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Die
Taktzeit in der Endverarbeitung von Halbleiterbauteilen oder mikroelektronischen
Produkten wird in der Regel durch den Hauptprozess, z.B. Testen
oder Beschriften, bestimmt. Dafür
sind möglichst
niedrige Indexzeiten (= Nebenzeiten) zu realisieren. Das Orientieren
und Positionieren der Bauteile wird daher soweit möglich parallelisiert.
Nur so kann mit den sehr teueren Anlagen im Verhältnis zu den Erlösen pro
gefertigtes Produkt eine schnelle Amortisation erreicht werden.
Die Bauteile werden meist zu Beginn der Prozesskette, also am Eingang der
Anlage, i. d. R. bei der Entnahme aus einem Transportbehältnis, orientiert
und anschließend
mit definierter Orientierung weitergeben. Durch die Beibehaltung
der Orientierung kann die Zeit in welcher der Hauptprozess nicht
durchgeführt
werden kann rein auf den Austausch der Bauteile an der Hauptstation
reduziert werden. Aus Sicht des Materialflusses müssen nach
VDI-Richtlinie 2860 vom Transportsystem dafür die beiden Teilfunktionen „Halten" und „Weitergeben" realisiert werden.
Das Auswechseln der Bauteile, d.h. Zu- und Abführen vom Hauptprozess (zum
Transportsystem) erfolgt meist durch separate (Saug-)Greifer. Über den
geringen Weg sind kaum Veränderung
der Orientierung zu erwarten; optional können mechanische Führungen
dies sicherstellen. Das Weitergeben zur Überbrückung des anlagenbedingten
Weges zwischen zwei Stationen kann durch Kinematiken (wie Portale/Pick-and-Place-Einheiten,
Rundtische, Räder
oder auch Roboter) und Förderzeuge
(wie Rutschen, Bahnen, Rollen- und Gurtbändern u. s. w.) erfolgen. Niedrige
Transportzeiten bedingen hierbei kurze Transportwege. Dazu wird
der gesamte Transportweg in möglichst
viele Teilstücke
zerlegt, d.h. mit mehreren Bauteilen besetzt. Um die erforderliche
Positioniergenauigkeit von wenigen μm zu erreichen, werden die Bauteile
darauf meist durch definierten Formen (= kleinen Werkstückträger, z.B.
als Kunststoff-Spritzgussform) fixiert, d.h. gehalten (siehe
DE 197 36 622 C2 ;
DE 43 09 888 A1 ).
Die Formen müssen
dafür exakt
an die Bauteilgröße angepasst
sein. Teilweise können
die Bauteile auch direkt mit Sauggreifern am Transportsystem (vorzugsweise
an Portalen oder Rundtischen) fixiert werden (siehe
US 4,787,137 A ; WO 03/107730
A1). Allerdings können
dabei nur geringere Positioniergenauigkeiten erreicht werden.
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Durch
sinkende Produktlebenszyklen bzw. Forderungen nach immer mehr Produktvarianten (v.a.
unterschiedlichen Einhäusungen
für spezielle Applikationen)
reichen die Stückzahlen
pro Bauteil/Produkt zunehmend nicht mehr für eine volle Auslastung einer
speziellen (Prüf-)Anlage
aus (d.h. Taktzeit (≈ Prüfzeit) × Stückzahl << Anlagenlaufzeit (z.B. 1 Jahr im Dreischichtbetrieb)).
Gerade in der Endverarbeitung (Prüfung, Testen, Beschriftung,
usw.) liegt die Nutzung einer Anlage für verschiedene Produkt- und
Bauteilvarianten nahe, da die Prozessabfolge beibehalten werden
kann und Komponenten wie optische Prüfsysteme, Tester und Beschriftungslaser einfach über geänderte Steuerungs-
und Prüfprogramme
an unterschiedliche Aufgaben angepasst werden können. Mit bestehenden hochpräzisen Transportsystemen
(siehe oben) fällt
ein erheblicher zeitlicher und finanzieller Aufwand für das Rüsten der Werkstückfixierungen
an, welche zudem für
jedes neue Bauteil spezifisch konstruiert und gefertigt werden.
