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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Anbinden eines profilierten ersten Strukturbauteils an einem zweiten Strukturbauteil eines Luft- oder Raumfahrzeuges.
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Nachfolgend wird eine der Erfindung zugrundeliegende Problematik anhand der Herstellung eines Seitenleitwerks für ein Flugzeug erläutert. Dies ist jedoch nicht einschränkend für das erfindungsgemäße Verfahren, das allgemein zum Anbinden von profilierten ersten Strukturbauteilen an zweiten Strukturbauteilen verwendet werden kann.
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Die Oberfläche eines Seitenruders wird im Wesentlichen durch flächig ausgebildete Bauelemente, z. B. Plattenelementen gebildet. Innerhalb des Seitenleitwerks sind tragende Strukturbauteile angeordnet, die dem Seitenleitwerk die notwendige Steifigkeit verleihen und die einzelnen Platten miteinander verbinden. Diese Strukturbauteile werden typischerweise durch sogenannte doppel-T-förmige Stringer gebildet.
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Für die Herstellung eines Seitenleitwerks, das vorzugsweise vollständig aus Faserverbundwerkstoffen hergestellt ist, insbesondere die äußeren Platten und die inneren doppel-T-förmigen Stringer, werden geeignete Verfahren benötigt, die eine Anbindung der doppel-T-förmigen Stringer mit den Platten gewährleisten.
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Ein Verfahren zum Anbinden sieht vor, die Platten als ungetränkte Faserhalbzeuge bereitzustellen. Auf den Platten werden die doppel-T-förmigen Stringer angeordnet. Danach wird mittels eines Injektionsverfahrens das Faserhalbzeug der Platten getränkt. Die auf der Oberfläche der Platten aufliegenden Stringer werden dabei durch das Harz benetzt und angeklebt.
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Das Injektionsverfahren erfordert eine Vakuumfolie formschlüssig an der Oberfläche der Platten sowie den doppel-T-förmigen Trägern anzuordnen. Dies bedarf eines erheblichen, sogar teilweise manuellen Aufwands, um die Vakuumfolie an den innenliegenden oder ausfüllbaren Flächen bei Aussparungen, Ausnehmungen, Eckbereichen und Kanten des doppel-T-förmigen Trägers aufzubringen.
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Aus der
DE 26 42 523 A1 ist ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung eines Flugzeugbauteils in profilverstärkter Schalenbauweise bekannt. Auf Negativformen wird ein Laminat ausgelegt. Eine Bauchform, die ein Gegenstück zu der Negativform bildet, wird an die andere Seite des Laminats angepresst. In der Negativform und der Bauchform sind Vertiefungen vorgesehen, die das Laminat zu Verstärkungsprofilen des Flugzeugbauteils formen.
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In ”Grundlagen der Luftfahrzeugtechnik in Theorie und Praxis, Band 1 allgemeine Luftfahrttechnik” erschienen im Verlag TÜV Rheinland GmbH unter Mitarbeit von B. Brinkmann u. A., erschienen 1990 (ISBN-3-88585-000-1) ist ein Verfahren zum Herstellen querverstärkter Faserverbundstoffbauteile beschrieben. Aluminiumkerne werden mit Prepregs umwickelt und aneinander montiert. In einem Autoklaven werden die Strukturen verpresst und ausgehärtet. Abschließend werden die Aluminiumkerne entfernt.
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In „Composite Airframe Structures”, Michael Chun-Yung Niu, Hong Kong Conmilit Press Ltd., 2. Auflage, November 1996, ist ein Verfahren zum Herstellen von Faserverbundbauteilen beschrieben. Mit einem Hilfsmaterial wird ein ausfüllbarer Bereich eines Strukturbauteils ausgefüllt und mittels einer Vakuumfolie an ein weiteres Strukturbauteil angepresst.
