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Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Steuerung der Bremsanlage eines Fahrzeuges nach dem Oberbegriff des Anspruches 1.
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Stand der Technik
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Aus der
DE 10 2005 021 497 A1 ist ein so genannter Bremsassistent für ein Kraftfahrzeug bekannt, der in einer Notbremssituation zusätzlich zu der vom Fahrer erzeugten Bremskraft eine Zusatzbremskraft erzeugt, um eine verbesserte Verzögerung des Fahrzeuges zu erreichen. Zur Auslösung des Bremsassistenten wird die Bremspedalbetätigung durch den Fahrer sensorisch ermittelt und der Vordruck in der hydraulischen Bremsanlage analysiert. Überschreitet der Vordruck einen vorgegebenen Grenzwert und ist der Druckgradient größer als ein Schwellenwert, wird auf eine Panikbremssituation geschlossen und zusätzlich zur Fahrerbetätigung ein Bremsdruck erzeugt.
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Aus der
DE 195 20 609 A1 sind eine Bremsvorrichtung und ein Bremssystem für ein Fahrzeug bekannt. Wird ein Bremspedal vom Fahrer betätigt und werden Erfassungssignale von hydraulischen Drucksensoren und einem Bremsschalter zum Erfassen des Drucks des Bremspedals zu einer ECU geleitet, bestimmt die ECU eine Bestimmung gemäß den Erfassungssignalen, ob der Hydraulikdruck PM ein maximaler Druckgradient d(PM)/dtmax ist. Ist das Bestimmungsergebnis der Bremsbedingung eine Notbremsbedingung, wird ein Einlassventil geöffnet und Luft verstärkt zu Luftkammern eines Verstärkers geleitet, um die Bremskraft zu unterstützen.
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Allgemein ist bei derartigen Bremsassistenten darauf zu achten, dass die Aktivierung nur in Notbremssituationen erfolgt. Diese Situationen müssen anhand der sensorisch ermittelten Daten von regulären Bremssituationen unterschieden werden, in denen eine Notbremsung unerwünscht ist. Die Unterscheidung setzt eine genaue Analyse der ermittelten Druckwerte voraus. Unterliegen diese einem verhältnismäßig großen Rauschen, also einer hochfrequenten Schwankung um einen Mittelwert, so kann dies die Unterscheidung zwischen einer regulären Bremssituation und einer Notbremssituation erschweren.
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Offenbarung der Erfindung
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, eine Notbremssituation in einem Fahrzeug mit Bremsassistenten sicher zu erkennen.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß mit den Merkmalen des Anspruches 1 gelöst. Die Unteransprüche geben zweckmäßige Weiterbildungen an.
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Das erfindungsgemäße Verfahren bezieht sich auf die Steuerung einer Bremsanlage in einem Fahrzeug, die mit einem Bremsassistenten ausgestattet ist, welcher in Notbremssituationen fahrerunabhängig eine zusätzliche Bremskraft erzeugt. Eine Notbremssituation liegt vor, wenn der Druckgradient des hydraulischen Drucks in der Bremsanlage innerhalb eines festgelegten Auswertezeitfensters einen Druckschwellenwert übersteigt.
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Um Notbremssituationen von regulären Bremssituationen sicher unterscheiden zu können, wird die Dauer des zu betrachtenden Auswertezeitfensters, in welchem der Druckgradient ausgewertet wird, von der Qualität der zeitlich vor diesem Auswertezeitfenster liegenden Druckwerten abhängig gemacht. Dies erfolgt vorteilhafterweise derart, dass bei größeren Amplituden der Druckwerte um einen Druck-Mittelwert das Auswertezeitfenster vergrößert und bei kleineren Amplituden um den Druck-Mittelwert das Auswertezeitfenster verkleinert wird. Gegebenenfalls kommt aber auch ein anderer Zusammenhang in Betracht, beispielsweise ein verkleinertes Auswertezeitfenster bei größeren Amplituden der Druckwerte und ein vergrößertes Auswertezeitfenster bei kleineren Amplituden der Druckwerte.