Bei Systemen mit Sauggreifern sinkt die Positioniergenauigkeit,
v.a. wenn die Saugköpfe
bzw. deren Angriffsfläche
nicht aufwändig
an die geänderten Abmessungen
und Bauteiloberflächen
angepasst werden. Außerdem
fordert die zunehmende Miniaturisierung der Bauteile immer höhere Positioniergenauigkeiten,
welche die bestehenden ansatzweise „flexiblen" Lösungen
auf Dauer nicht mehr erfüllen können.
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Für sehr geringe
Stückzahlen
können
größere Indexzeiten
in Kauf genommen und die Orientierung (entweder vom Transportsystem
oder vom Prozessmodul (z.B. Testkopf)) direkt vor den jeweiligen Prozessen
(z.B. auch dem Testen) vorgenommen werden. Damit können auch
nicht direkt an das Bauteil angepasste Förderzeuge wie Gurtbänder ohne exakt
definierte Formen verwendet werden (
DE 299 16 398 U1 ). Die Anhaftung kann entweder
rein über Reibkräfte erfolgen
oder bspw. durch Elektrostatik, bei ESD-unempfindlicheren Bauteilen,
unterstützt werden
(siehe
DE 197 43 348
C2 ,
DE 196
45 165 A1 ). Ebenfalls möglich
ist eine Miniaturisierung von klassischen Backengreifern welche
von Robotern bewegt werden können
(
DE 101 14 551 C1 ,
DE 196 54 231 A1 ).
Für mittlere
Stückzahlen
ist aber weiterhin eine möglichst
niedrige Indexzeit bei vollständiger Anlagenauslastung
anzustreben. Das setzt eine exakte Beibehaltung der Bauteilorientierung
während dem
Transport auch mit hohen Geschwindigkeiten voraus, wofür bei Bauteilen
mit den angesprochenen Abmaßen
(mm) Reib- oder Adhäsionskräften allein nicht
mehr ausreichen. Bei Roboterlösungen
beeinträchtigen
hohe bewegte Massen und die auf wenige Greifarme beschränkte Möglichkeit
zur Parallelisierung die Indexzeit.
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Die
zu bewegenden Bauteilen im vorgestellten Bereich verfügen meist über eine
flächige
Ausdehnung. D.h. gravierende Maßabweichungen
bei unterschiedlichen Bauteilen treten vor allem in den Längenabmaßen auf.
Geringfügige
Höhenabweichungen
können
leicht bei der Zu- und Abführung durch
reduzierte/verlängerte
Wege des (Saug-)Greifers kompensiert werden. Die Erfindung sieht
daher eine direkt an das Transportsystem gekoppelte mechanische
Einstellbarkeit der Formnester für
die Bauteilaufnahme vor, um Rüstzeiten
zu senken und vor allem zusätzliche
Rüstkosten
durch neu zu beschaffende Formen zu vermeiden, die Indexzeiten nicht
zu erhöhen
und dennoch höchste
Positioniergenauigkeiten zu erreichen.
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Mechanische
formschlüssige
Bauteilaufnahmen (vergleichbar einem Werkstückträger) auf Transportbändern oder
Rundtischen ermöglichen höchste Positioniergenauigkeiten
bei sehr hohen Transportgeschwindigkeiten (und den damit verbundenen
Beschleunigungskräften).
Aufgrund extrem niedriger geforderter Taktzeiten eignen sich solche Aufnahmen
besonders im Bereich der Halbleiter- und Elektronikfertigung für den Weitertransport
von Bauteilen zwischen verschiedenen Bearbeitungs- oder Prüfstationen.
