Spinellschwarz Cu(Cr,Fe)2O4 und auch Graphit, Ruß sowie als anorganische Weißpigmente TiO2 und ZrO2 genannt.
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Geeignete Ruße sind Flammruße (Primärteilchengröße 10–210 nm), Furnaceruße (Primärteilchengröße 5–70 nm) und insbesondere die feinteiligen Gasruße (Primärteilchengröße 2–30 nm). Die Dispergierbarkeit kann erleichtert werden, wenn die Ruße oxidativ nachbehandelt werden, ihre Oberfläche also durch Erhitzen oder Behandlung mit starken Oxidationsmitteln ausgesprochen hydrophil eingestellt wird.
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Um spezielle Effekte bei der Farbgebung zu erzielen, können auch anorganische Glanzpigmente (Metalleffektpigmente, Perlglanzpigmente und Interferenzpigmente) oder anorganische Leuchtpigmente eingesetzt werden. Als Metalleffektpigmente sind z. B. plättchenförmige Teilchen aus Aluminium-, Kupfer- oder Kupfer-Zink-Legierungen geeignet, als Perlglanzpigmente z. B. Bismutoxidchlorid, als Interferenzpigmente feuergefärbte Metallbronze, Titandioxid auf Glimmer, Eisenoxid auf Aluminium, auf Glimmer, auf Siliciumdioxid oder auf Aluminiumoxid, als Leuchtpigmente sind geeignet fluoreszierende Pigmente wie silberdotiertes Zinksulfid oder phosphoreszierende Pigmente wie kupferdotiertes Zinksulfid.
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Als organische Farbmittel können organische Buntpigmente (z. B. Monazopigmente und Diazopigmente wie Naphthol AS, Dipyrazolon), polycyclische Pigmente (z. B. Chinacridonmagenta, Perylenrot), organische Schwarzpigmente (Anilinschwarz, Perylenschwarz), organische Effektpigmente (Fischsilber, flüssigkristalline Pigmente) oder organische Leuchtpigmente (Azomethinfluoreszenzgelb, Benzoxanthenfluoreszenzgelb) sowie organische Bunt- und Schwarzfarbstoffe (z. B. kationische, anionische oder nichtionische Farbstoffe wie Acridin, Kupferphthalocyanin, Phenthiazinblau, Disazobraun, Chinolingelb, Cobalt-, Chrom- oder Kupfer-Metallkomplexpigmente der Azo-, Azomethin- und Phthalocyanin-Reihe, Azochromkomplexschwarz, Phenazinflexoschwarz) sowie organische Leuchtfarbstoffe (z. B. Thioxanthengelb, Benzanthronrot, Perylengrün) verwendet werden.
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Der mittlere Teilchendurchmesser der Pigmente liegt üblicherweise im Bereich von 1–25 μm (bevorzugt bei 5–10 μm). D90 sollte unter 40 μm (bevorzugt bei 6–15 μm), D50 unter 25 μm (bevorzugt bei 6–8 μm) und D10 unter 12 μm (bevorzugt bei 2–5 μm) liegen. Plättchenförmige Pigmente sollten eine maximale Kantenlänge von 60–100 μm (bevorzugt 5–10 μm) haben, damit die Farbpaste mit Siebgewebeweiten 140-31 (entsprechend einer Maschenweite von 36 μm) oder 100-40 (entsprechend einer Maschenweite von 57 μm) oder 54-64 (entsprechend einer Maschenweite von 115 μm) problemlos gedruckt werden kann.
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Wie erwähnt sind auch Farbstoffe geeignet, also Farbmittel, die in dem Bindemittelsystem löslich sind, z. B. organische Metallkomplex-Pigmente wie die 1:2-Chrom-Metallkomplexpigmente Orasol® Braun 2 GL, Orasol® schwarz CN und Orasol® schwarz RLI der BASF SE oder anorganische Verbindungen mit färbenden Ionen wie Eisenchlorid, Wolframbronzen (NaxWO3), Berliner Blau Fe4[Fe(CN)6]3·H2O, wenn sie ausreichend stark färben, thermisch stabil genug sind, um den Belastungen standzuhalten, die bei der Vernetzung des Polyurethansystems und im späteren Gebrauch auftreten. Die Farbmittel dürfen keine starken Oxidationsmittel sein, denn von starken Oxidationsmitteln wie Permanganaten oder Dichromaten würde das Bindemittelsystem unter Licht- oder Temperatureinwirkung schnell zersetzt. Der Pigmeritanteil, der zur Erreichung der gewünschten Transmission von unter 2% (für Wellenlängen im Bereich des sichtbaren Lichts) in der Beschichtung notwendig ist, hängt stark von der Schichtdicke der Beschichtung ab und liegt je nach Schichtdicke bei 5–70 Gew.-% (bezogen auf die ausgehärtete Beschichtung). Dem Pigmentanteil entspricht ein Polyurethananteil von 30–95 Gew.-%. Bei höheren Schichtdicken sind geringere Pigmentanteile als bei niedrigen Schichtdicken notwendig.