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Größere Amplituden um den Druck-Mittelwert bedeuten üblicherweise ein größeres Rauschen, also eine schlechtere Signalqualität, der mit einer Vergrößerung des betrachteten Auswertezeitfensters Rechnung getragen wird. Dies hat den Vorteil, dass über einen größeren Zeitraum Druckwerte bzw. der Anstieg der Druckwerte betrachtet werden, wodurch die Wahrscheinlichkeit signifikant erhöht wird, eine tatsächlich vorliegende Notbremssituation zu erkennen bzw. auszuschließen, falls nur eine reguläre Bremssituation vorliegt. Es stehen eine größere Anzahl von Zeitpunkten für die Gradientenauswertung zur Verfügung, so dass ein kontinuierlicher Druckanstieg im betrachteten Auswertezeitraum auf die Notbremssituation schließen lässt. Damit können Fälle ausgeschlossen werden, bei denen innerhalb des Grundrauschens der Druckwerte - ungeachtet eines ansteigenden Druckmittelwertgradienten - ebenfalls mehrere aufeinander folgende Druckanstiege vorliegen, die jedoch nur auf das Rauschen selbst zurückzuführen sind und keine Notbremssituation kennzeichnen.
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Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens ist darin zu sehen, dass lokale Einflüsse, die sich nur innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes bewegen und im Auswertezeitfenster liegen, durch Mittelwertbildung bzw. Interpolation der Druckwerte kompensiert werden können, so dass trotz eines beispielsweise kurzfristig abflachenden oder absinkenden Druckverlaufs die Notbremssituation erkannt wird. Derartige Druckreduzierungen können beispielsweise beim Öffnen von Hydraulikventilen in der Bremsanlage auftreten, ohne dass dies einen Einfluss auf eine tatsächlich oder vermeintlich vorliegende Notbremssituation hat. Über die Berücksichtigung des größeren Auswertezeitfensters können derartige Druckabflachungen kompensiert werden.
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Die Anpassung des Auswertezeitfensters stellt eine flexible Maßnahme dar, um die aktuelle Rauschqualität der Druckwerte zu berücksichtigen. Bei schlechterer Qualität des Drucksignals, also bei einer größeren Rauschamplitude, wird wie vorbeschrieben ein größeres Auswertezeitfenster gewählt. Umgekehrt kann das Auswertezeitfenster reduziert werden, wenn die Amplitude des Rauschens geringer und dementsprechend die Qualität des Drucksignals besser ist. Unter letztgenannter Voraussetzung genügt ein verhältnismäßig kurzes Auswertezeitfenster, um eine Notbremssituation mit ausreichender Sicherheit zu detektieren.
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Grundsätzlich kann nicht nur die Amplitude, sondern auch die Frequenz im Rauschen des Drucksignals berücksichtigt werden. So werden als Rauschen im Druckverlauf üblicherweise nur Ausschläge mit einer Frequenz oberhalb einer Eckfrequenz, beispielsweise 50 Hz, interpretiert. Schwingungen im Druckverlauf unterhalb dieser Frequenz zählen nicht zum Rauschen, sondern sind beispielsweise auf Sondereinflüsse geringerer Frequenz wie das Zu- oder Abschalten von Hydraulikventilen oder sonstigen Aggregaten zurückzuführen. Vorteilhafterweise werden für die Zwecke des erfindungsgemäßen Verfahrens nur Frequenzen oberhalb der für das Rauschen typischen Eck- bzw. Grenzfrequenz berücksichtigt. Gleichwohl kann es zweckmäßig sein, auch niedrigere Frequenzen zu berücksichtigen.
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Die Länge des Auswertezeitfensters wird üblicherweise als nichtlineare Funktion der Amplitude um den Druck-Mittelwert festgelegt, wobei ggf. auch eine lineare Abhängigkeit in Betracht kommt. Gemäß einer einfach zu realisierenden Ausführung ist vorgesehen, dass die Abtastung und Ermittlung der Druckwerte in zeitdiskreten, äquidistanten Zeitschritten erfolgt, wobei die Länge des Auswertezeitfensters als ein ganzzahliges Vielfaches eines Zeitschrittes festgelegt wird. Vorteilhafterweise wird das Auswertezeitfenster nur mit einer begrenzten Anzahl derartiger diskontinuierlicher Zeitschritte vergrößert oder verkleinert. Beispielsweise beträgt die Länge des Auswertezeitfensters vier bis acht Zeitschritte, die in Abhängigkeit der Amplitude des Rauschens festgelegt werden. Beträgt die Amplitude beispielsweise +/- 1 bar, so wird das Auswertezeitfenster beispielhaft auf eine Länge von vier Zeitschritten festgelegt, bei einer Amplitude von +/- 2 bar auf sechs Zeitschritte und bei einer Amplitude von +/- 3 bar auf acht Zeitschritte. Ein Zeitschritt beträgt beispielhaft 5 ms.
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Grundsätzlich ist es aber auch möglich, die Länge des Auswertezeitfensters als Funktion der Amplituden der vorangehenden Druckwerte kontinuierlich zu vergrößern oder zu verkleinern und ggf. den auf diese Weise bestimmten Wert des Auswertezeitfensters anschließend auf ein ganzzahliges Vielfaches eines Zeitschrittes auf- oder abzurunden.