Mit der herkömmlichen
Bauart der Bauteilaufnahmen, in der Regel als Spritzgussteile aus
Kunststoff, müssen
die Aufnahmen jedoch exakt an die Geometrie des Bauteils angepasst
sein und damit beim Wechsel der Bauteile ebenfalls ausgetauscht
werden. Aufgrund der eher flächigen
und in den allermeisten Fällen
rechteckigen (quaderförmigen)
Geometrie von Halbleiterbauteilen reicht für das Fixieren ebensolcher
Bauteile bereits eine formschlüssige
Festlegung der Lage zweier gegenüberliegender
Ecken mit nur geringer Kanten-/Seitenabdeckung aus. Damit können sämtliche
in der Fläche auftretenden
(Beschleunigungs-)Kräfte
ohne Lageveränderung
des Bauteils kompensiert werden. Gegen Abheben (senkrecht zur Ebene)
sind die Bauteile separat, z.B. durch darüber liegende Führung, zu
sichern.
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Die
Erfindung verändert
die Konstruktion herkömmlicher
Transportsysteme dahingehend, dass sie mehrere mechanische formschlüssige Werkstückträger auf
einem Transportrad vorsieht, deren Aussparung für die Aufnahme des Bauteils zentral
an die Bauteilgröße angepasst
werden können.
Dazu werden die seitlichen Führungsflächen zweier
aneinandergrenzender Seiten auf kurze eckennahe Stücke reduziert,
welche gegenüber
zwei feststehenden längeren
Führungsflächen verschoben
werden können.
Das Transportsystem muss dazu zweiteilig ausgeführt sein, d.h. das Rad wird senkrecht
seiner Radachse halbiert. Die jeweils gegenüberliegenden Halterungen für die Bauteilecken sind
jeweils auf einer Radhälfte
aufgebracht, welche wie Finger ineinander greifen können und
damit die Bauteile für
den Transport fixieren. Die Verstellung aller am Transportmittel
angebrachten Aufnahmen kann damit zentral über die Positionierung der
Radhälften
durch eine entsprechend radial und axial verstellbare Welle-Nabe-Verbindung
erfolgen.
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Die
Erfindung ermöglicht
damit eine losweise Variantenfertigung ohne Rüstzeiten und -kosten auch für Hochleistungsautomaten
in der Elektronik- und Halbleiterfertigung. Diese Systeme eignen
sich im Besonderen für
die Endverarbeitung (= Prüfen,
Testen, Sortieren, Verpacken), da sich die Prozessfolge in der Regel
nicht ändert
und die Prozesse an den einzelnen Stationen einfach umgerüstet werden
können
(z.B. durch Umprogrammierung des Testers oder der optischen Prüfung). Erst
mit der zentralen Einstellbarkeit kann die Erfindung neben der Flexibilität auch die
bestehenden Anforderungen (bzgl. Zeiten und Genauigkeit, siehe oben)
erreichen.
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Zur
Verdeutlichung wird die Erfindung anhand einer Zeichnung näher erläutert. In
Bild 1 ist schematisch eine einzelne Bauteilaufnahme mit entsprechender
Verstellmöglichkeit
zweier seitlicher Führungsflächen dargestellt.
Bild 2 zeigt eine Prinzipausführung
eines Hochleistungs-Standardgerätes zur
beidseitigen Endverarbeitung von Halbleiterbauteilen verschiedener
Größen. Die
hierfür
angepasste zentrale Verstellvorrichtung der Führungsflächen ist in Bild 3a für ein kleines
Bauteil und in Bild 3b für
ein großes
Bauteil dargestellt. Bild 4 zeigt einen Ausschnitt aus der Bearbeitungsstation
(Testen).
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Die
Verstellbarkeit der seitlichen Führungsflächen 2 kann
im einfachsten Fall über
zwei zueinander senkrechte Feineinstellschrauben erfolgen (Bild 1),
welche an Langlöchern
festgeschraubt werden und drehfrei mit den Führungsflächen verbunden sind. Alternativ
kann die Einstellbarkeit durch Kinematiken oder elektromangetische,
fluidische oder weitere Aktoren frei steuerbar vorgenommen werden.