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Die Dicke der vernetzten Polyurethanbeschichtung kann zwischen 0,1–1000 μm, bevorzugt 5–20 μm gewählt werden. In besonderen Fällen kann sie aber auch außerhalb der angegebenen Grenzen liegen. Da die erreichbare Steigerung der Festigkeit ganz entscheidend von der Dicke des Substrates abhängt, muss durch Versuche bestimmt werden, welche Schichtdicke eine optimale Festigkeitssteigerung ergibt. Bei 3–4 mm dicken Glasscheiben kann die Festigkeit des (unversehrten) Substratmaterials beispielsweise durch eine 10–15 μm dicke Polyurethanschicht verdoppelt werden. Bei dünnen Displaygläsern (0,1–0,5 mm Materialstärke) genügen zur Verdopplung der Festigkeit Schichtdicken im Bereich von 0,2–2 μm. Schichtdicken über 1000 μm (1 mm) sind normalerweise nicht üblich wegen des hohen Materialverbrauchs, der keine weiteren technischen Vorteile mit sich bringt. Aufgrund der hohen Transparenz und Flexibilität auch hart eingestellter Polyurethansysteme sind jedoch in besonderen Fällen auch Schichtdicken im Millimeterbereich möglich. Die Dicke der vernetzten Polyurethanschicht, die zur Verdopplung der Substratfestigkeit notwendig ist, kann anhand der Substratdicke abgeschätzt werden: Dicke der Polyurethanschicht = Dicke des Substrates:400
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Als Lösungsmittel für das pigmentierte Polyurethansystem eignen sich, um eine Siebdruckfarbe herzustellen, insbesondere aprotische, schwerflüchtige Lösungsmittel mit einer Verdunstungszahl VD von 35 bis über 50 und einem Siedepunkt von über 120°C, insbesondere über 200°C wie z. B. Butylcarbitolacetat (Butyldiglycolacetat), das eine Verdunstungszahl (VD) von über 3000 hat (VDDiethylether = 1) und im Bereich von 235–250°C siedet.
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Auch mittelflüchtige, aprotische Lösungsmittel (VD = 10–35) mit einem Siedepunkt im Bereich von 120–200°C wie z. B. (1-Methoxy-2-propyl)-acetat (VD = 34), Butylacetat (VD = 11) oder Xylol (VD = 17) sind geeignet. Die schwer- oder mittelflüchtigen, hochsiedenden Lösungsmittel, die auch miteinander kombiniert eingesetzt werden können, haben zum einen die Aufgabe, die Farbe im Sieb flüssig, d. h., verarbeitbar, zu halten. Zum anderen ist es wichtig, dass während der Verarbeitung die Konzentration der Farbe konstant bleibt, damit reproduzierbare Schichtdicken und daraus resultierend eine konstante Transmission der Beschichtung erreicht werden können. Eine konstante Konzentration der Farbe während des Verarbeitungsprozesses kann nur mit ausreichenden Anteilen an mittel- oder schwerflüchtigen Lösungsmitteln in der Farbe erreicht werden, weil leichtflüchtige Lösungsmittel (VD < 10) bereits während des Druckens der Farbe verdunsten und sich dadurch die Konzentration der Farbe unzulässig stark verändern würde.
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Die Versuche zeigten aber auch, dass leichtflüchtige Lösungsmittel (VD 1–10), wie Methylacetat (VD = 2,2) oder Methylisobutylketon (VD = 7), in gewissen Mengen (1–10 Gew.-% bezogen auf die Farbe) enthalten sein dürfen, ohne dass durch die Verdunstung des Lösungsmittels und die damit verbundene Erhöhung der Konzentration während des Siebdruckprozesses unzulässig hohe Transmissionsänderungen auftreten. Der Anteil an leichtflüchtigen Lösungsmitteln darf insbesondere nicht höher sein als der Anteil an mittelflüchtigen und schwerflüchtigen Lösungsmitteln.
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Aprotische Lösungsmittel sollten verwendet werden, weil die Isocyanatkomponente des Bindemittelsystems mit diesen Lösungsmitteln nicht reagiert. Bei der Wahl protischer Lösungsmittel, wie z. B. n-Butylalkohol (VD = 33), Methoxypropanol (VD = 38), Butylglycol (VD = 165), Butyldiglycol (VD > 1200), Phenoxypropanol oder Terpineolen würde die Isocyanatkomponente bei der thermischen Aushärtung auch mit dem Lösungsmittel reagieren, wodurch die Eigenschaften (chemische Beständigkeit, Haftfestigkeit u. a.) der Beschichtung normalerweise in unerwünschter Weise verändert werden. Die Reaktion einer Isocyanatkomponente mit n-Butylalkohol würde z. B. zu einem gering verzweigten Polyurethan mit geringer Kratzfestigkeit führen. In besonderen Fällen kann die Reaktion mit dem Lösungsmittel jedoch gewünscht sein. Die Reaktion der Isocyanatkomponente mit einem protischen Lösungsmittel kann in besonderen Fällen auch dadurch verhindert werden, dass ein leichtflüchtiges, protisches Lösungsmittel eingesetzt wird, das bei Temperaturerhöhung schnell aus dem gedruckten Film entweicht, so dass bei Erreichen der Deblockierungstemperatur kein oder nur noch vernachlässigbar wenig protisches Lösungsmittel in dem Film vorhanden ist.
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Eine pigmentierte Siebdruckfarbe auf Basis des beschriebenen Polyurethansystems enthält normalerweise insgesamt 10–45 Gew.-% Lösungsmittel. Die Viskosität der Farbe liegt dann bei einer Schergeschwindigkeit von 200 s–1 im Bereich von 500–3500 mPa·s, insbesondere 1000–3000 mPa·s, so dass die Farbe glatt fließt ohne zu tropfen und ein gleichmäßiger Film erhalten wird.