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Die Anzahl der Zeitschritte, die innerhalb des Auswertezeitfensters für die Ermittlung des Druckgradienten berücksichtigt wird, hängt zweckmäßigerweise von der Länge des Auswertezeitfensters ab. So kann es vorteilhaft sein, bei kürzeren Auswertezeitfenstern auch die Druckgradienten über einen kleineren Zeitraum zu bilden, wohingegen bei längeren Auswertezeitfenstern auch größere Zeiträume für die Bildung der Druckgradienten berücksichtigt werden können. Bei inkrementeller Betrachtungsweise, also bei dem Vorliegen von Druckwerten zu diskontinuierlichen bzw. diskreten Zeitschritten, werden aber vorteilhafterweise zumindest zwei aufeinander folgende Zeitschritte für die Berechnung eines Druckgradienten berücksichtigt. Mehrere Zeitschritte für Druckgradienten heranzuziehen hat den Vorteil, dass lokal eng begrenzte Einflüsse wie die oben genannten Zuschalt- oder Abschaltvorgänge von Hydraulikventilen in der Bremsanlage ohne Beeinträchtigung des Auswerteergebnisses kompensiert werden können.
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Um beispielsweise im Falle des Öffnens eines Hydraulikventils in der Bremsanlage nicht nur den dadurch bedingten Druckabfall, sondern auch den sich daran anschließenden Druckanstieg zu kompensieren, der gegenüber einem Druckverlauf ohne diesen Einfluss einen höheren Gradientenwert aufweist, kann für diesen Fall der berechnete Druckgradient um einen bestimmten Wert verringert werden, beispielsweise durch Multiplikation mit einem Wert kleiner als 1. Voraussetzung ist, dass in einem Regel- bzw. Steuergerät der Bremsanlage die Information über die Betätigung des Hydraulikventils bzw. eines sonstigen Aggregates der Bremsanlage vorliegt, dessen Betätigung den Druck in der Bremsanlage beeinflusst.
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Weitere Vorteile und zweckmäßige Ausführungen sind den weiteren Ansprüchen, der Figurenbeschreibung und den Zeichnungen zu entnehmen. Es zeigen:
- 1 ein Blockschaltbild mit einer Darstellung der Ermittlung, ob eine Notbremssituation vorliegt und dementsprechend ein Signal zur Aktivierung eines Bremsassistenten erzeugt wird,
- 2 ein Ablaufdiagramm mit den einzelnen Zeitschritten für die Feststellung einer Notbremssituation.
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Wie dem Blockschaltbild nach 1 zu entnehmen, wird eine Bremspedalbetätigung 1 durch den Fahrer in einem Kraftfahrzeug in einer nachfolgenden Sensoreinrichtung 2 gemessen, die einen Sensor 3 sowie eine Filtereinheit 4 zur Filterung des gemessenen Sensorsignals umfasst. Als Sensor kommt beispielsweise ein Drucksensor in Betracht, in dem der hydraulische Bremsdruck in der Bremsanlage des Kraftfahrzeugs gemessen wird, oder ein Wegsensor zur Erfassung des vom Fahrer betätigten Bremspedals zurückgelegten Weges. Auch ein Kraftsensor ist möglich, mit dem die Pedalkraft ermittelt wird, mit der der Fahrer das Bremspedal betätigt. In allen Fällen wird direkt oder indirekt aus den sensierten Werten auf den hydraulischen Druck in der Bremsanlage geschlossen.
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Der Sensoreinrichtung 2 ist die Filtereinheit 4 zugeordnet, die als PT1-Glied ausgeführt ist und in der eine Filterung mit einer bestimmten Eckfrequenz von beispielsweise 300 Hz der gemessenen Sensorsignale durchgeführt wird.
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Die in der Sensoreinrichtung 2 vorgefilterten Daten werden anschließend einem ESP-Steuergerät 5 zugeführt, in welchem zunächst eine weitere Filterung in einer Filtereinheit 6 durchgeführt wird, beispielsweise mit einer Eckfrequenz von 200 Hz, und daran anschließend eine Umwandlung in einem A/D-Wandler 7 der analog vorliegenden Sensorsignale in digitale Werte. Als Digitalwert liegt am Ausgang des A/D-Wandlers 7 der Vordruck pvor als Druckwert vor.