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Bild
2 zeigt typischerweise in der Endverarbeitung von Halbleiterbauteilen
vorkommende Prozesse, welche über
das erfundene Transportsystem gekoppelt sind. Die Bauteile werden über verschiedene
mögliche
Zuführeinrichtungen 4 (z.B.
aus Tubes, Trays, Bulks, usw.) in spezielle (größenverstellbare) Aufnahmen
(siehe Bild 1) am Transportrad 3 in definierter Orientierung übergeben;
hier für
das Testen zunächst
dead-bug, also mit den Kontakten nach oben. Während der Indexzeit wird das
Transportrad genau um eine Teilung weitergedreht. Um eine Abheben
bzw. Herauskippen der Bauteile aus den Aufnahmen während der
Drehbewegung zu vermeiden, ist über
dem Transportrad ein entsprechender Führungsring 5 feststehend
außen
angebracht. Nach der Übergabe
(und einer definierten Anzahl an Indexschritten) folgt ein Bildverarbeitungssystem 6,
welches zunächst
die Bauteilunterseite prüft.
Im nächsten
Schritt wird das Bauteil zum Testen 8 übergeben. Dazu hebt eine Saugpipette 7 das
Bauteil aus den Aufnahmen und führt
es dem Tester exakt zu. Für eine
eventuell notwendige oberseitige (life-bug) Prüfung und Beschriftung 11 der
Bauteile erfolgt an einer Übergabestation 9 das
Wenden der Bauteile durch die Übergabe
an ein zweites Transportrad 10, ebenfalls über Saugpipetten.
In der Regel erfolgt die Abpackung 13 mit den Kontaktflächen nach
unten, wozu die Bauteile nochmals an der Übergabestation 8 gewendet
werden müssen.
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Die
zentrale Einstellung 12 der Bauteilaufnahmen ist in Bild
3 dargestellt. In Bild 3a ist zunächst die Stellung der Aufnahme
für ein
kleines Bauteil 15 dargestellt. Das Transportrad 3 und
das axial und radial dazu verschiebliche Gegenstück 14 sind dazu komplett
zusammengeschoben gegenseitig fixiert. In Bild 3b sind die verstellbaren
(kürzeren)
Führungsflächen am
Gegenstück 14 vollständig in
die entgegengesetzte Position verschoben um ein großes Bauteil 16 aufnehmen
zu können.
Die radiale und axiale Verstellung der beiden Teile der Aufnahme
kann mechanisch/manuell über
eine mittels Schraubringen frei auf der Welle fixierbare Nabe (einfache
Bohrung) am Gegenrad 12 oder automatisiert über Aktoren
in der Welle-Nabe-Verbindung 12 erfolgen. Bei einer radialen
Verstellung lässt
sich nicht über
alle Winkel eine vollständige
Flächenberührung von
Führung
und Bauteil erzielen. Die Notwendigkeit dafür nimmt jedoch mit zunehmender
Bauteilgröße ab, da
in diesem Fall eine ausreichend große Seitenfläche vorliegt, die sicher mit
einer Linienberührung
getroffen und gehalten werden kann. Dementsprechend liegen in der
Position für
kleine Bauteile (Bild 3a) die Führungsfläche am Gegenstück 14 exakt
parallel am Bauteil an.
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In
Bild 4 ist ein Ausführungsbeispiel
einer Übergabestation
(zum Tester 8) ausgeschnitten dargestellt.
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Das
im Beispiel vorgestellte Gerät
eignet sich aufgrund der Form der Aussparungen besonders für Halbleiter- oder Elektronikbauteile
ohne deutlich abstehende Kontakte (Füßchen). Sofern ausgeprägte abstehende
Kontakte vorliegen, ist beispielsweise durch entsprechend hohe Seitenführungsflächen sicherzustellen,
dass sich diese bei der life-bug Fixierung (also beim Stehen auf
den Kontakten) nicht verformen können.
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Insgesamt
können
mit der Erfindung im Gegensatz zu herkömmlichen Transportsystemen
für kleine
Bauteile (v.a. in der Halbleiter- und Elektronikfertigung) erstmals
verschieden große
Bauteile und Produkte über
eine Prozessfolge (= Anlagenkonfiguration) transportiert werden,
ohne dass sich die Indexzeiten erhöhen oder Abstriche bei der
Positioniergenauigkeit in Kauf genommen werden müssen.