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Je nachdem, wie fein die Pigmente sind und in welcher Menge sie dem Polyurethansystem zugesetzt wurden, kann der Lösungsmittelanteil deutlich höher oder niedriger liegen, je nach Feinheit der Pigmente, gewünschter Schichtdicke und Beschichtungsmethode. Der Lösungsmittelanteil sollte durch Reihenversuche bestimmt und auf die Beschichtungsmethode abgestimmt werden.
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Wenn das pigmentierte Polyurethansystem zu flüssig für die Siebdruckanwendung ist und der Lösungsmittelanteil nicht weiter reduziert werden kann, muss die Viskosität durch Zusatz von rheologischen Additiven erhöht werden. Andernfalls würde die Farbe nach dem Fluten durch das Siebgewebe hindurchtropfen, und die Verarbeitung wäre unmöglich oder zumindest stark erschwert.
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Geeignete rheologische Additive sind Verdickungs- und Thixotropiermittel, die Idealerweise den Farbton, die Transmission und die Streuung der ausgehärteten Beschichtung nicht verändern sollten.
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Die Verdickung kann z. B. erreicht werden durch Zusatz von Harzen wie bei 20°C festen oder zähflüssigen Polyacrylaten, Polysiloxanen, thixotropierten Acrylharzen und isocyanat- oder urethanthixotropierten Alkydharzen. Auch Wachse wie hydriertes Rizinusöl oder Polyolefinwachse sind geeignet. Die für Siebdrucklacke gewünschte Strukturviskosität kann auch mit assoziativen Verdickern wie assoziativen Acrylatverdickern, hydrophob modifizierten Celluloseethern, hydrophob modifizierten Etherurethanen („Polyuerthanverdickern”), hydrophob modifizierten Polyethern oder modifizierten Harnstoffen erreicht werden.
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Bei den genannten organischen oder organisch modifizierten Verdickern muss auf jeden Fall die Verträglichkeit mit dem System und die Vergilbungsneigung bei thermischer Belastung bewertet werden. So können Celluloseether in bestimmten Konzentrationsbereichen auch den gegenteiligen Effekt haben und die Viskosität weiter verringern. Hydriertes Rizinusöl kann wegen seiner vergleichsweise geringen thermischen Stabilität bei der thermischen Vernetzung des Polyurethansystems zu einer unerwünschten Braunfärbung durch Zersetzungsprodukte führen. Das Problem der Vergilbung oder Braunfärbung des Polyurethansystems bei der thermischen Vernetzung tritt bei rein anorganischen Verdickungsmitteln nicht auf, da diese normalerweise hohe thermische Stabilität besitzen.
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Geeignete anorganische oder organisch modifizierte anorganische Verdickungsmittel sind z. B. amorphe Kieselsäuren oder – bei polaren Lösungsmitteln wie Methoxypropylacetat oder Butylcarbitolacetat – insbesondere hydrophile, pyrogene Kieselsäuren. Aber auch organisch modifizierte, hydrophobe Kieselsäure oder Organoschichtsilicate (organisch modifizierte Bentonite, Smektite, Attapulgite) sowie Metallseifen, z. b. Zink- oder Aluminiumstearate und -octoate sind zur Viskositätserhöhung geeignet.
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Der Anteil anorganischer Verdickungsmittel (bezogen auf die vernetzte Schicht) sollte im Bereich von 0,1–25 Gew.-%, insbesondere im Bereich von 3–15 Gew.-%, liegen. Bei einem höheren Anteil als 25 Gew.-% Verdickungsmittel können Schichteigenschaften (thermische und mechanische Stabilität) deutlich beeinträchtigt werden. (Der Anteil in Gew.-% bezieht sich auf die ausgehärtete Beschichtung).
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Um das Druckbild zu optimieren, insbesondere der Bildung von Kratern und Benardschen Zellen entgegenzuwirken, eine gute Benetzung sowie Bildung eines glatten, gleichmäßigen Films sicherzustellen, sollten der Druckfarbe ferner Entschäumer, Netz- oder Verlaufsmittel zugesetzt werden (z. B. 0,1–2 Gew.-% Polysiloxan mit einer Viskosität von 5000–50000 mPa·s). Denn die Ausbildung eines gleichmäßigen, glatten und vor allem geschlossenen Films ist von entscheidender Bedeutung für die Steigerung der Festigkeit.
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Um der Polyurethanbeschichtung spezielle Eigenschaften wie z. B. eine besonders hohe Abriebfestigkeit, Kratzfestigkeit oder Dichtigkeit (gegenüber Flüssigkeiten) zu verleihen, können Schichtsilicate (Talkum) sowie Graphit, Bornitrid oder andere Festschmierstoffe zugesetzt werden.