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Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, das Verfahren zum Anbinden von Strukturbauteilen zu vereinfachen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren mit den Merkmalen des unabhängigen Patentanspruchs 1 schafft ein vereinfachtes Verfahren zum Anbinden profilierter erster Strukturbauteile an zweiten Strukturbauteilen und löst die vorgenannte Aufgabe.
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Erfindungsgemäß sind hierzu folgende Verfahrensschritte vorgesehen:
Bereitstellen eines profilierten ersten Strukturbauteils mit mindestens einem ausfüllbaren Bereich;
Aufbringen eines Hilfsmaterials auf einem ausfüllbaren Bereich zum Ausbilden des profilierten ersten Strukturbauteils zu einem ausgefüllten ersten Strukturbauteil mit einem rechteckförmigen Querschnitt;
Anordnen des ausgefüllten ersten Strukturbauteils an dem zweiten Strukturbauteil; und
Aufbringen einer Vakuumfolie über dem ausgefüllten ersten Strukturbauteil und mindestens teilweise über dem zweiten Strukturbauteil zum druckbeaufschlagten Anpressen des ausgefüllten ersten Strukturbauteils an das zweite Strukturbauteil, wobei das profilierte erste Strukturbauteil mittels eines Injektions- oder Infusionsverfahrens durch eine Harzmatrix nach dem Aufbringen der Vakuumfolie getränkt wird.
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Unter einem ausgefullten Strukturbauteil wird vorliegend die Einheit aus einem profilierten Strukturbauteil und einem dieses ausfullendes Hilfsmaterial verstanden.
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Das Anlegen der Vakuumfolie wird vereinfacht, indem die ausfullbaren Bereiche so ausgekleidet werden, dass sich im Wesentlichen ein rechteckförmiger Querschnitt aus dem Hilfsmaterial und dem profilierten ersten Strukturbauteil, d. h. der profilierte Stringer, ergibt. Bei dergestalt einfachen Querschnitten kann die Folie einfach aufgelegt werden und formt sich beim Anlegen eines Vakuums zwischen der Vakuumfolie und dem profilierten Strukturbauteil selbst gleichförmig an die Oberfläche des ausgefüllten Strukturbauteils mit dem rechteckförmigen Querschnitt an.
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In einem weiteren Verfahrensschritt werden vorzugsweise das ausgefüllte erste Strukturbauteil und das zweite Strukturbauteil druckbeaufschlagt unter Wärmeeinwirkung miteinander verklebt und anschließend wird das Hilfsmaterial vorteilhaft von dem ausgefüllten ersten Strukturbauteil entfernt.
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Die Druckbeaufschlagung kann einerseits durch Anlegen eines Vakuums zwischen der Vakuumfolie und dem ausgefüllten ersten Strukturbauteil, aber auch zusätzlich durch die Verwendung eines Autoklaven und eines darin aufgebauten Luftdrucks von über 1 bar erreicht werden.
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Das eine profilierte erste Strukturbauteil und/oder das zweite Strukturbauteil können aus einem Faserverbundwerkstoff hergestellt werden.
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Das Verkleben kann durch Einbringen einer Harzmatrix in das vorzugsweise noch ungetränkte zweite Strukturbauteil erfolgen. Die Harzmatrix des ersten Strukturbauteils kann dabei unterstützend unter Wärmeeinwirkung aufgeweicht werden.
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Alternativ kann zum Verkleben ein zusätzliches klebendes Material zwischen den Strukturbauteilen angeordnet werden, die in jeglicher Kombination jeweils vorgetränkt, vorgehärtet und/oder ausgehartet bereitgestellt werden können.
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Das profilierte erste Strukturbauteil kann stabförmig hergestellt werden, d. h. es weist in Langsrichtung im Wesentlichen einen konstanten Querschnitt auf. Das erste Strukturbauteil kann in Längsrichtung gerade oder gekrümmt ausgebildet werden.