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Über mehrere Zeitschritte Δt werden Druckwerte ermittelt und in einer Speichereinheit 8 abgelegt, um eine zeitabhängige Datenbasis zu erhalten, die Grundlage der nachfolgenden Auswertung ist. Hierzu werden die Druckwerte pvor in einer Auswerteeinheit 9 analysiert, in der zunächst Frequenzen und Amplituden der Druckwerte pvor bestimmt und kategorisiert werden. So kann es zweckmäßig sein, lediglich Frequenzen oberhalb einer Eck- oder Grenzfrequenz von beispielhaft 50 Hz zu berücksichtigen, welche das Signalrauschen kennzeichnet und von niederfrequenten Einflüssen separiert. Des Weiteren werden in der Auswerteeinheit 9 die Amplituden pamp der Druckwerte pvor sowie der Druck-Mittelwert pm der betrachteten Frequenzen bestimmt. Ausgehend von diesen Werten werden schließlich Filterparameter festgelegt sowie die Dauer des Auswertezeitfensters clkmax, in welchem die Druckgradienten berechnet werden, welche für die Entscheidung maßgebend sind, ob eine Notbremssituation vorliegt oder eine reguläre Bremssituation.
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Das Auswertezeitfenster clkmax wird als Parameter von der Auswerteeinheit 9 an eine weitere Auswerteeinheit 10 übergeben, in der die Druckgradientenbestimmung Δpvor/Δt auf der Basis eines so genannten Peak-Filteralgorithmus mit adaptiv einstellbaren Filterparametern durchgeführt wird. Der Druckgradient wird schließlich einem Bremsassistenten HBA im Block 11 zugeführt, der bei Vorliegen einer Notbremssituation einen fahrerunabhängigen, zusätzlichen Bremsdruck zur Verstärkung der Bremsverzögerung erzeugt.
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In 2 sind die einzelnen Verfahrensschritte zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens dargestellt, das in einem Regel- bzw. Steuergerät in der Bremsanlage abläuft. Gemäß dem ersten Verfahrensschritt 20 wird sensorisch der Druck p in der Bremsanlage ermittelt, aus dem durch Filterung und A/D-Wandlung der Vordruck pvor gemäß dem Verfahrensschritt 21 errechnet wird. Anschließend erfolgt im Verfahrensschritt 22 die Ermittlung des Druck-Mittelwertes pm sowie der Amplituden pamp, mit dem der Druckwert pvor mit den betrachteten Frequenzen um den Mittelwert pm schwingt; dies wird als Rauschen des Druckwertes pvor bezeichnet. Aus diesen Daten wird die Länge des sich anschließenden Auswertezeitfensters clkmax bestimmt, wobei grundsätzlich die Länge des Auswertezeitfensters bei kleineren Amplituden pamp auf kleiner Werte und bei größeren Amplituden pamp auf größere Werte gesetzt wird.
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Im nächsten Verfahrensschritt 23 wird innerhalb des betrachteten Auswertezeitfensters clkmax der Druckgradient Δpvor/Δt bestimmt und danach im Verfahrensschritt 24 auf Erreichen bzw. Überschreiten eines Schwellenwertes dpmax überprüft. Sofern dies der Fall ist, wird von einer Notbremssituation ausgegangen und es wird der ja-Verzweigung entsprechend zum Verfahrensschritt 25 fortgefahren, gemäß dem der hydraulische Bremsassistent HBA aktiviert wird. Anderenfalls, also bei Nicht-Überschreitung des Schwellenwertes dpmax, wird im Verfahrensschritt 24 der nein-Verzweigung folgend wieder zum ersten Verfahrensschritt 20 zurückgekehrt.
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Die Entscheidung, ob eine Notbremssituation vorliegt, wird zweckmäßigerweise nicht allein auf der Basis eines einzelnen Druckgradienten Δpvor/Δt bestimmt. Vielmehr werden innerhalb des variabel festgelegten Auswertezeitfensters clkmax eine Mehrzahl von Druckwerten berücksichtigt und daraus Druckgradienten ermittelt, zweckmäßigerweise über zwei oder mehrere Zeitschritte, die beispielsweise jeweils 5 ms betragen. Aus der Mehrzahl der innerhalb des Auswertezeitfensters clkmax ermittelten Druckgradienten kann beispielsweise der höchste Gradientenwert für die Abfrage herangezogen werden, ob der Schwellenwert dpmax überschritten wird.
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Außerdem können innerhalb des Auswertezeitfensters clkmax kurzfristige Abflachungen im Druckverlauf kompensiert bzw. auch Sondereinflüsse wie das Zu- und Abschalten von Hydraulikventilen in der Bremsanlage berücksichtigt werden.