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Die Beschichtung von Glasscheiben oder Glaskeramikplatten, insbesondere von Kochflächen, Bedienblenden, Displayscheiben, Sichtfenstern für Ofen und Kamine, Kühlschrankböden, Panzerglasscheiben, kann durch Sprühen, Tauchen, Gießen, Aufstreichen, Rollen, Siebdruck, Tampondruck oder andere Stempelverfahren erfolgen. Die Beschichtung kann ein- oder mehrlagig erfolgen, beispielsweise um Farbunterschiede, Farbabstufungen oder andere Farbeffekte sowie Transmissionsunterschiede zu erzeugen. Bauteile, die im Gebrauch thermisch nicht über 150°C belastet werden (z. B. Bedienblenden, Autoscheiben, Displayscheiben oder Armaturenfenster), können vollflächig beschichtet werden. Bei einem mehrlagigen Schichtaufbau, aus gleich oder unterschiedlich gefärbten Polyurethanlacken der beschriebenen Zusammensetzung, können einzelne Bereiche unbeschichtet bleiben, wodurch verschieden farbige oder verschieden transparente Bereiche, einschließlich opaker Bereiche mit einer Transmission unter 1% erzeugt werden können.
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Bauteile, die im Gebrauch thermisch nicht über 150°C und mechanisch nur mäßig belastet werden (wie z. B. Armaturen von Autos, Bedienblenden von Kühlschränken, Waschmaschinen oder Geschirrspülern, Backofenscheiben, Displayscheiben von Computern oder Handys, Flaschen, Flakons, Ampullen, Außenrohre von solaren Wärmekollektoren, wie in
WO 2009 105 190 A2 beschrieben), können auch auf der Seite, die dem Benutzer zugewandt ist, beschichtet werden. Denn mit dem beschriebenen Polyurethansystem können Beschichtungen mit hoher Kratzfestigkeit erzeugt werden.
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Von allen Verfahren ist der Siebdruck besonders bevorzugt, weil mit dieser Beschichtungsmethode sehr einfach strukturierte Beschichtungen erzeugt werden können. Geeignete Gewebestärken sind 54-64, 100-40 und 140-31. Bei Anwendungen, die eine hohe Kantenschärfe erfordern, können feine Gewebe verwendet werden (z. B. Gewebe 100-40 mit einer Maschenweite von 57 μm oder Gewebe 140-31 mit einer Maschenweite von 36 μm). Mit diesen Geweben werden normalerweise Schichtdicken im Bereich von 1–10 μm erhalten, die bei Scheibendicken von 0,2–4 mm für eine signifikante Festigkeitserhöhung ausreichen. Relativ grobes Gewebe, z. B. Gewebe 54-64 (mit einer Maschenweite von 115 μm), hat den Vorteil, dass auch noch relativ große Pigmentpartikel (z. B. Effektpigmente, plättchenförmige Perlglanzpigmente mit Kantenlängen von bis zu 100 μm etc.) eingesetzt werden können, ohne dass sich beim Drucken die Gewebemaschen zusetzen. Werden elektrisch leitfähige Pigmente (z. B. Ruß in der bereits weiter oben genannten Menge) verwendet, können mit Gewebe 54-64 (oder gröberem Gewebe) ausreichend dicke und damit ausreichend opake Displayschichten erhalten werden, die aufgrund der hervorragend isolierenden Eigenschaften des Polyurethan-Bindemittelsystems elektrisch nicht leitfähig sind (Flächenwiderstand bei 20–150°C über 106 Ω/cm2), so dass unterhalb der Displaybeschichtung kapazitive Berührungsschalter eingesetzt werden können. Bei feineren Gewebestärken, die dünnere Schichten ergeben, wären, um eine ausreichend opake Beschichtung zu erhalten, höhere Pigmentanteile nötig, wodurch die Leitfähigkeit der Beschichtung für die Anwendung von kapazitiven Berührungsschaltern unzulässig hoch werden kann.
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Die thermische Aushärtung des aufgebrachten Polyurethansystems erfolgt durch Erhitzen auf 100°C–250°C, insbesondere durch Erhitzen auf 160–200°C für eine Dauer von 1–60 min, insbesondere von 30–45 min. Durch das Erhitzen verdunstet zum einen das Lösungsmittel aus der Farbe, zum anderen wird die Isocyanatkomponente deblockiert, so dass die Vernetzungsreaktion mit der H-aciden Komponente (z. B. Polyesterpolyol) abläuft und sich ein fester Film bildet. Höhere Temperaturen als 200°C werden normalerweise nicht angewandt, weil das gebildete Polyurethan ab 200°C beginnt, sich zu zersetzen. Die Zersetzung bewirkt eine leichte Braunfärbung der Beschichtung, die in der Regel unerwünscht ist. In besonderen Fällen kann aber auch bei einer höheren Temperatur als 250°C und extrem kurzer Dauer (1–5 min) vernetzt werden. Durch die kurze Temperaturbelastung hält sich dann die Braunfärbung in Grenzen.
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Die erforderliche Reaktionstemperatur hängt u. a. ganz wesentlich von dem Blockierungsmittel, mit dem die Isocyanatkomponente blockiert ist, ab. So genügen bei Isocyanaten, die mit Butanonoxim blockiert sind, 140–180°C, um die Vernetzung in Gang zu setzen, während bei Isocyanaten, die mit ε-Caprolactam blockiert sind, 160–240°C notwendig sind. Die notwendige Dauer für eine ausreichende Vernetzung hängt von der Auswahl der Isocyanat-Komponente und der H-aciden Verbindung (Polyesterpolyol) ab. Sie kann wesentlich (auf wenige Minuten) durch Katalysatoren verkürzt werden, z. B. durch tertiäre Amine, insbesondere aber durch metallhaltige Katalysatoren, z. B. Zn-, Co-, Fe-, Sn(IV)-, Sb- und Sn(II)-Salze. Besonders geeignete Katalysatoren sind Zinn(IV)-Alkoxylate wie z. B. Dibutylzinndilaurat und Tetra-(2-ethylhexyl)-titanat, Zink- oder Cobaltnaphthenat. Der Katalysator oder die Katalysatormischung werden in einer Menge von 0,05–1 Gew.-% (bezogen auf die Farbpaste) zugesetzt.