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Das mindestens eine profilierte erste Strukturbauteil kann als T-Träger und/oder als doppel-T-förmiger Träger, auch als I-Träger bezeichnet, hergestellt werden. Andere Formen profilierter erster Strukturbauteile sind ebenso denkbar, insbesondere alle profilierten Strukturbauteile, die als Stringer im Flugzeugbau einsetzbar sind.
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Zwischen dem Hilfsmaterial und dem profilierten ersten Strukturbauteil wird insbesondere eine Abreißfolie aufgebracht, um das Hilfsmaterial einfach von dem profilierten ersten Strukturbauteil nach der Anbindung des selben an dem zweiten Strukturbauteil entfernen zu können.
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Das Hilfsmaterial weist vorteilhaft Gummi auf. Ferner kann das Hilfsmaterial als vorgeformte Streifen bereitgestellt werden, die insbesondere mehrfach verwendbar sind.
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Nachfolgend wird die vorliegende Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels und beiliegender Figuren näher erläutert.
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In den Figuren zeigen:
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1 bis 3 Querschnitte zur Illustration von Verfahrensschritten einer Ausfuhrungsform zum Anbinden eines doppel-T-formigen Stringers an einen weiteren Bauelement;
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In den Figuren bezeichnen gleiche Bezugszeichen gleiche oder ähnliche Elemente.
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In 1 ist ein doppel-T-förmiger Stringer 1 (auch als I-förmiger Stringer bezeichnet) im Querschnitt gezeigt. Dieser steht exemplarisch für vielfältige andere Stringer oder profilierte Strukturbauteile, die bei der Herstellung im Luft- oder Raumfahrzeug eingesetzt werden. Andere häufig verwendete Formen von Stringern weisen eine einfache T-Form, eine L-Form etc. im Querschnitt auf.
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Diese zeichnen sich sämtlich dadurch aus, dass sie mindestens einen ausfüllbaren Bereich 2 aufweisen. Unter ausfüllbaren Bereichen hierbei verstanden, dass die Oberfläche des Stringers 1 eine in das Volumen des Stringers 1 gerichtete Wolbung, Vertiefung, Ausnehmung etc. aufweist. Hierbei ergeben sich typischerweise innenliegende Kanten 3, wie in 1 gezeigt.
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Der doppel-T-förmige Stringer 1 ist vorzugsweise aus einem Faserverbundwerkstoff hergestellt und kann bereits vorgehärtet sein.
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Die ausfüllbaren Bereiche 2 werden mittels eines Hilfsmaterials 7 ausgelegt, so dass sich im Wesentlichen ein rechteckförmiger Querschnitt des doppel-T-förmigen Stringers 1 zusammen mit dem Hilfsmaterial 7 ergibt. Der mit dem Hilfsmaterial ausgelegte doppel-T-förmige Stringer 1 wird nachfolgend als ausgelegter Stringer bezeichnet.
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Das Hilfsmaterial 7 kann Gummi aufweisen, das in Form von Matten oder Klebestreifen bereitgestellt wird. In der in 1 dargestellten Weise wird das Hilfsmaterial 7 als einstückige Matten bereitgestellt. Dies ist jedoch nur eine mögliche Ausgestaltung. Das Hilfsmaterial 7 kann auch als mehrlagige Struktur aufgebracht werden.
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Der doppel-T-formige Stringer 1 soll vorzugsweise auf der Oberfläche 4 eines im Wesentlichen planaren Bauelements 5 oder anderen Strukturbauteils angeordnet werden. Das Bauelement 5 kann z. B. eine Platte oder Oberfläche für ein Seitenleitwerk bilden.
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Das Bauelement 5 wird vorzugsweise ebenfalls aus einem Faserverbundwerkstoff hergestellt. In einer ersten bevorzugten Ausführungsform wird das Bauelement 5 als ungetränktes Faserhalbzeug bereitgestellt. Auf der Oberfläche 4 des Bauelements 5 werden einer oder mehrere der ausgelegten Stringer angeordnet.