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Aufgrund der niedrigen Vernetzungstemperatur des Polyurethansystems sind als Substrate nicht nur Glaskeramiken, sondern auch Gläser (z. B. Borosilicatglas, Kalk-Natron-Glas, Alumosilicat-Glas, Erdalkali-Silicat-Glas), die gewalzt oder gefloatet und thermisch oder chemisch vorgespannt sein können (wie z. B. in
EP 1 414 762 B1 beschrieben) geeignet. Die Substrate können farblos, transparent, translucent oder opak sein.
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Die Substrate müssen nicht unbedingt ebene Platten sein, sondern können auch abgewinkelt oder gewölbt oder auf andere Art verformt sein. Als Substrate können auch optische Linsen, Fasern, Glasflaschen oder Ampullen aus Glas oder Glaskeramik verwendet werden.
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Beispielhaft seien die Zusammensetzungen von zwei Gläsern, einem Kalk-Natron-Glas und einem Borosilicatglas in der folgenden Tabelle 3 genannt: Tab. 3 Zusammensetzung geeigneter Glas-Substrate
Element-oxid | Glas-Zusammensetzung [Gew.-%] |
Kalk-Natron-Glas | Borosilicatglas (Borofloat® 33) |
SiO2 | 71% | 80,8% |
Al2O3 | - | 2,4% |
Na2O | 14% | 3,5% |
K2O | - | 0,6% |
CaO | 10% | - |
B2O3 | - | 12,7 |
Sonstige Bestandteile | 5% | - |
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Sonstige Bestandteile: Al2O3, K2O, B2O3, PbO, MgO, BaO. Mindestens ein Oxid ist als sonstiger Bestandteil in Kalk-Natron-Glas enthalten.
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Für Kochflächen werden bevorzugt Glaskeramiken vom Typ Li
2O-Al
2O-SiO
2 verwendet, z. B. transparente, nicht eingefärbte Glaskeramik mit einer thermischen Ausdehnung von –10·10
–7 K
–1 bis +30·10
–7 K
–1 in dem Temperaturbereich 30–500°C, deren bekannte Zusammensetzung u. a. in der nachstehenden Tabelle 4 angegeben ist: Tab. 4 Zusammensetzung geeigneter Glaskeramik-Substrate
Element-oxid | Glaskeramik-Zusammensetzung [Gew.-%] |
SiO2 | 66–70 | 50–80 | 55–69 |
Al2O3 | > 19,8–23 | 12–30 | 19–25 |
Li2O | 3–4 | 1–6 | 3–4,5 |
MgO | 0–1,5 | 0–5 | 0–2,0 |
ZnO | 1–2,2 | 0–5 | 0–2,5 |
BaO | 0–2,5 | 0–8 | 0–2,5 |
Na2O | 0–1 | 0–5 | 0–1,5 |
K2O | 0–0,6 | 0–5 | 0–1,5 |
TiO2 | 2–3 | 0–8 | 1–3 |
ZrO2 | 0,5–2 | 0–7 | 1–2,5 |
P2O5 | 0–1 | 0–7 | - |
Sb2O3 | - | 0–4 | - |
As2O3 | - | 0–2 | - |
CaO | 0–0,5 | 0 | 0–1,5 |
SrO | 0–1 | 0 | 0–1,5 |
Nd2O3 | - | - | 0,004–0,4 |
B2O3 | | - | 0–1 |
SnO2 | - | - | 0–0,4 |
Quelle | EP 1 170 264 B1
Ansprüche 14–18 | JP 2004-193050 A2 | EP 1 837 314 B1 |
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Die Glaskeramiken enthalten mindestens eines der folgenden Läutermittel: As2O3, Sb2O3, SnO2, CeO2, Sulfat- oder Chlorid-Verbindungen.
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In den folgenden Ausführungsbeispielen wurde die Festigkeit von Glasplatten und Glaskeramikplatten bestimmt, die mit Polyurethanbeschichtungen versehen waren.
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Zum Vergleich wurde auch jeweils die Festigkeit des unversehrten, unbeschichteten Substrats bestimmt. Die erhaltenen Festigkeiten sind in Tab. 5 zusammengefasst.
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Die Zusammensetzungen der beispielhaften Rezepturen (A), (B) und (C) sind in den Tabellen 6a und 6b aufgeführt.
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Die Stoßfestigkeit wurde mit einer Stahlkugel (200 g schwer mit 36,5 mm Durchmesser) bestimmt. Dazu wurde die Stahlkugel aus zunehmend größerer Höhe mittig auf die Oberseite einer ca. 100 mm × 100 mm großen Glas- oder Glaskeramik-Scheibe fallen gelassen. Beschichtete Proben wurden so orientiert, dass sich die Polyurethanschicht auf der Scheibenunterseite, die der Kugel abgewandt war, befand. Das Maß für die Festigkeit war die Fallhöhe, bei der die Probe zu Bruch ging. Der Bruchausgang entstand bei dem Aufschlag der Kugel aufgrund der auftretenden Zugspannungen an der Unterseite der Probe unterhalb des Aufschlagortes. Während des Versuchs wurden die Proben fixiert und die Kugel von drei Stangen geführt, so dass die Wiederholbarkeit des mittigen Aufschlags gesichert war. Die Bestimmung der Stoßfestigkeit wurde jeweils an 20 gleichartigen Proben durchgeführt. Die Messwerte wurden statistisch nach Weilbull ausgewertet.
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Beispiel 1
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Eine beidseitig glatte, farblose Glaskeramikplatte (
1) mit einer Dicke von 4,0 mm und der Zusammensetzung gemäß
EP 1 837 314 B1 (Tab. 4) wurde mit dem Siebdruckverfahren (Siebgewebe 54-64) auf einer Seite mit der Polyurethanbeschichtung (
2) der Zusammensetzung (A) versehen. Die Beschichtung wurde 45 min bei 200°C vernetzt. Die Schichtdicke der vernetzten Polyurethanschicht betrug 12,4 ± 0,3 μm.
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Die Stoßfestigkeit der Glaskeramik wurde durch die gut haftende Polyurethanschicht überraschender Weise deutlich erhöht. Offenbar erzeugt die Polyurethanschicht eine Druckspannung in der Glaskeramikoberfläche, die zu der Festigkeitserhöhung führt.
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Die Stoßfestigkeit der beschichteten Glaskeramik betrug bei der Zusammensetzung (A) 68 cm (5-%-Fraktile), die Biegefestigkeit betrug 269 MPa (Mittel). Die Stoßfestigkeit der unbeschichteten Glaskeramik betrug 42 cm (5-%-Fraktile) und die Biegefestigkeit betrug 197 MPa (Mittel). Die Wiederholung des Versuchs ergab für die beschichtete Glaskeramik sogar 97 cm (5-%-Fraktile).
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Beispiel 2
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Der Versuch gemäß Beispiel 1 wurde mit Borofloat® 33 als Glassubstrat und der Polyurethanschicht mit der Zusammensetzung (A) wiederholt. Die Dicke der beidseitig glatten Glasscheibe betrug 3,8 mm, alle übrigen Bedingungen blieben gleich. Die Stoßfestigkeit des unbeschichteten Glases betrug 87 cm (5-%-Fraktile), die Stoßfestigkeit des beschichteten Glases lag bei über 150 cm (5-%-Fraktile). Auch hier wurde also durch die Polyurethanbeschichtung eine signifikante Steigerung der Festigkeit erreicht.
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Beispiel 3
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Der Versuch gemäß Beispiel 1 wurde mit beidseitig glattem Kalk-Natron-Glas als Substrat und der Polyurethanschicht mit der Zusammensetzung (A) wiederholt. Die Dicke der Glasscheibe betrug 4,0 mm, alle übrigen Bedingungen blieben gleich. Die Stoßfestigkeit des unbeschichteten Glases betrug 23 cm (5-%-Fraktile), die Stoßfestigkeit des beschichteten Glases lag bei 67 cm (5-%-Fraktile). Auch hier wurde wiederum durch die Polyurethanbeschichtung eine signifikante Steigerung der Festigkeit erreicht.
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Beispiel 4
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Der Versuch gemäß Beispiel 1 wurde mit unterseitig genoppter Glaskeramik als Substrat (CERAN SUPREMA
® gemäß
US 6,930,289 B2 ) und der Polyurethanschicht mit der Zusammensetzung (A) wiederholt. Die Dicke der genoppten Glaskeramik betrug 4,0 mm (Noppenhöhe: 110 ± 20 μm), alle übrigen Bedingungen blieben gleich. Die Stoßfestigkeit der unbeschichteten Glaskeramik betrug 38 cm (5-%-Fraktile), die Stoßfestigkeit der unterseitig beschichteten Glaskeramik lag bei 53 cm (5-%-Fraktile). Die Stoßfestigkeit genoppter Glaskeramik wurde durch die Polyurethanbeschichtung signifikant erhöht. Die Festigkeitserhöhung war jedoch nicht so groß wie bei den glatten Substraten, weil die Polyurethanbeschichtung mit einer Schichtdicke von 8–9 μm auf den Noppenspitzen dünner war als bei den glatten Substraten (die Schichtdicke bei den glatten Substraten aus den Beispielen 1–3, 5 und 6 lag bei 11–12 μm).
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Beispiel 5
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Der Versuch gemäß Beispiel 1 wurde mit einer anderen Polyurethanbeschichtung, und zwar einer Polyurethanbeschichtung mit der Zusammensetzung (B), auf der 4,0 mm dicken, beidseitig glatten Glaskeramik der Zusammensetzung gemäß
EP 1 837 314 B1 (Tab. 3) durchgeführt. Die Stoßfestigkeit der beschichteten Glaskeramik betrug in diesem Fall 93 cm (5-%-Fraktile). Auch mit Rezeptur (B) (anderer Härter und anderes Farbmittel) wurde eine signifikante Steigerung der Festigkeit erreicht. Die in der Zusammensetzung (B) verwendete Russpaste wurde hergestellt, indem 177 g Butylcarbitolacetat, 37 g Dispergiermittel Schwego Wett 6246 (Polymere in Kombination mit Phosphorsäureestern) und 164 g Surpass
® black 7 (Sun Chemical Corporation, 55 Gew.-% Ruß in 45 Gew.-% Laropal
® A81) mit dem Dissolver 20 min bei einer Umfangsgeschwindigkeit von 13,1–15,7 m/s homogenisiert wurden.