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Eine Vakuumfolie 6 wird nachfolgend über den ausgelegten Stringer und die Oberfläche 4 des Bauelements 5 gelegt. Durch Anlegen eines Vakuums zwischen der Vakuumfolie 6 und der Oberfläche 4 des Bauelements 5 wird aufgrund des Umgebungsdrucks der doppel-T-formige Stringer 1 an das Bauelement 5 angepresst.
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Das vorhergehende Auslegen der ausfüllbaren Bereiche 2 mittels des Hilfsmaterials 7 verhindert die Bildung von Lufteinschlüssen an Vertiefungen und/oder Ecken des Stringers. Insbesondere ergeben sich keine Lufteinschlüsse in dem Auflagebereich des ausgelegten Stringers auf oder nahe der Oberfläche 4 des Bauelements 5. Bei einer Druckbeaufschlagung der Vakuumfolie 6, z. B. durch das Anlegen des Vakuums zwischen der Vakuumfolie 6 und der Oberfläche 4 ergibt sich der in 2 dargestellte Querschnitt.
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Mittels eines Injektionsverfahrens oder Infusionsverfahrens wird nachfolgend eine Harzmatrix in das Bauelement 5 eingebracht. Dies führt neben dem Tränken des Faserhalbzeugs des Bauelements 5 zu einem Verkleben des ausgelegten Stringers und des Bauelements 5 an der Auflagefläche.
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In einem bevorzugten Verfahren wird das Bauelement 5 und der ausgelegte Stringer erhitzt, so dass eine Harzmatrix des Faserverbundwerkstoffs des Stringers aufgeweicht und klebrig wird. Das Erwärmen kann z. B. in einem Autoklaven für das Injektionsverfahren realisiert werden.
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Nachdem der ausgelegte Stringer mit dem Bauelement 5 verklebt ist, wird die Vakuumfolie 6 entfernt. Nachfolgend werden auch die Matten mit dem Hilfsmaterial 7 von dem doppel-T-förmigen Stringer 1 abgelöst. Um das Ablösen zu vereinfachen, kann zwischen dem Hilfsmaterial 7 und dem doppel-T-förmigen Stringer 1 in den ausfüllbaren Bereichen 2 eine Abreißfolie angeordnet werden.
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Die Reihenfolge des Aufbringens des Hilfsmaterials 7 und des Anordnens der doppel-T-förmigen Stringer 1 auf dem Bauelement 5 kann je nach dem herzustellenden Werkstück vertauscht werden. Zumeist ist es vorteilhaft zunächst das Hilfsmaterial 7 aufzubringen, da zu dem Zeitpunkt die ausfüllbaren Bereiche 2 leichter zugänglich sind.
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Obwohl die vorliegende Erfindung anhand einer bevorzugten Ausführungsform beschrieben ist, ist sie nicht darauf beschränkt.
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Insbesondere kann das Bauelement 5 ebenfalls aus einem vorgetränkten, gegebenenfalls vorgehärteten, Faserverbundwerkstoff bereitgestellt werden. Das Verkleben kann wiederum durch Erwärmen der Harzmatrix erfolgen. Alternativ oder zusätzlich kann ein Klebemittel zwischen den doppel-T-förmigen Stringern 1 und dem Bauelement 5 angeordnet werden. Die Druckbeaufschlagung mittels der Vakuumfolie 6 sorgt hierbei für ein gleichmäßiges Anpressen des Stringers 1 an dem Bauelement 5 während des Aushärtens des Klebers oder der Harzmatrix.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- profiliertes erstes Strukturbauteil
- 2
- ausfüllbarer Bereich
- 3
- innenliegende Kante
- 4
- Oberfläche
- 5
- zweites Strukturbauteil
- 6
- Vakuumfolie
- 7
- Hilfsmaterial