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Beispiel 6
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Der Versuch gemäß Beispiel 1 wurde mit einer anderen Polyurethanbeschichtung, und zwar einer farblosen Polyurethanbeschichtung mit der Zusammensetzung (C), auf der 4,0 mm dicken, beidseitig glatten Glaskeramik der Zusammensetzung gemäß
EP 1 837 314 B1 (Tab. 3) durchgeführt. Die Stoßfestigkeit der beschichteten Glaskeramik betrug in diesem Fall 92 cm (5-%-Fraktile). Auch mit Zusammensetzung (C) (Polyurethan ohne Farbmittel) wurde eine signifikante Steigerung der Festigkeit erreicht.
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Beispiel 7
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Der Versuch gemäß Beispiel 1 wurde wiederholt, allerdings betrug die Schichtdicke der vernetzten Polyurethanschicht mit der Zusammensetzung (A) diesmal nur 5,7 ± 0,8 μm. Die Stoßfestigkeit der beschichteten Glaskeramik betrug nur 51 cm (5-%-Fraktile). Die Festigkeit wurde also durch die dünne Polyurethanschicht nicht signifikant gesteigert.
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Beispiel 7 gibt einen deutlichen Hinweis darauf, dass die Festigkeitssteigerung nicht auf einem „Ausheileffekt” von Oberflächendefekten, wie er in
DE 199 50 383 A1 beschrieben wird, beruht. Denn die Festigkeitssteigerung müsste dann nahezu unabhängig von der Dicke der Polyurethanschicht sein. Beispiel 7 belegt, dass die Schichtdicke einen signifikanten Einfluss auf die Festigkeit hat. Die Festigkeitssteigerung beruht daher wahrscheinlich auf Spannungen oder anderen Effekten, die von der Beschichtung erzeugt werden.
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Die Beispiele zeigen, dass die Festigkeit von Glas und Glaskeramik durch die Beschichtung mit Polyurethanschichten signifikant um das 1,4–2,8fache erhöht werden kann. Bei niedrigeren Schichtdicken als 10 μm ist die Festigkeitserhöhung geringer, sie beträgt beispielsweise bei einer 6 μm dicken Schicht nur noch das 1,2fache des unbeschichteten Substrats (bei 4 mm dickem Substrat). Eine Steigerung der Festigkeit über das 2,8fache hinaus ist möglich durch Erhöhung der Schichtdicke und Optimierung der Zusammensetzung (z. B. Variation des Härters, Variation des Binders, Variation des stöchiometrischen Verhältnisses Härter/Binder, Variation des Pigmentanteils, des Verdickeranteils oder der Pigmenttypen).
Tab. 6a: Zusammensetzung der Druckfarben
Farbkomponente | Zusammensetzung in Gew.-% |
A | B | C |
Desmodur BL 3175 SN (75%ig in Solventnaphtha 100) | - | 37,79 | - |
Desmodur BL 3272 MPA (72%ig in Methoxypropylacetat) | 42,21 | - | 43,57 |
Desmophen 651 (65%ig in Methoxypropylacetat) | 27,07 | 35,75 | 27,93 |
Rußpaste (enthält 3,92 g Butylcarbitolacetat) | - | 8,38 | - |
Chromkomplexpigment ORASOL® Black RLI (BASF SE) | 2,22 | - | - |
Butylcarbitolacetat | 20,00 | 16,08 | 20,00 |
Verdicker Byk-410 (modifizierter Harnstoff) | - | 1,50 | - |
Verdicker pyrogene Kieselsäure HDK-N20 (Wacker) | 8,00 | - | 8,00 |
Entschäumer Byk-054 (Polymer-Lsg., siliconfrei) | 0,50 | 0,50 | 0,50 |
Tab. 6b: Zusammensetzung der ausgehärteten Schichten
Schicht-Komponente | Zusammensetzung in Gew.-% |
A | B | C |
Polyurethan | 82,5 | 93,4 | 86,1 |
Laropal® A 81 | - | 3,0 | - |
Ruß | - | 3,6 | - |
ORASOL® Black RLI | 3,8 | - | - |
HDK-N20 | 13,7 | - | 13,9 |
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Im Folgenden werden noch einige weitere Eigenschaften der Polyurethanschichten, insbesondere im Hinblick auf eine Anwendung bei Kochflächen, angegeben.
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Die Kratzfestigkeit der Beschichtungen (A), (B) und (C) beträgt mindestens 300 g und kann bei Bedarf durch Zusatz geeigneter Additive (z. B. Glimmerplättchen) oder Pigmente auf über 1000 g gesteigert werden. Die Kratzfestigkeit der Polyurethanschichten ist damit ausreichend für die Anwendung als unterseitige Beschichtung von Kochflächen.
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Die Messung der Kratzfestigkeit wurde durchgeführt, indem die mit dem jeweiligen Gewicht (100 g, 200 g, ..., 800 g, 900 g, 1000 g) belastete Hartmetallspitze (Spitzenradius: 0,5 mm) senkrecht auf die Beschichtung aufgesetzt und ca. 30 cm weit mit einer Geschwindigkeit von 20–30 cm/s über die Beschichtung geführt wurde. Die Bewertung erfolgte aus Sicht des Benutzers durch die Glaskeramik hindurch. Der Test gilt bei der gewählten Belastung als bestanden, wenn aus einem Abstand von 60–80 cm bei weißem Hintergrund und Tageslicht D65 kein Schaden erkennbar ist.
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Die Kratzfestigkeit der Polyurethan-Schichten ist abhängig von der Vernetzungstemperatur und der Vernetzungszeit. Bei den vorgestellten Polyurethansystemen wurde die maximale Kratzfestigkeit nach 45 min Vernetzung bei 160–200°C erreicht.
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Die Haftfestigkeit der ausgehärteten Polyurethanschichten (A) bis (C) ist ausreichend. Sie wurde mit dem sogenannten „TESA-Test” geprüft, wobei auf die ausgehärtete Beschichtung ein Streifen transparenten Klebefilms angerieben und dann ruckartig abgerissen wird (Tesafilm Typ 104, Beiersdorf AG). Da die Beschichtungen mit dem Klebestreifen von dem Glas oder der Glaskeramik nicht abgelöst werden können, sind sie ausreichend haftfest.
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In Tabelle 7 sind einige weitere Eigenschaften der Polyurethanbeschichtungen zusammengefasst. Tab. 7: Eigenschaften von Polyurethanschichten auf Glas und Glaskeramik
Eigenschaft | Zusammensetzung |
A | B | C |
Schichtdicke in [μm] (54–64) | 12,4 ± 0,3 | 10,6 ± 0,3 | 10,7 ± 0,5 |
Transmission Tvis | 2,7% | 8,2% | 85,2% |
Eignung für IR-Touch Sensoren | Ja | Nein | Ja |
Eignung für kapazitive Sensoren | Ja | Ja | Ja |
Kratzfestigkeit
(Vernetzungstemperatur) | 400 g
(200°C) | 400 g
(160°C) | 800 g
(200°C) |
Haftfestigkeit | o. k. | o. k. | o. k. |
Beständig gegen Wasser u. Öl | Ja | Ja | Ja |
Sicht in Kochmulde ausreichend vermindert (durch Beschichtung) | Ja | Ja | Nein |
ausreichend durchlässig für Leuchtanzeigen | Ja | Ja | Ja |
Viskosität bei 200 s–1 (mPas) | 3500 | 1330 | 2600 |
Streuung bei 400 nm | 0,00% | 3,7% | 0,02% |
Streuung bei 750 nm | 0,85% | 5,1% | 0,01% |
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Die Polyurethanbeschichtungen sind aufgrund ihrer Eigenschaften zur Steigerung der Festigkeit von Kochflächen aus Glaskeramik oder Glas geeignet. Die Polyurethanbeschichtung wird auf die Unterseite (die Seite, die dem Benutzer abgewandt ist) der Glaskeramik oder des Glases aufgebracht. Die Glaskeramik oder das Glas können opak (CERAN ARCTICFIRE®), translucent (CERAN HIGHTRANS®) oder transparent (CERAN CLEARTRANS®, Borofloat® 33) sein.
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Aufgrund der begrenzten thermischen Stabilität der Polyurethanschichten muss jedoch darauf geachtet werden, dass nur solche Bereiche beschichtet werden, die sich im Betrieb nicht über 150–250°C erhitzen. Dabei können bei opaken oder translucenten Substraten bis zu 250°C hingenommen werden, weil eine Farbveränderung der Polyurethanbeschichtung für den Benutzer nicht erkennbar ist. Bei konventionellen Kochflächen aus weißer oder schwarzer Glaskeramik ist daher eine nahezu vollflächige Beschichtung bis auf die Heißbereiche möglich.
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Bei transparenten Substraten sollte die maximale Temperatur, der die Polyurethanschicht ausgesetzt wird, nicht mehr als 150°C betragen, weil eine Farbveränderung der Polyurethanbeschichtung durch das ungefärbte Substrat hindurch vom Benutzer wahrgenommen wird. Entsprechend müssen solche Kochflächen mit einer geeigneten Temperatursteuerung ausgestattet oder auf eine andere Art so konstruiert sein, dass Temperaturen von über 150°C auf der Kochflächenunterseite nicht auftreten. Die Unterseite kann dann vollflächig mit einer Polyurethanbeschichtung versehen werden. Andernfalls kann die Polyurethanbeschichtung nur in ausreichendem Abstand von den Heißbereichen aufgebracht werden, so dass nur Teilbereichen der Kochfläche eine erhöhte Festigkeit verliehen wird.
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Die Polyurethanbeschichtungen können auch zur Steigerung der Festigkeit von Glaskeramik- oder Glaskörpern verwendet werden, die im Betrieb keinen wesentlichen thermischen Belastungen ausgesetzt sind, wie z. B. Einlegeböden für Möbel, Kühlschrankböden, Bedienblenden, Displayscheiben, Panzerglas (für Personenschutzanzüge oder Fahrzeuge), Solarmodulen oder Glasfasern zur Lichtleitung. Die gute Haftung auf Glas- und Glaskeramikoberflächen, die hohe Beständigkeit gegenüber Öl und Wasser sowie die gute Witterungsbeständigkeit kommt den Polyurethanbeschichtungen bei diesen Anwendungen besonders zugute.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Substrat
- 2
- Polyurethanbeschichtung
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 19950383 A1 [0003, 0003, 0082]
- US 20080050529 A1 [0003, 0003]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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